Was machte Adobe falsch? (Nachtrag zu OpenType)
Ich verfolge gerade ein Diskussion auf Typophile: »Adobe, ihr seid faul! OTs ohne Mediävalziffern zu veröffentlichen … Lasst uns eine Gedenkminute für die Vermissten einlegen: Mendoza, Giovanni, Galliard (ihr überlasst es ITC, diese Familie mit Old Style Figures zu bestücken), Bell, Berkeley Oldstyle, Esprit, Ehrhardt, Goudy Modern, Guardi, Hadriano, Horley Oldstyle, Italian Oldstyle, Legacy Serif, Minister, Photina, Plantin, Raleigh, Veljovic, Versailles, Wilke. Viele dieser Schriften sind Antiqua-Varianten, da ist es geradezu unerhört, keine OSFs bereitzustellen. Und in den meisten Fällen wurden sie sogar gestaltet und sollten verfügbar sein … «.
Ich darf da mal anfügen, als Ergänzung zu unserer OT-Diskussion von gestern und vorgestern, dass Mediävalziffern in der FontFont-Bibliothek Quasi-Standard sind und Tabellenziffern die 2. Geige (also früher in den Expert-Sets ›versteckt‹ waren). In den OpenType-FontFonts befinden sich bis zu 6 verschiedene Ziffernsätze, als da wären: Mediäval-, Mediäval-Tabellen-, Versal-, Versal-Tabellen-, hoch- und tiefgestellte Ziffern. Kleine Übersicht als PDF.
14 Kommentare
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Micha R.
Eine interessante Frage in diesem Zusammenhang, wenn auch nicht 100%ig thematisch passend: Ich zerbreche mir gerade den Kopf beim Layout einer wissenschaftlichen Arbeit (Abschlussarbeit Biologie). Ich würde ja äußerst gerne eine Mediävalziffern-Schrift nehmen, allerdings macht sich dass mit manchen Enzym-Namen (die heißen dann deg7 oder deg9; oder an111p) nicht so gut. Kann man dann innerhalb eines Satzes einfach die Ziffernart wechseln, von Minuskel- auf Versalziffer? Oder möglichst einheitlich, entweder oder? Das ganze noch (leider) in Word, so dass OpenType Features gänzlich hinten runter fallen … Danke für jeden fachkundigen Tip!
Christoph Koeberlin
Jürgen, vergiß nicht, daß manche Schriften wie die hier gezeigte FF Sanuk sogar zwei Sätze Kapitälchenziffern haben, sctf und sclf, die über die entsprechenden Features aktiviert werden können!
(Atma wird sogar 12 Ziffernsätze pro Font haben!)
Christian Büning
Hi Micha,
für eine gute Lesbarkeit dürfen das schon Mediävalziffern sein. Hier reicht aber schon etwas Spatio und die Sache ist geritzt. Das ist in Word keine schöne Arbeit mit dem Spationieren, hilft aber gegen kollidierende Unterlängen. Bei an111p muss man dann wohl oder übel durch oder für alle zusammen die Kapitälchen rufen. Da werden die Prüfer aber Augen machen, wenn die auf einmal keine Times vorgesetzt bekommen.
HD Schellnack
Wobei FSI ja ohnehin einer der Pioniere des OSF-Comebacks in modernen serifenlosen Schriften war ;-D
Micha R.
Hi Christian, danke für deine Antwort. Der Tip mit den Kapitälchen ist ganz gut, aber eher nicht umsetzbar. Der gewiefte Biologe unterscheidet nämlich zwischen deg9 und deg9 – da gibt es wichtige Unterschiede. Und auch Groß- und Kleinschreibung hat eben eine bestimmte Bedeutung. Weitere Ideen?
Ralf Herrmann
Wie steht FSI eigentlich zur PUA-ja-oder-nein-Debatte? Haben die obigen Ziffernsets in den FontFonts immer hinterlegte Unicodes?
Ralf
Simone
@ Micha: Fach wechseln? Sorry, ist ein doofer Scherz – ich wette das denkst Du während der Abschlussarbeit auch so schon oft genug. Ich hab’ leider keine gute Idee, bin BWLerin.
Christoph Koeberlin
Wir vergeben keine PUA-Unicodes.
Jürgen Siebert
@ Ralf: In diesem Kommentar von meinem Kollegen Axel Mattern steckt die Antwort
Ralf Herrmann
Danke für die Info. Und, glüht das Support-Telefon schon von den Quark-6-Usern, die nicht mehr an ihre Zeichen kommen? ;-)
Jürgen Siebert
Leider kein Grund zur Schadenfreude: Bis jetzt hat sich noch niemand beschwert.
Sebastian Nagel
Ich glaube um Schadenfreude ging’s nicht, eher um die Frage was denn nun wirklich »das Richtige« ist. So einfach ist das ja in diesem Fall nicht zu eruieren.
Axel Mattern
Die Frage ist wohl nicht ob richtig oder falsch. Bei Corporate Font können wir das individuell für die Anforderungen des Kunden lösen. Für eine Bibliothek sieht das anders aus. Hier, finde ich, sollte man sich möglichst an den definierten Standard halten. Zeichen die keinen Unicode haben in die PUA zu verschieben ist ein Risiko, da Jeder wild durcheinander definieren kann. Adobe hat das über die AGL 2.0 versucht. Aber (wer hätte das gedacht) nicht jeder hält sich daran.
Übrigens, auch Adobe empfiehlt, für neue Schriften, keine Unicodes aus der PUA zu verwenden und sie wollen es in Zukunft wohl auch selber nicht mehr tun. Ich glaube der Weg über angepasste Betriebsysteme und Applikationen ist der richtige. OpenType-Schriften mit Quark 6 zu verwenden kann nur eine Übergangslösung sein. Auch ein Hinweis dafür ist, dass die neuen „Systemschriften“ von Windows Vista keine Unicodes aus der PUA haben, dafür aber OpenType-Features integriert sind. Schon auf der TypoTechnica 2005 gab es die Aussage von Microsoft, dass Vista und Office OpenType voll unterstützen werden.
Ralf Herrmann
Klar, ihr beschreitet da den richtigen Weg. Der Satz über Quark zielte eher auf die Anwender ab. Mir fällt nämlich auf, dass das Thema OpenType längst noch nicht bei der breiten Masse angekommen ist. Klar, jeder weiß, dass das diese Fonts auf PC und Mac funktionieren, aber dann hört es schnell auf. Ich kenne Designer, die täglich mit InDesign arbeiten, aber noch nie die OpenType-Palette hinter dem unscheinbaren Dreieck benutzt haben; oder wissen, wie man in Illustrator kontextsensitive Glyphen einschaltet. Von dem Sinn uns Zweck von PUA-Kodes ganz zu schweigen. Das wird in der OpenType-List diskutiert, aber dem Anwender einfach nicht erklärt. Ich finde, die Font-Anbieter wären hier gefordert, mehr Aufklärungsarbeit zu leisten.
Ralf