Vorschlag für eine neue deutsche PC-Tastaturbelegung

Der Diplom-Informatiker Karl Pentzlin aus dem baye­ri­schen Schongau beschäf­tigt sich intensiv mit Schriftzeichen, Unicode und deren Aufnahme in die Zeichensatz-Standards von ISO, DIN, IEC und Unicode. In seinem jüngsten Dokument schlägt er nun die Überarbeitung unserer Computer-Tastatur vor.

Die Ziele:

  • Alle Namen sollen korrekt geschrieben werden können
  • Alle in Deutschland gängigen Sprachen sollen korrekt geschrieben werden können.
  • Jeder, der es will, soll »wie gedruckt« schreiben können
  • Alles, was bisher funk­tio­nierte, soll unver­än­dert weiter funktionieren
  • Die Belegung soll den inter­na­tio­nalen Normen genügen (ISO/IEC 9995)

Karl Pentzlin hat dem DIN-Ausschuss 2137, dem als Typograf der Leipziger Andreas Stötzner ange­hört, im letzten Monat dieses mehr­sei­tige Konzept (PDF) vorgelegt.


16 Kommentare

  1. Kadir

    Finde ich persön­lich wirk­lich gut.
    Wenn alles so bleiben soll wie bisher, würde ja auch nichts dagegen spre­chen und es wäre viel einfach, typo­gra­fisch rich­tiger zu schreiben ohne die ganzen Codes für die Sonderzeichen auswendig lernen zu müssen (ok, ich habe auch einen A4 Zettel an der Pinnwand).

    Ich könnte mir vorstellen, dass die „ (hier: alt + 0132) Geschmacksbildung“ (und: alt +0147) was Typografie angeht, besser voran schreiten könnte, wenn man es den Schulklassen im IT-Unterricht (der immer öfter ange­boten wird) leichter verständ­lich machen kann. Sonst geht man immer davon aus, das Zollzeichen wäre die rich­tige Wahl für die sog. Gänsefüßchen.

  2. Thomas Kunz

    Och nö, da bleibe ich doch lieber bei meiner eigenen Tastaturbelegung (siehe pdf-Datei). Die finde ich viel logischer.

  3. JoJo

    Wenn schon, dann gehört für mich das große „ß“ nicht auf die „H“-, sondern auf die „ß“-Taste.

  4. Karl Pentzlin (DIN NA 043-01-35-01 GAK)

    @ Jürgen Siebert: Vielen Dank für die Erwähnung des Tastaturvorschlages. Dieser entspricht (zumin­dest in dem gezeigten Belegungsschaubild) tatsäch­lich dem aktu­ellen Diskussionsstand im DIN-Ausschuss NA 043-01-35-01 GAK (als „Belegung T2“; die „alte“ Tastatur wird weiterhin als „Belegung T1“ stan­dard­kon­form bleiben).
    (Nur der Korrektheit halber: Mit Andreas Stötzner bin ich über einen anderen DIN-Ausschuss verbunden; er ist nicht Mitarbeiter im Tastaturausschuss. Die genannten Unicode-Zeichencodierungsanträge für Fussball usw. sind ange­nommen; ich zähle dies nicht zu meinen wich­tigsten Arbeiten.)

    @ JoJo: Um das versale ß über den Kleinbuchstaben legen zu können, hätte man das „?“ umlegen müssen; damit wäre die Tastatur speziell für Blindschreiber umge­wöh­nungs­be­dürftig (deshalb die Entscheidung: vorhan­dene Zeichenbelegungen dürfen keines­falls verän­dert werden). Das versale ß wurde daraufhin, um Verwechslungen speziell für Nicht-Deutschmuttersprachler vorzu­beugen, bewusst weit entfernt fom Kleinbuchstaben-ß belegt.

    @ Thomas Kunz: Die expli­zite Eingabe von Ligaturen ist nicht mehr Stand der Technik; deshalb sind auch in Unicode keine Ligaturen codiert, die über die Kompatibilität zu 8-Bit-Zeichensätzen (z.B. Mac) hinaus­gehen. Ligaturen sollen auto­ma­tisch gesetzt werden, wenn die Grundzeichen einge­geben werden, und sind in der Schriftart hinter­legt (die dann auch weniger übliche Ligaturen wie z.B. „fj“ enthalten kann). Die aktu­ellen Versionen von Adobe Indesign und Quark XPress beherr­schen dies, in Microsoft Word 2010 lässt sich dies über eine Option einschalten. Um „Schlaflager auf der Schilfinsel“ korrekt schreiben zu können, gibt es den Bindehemmer (auf AltGr+Punkt) zum Verhindern von auto­ma­ti­schen Ligaturen.

  5. Georg Seifert

    Ein Problem mit diesen Vorschlägen ist, das am Mac die Alt (AltGr) Belegung schon seit vielen Jahren benutzt wird und viele von den gefor­derten Zeichen enthält (en-dash, alle Anführungszeichen …)

  6. Crissov

    Ich habe von ca. 2003 bis 2006 meine eigene Tastaturbelegung genutzt, aber nach dem Umstieg habe ich mir nie den Aufwand gemacht, sie bspw. mit Ukelele auf OS X zu portieren, weil dessen Standardbelegung meine meist­ge­nutzten Zeichen bereits enthält.
    Ich befürchte, dass Karl Pentzlin das Layout noch nicht von Benutzern hat testen lassen, denn einige Belegungen scheinen etwas seltsam bis kontrain­tuitiv. Für den Tastaturgebrauch kann man übri­gens einige diakri­ti­sche Zeichen zusam­men­fassen, die Unicode trennt, bspw. Cedille (samt Komma) und Ogonek, Brevis mit Caron und Punkt oben mit Ring, die in den rele­vanten Sprachen nie mit denselben Buchstaben kombi­niert werden.

  7. Karl Pentzlin (DIN NA 043-01-35-01 GAK)

    Zunächst, das Layout ist keine Erfinung von mir, sondern das Ergebnis einer lang­fris­tigen Gremiumsarbeit (an der ich ledig­lich betei­ligt bin). Das Layout muss u.a. inter­na­tio­nalen Normen entspre­chen (Reihe ISO/IEC 9995), in denen beispiels­weise sowohl die Belegung als auch die Ansteuerung der Gruppe 2 fest­ge­legt ist (die Zeichen, die in der Abbildung rechts oben auf den Tasten erscheinen).
    Für den deut­schen Standard stand nur die AltGr-Belegung („Ebene 3 der Gruppe 1“) zur Disposition, wobei ISO/IEC 9995 aus gutem Grund Kombinationen „AltGr + Shift + dritte Taste“ nicht ohne weiteres zulässt.
    Für die AltGr-Belegung ist die Motivation für die einzelnen Zeichen in der eingangs schon erwähnten PDF-Datei nachzulesen.

    Die von Crissov vorge­schla­gene Zusammenfassung von diakri­ti­schen Zeichen funk­tio­niert nicht (z.B. s mit Cedille im Türkischen, s mit Komma im Rumänischen).

    Die hier mehr­mals ange­spri­chene Mac-AltGr-Belegung bot sich aus mehreren Gründen nicht zur Übernahme als Standard an (weder vom Zeichenvorrat, noch von ihrer Struktur, noch von der Verbreitung ihrer Anwendung unter „Normalverbrauchern“).

  8. Crissov

    Auf dem Mac gibt es zweimal Alt, kein AltGr, aber tatsäch­lich sind die damit erreich­baren Zeichen (der MacRoman-Satz) weder optimal gewählt noch optimal verteilt. Dafür gibt es eine klare Unterscheidung zwischen Tasten für Befehle (⌘/Apfel/Cmd und z.T. ^/Strg/Ctrl) und solchen für Zeichen (⎇/Alt, ⇧/Shift und ⇪/Shift-Lock).

    Man kann sehr wohl Tottasten kombi­nieren, denn Tastaturen sind Texteingabegeräte und nicht Textkodiergeräte. Man stelle sich vor, Handschrifterkennungssysteme wären so restriktiv wie Tastaturen!

    Dass das Komma ein anderes Akzentzeichen als die Cedille ist, war und ist selbst im Unicode-Konsortium umstritten – wenn ich mich recht an entspre­chende Erzählungen entsinne, haben die rumä­ni­schen Vertreter damals eher aus poli­ti­schen, natio­na­lis­ti­schen Gründen darauf bestanden, diesen Glyphenunterschied zu einem Zeichenunterschied zu machen, aber große Teile der Sprachgemeinschaft igno­rieren das weiterhin. Eigentlich wären die (Open-Type-)Schriften dafür zuständig, die Unterscheidung zu gewähr­leisten, aber da (nicht nur) dieses Kind in den Brunnen gefallen ist, müssen sich jetzt so oder so die Betriebssysteme und Textverarbeitungsprogramme/-kompo­nenten um die norma­li­sierte Kodierung kümmern. (Dass sie das auch bei typo­gra­phi­schen Interpunktionszeichen tun, ist ein ähnli­ches, aber anderes Thema.)
    Für einen deut­schen Benutzer bzw. einen Benutzer in Deutschland ist diese Unterscheidung also selbst dann irrele­vant, wenn er einen rumä­ni­schen Namen hat oder schreiben will. Ähnliches gilt bspw. fürs (kleine) Eth in Unterscheidung zu einem ›D‹ mit Querstrich.
    Damit wird die eigent­lich gute Idee, die und Akzente oben und unten spatial kompa­tibel in unter­schied­li­chen Tastenreihen anzu­ordnen, ziem­lich hinfällig – wobei einem das ›G‹ mit Cedille ohnehin schon ein wenig in die Parade fährt und die ganze Analogie zu schwanken beginnt, wenn man bedenkt, dass eigent­lich der Durchstrich in die Mitte gehörte.

    Natürlich sollte ein Standard kompa­tibel zu anderen Standards sein, dafür gibt es sie ja, aber damit ein Standard akzep­tiert wird, muss er vor allem für die Anwender gemacht sein, und das sind hier nicht die Computerperipheriehersteller, sondern wir, die Tipper. Für die ist die Länge eines hori­zon­talen Überstriches ziem­lich egal und wenn die paar Buchstaben, die in euro­päi­schen Orthographien einen Querstrich haben können (›L‹, ›H‹, ›T‹, ›D‹ und die Ziffer ›0‹ für die leere Menge) von denen mit Makron o.ä. (›A‹, ›E‹, ›I‹, ›O‹, ›U‹) distinkt sind (wie hier oft Konsonanten vs. Vokale), dann kann und sollte man das zusam­men­legen – wobei es in diesem Fall tatsäch­lich noch die skan­di­na­vi­sche Form des ›Ö‹ gibt, die als ›Ø‹ geschrieben wird und deswegen eine eigene Tastenkombination oder sprach­ab­hän­gige Behandlung bräuchte. Anderenfalls wird die Belegung zu komplex, um von Menschen genutzt zu werden. Für einen türki­schen Namen ist es auch kein Problem, dieselbe Tottaste für das Hinzufügen bzw. Entfernen des Punktes vom »normalen« ›I‹ zu verwenden. Es erfor­dert hingegen Mentalakrobatik, das große Eszett nicht auf der Taste rechts neben der Null oder das lange abseits des runden ›s‹ zu suchen.

    Wahrscheinlich ist es auch einfa­cher, für einen Doppelakut (v.a. im Ungarischen) zweimal die ›´‹-Tottaste vor dem ›O‹ oder ›U‹ zu drücken, als dafür eine eigene Kombination einzu­führen. Das mag aller­dings mit manchen Tastaturtreibern Probleme bereiten. Analog könnte man sich vorstellen, Hatschek und Zirkumflex aus zwei Tastendrücken links neben der Löschtaste zusam­men­zu­bauen, aber letz­teren gibt es ja schon am gegen­über­lie­genden Ende dieser Tastenreihe.

    Übrigens kann man umge­kehrt von den Menschen nicht unbe­dingt erwarten zu wissen, dass das was wie ein Apostroph neben ›d‹ oder ›t‹ aussieht, eigent­lich ein Hatschek ist. Deswegen sollte bspw. auch die Tastenfolge »´d« ein ›ď‹ (U+010F) ergeben.

    Falls das ganze mal ein DIN-Standard und von Apple unter­stützt wird, hoffe ich, dass sich ⇨ auch auf die ⇪-Taste legen lässt, die kein Mensch braucht, nichtmal moto­risch Behinderte.

  9. Thomas Kunz

    @ Karl Pentzlin (Kommentar Nr. 5):

    In OT-fähigen Programmen benö­tige ich die Ligatur-Tasten auch nicht. Aber manchmal tippt man ja auch in einen nicht-OT-fähigen Editor – wie zum Beispiel jetzt gerade.

  10. Simon Wehr

    Seid OpenType habe ich niemals Ligaturen selber einge­tippt. Höchstens mal aus typo­gra­fi­scher Spielsucht per Glyphentabelle. Für Weblogkommentare finde ich Ligaturen ehrlich gesagt über­be­wertet. Und falls nicht: Auch hier sollte sich die Textcodierung anpassen, nicht die Texteingabe.

  11. Matthäus

    das einzige was mir an einer neuen tastatur wichtig wäre ist, dass statt die bele­gung von # und @ vertauscht wird.

  12. Johannes

    Eine sehr gute Idee, endlich alle latei­nisch geschrie­benen Sprachen ohne viel Mühe schreiben/tippen zu können. Vielleicht habe ich ja Tomaten auf den Augen, doch finde ich dem polni­schen kreska nicht, der gerne — äh: häufig — der häufig mit einem Akut verwech­selt wird, vgl. Adam Twardochs Hinweise und Erläuterungen.
    Vielleicht ist es ja auch anachro­nis­tisch, weil es halt „immer“ falsch gemacht wird und also inzwi­schen richtig ist. Aber wenn das lange s dabei ist, sollte dann der Vollständigkeit halber nicht auch der dabei sein?
    Johannes

  13. Karl Pentzlin (DIN NA 043-01-35-01 GAK)

    Zum polni­schen Kreska: Leider wird in Unicode zwischen Akut und Kreska nicht unter­schieden, sodass eine Unterscheidung auf der Tastatur verwir­rend wäre, da beide Eingaben zum glei­chen Zeichen führen würden. (Dies ist nicht das einzige Detail in Unicode, das dort aus tyogra­fi­scher Sicht unbe­frie­di­gend gelöst ist – man wird damit leben müssen, sowohl wegen der „stabi­lity poli­cies“ in Unicode, als auch wegen des Umgangs mit solchen Details im derzei­tigen Unicode Technical Commitee.)

  14. Johannes

    Moin Karl,
    vielen Dank für die Aufklärung!
    Johannes

  15. Christoph Päper

    Beim Kreska hat man es im Unterschied zum Ogonek richtig gemacht. Das exakte Aussehen von Diakritka ist genauso wie bei den Grundbuchstaben genuine Aufgabe der Fonts, die entspre­chende Sprach- und Kulturabhängigkeiten unter­stützen sollten. Das Problem an der Stelle ist das Zuordnen von Text (durch Heuristik oder Marken ) zur rich­tigen Sprache (und ggf. Kultur).

    Wenn es keine Orthographie gibt, die sowohl Akut als auch Kreska mit demselben Basisbuchstaben verwendet, sie also unter­scheidet, dann gibt es aus lingu­si­ti­scher und mithin ergo­no­mi­scher (d.h. tasta­tur­ge­stal­te­ri­scher) Sicht keinen Grund, sie getrennt zu behandeln.

    Auf Ebene der Kodierung (d.h. Unicode) kann man hingegen etwas besser darüber streiten, ob nur bedeu­tungs­dif­fe­ren­zie­rende Zeichen (zu finden per Minimalpaaranalyse) behan­delt werden müssen oder auch graphi­sche Varianten: das lange »s« ist bspw. ein Grenzfall – eigtl. sollte es nicht explizit einge­geben werden, sondern (bei entspre­chendem akti­viertem OT-Feature) von den Schriften in Abhängigkeit von Sprache sowie mithilfe von ZWNJ (»Bindehemmer«) auto­ma­tisch gesetzt werden.

    Ich finde übri­gens (etwas im Gegensatz zum Unicode-Konsortium), man sollte bei den vorge­fer­tigten (»precom­posed«) Buchstaben auf Zusammenlegung (»unifi­ca­tion«) setzen und bei den kombi­nie­renden diakri­ti­schen Zeichen (v.a. U+0300–6F) sowohl die spezi­elle Auswahl als auch diverse gene­rel­lere Angaben ermöglichen.

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