US-Wahlkampf: gleichgeschaltete Farbgebung

Der New Yorker Designer Matt Linderman (37 Signals) wirft einen Blick auf die Kampagnen-Logos der US-Präsidentschafts-Kandidaten 2004 und 2008. Seine Erkenntnis: ohne rot-blau-weiß läuft gar nichts. Allein der grüne Ralph Nader wagte es, eine andere Farbe ins Spiel zu bringen … natür­lich grün.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf ein Logo von Alan Keys aus dem Jahre 2000 hinweisen, dass eine verbo­tene Schrift enthält. Wer wissen möchte, wie so ein Präsidenten-Logo entsteht, sollte sich diesen Beitrag von Cameron Barrett ansehen. Er schil­dert die Entstehung und die Abstimmung des 2004-Signets von Wesley Clark.


18 Kommentare

  1. robertmichael

    das ist doch irgendwie total krank, oder? nicht gegen etwas patrio­tismus, aber das sieht als würden hier logos und keine menschen dahinter gewählt werden. Candidate Logo War 2007: The Battle For America übri­gens finde ich das logo der winter­spiele 2014 sehr ameri­ka­nisch. http://​sochi2014​.com
    sieht irgendwie aus wie ein redu­zierter »Star-Spangled Banner«. viel­leicht haben sie ja deshalb gewonnen ;)

  2. robertmichael

    achso: wie das alles abläuft wissen wir ja seit »wag the dog« 

    »Der Präsident ist ein Held. Er brachte uns den Frieden.« »Aber es gab keinen Krieg!« »Eine umso größere Leistung.«

  3. Dan Reynolds

    Naja, bei den US-Wahlkämpfen dreht alles schon seit ziem­lich längeren Zeit um Rot-Weiß-Blau Logos. Beim Eisenhower, Kennedy und Co. war es nicht wirk­lich anders, oder?

    Allerdings finde ich diese Diskussion eher eine Frage der Betrachtungsweise. Ich person­lich mag die deut­sche Wahlkampf-Grafiksprache eher nicht. Da ist immer ein großes Bild, klei­nere Texte (zu grafisch Perfekt) und Parteilogos. Aus den USA kenne ich dagegen keine Parteilogos, und auch keine Fotos von Politiker auf Plakate. Und ich will solches auch nicht sehen! ;-)
    Erstens sehen Politiker in der Regel „unfo­togen“ aus. Zweitens schmeckt das mir zu sehr nach einem „Cult of Personality“. Lieber Ideen wählen, nicht das schö­nere Gesicht. Außerdem hat heute sowie so fast jeder einen Fernseher. Also wir wissen fast alle, wie die Kandiaten aussehen.

    Aber die deut­schen Wahlkämpfe werden irgendwie auch „Amerikanischer“, oder? Erst seit Schröder–Stoiber 2002 gibt es hier Fernsehdebatten, richtig?

  4. Minder

    Zu Bush hätte die Comic Sans ja gepasst.

  5. dirk uhlenbrock

    also ich würde DEN hier wählen:

  6. HD Schellnack

    Wobei blau – wie wir seit New Models for Growth and Profitability von Bill Cahan wissen – ja ohnehin die austausch­barste, weil belieb­teste Farbe von US-Firmen ist. Cahan hat ein ganzes Kapitel «exclu­sive× darauf verwendet, die Frage zu illus­trieren, wie sich eine blaue Firma von der anderen zu diffe­ren­zieren gedenkt.
    Im Grunde spie­gelt sich hierin viel­leicht auch eine tatsäch­liche Konformität im Denken der Kandidaten wie auch der Firmen ab. Und natür­lich der Berater, die eh längst jenseits poli­ti­scher Couleur arbeiten. Wenn alle Politiker mittels Marketing, Panels und der stets austausch­baren brand­builder heraus­finden, welche Politiker die breite Masse haben will, dann bekommt die breite Masse eben solche Bilder. Interessant dabei ist eben, dass wir Wahlentscheidungen nicht mehr anhand echter Programme/Personen fällen, sondern anhand einer Präsentation, die sich an einem stan­dar­di­sierten Durchschnitt unserer eigenen Wünsche orien­tiert. Etwas unglück­li­cher Kreislauf, der inzwi­schen jede Marketingmaßnahme permeiert.

  7. Stephan

    Bei uns heißt es eben „Kleider machen Leute“. Ein Haufen Marketing und Make up und fertig ist das Wahlprogramm. Der gute Politiker von nebenan eben. Wenn man, wie in den USA, nur die Namen hätte, müsste man sich doch zwangs­weise mal mit dem Programm ausein­an­der­setzen. Doch wer will sich schon mit belang­losen Dingen wie Persönlichkeitsrecht, Integration, Arbeitsmarkt, Familienpolitik oder Umwelt ausein­an­der­setzen. Dann doch lieber ein nettes, grin­sendes Gesicht oder einen teuren Anzug wählen. CDU-Floskeln wie „Besser für die Menschen“ waren doch hoffent­lich nicht Wahl entschei­dend? Was positiv auffällt ist der einheit­liche Patriotismus der Amerikaner. Man bekennt Farbe. Auch ein Ralf Nader von der Green Party zeigt Flagge auf seiner Website. In Deutschland fehlt ein Grund-Patriotismus. Daher ist es schwer Farbe zu bekennen. Wenn den Amerikanern bei Blau, Rot, Weiß das Herz hüpft, dann verdrehen die Deutschen bei Schwarz, Rot, Gelb (Gold hab ich noch auf keiner Flagge gesehen) die Augen. Letztlich sind unsere Passbild-Plakate genauso gleich­ge­schaltet „Logos“ wie die der Amerikaner. Das ist aber kein Patriotismus sondern Gruppenzwang. Und weil wir alle paar Jahre indi­rekt das schönste Plakat wählen und eben nicht das Programm, kommen wir aus dem Teufelskreis nicht so einfach heraus.

  8. Benjamin Hickethier

    Das Problem liegt doch viel­leicht schon ange­legt im de-facto-Zweiparteiensystem der USA, deren Einheitsparteien Identities haben, die blau-weiß-rot sind. Die Republikaner, mit blau­weiß­rotem Elefanten und die Demokraten, mit blau­weiß­rotem Esel (der inzwi­schen irgendwie in arabi­scher Leserichtung nach unten springt und fast schon einem Pegasus ähnelt).
    Hinzu kommt natür­lich ein hier­zu­lande nicht nach­voll­zieh­barer Patriotismus und der neuer­liche Bekenntniszwang zur Grande Nation, die es einem Kandidaten/einer Kandidatin extrem schwer machen würde, sich mit gänz­lich anderer Farbgebung durch­zu­setzen (Jamaikanische Farbkombination? …not).
    Welches ja nicht nur seit der Entscheidung für das ›ster­nen­ge­schmückte Banner‹ (also jenes mit den noch mehr Sternen als das der Südstaaten) Farben sind, die in der klas­si­schen Nationalfarbenlehre für bürger­liche Freiheit, Liberalismus und pipapo stehen (Frankreich, Norwegen, …).

  9. Christoph Päper

    Man ändere blau in schwarz und färbe jegliche Sterne grün, schon hat auch der beste Kandidat keine Chance mehr. (Es sei denn, der Gegenkandidat verwen­dete arabi­sche Schrift.)

    Subjektiv gesehen hat die Flaggenzahl (auf Fotos und in Logos) in deut­schen Wahlkämpfen in den letzten Jahren durchaus zuge­nommen, aber als Grundlage für ein Gesamtdesign taugt Schwarz-Rot-Gold halt nicht. Davon abge­sehen steht das poli­ti­sche Farbspektrum in der BRD ziem­lich fest, auch wenn es die Union neuer­dings mit Orange versucht und man sich noch nicht sicher scheint, ob die Sozialisten eher violett oder rosa darge­stellt werden sollten. In den USA sind selt­sa­mer­weise die Rechten rot, die weniger Rechten blau – soll das Obama-Logo den Aufgang einer blauen Sonne über einem roten Land symbo­li­sieren? (Seine Schrift ist zu klassisch-dezent.)

    Was CSMS angeht: wer 4pre​si​dent​.org in einer ernst­ge­meinten Kampagne verwendet, bleibt mit einer solchen Schriftwahl nur seinem Stil treu.

  10. Daniel

    Alles wich­tige wurde schon gesagt. Da kann ich nur noch mit Kleinvieh dienen: „… ein Logo von Alan Keys aus dem Jahre 2000 hinweisen, _dass_ eine verbo­tene Schrift enthält.“

  11. Till Westermayer

    @Christoph: 4pre​si​dent​.org scheint die Quelle der Logos zu sein, steht jeden­falls auf jedem drauf. 

    @all: Und dass der US-Wahlkampf ohne Personenfotos auskommt, muss mir auch erst nochmal jemand beweisen, bevor ich daran glaube.

  12. Harki

    Aber die deut­schen Wahlkämpfe werden irgendwie auch “Amerikanischer�?, oder?

    Ja. Ganz entsetz­lich – viel­leicht nicht per se entsetz­lich, aber eben doch nicht in die Alte Welt passend – fand ich 2005 Murkels im Stil US-ameri­ka­ni­scher „Conventions“ gehal­te­tene Angie-Auftritte. Das hatte mich damals endgültig davon abge­halten, Schwarz-Gelb zu wählen. (Gott sei Dank, sage ich heute, aber das nur nebenbei.)

    Hm, diese pein­li­chen Fernseh-„Duelle“ (die hier­zu­lande sogar von vielen sich als seriös verste­henden Zeitungen – nicht aber von der FAZ – als Duelle ohne Anführungszeichen bezeichnet werden), gibt es tatsäch­lich auch in Frankreich. Ganz scheußlich.

    Bei Vilsacks Signet (dem einzigen mit Rot als Grundfarbe) hatte ich spontan – und sicher etwas naiv – an die Fahne der Nordvirginia-Armee, also an die Südstaatenfahne, denken müssen: „Na, kommt der viel­leicht aus dem Süden?“ Natürlich nicht, der Mann kommt aus Iowa, die gute alte CSA-Fahne steht in den USA auch schon seit längerem unter PC-Bann, wenn ich recht orien­tiert bin.

  13. Jürgen

    @ Till: Danke für den Hinweis zu 4pre​si​dent​.org … eine wunder­bare Fundgrube.

    Verblüffend die »Zeitlosigkeit« der Signets … alleine diesem hier sieht man an, dass es aus den 70er Jahren ist:

  14. robertmichael

    haha, sieht aus wie ein logo für eine zahnpasta.
    »hughes ’72 – hält die frische ihrer zähne 72 stunden lang«

  15. Stephan

    haha, sieht aus wie ein logo für eine zahnpasta.

    Das wäre es doch: „Dr. Best for President“ und ein Kampagnen-Foto mit strah­lend weißen Zähnen. Und als Gegenkandidat Meister Propper, ein echter Saubermann.

  16. tom

    Was ist daran so schlimm wenn sich alle auf die Amerikanischen Nationalfarben und damit auch auf deren Werte beziehen?

  17. Jürgen

    Wir wissen inzwi­schen, dass die einheit­li­chen Farben mit den Hausfarben der Parteien zusammenhängen.
    Wir sind es aus unserem Parteiensystem (aber auch aus der Wirtschaft) gewohnt, dass Farben zum Profil gehören: rot = links, schwarz = konser­vatif, grün = ökolo­gisch, lila = Milka, rot = Coca Cola, …
    Auch der Wahlkampf in den USA wird mit harten Bandagen und viel Geld betrieben. Jede Partei arbeitet an ihrem Profil und will sich – auf jeden Fall inhalt­lich – von der gegne­ri­schen Partei maximal unter­scheiden. Dem wider­spricht ein optisch (fast) iden­ti­scher Auftritt. Im Fall der USA kann es auch daran liegen, dass sich die beiden großen Parteien kaum unter­scheiden. CDU und SPD scheinen diesem System zu folgen.

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