Type Talk Nr. 3: Luc(as) der Große

Kommenden Freitag um 18:30 Uhr findet im Apple Store Kurfürstendamm der dritte Type Talk statt. Unser Gast ist der Schriftentwerfer und Hochschullehrer Prof. Luc(as) de Groot. Hier anmelden … (Eintritt frei).

Eigentlich ist Luc(as) de Groot ein Feinmechaniker, nein: Micromechaniker. Als Schriftentwerfer bewegt er sich bei der Konstruktion eines Buchstaben auf einer quadra­ti­schen Fläche, Geviert genannt, die in 2048 x 2048 Einheiten aufge­teilt ist. Dies alles geschieht am Großbildschirm eines Computers, also in hundert­fa­cher Vergrößerung (siehe Abbildung unten). Kein Wunder, dass sich de Groot in seiner Freizeit gerne mit schweren Werkzeugen, Kompressoren, Schweißgeräten und elek­tri­schen Sägen umgibt. Auf der Abbildung oben sehen wir ihn in seinem Werkstattkeller, mit der größten von sieben Bohrmaschinen in der Hand.

Was wie die Straßenkarte einer US-Metropole aussieht, ist mikro­sko­pisch genaues Schriftdesign: Hier bear­beitet Luc(as) de Groot die Pixeldarstellung einer 16 Punkt großen ch-Ligatur in einem TrueType-Font, damit diese später am Bildschirm bestens lesbar erscheint

Jeder lesende Mensch in Deutschland kennt Luc(as) de Groots Schriften, flim­mern die doch täglich bei der ARD über den Bildschirm, füllen montags im gedruckten SPIEGEL die Textspalten und werk­tags dasselbe in der Taz … um nur drei popu­läre Beispiele zu nennen. Mit seiner epochal ausge­bauten Superfamilie Thesis setzte er Anfang der 1990er Jahre einen Meilenstein an Systematik und Perfektion. 2000 grün­dete er seine eigene Foundry LucasFonts, seit 1997 hat er an der FH Potsdam eine Professur für Schriftentwicklung.

Ein frühes Zeugnis von Luc(as) des Groots Fingerfertigkeit: Mini-Blechschatullen, gelötet aus Konservendosen, von denen selbst die kleinste (etwa 1 x 3 x 10 mm) zu öffnen und zu schließen ist

Geboren wurde de Groot nahe der hollän­di­schen Nordseeküste. Nach dem Abitur ging er zum Studieren nach Den Haag. Beim Sichten der Bewerbungsmappe voller Filmplakate und Zeichnungen empfahl man ihm ein Grafikstudium. Zur Diplomschau 1989 kamen auch zahl­reiche Designbüros, die ihm sofort ein Praktikum anboten. Zunächst stiegt er beim Den Haager Designbüro Studio Tint ein, bald darauf wech­selte er nach Amsterdam zum Corporate-Design-Büro BRS Premsela Vonk (aus dem 20 Jahre später Edenspiekermann wurde). Hier blieb er fast vier Jahre. 1993 siedelte de Groot nach Berlin um.

Eine Schrift besteht aus weit mehr als 2 x 26 Buchstaben … gerade die weniger oft einge­setzten Zeichen sind für einen Perfektionisten wie de Groot eine Herausforderung, weil sie mehr Freiheitsgrade bei der Gestaltung bieten

Über seine ersten Jahre in Berlin erzählte de Groot jüngst der Potsdamer Hochschulzeitschrift Sabine: »Meine erste Station in Berlin war MetaDesign. Ich rech­nete mit zwei Jahren bis zu einem Wechsel. Meta resi­dierte damals in der Bergmannstraße, in einem riesigen Büro mit 30 bis 40 Leuten. Jeder bekam alles mit und die Atmosphäre war wirk­lich toll. Wir kriegten auch Aufträge aus der Automobilbranche. Meine Aufgabe war die Überarbeitung der Logos von Audi und Volkswagen. Daraufhin kam dann immer mehr. Meta wuchs immens schnell.«

Bis ihm der Apparat zu groß wurde. Also machte sich Luc(as) de Groot 2000 selbst­ständig, grün­dete seine eigene Schriftenbibliothek und entwirft bis heute Exklusivschriften für eine Vielzahl von Auftraggeber.

Eine Folie aus dem Type Talk kommenden Freitag zum Thema Optische Mathematik für Typografen: Damit ein X wie zwei über­kreuzte Striche aussieht, muss es im Zentrum gebro­chen sein

Wie kaum ein anderer seiner Berufskollege kann Luc(as) de Groot über Schreibwerkzeuge, den Rhythmus von Strichen, Details an Serifen und die Spannung zwischen den Buchstabenkurven philo­so­phieren. So diffizil und sensibel sich Schriften in ihren Details auszeichnen, ums so schwie­riger ist es, ein Verständnis für Formen zu vermit­teln. In seiner Hochschularbeit hat er gelernt, dass man die Sauberkeit von Kurven besser fühlen als sehen kann. Seine Studenten lässt de Groot Buchstaben mit unter­schied­li­chen Federn zeichnen, darauf bedacht, dass der Schwung eher aus der Schulter als aus dem Handgelenk kommt. Er gibt ihnen Sehtests und manchmal führt er ihre Finger über Kurven aus Styropor.

Mittlerweile sind aus Luc(as) de Groots Lehre einige Absolventen hervor­ge­gangen, die als Typedesigner erfolg­reich sind, zum Beispiel Henning Skibbe, Jan Fromm, Melle Diete und Verena Gerlach.

Jetzt zum Type Talk mit Luc(as) de Groot anmelden … entweder auf der Website des Apple Store Kurfürstendamm, oder auf einem iOS-Mobilgerät mit der App Apple Store.


3 Kommentare

  1. Sebastian Nagel

    :) Und Lucas spricht wirk­lich in einem Apple Store?

  2. pantau

    Auf der verlinkten Seite des Apple Stores ist keine Info zur Veranstaltung zu finden.

  3. Jürgen Siebert

    @pantau: Am Fuß der verlinkten Seite sind die Veranstaltungen aufge­listet. Klicke auf »Mehr zeigen«, um den Freitag zu öffnen.

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