St.-Petersburg-Tagebuch (2): genauer hinschauen


Sieht auf den ersten Blick aus wie Hamburg, München oder Berlin … vertraute visu­elle Codes: neuer Film, Pop-Konzert, Klassik, Theater. Doch die Vergrößerung (ein Klick auf das Foto) liefert dem »deutsch­spra­chigen Auge« keine vertie­fende Informationen. Ratlosigkeit.

Ich wohne in der Rubinsteinstraße, eine Querstraße zur Shoppingmeile Newskij Prospekt. Ihren Namen konnte ich mir sofort merken. Welch’ wunder­bare Wortmelodie: Rubinsteinstraße. Musik in meinen Ohren. In Umschrift liest sich das »Rubinštejna Uliza«. Auf dem Straßenschild steht »уа. Рубинштеина«. Auch am 2. Tag meines Aufenthalts in St. Petersburg kann ich das noch nicht flüssig entziffern.

Die Rubinsteinstraße erin­nert mich an die Bergmannstraße in Kreuzberg, augen­schein­lich eine gesunde Mischung aus Wohnen, Ausgehen und Einkaufen. Es gibt verzierte Mietshäuser mit großen Hinterhöfen. Dazwischen jede Menge Restaurants mit verschie­denen natio­nalen Geschmacksausrichtungen, darunter fran­zö­sisch, italie­nisch-liba­ne­sisch, japa­nisch und ameri­ka­nisch (you know what i mean). Sie wech­seln sich mit kleinen Geschäften ab. Die Lebensmittelläden liegen meist im Souterrain der 4-geschos­sigen Wohnhäuser.


Logodesigner, aufge­passt: Ein Internationales Unternehmen braucht neben einer Wortmarke immer auch einen visu­ellen grafi­schen Anker, der schrift­un­ab­hängig funk­tio­niert. Ohne gelbes M würden die Fast-Food-Freunde aus dem west­li­chen Ausland ihre Leitmarke in der Russischen Republik nur schwer wieder­erkennen. Diese Filiale befindet sich in der Rubinsteinstraße.

Schaut man genauer hin, dann unter­scheidet sich die Rubinsteinstraße doch sehr von einer deut­schen Großstadtstraße. Die relativ homo­gene Sozialstruktur der ehema­ligen Sowjetunion ist in den letzten Jahren ausein­ander gebro­chen. Auf den Straßen sieht man Menschen, die ihren Lebensunterhalt erbet­teln müssen, daneben Neureiche in Luxusklamotten. Es gibt eine wach­sende Schicht erfolg­rei­cher Jungkapitalisten, aber auch manche am Rand der Kriminalität wirkenden Schieber. Ziemlich schlecht geht es all jenen, die ihr Gehalt vom Staat beziehen und von der Schattenwirtschaft ausge­schlossen sind. Mein Reiseführer schreibt, dass »Lehrer und Ärzte, Busfahrer, Eisenbahner, Polizisten und Postbedienstete mit ihrem Einkommen nahe der Armutsgrenze liegen«.

Der durch­schnitt­liche Monatslohn in St. Petersburg liegt bei 300 Euro. Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, dass die Stadt zu den teuersten Metropolen der Welt gehört. Das Shoppen in den Edelboutiquen des Newskij Prospekt oder der Besuch eines guten Restaurants ist für den Durchschnitts-Petersburger ein uner­schwing­li­ches Vergnügen. Selbst Lebensmittel aus dem Westen, die in allen Supermärkten (auf west­li­chem Preisniveau) ange­boten werden, sind unbe­zahlbar. Einheimische kaufen entweder auf preis­güns­tigen Märkten ein oder an den Ständen am Straßenrand und in den Metrostationen.


FontShops Corporate-Font-Abteilung predigt seit Jahren, dass man eine Wortmarke in fremden Schriftsprachräumen nicht mit der erst besten Type tran­skri­bieren soll. Wohin das führt, zeigt dieses Bild. Der kyril­li­sche Citibank-Schriftzug sieht wie eine Fälschung aus. War die Bank nur schlecht beraten oder zu knickrig, um sich die 7 verschie­denen Buchstaben ihres Logos von einem Schriftentwerfer ins Kyrillische über­tragen zu lassen. So was kostet weit weniger, als die Installation der 8 Leuchtschriftzüge an diesem Eckhaus im Newskij Prospekt.

Das aktu­elle soziale Gefälle ist der Grund dafür, dass die kleinen Souterrainmärkte in der Rubinsteinstraße bei Einbruch der Dunkelheit von Wachleuten geschützt werden. Irgendwie erin­nert mich dieser Zweiklassenkonsum an die Intershops, damals in der DDR. Auch da gab es Westwaren, unter aben­teu­er­li­chen Umständen, gegen Devisen, zu denen Bürger ohne Beziehungen keinen Zugang hatten, und zu (hoch­ge­rechnet) Luxuspreisen. Heute regelt sich das im ehema­ligen sozia­lis­ti­schen St. Petersburg durch die (freien?) Mechanismen des Kapitalismus.


Mein erster kultu­reller Pflichtbesuch: Die Christi-Auferstehungskirche, die an der Stelle errichtet wurde, wo Kaiser Alexander II am 1. März 1881 einem Attentat zum Opfer gefallen war. Daher ihr zweiter Name »Erlöser auf dem Blute«.

Am Mittag besuchte ich die  Auferstehungskirche am Gribojedow-Kanal. Sie wurde zwischen 1883 und 1907 nach den Entwürfen von Alfred Parland und Archimandrit Ignatij (Malyschew) erbaut, nach Moskauer Vorbild. Auf Wunsch der Öffentlichkeit und mit Unterstützung des Bauherren Alexander III sollte das Andenken an seinen Vater Alexander II verewigt werden, der wich­tige Sozial- und Wirtschaftsreformen einlei­tete. Und so stößt man bei der näheren Begegnung mit der christ­li­chen Auferstehungskirche auf ganz welt­liche Gedenktafeln – eine befremd­liche Mixtur. Auf der einen wird an die Einführung der Telegrafie erin­nert, andere loben die Reform des Steuerrechts und die Beschränkung der Körperstrafen.


Eine von 12 Gedenktafeln am Sockel der Auferstehungskirche, die an verschie­dene Sozialreformen Alexander II erin­nern soll. Auf dieser steht: 17. April 1863 – Beschränkung der Körperstrafen. Ein Klick auf das Foto öffnet eine vergrö­ßerte Ansicht der Beschriftung, die nicht iden­tisch ist mit der aktu­elle kyril­li­schen Schrift.

Die Ausstattung der Kirche verblüfft durch ihren Reichtum. Sie birgt eine der größten Mosaik-Sammlungen der Welt. Sie erstreckt sich über eine Fläche von 7000 Quadratmetern. Es ist das Werk russi­scher Künstler, die 12 Jahre in der Privatwerkstatt der Gebrüder Frolow und in den Werkstätten der Petersburger Akademie der Künste gear­beitet hatten. Die gemalten Vorlagen dazu lieferten 32 Künstler.

Bis 1917 wurde die Kirche ausschließ­lich für Toten- und Gedenkfeiern für Alexander II genutzt. Danach wurde sie in ein gewöhn­li­ches Gotteshaus umge­wan­delt. 1930 wurde sie geschlossen und als Lagerhalle genutzt. 1970 begannen die Restaurierungsarbeiten, die sich bis zur Wiedereröffnung 1997 hinzogen.

Zum Abschluss noch ein Leckerbissen für die Freunde der »Vintage Typography«. Ich war nicht nur in der Erlöserkirche, sondern auch in der Eremitage. Die dort ausge­stellte Kunst ist über­wäl­ti­gend, darüber kann ich hier nicht schreiben. Aber ich möchte eine schier endlose Reihe von Holzkisten nicht uner­wähnt lassen, über die ich kurz vorm Verlassen des Museums »gestol­pert« bin. In diesen befinden sich mit Sicherheit unbe­zahl­bare Kunstschätze, die demnächst auf Weltreise gehen werden.

Die Kisten sind mit Schablonen beschriftet, echte Cowboy-Fonts und -Brandzeichen, gemixt mit sozia­lis­ti­schem Edelmetall-Design. Die Freunde der kyril­li­schen Schrift werden uns sicher das Siegel über­setzen. Alle 3 Fotos mit darun­ter­lie­gender Vergrößerung:


33 Kommentare

  1. Simone Wolf

    Ich sehe da ein Poster von Al Bano auf Deinem ersten Bild…

    Italienisch-liba­ne­si­sche Küche – ist ja eine sehr inter­es­sante Mischung. Das gibt’s hier in Italien bestimmt nicht – Italiener sind schließ­lich sehr vaterlandsverliebt…

  2. Henning

    In dem Siegel steht:

    CHEPRI

    Upakowka i
    transportirowka
    wjistawok
    Sankt-Petersburg

    … aber frag mich mal nicht was das heisst, das jemand anderes machen …

    Ich vermute

    Verpackung und Transport, zu CHEPRI und wistawok fällt mir nichts ein, Gruss nach St.P.

  3. Henning

    Unglaublich, mein Bücherregal ist ein Bermuda-Rechteck. Ich finde mein Russisch-Deutsch-Wörterbuch nicht. Dafür aber mein Griechisch-Deutsch-Wörterbuch, welches ich kürz­lich nicht fand, als ich es brauchte. Weshalb ich nun zwei habe.

    Beim Suchen ist mir aller­dings der Groschen gefallen: Möglicherweise steht da einfach nur das geschrieben, was unter dem Siegel auf Englisch wieder­holt wird.

    Nun sollte aber wirk­lich jemand ran, der Russisch spricht. :-)

  4. Eric Eggert

    Tolle Beobachtungen, die Serie gefällt mir.

    Das auf dem Siegel könnte – ich speku­liere – „Fine Art Packers and Shippers St. Petersburg“ heißen…

  5. Harki

    Das mit der Auferstehungskathedrale ist aus Wikipedia abge­schrieben und es stimmt nicht. Das Ganze ist in seiner heutigen Erscheinung von vorne bis hinten ein Projekt Nikolaus II. Es geht darum, dem euro­päi­schen Petersburg ein alt-mosko­wi­ti­sches Bauwerk rein­zu­würgen. Das ist Historismus (und in diesem Fall: Panslawismus) in Reinkultur — dumpfer Chauvnismus, prote­giert von einem zur Melancholie und Schwärmerei neigenden schwa­chen Zaren (und seiner Frau). In Grundzügen nach­zu­lesen bei: Orlando Figes: A Peoples‘ Tragedy, 1997 ff.

    Ich möchte wirk­lich keine Urlaubsgefühle stören, aber dieses Bauwerk ist in einem *solchen* Maßen ein Symbol des Untergangs, des bewußten Rückfalls in die Barbarei, ein Vorgriff auf Schlimmeres… Es steht für die Ent-Europäisierung Rußlands, für einen Rückfall hinter Peter den Großen.

    Uah!

  6. Tim

    Eine schöne Serie, freue mich schon auf weiteres.

  7. Lars

    sehr schöner zweiter teil! weiter so bitte :)

    wie ist das eigentl mit den graffiti-writern?
    benutzen die auch die kyril­li­schen buch­staben, oder eher die lateinischen?
    auf dem ersten bild sehe ich nur „latei­ni­sche“ schrift­züge, ist das überall so?

    hoffe mal, dass die russi­sche jugund die schn­heit ihrer kyril­li­schen schrift erkannt hat, und auch diese buch­staben schön an die wand bringt :D

  8. Jürgen

    Das mit der Auferstehungskathedrale ist aus Wikipedia abgeschrieben … 

    Stimmt nicht. Ich habe die Informationen einem mit Schreibmaschine geschrie­benen blauen DIN-A4-Blatt entnommen, das mir beim Kauf des Tickets an der Kasse der Erlöserkirche in die Hände gedrückt wurde. Ob dieser Text aus Wikipedia stammt, oder ob ihn ein Tourist in Wikipedia hinein­ge­stellt hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Für mich ist es – relativ ideo­lo­gie­freie – Information aus erster Hand … ganz anders als Dein Kommentar.

  9. Chajm

    Der Text zu „Chepri�? sagt eigent­lich nichts anderes als die engli­sche Übersetzung darunter ;-) Die Verpacken und Versenden Ausstellungsstücke…

  10. Onkel Tobi

    Ich habe in der Schule mal ein Jahr an einer Russisch-AG teil­ge­nommen und damals natür­lich auch kyril­lisch lesen gelernt – im Rückblick würde ich sagen: ein paar Schulstunden, die sich gelohnt haben.

  11. Felix

    Auch die Flügel und der Käfer scheinen sehr ägyp­tisch. Vielleicht kommt oder geht die Kiste nach Ägypten.

    Super Tagebuch, Jürgen. Macht richtig Spaß zu lesen und zu rätseln.

  12. tom

    Interessante Serie!
    Es kann auch mal von Vorteil sein, etwas nicht lesen zu können, damit rückt die Gestaltung in den Vordergrund und spricht dadurch für sich. Keine Infos, nur Bilder. Das ist mal eine andere Wahrnehmung, wo der Kopf sich nicht weiter damit beschäf­tigen muss und das Empfinden verstärkt wird.

  13. fjord

    Heißt Al Bano nicht eigent­lich Albano (erste Abbildung)? ;)

  14. Simone Wolf

    Albano (fjord, Du hast Recht), heißt brüger­lich so und sein künst­le­ri­sches Pseudonym ist Al Bano. Vor allem aber sieht er seit langer Zeit schon nicht mehr so aus… mindes­tens seit ihn Romina verlassen hat (vor ca. einem Jahrhundert), um sich selbst zu verwirk­li­chen… Auch das lernt man hier in Italien – das ist Volkskunde, 1. Stunde… ganz wichtig, ich weiß… :-)

    Hier ein aktu­elles Foto von Al: http://​en​.wiki​pedia​.org/​w​i​k​i​/​A​l​b​a​n​o​_​C​a​r​r​isi

    Sorry für den abschwei­fenden Diskurs! Ein biss­chen Klatsch am Freitag – ich hoffe, es wird mit verziehen.

  15. Suzu

    Danke Jürgen, für die herr­li­chen Reportagen! Mir fällt auf Reisen auch immer als erstes die Landes-Typo ins Auge – Bilder, die man in übli­chen Dokumentationen sonst nie sieht. Deshalb werden für mich Deine Berichte beson­ders lebendig, auch durch die Erklärungen der russi­schen Worte und die atmo­sphä­ri­schen Bilder – beson­ders das sphä­ri­sche mit dem Wackler aus Folge 1 :-). Ich war noch nie in Russland / St.Petersburg, aber durch Deine Schilderungen ist es jetzt irgendwie ganz nahe gerückt…
    Auch scheint es so, dass ‚wessi‘ noch einiges nach­zu­holen hat – in Bezug auf die deutsch-russi­sche Freundschaft: danke deshalb auch an die anderen für Eure schönen Kommentare!
    Da bleibt als Kommentar doch eigent­lich nur: bitte noch viel, viel mehr!

  16. Axel

    Ich kann kein Russisch (Kyrillisch), verkaufe ja nun aber schon seit über 17 Jahren Fremdsprachen-Fonts. Daher lehne ich mich mal ein biss­chen aus dem Fenster und behaupte, dass die Schrift auf der Gedenktafel Altkirchenslavisch ist.

  17. fjord

    @ Simone

    Klatsch am Freitag muss auch sein! Vielleicht als neue Rubrik wöchend­lich abwech­selnd zum Designdiskurs? ;)

    Al Bano jeden­falls klingt nach Sopranos, finde ich.

    Jürgen: Weiter so! Merci!

  18. Chajm

    Natürlich ist das eine Kartusche oben auf dem Bild. Die Firma heißt ja auch Chepri. Eine ägyp­ti­sche G-ttheit, diese wurde meist als Skarabäus darge­stellt. Das steht offenbar damit in Zusammenhang, dass die Firma Mueseumsstücke/Ausstellungsstücke transportiert…

  19. roman k

    henning hat recht mit seiner übersetzungstheorie ;-)
    »verpa­ckung und trans­port von austellungen«

    gene­rell kann ich sagen, dass es den typo­grafen hier­zu­lande gut tun würde sich mit der kyril­li­schen schrift ausein­an­der­zu­setzen um zu neuen erkennt­nissen in bezug auf lesbar­keit der latei­ni­schen schrift zu kommen.

    die latei­ni­sche schrift hat sich ja (soweit ich im typo-grund­kurs aufge­passt habe :-)) aus der capi­talis monu­men­talis und der karo­li­ni­schen minuskel entwi­ckelt. die formen der klein­buch­staben und der gross­buch­staben unter­scheiden sich stark von einander.

    und nun guckt euch das kyril­li­sche alphabet an. http://​de​.wiki​pedia​.org/​w​i​k​i​/​K​y​r​i​l​l​i​s​c​h​e​s​_​A​l​p​h​a​b​e​t​#​R​u​s​s​i​sch

    und dann guckt euch ein paar fließ­texte in russi­scher sprache an. auf den ersten blick hat man das gefühl es handelt sich um kapi­täl­chen, gell?

    also nicht viel von ober- und unter­längen, die »das auge führen sollen«. die verwen­dung der klein­buch­staben soll ja gera­dezu essen­ziell sein für die lesbar­keit von fließ­texten. alles gewöh­nungs­sache denke ich. viel­leicht würden sogar in kapi­täl­chen gesetzte bücher funk­tio­niern (erwarte riesenaufschrei! ;-))

  20. Jürgen

    Wusstet Ihr, das der Abba-Hit »Dancing Queen« (1976) in weiten Teilen iden­tisch mit Al Banos »Nel Sole«, das er 1967 veröf­fent­lichte. Beide Songs kann man im Tunes anhören.

  21. Henning

    Danke Chajm,

    über den Skarabäus hatte ich mir auch schon Gedanken gemacht, aber auf die Gottheit bin ich nicht gekommen. Um die Uhrzeit sollte man besser ins Bett gehen. Und, na klar, der gestri­chelte runde Rahmen soll bestimmt an eine Kartusche erin­nern. Allerdings wurden Kartuschen doch eigent­lich nur für die Namen der Pharaonen verwendet und nicht für die Gottheiten, oder?

    Danke Roman,

    den kleinen Exkurs über die Entstehung der kyril­li­schen Schrift habe ich mir schon bei Jürgens ersten Blogeintrag aus St.P. geklemmt. Da kommt man so leicht von Hunderdsten ins Tausendste … In meinem halb­ge­schrie­benen aber dann nicht abge­schickten Text stand dann auch ein Absatz, WARUM die kyril­li­schen Minuskeln größ­ten­teils Kapitälchen sind – im Gegensatz zu den grie­chi­schen oder latei­ni­schen Kleinbuchstaben. Aber ich bin grad schreib­faul und eigent­lich noch im Urlaub, das soll nun meinet­wegen ein anderer machen.

  22. niki

    die kisten wurden übri­gens nicht durch scha­blonen beschriften,
    die punzen in den buch­staben kriegt man nicht ohne träger­ver­bin­dungen hin!
    es muss also irgendwie aufge­stem­pelt o.Ä. sein.
    nur so am rande ;)

  23. Suzu

    @ Jürgen und Simone (um den „Spass am Freitag“ fortzusetzen :-)):
    Die lustigste Version von Al Banos „Nel Sole“ ist viel­leicht diese:
    http://​de​.youtube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​u​Y​d​o​y​y​N​H​u​H​I​&​f​e​a​t​u​r​e​=​r​e​l​a​ted

  24. Henning

    Roman, in Bezug auf Lesbarkeit lautet mein Lieblingssatz: Es wird gelesen, was von Interesse ist.

    Insoweit, wenn man halt ein typo­gra­fi­sches System ohne nennens­werte Ober- und Unterlängen hat, ist es besser als gar nichts. Und die kyril­li­sche Schreibschrift hat schon auch Ober- und Unterlängen (r, d, f …), so richtig schlüssig lässt sich mit Deinem Ansatz nicht argu­men­tieren … :) Um Deine These zu vertreten, würde ich viel­leicht gleich zum Chinesischen greifen, doch da verstrickt man sich wieder in den Aspekt, dass es sich dabei um ein (*vergrö­bernd*) ideo­gra­fi­sches und nicht um ein alpha­be­ti­sches System handelt … :D

  25. Henning

    Gut gesehen, Niki (#23)! Es muss sich um Rollstempel handeln, sowas habe ich irgendwo in meiner ozea­ni­schen Sammlung auch. Damit kann man große Flächen stem­peln, für die flach der Anpressdruck aus der Hand nicht reichen würde.

  26. Nils

    Die Darstellung von Begriffen und Namen mit kyril­li­schen Buchstaben bleibt für mich ein steter Quell der Freude. Seit meinen ersten Leseversuchen in den Siebzigern.
    Und es ist kein Ende abzusehen …

  27. Chajm

    @Henning: So scheint es zu sein. Kartuschennamen waren anschei­nend Königen und Königinnen vorbe­halten. Vielleicht meinte man hier einfach, es sieht „authen­ti­scher�? aus mit Kartusche (?) Jedenfalls finde ich das gar nicht schlecht gemacht.

  28. roman k

    @henning

    na ja, ich kenne nicht viele russi­sche bücher, die in schreib­schrift gesetzt werden

    mir geht es eher darum ein bisserl zum nach­denken zu bewegen, weil ich das gefühl habe, dass vor allem in der typo­grafie bestimmte regeln und normen einfach nicht in frage gestellt werden

    wie z.B.

    antiqua schriften sind besser lesbar als gebrochene

    minus­keln besser als versa­lien usw.

    ich sage – alles eine sache der gewohnheit.
    keine wissen­schaft­liche beweise!

    es hätte geschicht­lich auch anders kommen können – und wir hätten keine minus­keln und würden alles in capi­talis monu­men­talis setzten – und ganz ehrlich, ich glaube nicht, dass wir etwas vermissen würden, oder dass es den lese­fluss stören würde

  29. roman k

    »Insoweit, wenn man halt ein typo­gra­fi­sches System ohne nennens­werte Ober- und Unterlängen hat, ist es besser als gar nichts.«

    klingt ziem­lich wertend
    als ob das system mit den unter- und ober­längen das bessere, reifere, tech­no­lo­gisch über­le­ge­nere wäre.

  30. Nina Stössinger

    Jürgen, groß­artig. Hoffentlich bleibst Du noch wochen­lang dort und bescherst uns jeden Tag so einen Bericht? :-)

    Zu Roman: Naja, viel­leicht alles eine Sache der Gewohnheit im Sinne der Kultur und Schriftsozialisierung. Wenn man mit der kyril­li­schen Schrift aufwächst, »stört« einen das Fehlen von Ober- und Unterlängen vermut­lich nicht; dass die Russen keine Probleme haben, das so zu lesen, kann man aber m.E. nur begrenzt auf Kapitälchensatz bei uns über­tragen. Denn wir sind ja mit anders­för­migen Minuskeln »sozia­li­siert« worden, erwarten also gewis­ser­maßen die Ober- und Unterlängen, und Kapitälchen erscheinen dann als »Ausnahme«, als Auszeichnung.
    Interessant ist in diesem Kontext evtl. auch ein Blick nach Bulgarien, wo sich nach langer Verwendung der kyril­li­schen Schrift russi­scher Prägung in den letzten ein bis zwei Jahrzehnten eigene, lokal­ty­pi­sche Buchstabenformen als Präferenz heraus­ge­bildet haben – die sich vor allem dadurch vom Standardkyrillischen unter­scheiden, dass sie Ober- und Unterlängen haben (die kursiven Formen gera­de­ge­stellt, grob gesagt). Wäre span­nend zu erfahren, wie das für ältere Bulgaren ist, sich von den »Kapitälchenformen« auf diese neuen Minuskeln »umzu­ge­wöhnen«.

  31. Simone Wolf

    Leider komme ich erst jetzt wieder dazu hier rein­zu­schauen (und ich lasse mir die Feeds nicht schi­cken, weil ich sonst vor lauter Neugier den ganzen Tag nichts Anderes machen würde – ist also reiner Schutz… :-)

    „Wusstet Ihr, das der Abba-Hit »Dancing Queen« (1976) in weiten Teilen iden­tisch mit Al Banos »Nel Sole«, das er 1967 veröf­fent­lichte. Beide Songs kann man im Tunes anhören.“

    Jürgen, wow – Nein, das wußte ich nicht… das ist ja das Sahnehäubchen zu meinem Kommentar. Danke!

    fjord: Danke, ich hatte den ganzen Tag ein schlechtes Gewissen… Ich finde das übri­gens eine gute Idee, mit dem Gegenpol zum Designdiskurs… mit Klatsch kann ich behilf­lich sein. Wenn ich mir Mühe gebe versuch ich’s auf Gala-Niveau :-)

    Suzu: das Nächste was ich mache, sit Deinen Link anschauen. Danke!

    … so muss das Wochenende anfangen…

  32. Arith

    @ Nils (27):

    Ja, so geht’s mir auch. Die kyril­li­schen Zeichen gehören für mich zu den schönsten. Ich habe vier Jahre Russisch gelernt, aber ich bin noch nie in einem russisch­spra­chigem Land gewesen. Lediglich in Bosnien und Herzegovina bin ich in den Genuss von kyril­li­schen Verkehrszeichen gekommen. Heute bin ich nicht mal mehr noch in der Lage, kyril­li­sche Schrift wie latei­ni­sche zu lesen (also z.B. телевизор als „tenebnzop“ oder Ähnliches), wie das die Leute machen, die kyril­li­sche Zeichen nicht lesen können.

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