SPIEGEL Online: »…stümperhafte Reisepass-Typografie«

Seit dem 1. November 2007 werden in Deutschland Reisepässe ausge­stellt, in denen die bislang nume­ri­sche Seriennummer auf ein alpha­nu­me­ri­sches System umge­stellt wurde. Ein Amtsblatt hält fest: »Die neue ID-Nummer setzt sich aus den Ziffern 0-9 und Buchstaben des latei­ni­schen Alphabets zusammen, wobei zur Vermeidung sinn­tra­gender Wörter und Verwechslungen auf die Verwendung der Vokale (A, E, I, O, U) und bestimmter Buchstaben (B, D, Q, S) verzichtet wird.«

Diese Regeln kennen zwar die Behörden und die Lesegeräte, aber an die Reisenden hat niemand gedacht. SPIEGEL Online dazu im gerade veröf­fent­lichten Beitrag Getarnte Nullen aus dem Innenministerium: »USA-Reisende verwech­seln beim elek­tro­ni­schen Visa-Antrag die Ziffer mit dem Buchstaben – dann gibt’s Stress bei der Einreise.« wie das Beispiel des Technikredakteurs Gregor Honsel (Technology Review) zeigt.

Wir Schriftexperten wissen natür­lich seit Jahren, wie das Problem zu lösen wäre: zum Beispiel mit einem Querstrich durch die Null oder einem Punkt im Innenraum. Karlgeorg Hoefer, der Mitte der 70er die FE Mittelschrift (FE = fälschungs­er­schwert) für die deut­schen KFZ-Kennzeichen entwarf, verlieh der Null rechts oben eine Öffnung.


12 Kommentare

  1. Jens Kutílek

    Aufmerksame Fontblog-Leser erkennen natür­lich auch sofort, daß es sich um Nullen handeln muß, denn bekannt­lich zeich­nete Adrian Frutiger die Ziffern in der OCR-B absicht­lich höher als die Versalien, um Verwechslungen vorzubeugen. ;)

  2. Maik

    „Diese Regeln kennen zwar die Behörden […]“ — Naja, offen­sicht­lich gerade nicht. Sonst würde die Fehleingabe schon vom genannten „elek­tro­ni­schen Visa-Antrag“ (Webformular?) abge­lehnt mit der Begründung, dass die Nummer wie einge­geben falsch sein muss, weil keine Nummer mit O exis­tieren kann. Nichts gegen vernünf­tige Typografie, aber vernünftig program­mieren hätte an der Stelle auch geholfen.

  3. Max

    Liest beim Spiegel keiner Korrektur, Jürgen! – die haben Deinen Namen falsch geschrieben!

    Was ich aller­dings bezweifle, ist, dass die alten Nummernschilder in der FF DIN beschriftet wurden.

  4. Thomas Hühn

    Nicht nur die Typographen, auch die Programmierer wissen um das Problem schon lange.

    Man muß nur aufpassen, daß man es sich nicht mit den Dänen verdirbt.

    Zum KFZ-Kennzeichen: Das finde ich grausig. Das oben spitzer zulau­fende sollte selbst­re­dend die Null sein. so wie Zapf es vorge­macht hat.

  5. Max

    Bestimmte Kombinationen waren wegen der Problematik auf den Nummernschildern früher gar nicht möglich, heute fährt bei uns ein … – OO 7 oder fas FB-I … rum.

    schönes Wochenende!

  6. Jürgen Siebert

    @Max: Die Bildunterschrift beim SPIEGEL ist miss­ver­ständ­lich, ändert aber nichts an Aussage und typo­gra­fi­scher Optik. Ich musste die Abbildung in 10 Minuten bauen (der Artikel war bereits online) und hatte die FF DIN gerade zur Hand.

  7. erik spiekermann

    Wenn es auch klein­buch­staben gäbe auf den pässen, wäre alles kein problem. Und man könnte auch unter­scheiden, ob ein name mit ß oder mit ss geschrieben wird. Aber warum sollten die beamten einen fach­mann fragen? Bei der lächer­li­chen auflage von 50 millionen oder so lohnt das kaum.

  8. philipp

    voller zuspruch erik spie­ker­mann – ein gutes beispiel für die wirk­sam­keit der gemischten schreibweise.

    mich würde inter­es­sieren wie das in aufge­klär­teren ländern, z.b. den nieder­landen, aktuell gelöst ist.

  9. Thomas Hühn

    Hm, wie wird wohl ein hollän­di­scher Paß aussehen, wenn Deutschland und Holland beide EU-Staaten sind und der (aktu­elle) Reisepaß ein Europapaß ist?

  10. philipp

    @thomas, mein fehler. ich beziehe mich auf personalausweise.
    hatte die recht farben- und formen­froh in erinnerung.

  11. Andreas

    Etwas OT: Also ich muss sagen, Karlgeorg Hoefer hat schon einen tollen Job gemacht. Nicht nur sind die Buchstaben und Zahlen prak­tisch nicht zu verwech­seln, sondern ergeben in Kombination zuein­ander auch solche Scheußlichkeiten, dass sie garan­tiert niemand für was anderes als Nummernschilder benutzt. ;) Hoff ich mal…

  12. Wolf Brüning

    Ich würde in solchen Fällen aus Usability-Gründen sogar voll­ständig auf 0 und O (und andere optisch ähnliche Buchstabengruppen wie 1 und l und I) verzichten. Es gibt zwar genü­gend Mittel und Wege diese Buchstaben klar unter­scheidbar zu machen, steht ein solcher Buchstabe aber alleine im Dokument, ist es wieder schwer auszu­ma­chen, was er nun darstellen soll.

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