Sonntagsspaziergang durchs Haus
Gestern besuchte ich zum ersten Mal die frisch renovierte Kongresshalle, Heimat des Haus der Kulturen der Welt. Ich war neugierig. Für die Renovierung, neue Technik und die Herstellung des Foyers wurden 8,8 Millionen Euro aufgewandt. Zu meiner Überraschung sind die optischen Veränderungen kaum wahrnehmbar, was mich erfreut. Hier und da wurde zurückgebaut, geöffnet und frisch verputzt … doch der Großteil der Investitionen scheint in die Technik geflossen zu sein: Sprinkler, Kabel, Toiletten, Licht, … Ich freue mich auf die TYPO 2008 und die TYPO 2009, die wieder im Haus der Kulturen stattfinden werden.
Ein TV-Beitrag über das Berliner Hansaviertel am vergangenen Donnerstag brachte für mich ein Detail zur Geschichte der Kongresshalle an den Tag, das mir bis dahin nicht bekannt war. Als im Mai 1980 die Dachkonstruktion während einer Konferenz teilweise einstürzte, gingen die Schuldzuweisungen sofort an den amerikanischen Architekten Hugh Stubbins. Doch der Einsturz wurde nicht durch einen Statikfehler sondern durch Ausführungsmängel verursacht. Ein Mitschuld trifft das Berliner Bauamt, das nicht an das von Stubbins entworfene frei schwebende Dach glaubte und unbeholfene statische Abstützungen durchsetzte. Seit dem Wiederaufbau 1987 schwebt das Dach wieder so, wie Stubbins es einst berechnet hatte.
Das Haus hat sich schön gemacht
Das Haus hat jetzt einen Buchladen
Das Haus hat neue Toiletten
Das Haus hat eine Action-Bühne
Das Haus hat eine schöne Imbissbude
Das Haus hat ein neues Leitsystem …
Das Haus hat gemütliche Möbel
Das Haus hat einen Regenbogen
Das Haus hat ein neues Logo
9 Kommentare
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thomas
vielleicht sollte man mal die damen und herren von experimentaljetset dran setzen. deren umgang mit der welt der groteskschriften ist ein deutlich anderer, lebendigerer, als der hier gezeigte zu statische.
ich beziehe mich jetzt speziell auf das leitsystem.
Benjamin Hickethier
Auch hier noch mal danke für die Impressionen. Ich muss sagen, auch die Helvetica-Anwendung, gerade im gezeigten Leitsystem-Beispiel, macht nun eindeutig mehr Sinn für mich – besonders im Zusammenspiel mit der eingangs erwähnten Architektur und deren Eigensinnigkeit.
HD Schellnack
Thomas’ verweis auf die Experimentals sitzt. Helvetica MUSS nicht aussehen wie Bundespost 1970.
Die Innenarchitektur wirkt ansonsten toll.
robertmichael
helvetica als leitsystem… ick weiss ja nicht. :-/
ersetzt die helvetica (und das logo mit der helvetica) mit einer anderen, besseren grotesk und mir würde das CD gefallen. die plakate fand ich auch ganz hübsch, wenn auch mehr indoorplakete, der banner sieht auch gut aus … aber das logo und die helvetica. ich find das passt nicht zu dem frischen design.
frank
wobei der bei der eröffnungsrede hervorgehobene buchladen wirklich sehr sehr schwach ist. kein souvenirshop, aber auch kein qualitativer buchladen. auch der innenarchitekur folgend nicht.
aber die ausstellung new york hat ein paar schöne sachen dabei
Benjamin Hickethier
Also alles in allem stehe ich ziemlich ratlos diesem Helvetica-Hin&Her gegenüber… Einerseits ist sie gerade superhip – ein Film, den man unbedingt gesehen haben muss (kann ich leider nicht mitreden) etc – und in aller Munde, andererseits führt ihre Verwendung allein – zumal ›ganz nackt‹ und auch noch in Verbindung mit 50er-Jahre-Architektur – zu hemmungslosem Dissen und Kommentaren vom Kopf bis unter die Gürtellinie.
Warum müssen denn Schriften seit den Neunzigern wie (›Indie‹-)Bands behandelt werden und als Nutzer/Hörer muss man erst mit Charts/Zeitgeist/Bekanntheitsgrad abgleichen bevor man sich dazu bekennt, ob einem die Band nun gefällt oder nicht bzw. ob man die Schrift verwendet? Auseinandersetzung mit designhistorischen Kontexten und aktuellen Diskursen ist für mich etwas anderes, dabei würde die Verwendung einer Schrift nicht in Grund und Boden abgelehnt, bloss weil die Schrift gerade nur gefeiert, nicht aber verwendet werden darf. Die meisten von uns kennen doch erst das Logo und obige Verwendung im sogenannten Leitsystem.
Prinzipiell Experimental Jetset heranzuziehen/herbeizuwünschen, scheint mir auch erstmal diskussionswürdig. Experimental Jetset spielen ja nun auch schon seit einigen Jahren mit der Helvetica und nur, weil sie in Deutschland vielleicht noch nicht so bekannt sind, muss man ja nicht gleich dasselbe noch mal machen. Ich mag Experimental Jetset auch gerne, bin mir aber nicht sicher, ob das die optimale Lösung für das HdKdW wäre. Im übrigen denke ich auch, es macht einen kleinen Unterschied, die Helvetica ›spielerisch‹ in der Umgebung des holländischen Designdiskurses zu sehen, und in Anwendung für ein bundgefördertes deutsches Prestige-Kulturhaus (Bundespost 1970 lässt grüßen… was immer das heißen mag).
Doublestandards’ Werk möchte ich auch auf keinen Fall verteidigen, vor allem nicht nachdem sie sich wieder einmal in ihrer unnachahmlichen Art geäußert haben (vgl. letzter FB-Artikel zu HdKdW). Vielleicht kann ich mich für die Verwendung der Helvetica auch deshalb erwärmen, weil dadurch die ›das Haus‹-Blockschrift weniger auftaucht.
Gut wäre es vielleicht, mal wieder die alte Idee hervorzukramen, was ganz Neues zu versuchen.
robertmichael
im großen und ganzen gefällt mir ja das neue erscheinungsbild vom haus ganz gut, also die farben, das grid die teaser usw. … spricht mich alles an. bis, ja bis auf die schriften. die pixelschrift (ich habe nichts gegen gridschriften) ist einfach schlecht lesbar und die helvetica im logo passt nicht zu dem rest. wenn man bei den plakaten rätseln muss was da eigentlich steht nützt die schönste gestaltung nix. »das haus hat eine stadt im hals«? hätte man sich da vorher besser informiert die lesbarkeit getestet und ein paar andere schriften ausprobiert… alles hätte gepasst.
Benjamin Hickethier
Meinen letzten Satz sehe ich vortrefflich bestätigt, nach genauerer Beschäftigung mit den Arbeiten von doublestandards (gezeigt auf ihrer Webseite). Ich mag ja auch Helvetica ganz gerne, aber da doublestandards bisher mehr als die Hälfte ihrer Jobs mithilfe Herrn Miedingers gelöst haben, und auch von ›ihren‹ zehn Fonts immerhin drei geringe Modifikationen der Helvetica im frühe 90er-Stil sind (was ja völlig ok ist), bekomme ich irgendwie den Eindruck, dass es doch nicht so eine wahnsinnig ›subject‹-, ›project‹- und ›client‹-spezifische Entscheidung war, für das Redesign des HdKdW die Helvetica zu verwenden.
Benjamin Hickethier
Sind doublestandards eigentlich ausreichend gefeatured im Helvetica-Film? Wenn nicht, bitte sofort das Script vom Sequel ausbauen!