Schönes Taschenbuchcover: »Geisterfahrer«

Es gibt eine schöne Tradition beim Hamburger Produktionsbüro Einsatz. Alljährlich zur Ferienzeit verschickt das Einsatz-Team an Kunden und Freunde des Hauses eine Urlaubslektüre – meist ein Taschenbuch, um das man einen selbst gestal­tetes, biblio­philes Umschlagpapier legt. In diesem Sommer landete der Roman »Geisterfahrer« von Tom Liehr auf meinem Schreibtisch, mit dem besten Wünschen von Einsatz: »Das Leben kommt immer von vorn …«.

Ich bin spontan begeis­tert von der symbo­li­schen Kraft des Original-Titels (Aufbau-Taschenbuch). Es wurde gestaltet von Anke Fesel und Kai Dieterich, die bis vor kurzem ihr gemein­sames Büro Gold in Berlin führten. Anke Fesel ist zudem Geschäftsführerin der Bildagentur Bobsairport, aus deren bestand das Autobahn-Foto stammt. Raffinierter als mit einem umge­drehten Autobahnschild (ohne Orte) kann man den Begriff »Geisterfahrer« kaum visua­li­sieren. Das Bild ist so stark, dass man auf die gespie­gelten Buchstaben in der Cover-Typografie sogar hätte verzichten können.


18 Kommentare

  1. Christian

    sehr schön, kompakt auf den Punkt gebracht. Ein gespie­gelter Buchstabe hätte voll­kommen gereicht. Oder alle. Oder nur das T :-)

  2. Nina

    Hui, feines Bild. Ich find aller­dings die Spiegelungen im Titel (und dann noch den «U-Turn» im «Ro-man»!) auch zuviel. Da wird es dann ein wenig verkrampft. Eigentlich hätte sich die Typo zugunsten des Bildes auch durchaus noch mehr zurück­nehmen dürfen; ich finde feine Irritationen span­nender als die mit dem Vorschlaghammer …

  3. tom

    Das umge­drehte Verkehrsschild ist mir schon fast zu symbo­lisch. Noch drama­ti­scher wäre das Cover, wenn man das Foto gespie­gelt und das Verkehrsschild von hinten gezeigt hätte. Dann das Wort Geisterfahrer spie­geln und den Autor richtig darüber setzen.

  4. Chajm

    Leider nicht bis zum Ende gedacht! Wenn ich Geisterfahrer bin, befinden sich der Standstreifen und das Schild nicht rechts von mir, sondern auf der linken Seite…

  5. Matthias

    Äh, prin­zi­piell eine gute Idee — aber ein Geisterfahrer fährt doch auf der linken Autobahntrasse, der Pfeil sollte also nach links zeigen und das Schild am linken Fahrbahnrand stehen. Oder handelt es sich um einen briti­schen Geisterfahrer?

  6. Jürgen

    Ich glaube, Ihr dürft die Straßengeometrie nicht auf die Goldwaage legen. Der Geisterfahrer selbst ist sich ja zu Beginn gar nicht seiner Situation bewusst – er sieht eine »korrekte« Straße. Umso erschre­ckender, wenn das Schild auftaucht: Pfeile, die einem entge­gen­kommen (was es im realen Leben nie geben kann, eine Illusion) und es fehlen die Ortsangaben (= Fahrt ins Ungewisse). Das Foto ist mehr ein böser Traum, als eine Umkehrung tatsäch­li­cher Verhältnisse.

  7. Mischa K

    Die DIN passt wenigs­zens zu dem Titel! ;-)

  8. Julius

    Jürgen, toll!

    Fühle mich geehrt, bin nämlich der Fotograf des Titelbildes:
    http://​mydai​ly​foto​.blog​spot​.com/​2​0​0​6​/​1​2​/​n​i​e​m​a​n​d​s​l​a​n​d​.​h​tml

    War erst nicht beson­ders begeis­tert über die gedrehten Pfeile, aber irgendwie passt es ja doch :)

    Danke auch an alle anderen Kommentatoren.

  9. Ryan

    Oder man nimmt einfach das amtliche Verkehrszeichen unserer öster­rei­chi­schen Nachbarn:
    http://​oester​reich​.orf​.at/​s​t​o​r​i​e​s​/​1​0​9​5​74/

  10. Jürgen

    Ein Warnschild vor Geisterfahrer … klingt wie ein Aprilscherz (und sieht auch noch so aus). Tauchen die jetzt vermehrt an bestimmten Autobahnabschnitten auf? Dann sollte man viel­leicht mal die Architektur (oder die Beschilderung) der nahe liegenden Auffahrten untersuchen.

  11. johannes

    was man übri­gens auch mal kurz erwähnen kann: das buch selbst ist prima!

  12. formschub

    Die Idee mit dem Schild finde ich echt raffi­niert, aber ich teile die Meinung einiger Kommentatoren, dass die Typographie mit ihren Zusatzeffekten übers Ziel hinaus­schießt. Ich hätte höchs­tens den gesamten Romantitel passend zum Schild (an der Horizontalachse) gespie­gelt anstatt einzelne Buchstaben – und ohne weiteres Typo-Lametta bei „Roman“.
    Buchtitel könnten hier gern öfter disku­tiert werden, gut gemacht ist ihre Umsetzung ja ähnlich anspruchs­voll wie bei Plakaten.

  13. Nina

    Was mir jetzt erst auffällt: Die gespie­gelten Einzelbuchstaben stören wohl nicht nur deshalb, weil die Spiegelung an sich »zuviel« ist, sondern auch, weil der Ausgleich offenbar nicht korri­giert wurde nach dem Spiegeln. Das erste S von Geisterfahrer sieht ja ganz schön .. verschoben aus. Das E dahinten auch. (Oder ist das etwa Absicht?)

  14. abraham

    auf der home­page von tom liehr ist eine anima­tion zu sehen, bei der GEISTERFAHRER zuerst normal geschrieben zu sehen ist. hätte auch gereicht.

    http://​www​.tomliehr​.de/

  15. Ralf Herrmann

    Sollte nicht die entschei­dende Frage sein, ob die Covergestaltung den INHALT des Buches widerspiegelt?
    Einfach den Titel 1:1 zu visua­li­sieren kann kann sinn­voll sein, muss es aber nicht. Ich gehe mal stark davon aus, dass das »Geisterfahrer« hier meta­pho­risch gemeint ist, oder nicht? Stichwort: Gegen den Strom. Auf der falschen Fährte etc. Dann wäre die Gestaltung sehr frag­lich. Wenn der Roman natür­lich von einem noto­ri­schen Geisterfahrer handeln sollte, dann ist das wohl gelungen.

  16. Stefan Kalscheid

    Ich denke wenn ein Cover so gut zum Titel passt muss es nicht umbe­dingt etwas mit dem Inhalt zu tun haben.

  17. Tom

    Der Titel des Buches ist im Wortsinn UND meta­pho­risch zu verstehen. Es beginnt mit einem Verkehrsunfall, dem tatsäch­lich eine Geisterfahrt voran­geht, und erzählt danach die (Lebens-)Geschichte des Jungen, dessen Eltern bei diesem Unfall ums Leben gekommen sind. Dieser Junge, Tim Köhrey, trifft das eine ums andere Mal essen­ti­elle Richtungsentscheidungen, die sich später als »verkehrt« heraus­stellen, wenn man so will (und es das über­haupt gibt). Der Cover-Entwurf hat, als ich ihn das erste Mal gesehen habe, spontan Begeisterung bei mir ausge­löst, obwohl die Farbgebung sehr zurück­hal­tend ausge­fallen ist. Die Symbolik, wenn sie auch durch die Verdrehung der Buchstaben UND das auf den Kopf gestellte Schild ein klein wenig über­zogen scheint, drückt m.E. sehr tref­fend aus, worum es im Buch geht. Zudem geht das Cover auf wunder­barer Weise mit dem sich wieder­ho­lenden (und auf der Rückseite genannten) Sinnspruch »Das Leben kommt (immer) von vorne« (Grönemeyer) einher. Ich kann mich nur wieder­holen: Ich finde es groß­artig! Es gefällt mir fast noch besser als das Cover von »Idiotentest« (das war mein voriges Buch), das ich auch ziem­lich gut finde – und das ich sogar als Anreiz genutzt habe, um kurz vor Abgabe das dort verwen­dete Thema (Buchstabensuppe) noch drama­tur­gisch einzuarbeiten.

    Herzlich,
    Tom Liehr

  18. Beatrix Alfs

    Das Cover ist hoffent­lich nicht das Einzige, das an dem Buch gefällt.

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