Petition: RV-Pflicht für Selbstständige

Viele Designer arbeiten als Selbstständige. Ein Fontblog-Leser aus Bremen macht mich eben darauf aufmerksam, dass der von der Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen geplante Rentenversicherungszwang für Selbstständige in der aktu­ellen Fassung für viele Kreative nicht akzep­tabel sei. Darum wies er mich auf eine Online-Petition hin, die sich viel­leicht noch nicht so breit herum­ge­spro­chen hat wie vergleich­bare Widersprüche gegen Vorratsdatenspeicherung oder Fluglärm. Hier geht es zur Petition von Tim Wessels, die bis zum 22. Mai 2012 läuft und im Moment von 12.900 Unterzeichner hat.


12 Kommentare

  1. Mick

    Gut, dass Ihr das hier ansprecht!

  2. Christian Büning

    Das Ziel der Aktion ist gar nicht so falsch. Viele Selbstständige, die heute von der Hand in den Mund leben, landen in der Altersarmut. Allerdings lässt das geplante Vorgehen von Frau von der Leyen jedweden Übergang, Vorbereitung oder Karenz vermissen. Man kann nicht einfach in bestehende Existenzgrundlagen eingreifen und eine will­kür­liche Summe per Gesetz abzweigen. Frau von der Leyen hat offenbar nicht verstanden, wie Freiberufler zweiter Ordnung arbeiten. Freiberufliche Designer sind übri­gens in der KSK pflicht­ver­si­chert und daher auch in der gesetz­li­chen Rentenversicherung.

  3. Sebastian Nagel

    Als Österreicher eine Verständnisfrage: *muss* ein Unternehmer wie z.B. ein Grafiker in Deutschland gesetz­lich bisher keinerlei Pensionsversicherung haben?

    Wir hier zahlen ja als Selbständige per Gesetz in eine (relativ grot­tige und veral­tete) staat­liche Kranken- und Pensionskasse ein – einen im Verhältnis zu anfangs viel­leicht geringen Einnahmen relativ hohen Mindestbetrag, und dann abhängig vom Einkommen mehr.
    Die ersten beiden Jahre haben wir eine Befreiung davon, im dritten Jahr will die Kasse aber dann ihr „gelie­henes“ Geld zurück, und das Jahr ist für viele ein harter Prüfpunkt, ob isch die Sebständigkeit über­haupt lohnt … Dagegen gibt es hier Initiativen, die das etwas „humaner“ regeln wollen, und wenn das vernünftig gemacht wird, spricht da ja nichts dagegen.

    Trotzdem: in gar keine Rentenkasse einzu­zahlen verleitet doch dazu, die Sache in jungen Jahren etwas zu einfach zu sehen und sich auf längere Sicht selbst zu täuschen – die Feststellung, dass man vor 15 Jahren vermut­lich doch einen zu geringen Stundensatz genommen hat, weil ja eh alles easy war, kann ja auch nicht die Regel sein …
    Und dass jeder für sich selbst verant­wort­lich ist, gilt halt solang, solange er das auch durch­zieht … wenn dann Selbständige am Ende doch noch massen­weise vom Staat abhängen, darf dieser auch präventiv dagegen was tun.

  4. Johannes

    Keine Frage, die geplante Rentenversicherungspflicht ist gar nicht überzeugend.
    Keine Frage auch, dass es ein Problem mit der Altersarmut gibt.
    Aber ist diese Petition mit ihrem ideo­lo­gi­schen Kern des »Jeder ist allein für sich verant­wort­lich« wirk­lich eine passende Antwort? Ich habe da ganz starke Zweifel.
    Für »uns« Grafiker gibt es ja seit vielen Jahren die Pflichtversicherung Künstlersozialkasse. Wäre das nicht ein Modell, das auszu­weiten wäre mit der Beteiligung der Auftraggeber und Kunden?

  5. Christian Büning

    @ Johannes, das sehe ich ähnlich. Eine möglichst starke gesetz­liche Rentenversicherung, in die ALLE einzahlen. Auch Beamte und Selbstständige. Allerdings mit einem geord­neten Übergang und mit einem Blick für die wirt­schaft­lich mach­baren Schritte. Einfach den Selbstständigen in die Tasche zu greifen, ist doch etwas arg schlicht gedacht.

  6. Florian Pfeffer

    @johannes

    Wäre das nicht ein Modell, das auszu­weiten wäre mit der Beteiligung der Auftraggeber und Kunden?

    wie meinst du das? die künst­ler­so­zi­al­kasse funk­tio­niert doch bereits mit der betei­li­gung von kunden und auftrag­ge­bern? oder verstehe ich den beitrag falsch?

  7. merz

    @Florian Pfeffer

    Ich denke er meinte, dass man das Modell der Künstlersozialversicherung auch für Selbstständige anderer Berufsgruppen einführen könnte. Wie das funk­tio­nieren soll erschließt sich mir aller­dings nicht.

    Da ich strikt gegen die Künstlersozialkasse bin, finde ich die Idee eher schlecht. Wer als Grafiker selbst­ständig arbeiten möchte, sollte auch »die Eier haben« entweder privat vorzu­sorgen oder sich frei­willig gesetz­lich zu versi­chern – wie die Selbstständigen anderer Berufsgruppen auch. (Meiner Meinung nach würde das zu einer besseren Honorardisziplin führen.) Wer es nicht schafft seine Unternehmung auf stabile Beine zu stellen, sollte über eine Anstellung nach­denken. Die 350,- Euro für die Altersvorsorge, so wie im Gesetzesentwurf als Mindestbeitrag vorge­sehen, ermög­li­chen einem später ein Leben knapp über der Grundsicherung – das sollte jedem klar sein.

    Was mich aber an dem Gesetzesentwurf stört ist, dass die Art der Altersvorsorge auf Versicherungen redu­ziert wird. Es sollte aber jedem selbst über­lassen sein, wie man seine Altersvorsorge gestaltet.

    Eine Bürgerversicherung, in die jeder – egal ob selbst­ständig oder ange­stellt – einzahlt, könnte ich mir aber gut vorstellen.

  8. Henning Krause

    Ich denke er meinte, dass man das Modell der Künstlersozialversicherung auch für Selbstständige anderer Berufsgruppen einführen könnte. Wie das funk­tio­nieren soll erschließt sich mir aller­dings nicht.

    Dem Ministerium für Arbeit und Soziales auch nicht. Immerhin zahlt das BMAS einen 20%igen Zuschuss zu den Sozialversicherungsbeiträgen der KSK-Versicherten. Eine Ausweitung auf alle Selbstständigen würde nicht nur sehr viel mehr Geld kosten, sondern darüber hinaus lang­fristig als Prämie zur Abschaffung fester Arbeitsverhältnisse wirken. Das dürfte vermut­lich poli­tisch nicht durch­setzbar sein.

    Eine Bürgerversicherung, in die jeder – egal ob selbst­ständig oder ange­stellt – einzahlt, könnte ich mir aber gut vorstellen.

    Mh, ich auch. Um das Realität werden zu lassen, müsste der poli­ti­sche Meinungsbildungsprozess noch ein paar Hürden und Denkblockaden über­springen. Logisch wär’s.

  9. kai

    @ merz: Und wer nicht die Eier hat? Für den kommt dann im Alter der Steuerzahler auf? Dem Gesetzentwurf ist übri­gens zu entnehmen, daß nicht JEDER zur zwangs­weisen Rentenversicherung heran­ge­zogen werden soll. Wer bereits etwas an die Seite legt oder gelegt hat, wird von diesem Zwang befreit. Ich finde den Gedanken, den Selbständigen hier im Sinne der Allgemeinheit ein wenig in seinen Freiheiten zu beschneiden, durchaus vernünftig. Denn: Ich will mich als Steuerzahler nicht darauf verlassen, daß jeder klug genug ist, für sich vorzu­sorgen. Daß die meisten von uns „demnächst“ sowieso nur eine Einheitsrente bekommen und mit diesem Gesetzentwurf wohl ein neues Bürokratiemonster geschaffen wird, steht auf einem anderen Blatt. Bin übri­gens selbst selb­ständig und in der KSK … ich weiß gar nicht, was gegen die KSK einzu­wenden ist (eben­falls @merz). Insbesondere Künstler, die kaum vor Hunger in den Schlaf kommen, können sich hier glück­lich schätzen. Und da auch (oder insbe­son­dere?!) kommer­ziell wenig erfolg­reiche (aber manchmal umso „inno­va­ti­vere“) Kunst/Kultur meiner Meinung nach gesell­schaft­liche und förde­rungs­wür­dige Relevanz hat, betei­lige ich mich als Steuerzahler hier ganz gerne. Ja, ich bin selbst drin … aber mit meinen recht hohen Beiträgen unter­stütze ich eher die „armen“ Künstler, als daß ich selbst etwas davon hätte. Man schaue mal nach, wo das durch­schnitt­liche Einkommen eines KSK-Mitglieds liegt und wie sich der persön­liche KSK-Beitrag zum Einkommen verhält.

  10. Andreas

    Achtung Provokation, gib mir jeden Monat 350€ und ich gebe dir viel­leicht jeden Monat später ab 67, 50€ zurück.
    Die gut verdienen sorgen schon für später vor, aber vielen anderen wird es das Genick brechen und sich gleich in das Soziale Wohlfühlparadies flüchten, Hartz 4!
    @merz Anstellen lassen, danke für den Tipp, mach ich morgen.
    @kai hoffe du wirst nicht ernst­haft Krank und belas­te­test uns mit 5 bis 6 stel­ligen Kosten, die ich aber gerne gemein­schaft­lich trage!
    Provo Ende …

  11. Johannes

    @7—9: Ja, ich hatte mich nicht klar genug ausge­drückt. Gemeint ist die Ausweitung des Modells KSK auf andere Gruppen der Selbständigen.
    Die angeb­liche Selbstverantwortlichkeit — die ist doch nichts als Ideologie. Keiner ist so unab­hängig von den herr­schenden unbe­ein­fluss­baren Verhältnissen, dass er sein Schicksal wirk­lich in der Hand hat. Deswegen braucht es unbe­dingt einen sozialen Ausgleich.

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