Peter Saville: »Entschuldigung, ich kann so nicht arbeiten.«

Vor 30 Jahren gestal­tete Peter Saville sein erstes Plakat für einen Clubabend. Heute gehört der briti­sche Grafikdesigner zu den Leitfiguren der Branche. Als Mitbegründer von Factory-Records verlieh Saville der Post-Punk-Szene einen kühle Identity. Das Kunstmagazin art traf Saville in Berlin und sprach mit ihm über Freiheit im Design und die Ästhetik des Zufalls. Die art-Redaktion lädt die Fontblog-Leser im Rahmen der neuen Serie Designdiskurs exklusiv dazu ein, Savilles Thesen hier zu disku­tieren. Danke an Alain Bieber, art, Hamburg.

Peter Saville in seinem Büro (Abb. aus Peter Saville: Estate, jrp|ringier, Zürich, 2008)

Über den Beginn seiner Karriere beim Musik-Label Factory erin­nert sich Peter Saville:
»Ich machte das, was mir gefiel.« worauf art provo­kativ nach­fragt, ob ihn diese Freiheit für den Rest seiner Karriere verdorben habe. »Ja, in der Tat. Ich war genug Grafikdesigner, um zu wissen, dass all dies nichts mit herkömm­li­chem Kommunikationsdesign zu tun hatte. Kommunikationsdesign richtet sich an andere und ist für andere gemacht. Das Wort exis­tiert über­haupt nicht, bis jemand ein Problem hat, und mögli­cher­weise ein Publikum. Aber zunächst muss man ein Problem haben. Wenn man Grafikdesignern sagt: ›Mach was Du willst‹, tendieren sie dazu, Kalender oder Alphabete zu produ­zieren. Die wissen einfach nicht, was Sie tun sollen, wenn man ihnen keine Botschaft gibt.«

Demnach sei, so art, das Ende von Factory Anfang der 90er auch das Ende von Savilles selbst­be­stimmten Arbeitsweise. »Im Prinzip ja …«, doch der Stardesigner schränkt ein: »Die Möglichkeit des freien Ausdrucks im Kommunikationsdesign ist möglich, wenn der Auftraggeber und man selbst auf derselben Wellenlänge sind. … Ein Projekt, dass ich mit dem Modemacher Yohji Yamamoto 1991 verwirk­lichte, fühlte sich sehr viel ange­mes­sener an als das meiste, was ich zu dieser Zeit noch machte. Da ging es um Konsum und Kommodifizierung – der Titel war ›Game over‹. …

Anfang der Neunziger hatte Yamamoto einen nicht­ma­te­ria­lis­ti­schen Ansatz. Er stellte ganz demons­trativ klar: Ich habe genug, ich glaube nicht mehr an diesen Warenkult. Er entwarf eine ganze Kollektion aus Holz! Man konnte das nicht tragen. Das war ein bewusstes Statement: Du kannst es nicht tragen, also kauf es nicht. Wir rauschten direkt in eine Rezession, genau so wie heute wieder. Dieser ganze Achtziger-Design-Exzess war vorbei und sah einfach nur noch lächer­lich aus. Lustigerweise waren diese Holz-Kleider sehr beliebt bei Architekten. Die kauften diese Sachen und hängten sie in ihre Studios.«

Letzte Frage: Wie wichtig sind Ihnen Zufälle in ihrer Praxis? »Die Möglichkeit, zu spielen und zu expe­ri­men­tieren, auch, dass Sachen schief­gehen, ist wirk­lich wichtig. Aber im profes­sio­nellen Bereich passiert das nicht sehr oft. Die absolut scho­ckie­rendste Einsicht, die ich im Bereich der kommer­zi­ellen Werbefotografie machte, war folgende: Die Agentur präsen­tiert dem Kunden eine Lösung als Visual, und das ist exakt das, was dann foto­gra­fiert werden muss.

Während des Shootings passieren oft groß­ar­tige Dinge, Zufälle, manches funk­tio­niert nicht, anderes wiederum ganz gut – die Sache verän­dert sich also. Aber das kann die Agentur dem Kunden nicht zeigen. Wenn man fragt, warum es nicht geht, lautet die Antwort: Letzte Woche haben wir dem Kunden dieses Bild als Lösung zum Problem präsen­tiert. Wenn wir nun etwas Neues präsen­tieren, verwirren wir nur den Kunden. Wir müssen bei der ersten Lösung bleiben.

Entschuldigung, aber ich kann so nicht arbeiten. Ich dachte immer, Professionalismus bedeutet, dass man die Sachen beson­ders gut macht. Doch das stimmt über­haupt nicht. Professionalismus bedeutet, eine Aufgabe kommer­ziell und effektiv zu erle­digen. Aber inter­es­sant ist das nicht.«


47 Kommentare

  1. MiSc

    Wie wäre Design ohne Kunden?

    Oder was passiert im Gegenteil, wenn der Kunde mehr freien Ausdruck will, als der Designer ihm als Lösung präsentiert?

    Aus Angst, der Kunde würde verwirrt, wir am Optimum gar nicht gear­beitet, nur weil es zu spät am Horizont auftaucht.

  2. Der Sven

    »Die Möglichkeit des freien Ausdrucks im Kommunikationsdesign ist möglich, wenn der Auftraggeber und man selbst auf derselben Wellenlänge sind.«

    Es ist schon schwierig preis­lich mit dem Auftraggeber auf eine Wellenlänge zu kommen. Die Projekte, bei denen alles stimmt, kann man vermut­lich am Ende einer Designer-Laufbahn an einer Hand abzählen. Aber ehrlich gesagt kann ich gut damit leben, da ich mich mit meiner Tätigkeit nicht in erster Linie als Künstler sehe. Wirklich frei ist man meiner Meinung nach nur, wenn man freie Projekte macht.

  3. thomas | BFA

    schaffen wir doch einfach die hälfte aller grafik­de­si­gner und kommu­ni­ka­ti­ons­künstler ab und schon sind die kunden gezwungen auf die »experten« zu hören. führen wir einfach eine kleine markt­be­rei­ni­gung durch. wer geht freiwillig?
    wie? es will keiner? tja, dann haben wir ein problem.

    dann ein anderer vorschlag. wir wäre es, wenn wir einfach nicht sofort strah­lend nicken beim kunden sondern ihm klar machen, das es durchaus auch andere lösungen geben könnte und damit riskieren, dass er sagt, ich gehe dann mal zu den anderen, die habe ich unter »treu erge­bener diener« abgespeichert.

  4. Johann Peter Werth

    Es ist in der Tat erschre­ckend, wenn man sich über­legt, wie oft man selbst Kompromisse eingeht. Ich empfinde es zuneh­mend als beläs­ti­gend, wenn Kunden nur noch eine Hand suchen, die das umsetzen, was sie selbst aufgrund mangelnder Programmkenntnis nicht können. Dann arbeite ich irgend­wann mittel­mäßig (wenn es über­haupt so hoch kommt) und werde unzu­frieden. Ich sage einem Produzenten nicht, wie er einen Film produ­zieren soll. Dafür soll er mir dann bitte­schön die Entscheidung (und die Verantwortung!) über­lassen, wie der Film verpackt wird.

    Mit einem herz­haften „Entschuldigung, aber so kann ich nicht arbeiten!“ gehe ich völlig d’accord. Mittlerweile merke ich, wie wichtig es ist, sich bei einigen Projekten starr­köpfig und arro­gant zu geben – auch auf die Gefahr hin, dass man dann schnell als zickig (wahl­weise bockig) da steht. Wenn Arbeit immer nur dazu führt, mich unzu­frie­dener zu machen und außer Geld und reinem Zeitvertreib keinen Wert mit sich bringt, erscheint es mir doch irgendwie sinnlos, mir Mühe zu geben.

    Schon die Befürchtung, der Kunde könnte verwirrt werden, ist doch absurd. Was würde das ausma­chen? Ich lasse mich gern mal verwirren von Gestaltung und genieße es auch, wenn nicht alles nach der wacke­ligen Schulterkamera von Lintas aussieht.

  5. jamie oliver

    Irgendwie hab ich das gefühl das Problem ist, das doch oftmals der persön­liche Wille „zum sich ausdrü­cken“ und die Dienstleistung in einen Topf geworfen wird.

    Leute die sich selber ausdrü­cken und damit noch Erfolg habe ziehen scheinbar den Neid derer auf sich die sich streng als Dienstleister sehen.

    Andererseits driften die „selbst­ver­wirk­li­cher“ unter den Designer schnell mal in Sphären ab, die auf der Strasse nicht verstanden werden oder wollen.

    Schlussendlich frage ich mich das dann auch selber:“ Will ich das Kinoprogramm lesen oder mich mit den Gedanken zur Gestaltung des Grafikers auseinandersetzen?“

    Wo hört Kunst auf, wo beginnt die Dienstleistung? Wohin gehört das Handwerk? Vielleicht hat Thomas recht: die Hälfte aller Grafikdesigner und Kommunikationskünstler gehören weg in die Kunstgalerien und Museen. Dann ist der Streit vorbei.

  6. thomas | BFA

    nein jamie. ich meinte die andere hälfte.

  7. jamie oliver

    Sorry thomas, ich hab dir da zuviel ins Maul geschoben! Es müsste heissen

    Vielleicht hat Thomas recht: „die Hälfte aller Grafikdesigner und Kommunikationskünstler gehören weg.“
    Vielleicht in die Kunstgalerien und Museen? Dann ist der Streit vorbei.

  8. Dora

    Vielleicht liegt es auch daran, dass ein großer Teil der Grafiker nicht fähig ist, ihre Ideen auch zu verkaufen. So schlimm es auch klingt, aber ein Grafiker ist auch ein Verkäufer, sich selbst verwirk­li­chen allein reicht nicht aus. Wenn ich dem Kunden nicht argu­men­tieren kann, warum das jetzt ein rosa Punkt ist, werd ich nicht weit kommen.

    Ich glaube, ein glück­li­cher, erfolg­rei­cher Grafiker ist der, der versteht, dass er ein Dienstleister ist, der umso besser ist (wird) wenn er ein Verständnis für Kunst (ich verwende mal das Wort, ohne es eigent­lich genau defi­nieren zu können)hat und sich auch der Produktionstechniken der Kunstbereiche bedient.
    Wenn ich ein Logo mal nicht nur im Illustrator mache, oder eine Schrift umbaue, sondern viel­leicht einmal ein Logo mit Aquarellfarben mache und abstra­hiert zeichne und ich Spaß dabei habe und mir denke, dass hebt sich von anderen ab (was es ja meis­tens tun soll)verwirkliche ich mich selbst und wenn ich das dem Kunden auch erklären kann, weshalb ich diese Technik verwendet habe und was für einen Vorteil es ihm bringt, sind wohl beide glück­lich. Ich bin jetzt nicht unbe­dingt ein Künstler, wenn ich Techniken aus der Kunstszene verwende und wenn schon.
    Falls nicht, kriegt er halt ein Kreis, Quadrat, Dreieck Logo mit Comic Sans. Die Arbeit war leicht und schnell, das Geld passt und ich kann mich in freien Arbeiten verwirklichen.

    Das Leben besteht oft aus Kompromissen, man sollte hat nicht alles so eng sehen.

  9. thomas | BFA

    ich meine immer noch die andere hälfte. die hälfte, die verant­wort­lich ist dass oft die meinung herrscht, wir würden nichts kosten und wir wären primäre dienst­leister mit denen man nach gusto umspringen kann.

    kurz ich fände es schön, wenn man etwas würde und achtung in das berufs­bild des grafik­de­si­gners einkehren würde.

  10. Heinrich

    ich war vor ein paar jahren als fast fester free­lancer in einer agentur, eine kunden­be­ra­terin war nicht so super und wollte nur kunden wünsche erfüllt haben. das hat mich veran­lasst ein schild zu basteln auf dem dann stand – DAS MACHE ICH NICHT!
    es gab viele disku­sionen aber ich habe nicht jeden »blöden« wunsch umgesetzt.

  11. Johann Peter Werth

    Das sehe ich ganz ähnlich. Ich fühle mich auch sehr wohl in der Rolle eines Dienstleisters und ich versuche, einen Kunden zufrieden zu stellen. Aber das darf doch nicht heißen, dass man sämt­liche eigene Überzeugungen sofort über Bord werfen muss. Der Respekt vor der Fähigkeit eines Gestalters sollte dabei nicht verloren gehen.

  12. Andreas

    Ich würde es so ausdrü­cken: Kommunikationsdesign beginnt damit, die Kommunikation mit dem Kunden zu desi­gnen. Die kann ja auch durchaus unter­schied­lich ausfallen. Der eine Kunde gibt nur das Ziel vor, der Andere eben noch den Schattenwurf und die Typo. Für das beste Ergebnis ist der Kunde nunmal ein entschei­dender Parameter. Solange die Mischung stimmt sehe ich es nicht als verwerf­lich an, zwischen­durch mal beim Kampf um gute Gestaltung den kürzeren zu ziehen.

    Allerdings habe ich noch nie einen Kunden erlebt, der bei einer späten, besseren Idee verwirrt gewesen wäre. Im Gegenteil, meist freut er sich doch, dass man mehr Engagement aufge­bracht hat als nötig. Solange man Ihm die Möglichkeit lässt, sich für das erste Ergebnis zu entscheiden, ist das schlimmste was passieren kann, dass er das auch tut.

  13. Simone

    Ich glaube gar nichts, was Peter Saville sagt. Ich habe ihn bei einem Event in Birmingham gesehen, wo er dem Publikum (vor allem Design Studenten) vermit­telte, wie hart die Design Welt ist und wie schwer er’s im Leben hat und dass er sich gar nichts leisten kann, nach all den Jahren und nicht mal ein eigenes Hause hätte, sondern zur Miete wohne. Und draußen wartete sein Chauffeur im Jaguar – den die Organisation des Events nicht bezahlt hat.

    Generell gesehen ist ein Grafiker kein Künstler und graphi­sche Arbeit, zum Reproduzieren gestaltet, kein einma­liges Kunstwerk. Ist also aus seinem Ursprung schon kommer­ziell und effektiv. Und ‚kommer­ziell und effektiv‘ schließt ‚beson­ders gut‘ doch nicht aus? Auch nicht im Grafik Design…

  14. poms

    Saville hat für Factory effek­tives Design gemacht, keine freie Lustgrafik. Man darf halt nicht alles so wört­lich nehmen, er hatte einfach den Spielraum zur Verfügung, gestal­te­risch wie produk­ti­ons­tech­nisch, seine Ideen zur Factory umzusetzen.
    Diverse „Kommunikationsprobleme“ wurden ja erfolg­reich gelöst – man erkannte sofort eine Factory Platte im Plattenladen. Diese sah im Vergleich zu vielen Anderen sehr gut aus, man konnte manches New Order-Cover als „Designobjekt im Jugendzimmer“ aufstellen. Es wurde für Factory eine Identity geschaffen. Verkäufe waren teils recht gut.
    Was will man als hippes aufstre­bendes Plattenlabel mehr.

  15. Daniel

    Das ist wirk­lich kein sehr orgi­nelles Thema und noch da dazu äußerst undankbar.
    Warum?
    Es gibt keinen Fortschritt in dieser Diskussion, da jeder «prak­ti­sche» Designer (die von euch, die momentan mind. 3 Programme geöffnet haben und zusam­men­zucken, wenn das Telefon klin­gelt und ein Kunde noch eine neue Idee haben könnte) es in Abhängigkeit von seiner Position sieht. Natürlich kann man so wie Saville die eigene Arbeit irgendwie in verschie­dene Lichter stellen, sei es zur eigenen Werbung (wie sagmeis­ters oder maedas ausstel­lungen) oder um längst verges­senen Arbeiten (Factory) eine Bedeutung anzu­hängen, die sie nie hatten.

    Außerdem ist das mit der «art» und Design so eine Sache. In der kommenden Ausgabe sind die 10 wich­tigsten Designer gelistet. Dabei sind die Koryphäen des Produktdesign, die man nennen muss, weil sie fast das ganze 20. Jh. miter­lebt haben (Dieter Rams) und jende die das heute noch so machen (Konstantin Grigcicgicic (oder so)) und eben die Künstler unter den Designern (Sagmeister)). Wo sind die, die Design machen, wie es jetzt ist und in zukunft sein wird? Man braucht dabei nur auf zahlen zu sehen, denn schon in der werbung über­holen die sog. «neuen medien» agen­turen die print-agen­turen. Produktdesign kommt nicht mehr ohne inter­face-design (iphone, wii etc.), grafik­de­sign wird auch mehr und mehr durch gene­ra­tive tech­niken und algo­rythmen bestimmt (Boris Müller) und selbst Typografie erkennt die neuen Gefilde und fängt an sie zu lieben (Fontstruct).

    Wozu einen Seville fragen? Als Designer möchte ich heute arbeiten und nicht hören was in den Siebzigern toll und revo­lu­tionär war. Der mann sitzt im glei­chen boot mit weide­mann, sagmeister, daniel kübel­bock und eike immel. die sind fertig!
    her mit dem neuen shit!
    wo sind die börsen­makler unter den desi­gner, die die trends spüren, schnell handeln und zu nächsten springen, gerade wenn es keimt?

    Über was wird hier eigent­lich diskutiert?

    Ich bitte darum, das nächste mal ein rele­van­teres und profa­neres Thema zu bieten, wobei nicht nur jeder seine seit dem 2. Semester gebil­dete Meinung runter­spult, sondern wobei auch etwas neues entsteht.

    lass doch die studenten ran, Jürgen Siebert, oder die jungen desi­genr, die etwas fürs jetzt machen!

  16. tom

    Ich sehe den Beruf des Grafikdesigners als Gradwanderung zwischen Dienstleister und Künstler. Er ist beides. Ich denke damit muss man leben.

    Etwas Mut und unkon­ven­tio­nelle Ideen gehören zu jedem Job, egal ob Grafikdesigner, Lehrer oder Arzt.

    Ob man auf einer Wellenlänge mit dem Auftraggeber ist, hängt von den betei­ligten Personen ab. Sobald sich einer von beiden in Bezug auf Kompetenz, Geschmack usw. Allüren leistet, gerät das Arbeitsverhältnis in eine Schieflage. Zusammen an der Umsetzung einer Aufgabe zu arbeiten ist Vorraussetzung, denke ich. Letztlich hängt das alles von einem selber ab und kann nicht pauscha­li­siert und in einen Rahmen gequetscht werden.
    Ich denke ein guter Grafikdesigner denkt über den Rahmen hinaus. Aber deswegen muss man den Rahmen nicht gleich verteufeln.
    Und muss man deswegen leiden?

    Wer hat gesagt, dass es leicht ist. :-)

  17. Jürgen

    lass doch die studenten ran, Jürgen Siebert, oder die jungen desi­genr, die etwas fürs jetzt machen!

    Na ja, Du bist ja schon mal einer dieser Querdenken. Der Diskurs steht jedem offen. Wer kommt, darf am Freitag was sagen: kostenlos, exklusiv und unzen­siert (soweit juris­tisch nicht anfechtbar). Bis gestern 16:00 Uhr war hier Funkstille. Dann wurde mir Saville ange­boten, dessen Thesen immer noch wunderbar geeignet sind, eine Diskussion auszulösen.

  18. Daniel

    Stimmt, sorry Jürgen, es ist keine sinn­volle Argumentation, wenn man selbst nichts einge­reicht hat. Trotzdem, finde ich das Thema lahm.

  19. Johann Peter Werth

    Ich kann Daniel schon verstehen, weil das ja nicht wirk­lich eine Diskussion ist, sondern eher ein Erfahrungsaustausch. Aber das muss ja nicht schlimm sein. (Wenn man dadurch das Gefühl bekommt, dass es ganz vielen anderen eigent­lich auch so geht, ist das sogar ganz wunderbar.)

    Sollen die Vorschläge zur Diskussion eigent­lich bundes­weit inter­es­sant sein? Sonst hätte ich nämlich spontan die pro- und contra-Tempelhof-Drecksplakate ange­pran­gert. (Da wäre dann viel­leicht mehr Emotion in die Diskussion gekommen, sowohl in Bezug auf die Inhalte als auch auf die formale Herangehensweise.) Aber das Thema ist dann ja wohl nach diesem Wochenende durch *lach*

  20. Pascal

    Ich sage es mal so, entweder man ist Designer also Gebrauchsgrafiker als Dienstleister oder man ist Künstler und wird auch als solcher gebucht. Je nach Projekt macht es Sinn einen Künstler zu buchen. Wenn ich ein Plattencover entwerfen lassen will, dann kann es sinn­voll sein, das künst­le­risch erar­beiten zu lassen. Das hat aber nicht unbe­dingt etwas mit Design als Dienstleistung zu tun. Ausser das beidem ein Auftrag zugrunde liegt.

    Ich selber sehe mich ja nicht als Künstler, daher brauche ich mir auch nicht jeden Tag die Frage zu stellen, ob ich noch in den Spiegel schauen kann, wenn ich im Beruf Kompromisse eingehen muß. Wenn ich damit ein Problem hätte, hätte ich freie Grafik oder Kunst studieren (oder machen) sollen. Ich finde es erstaun­lich, dass scheinbar die wenigsten ein Bewusstsein darüber haben, was Ihr Beruf ist.

    Mir ist klar, dass die Bereiche artver­wandt sind, jedoch sollte man hier eine Entscheidung für sich selbst treffen und nicht ewig über die bösen Kunden jammern, die einem die schönen Ideen kaputt machen.

    Das ist unre­flek­tiert und zeugt davon, dass man unzu­frieden ist mit sich selbst und viel­leicht doch lieber Künstler wäre als mißver­stan­dener Grafiker. Denn jedes gute Design ist auch eine Interaktion zwischen Kunden und Gestalter und kann nicht einfach so für sich gesehen werden. Die Lösung ist das Ziel und nicht die Verwirklichung eigener ästhe­ti­scher Vorstellungen.

    Das ist lang­weilig und total über­holt und nicht zielführend.

  21. Der Sven

    @ Pascal: So sehe ich das auch.

  22. thomas | BFA

    pascal: wir reden doch nicht über alle kunden. wir reden über kunden die schon mit der erwar­tungs­hal­tung an den grafkde­si­gner heran­treten und einen billigen dienst­leister erwarten. alles andere ist nicht gedultet.
    und dieser haltung ist wirk­lich kein wunder, wenn man sich so manche agentur von innen anschaut. da hat hein­rich wie oben gesagt schon völlig recht. so gehts einfach nicht. das ist keine wert­schät­zung der arbeit und auch nicht der person, die dahinter steht.

    es gibt relativ wenige berufe wo soviel von einer person selber mit in eine arbeit einfliesst.

    grafik­de­sign hat einfach kein image im mittelstand.

    im übrigen sehe ich mich nicht als miss­ver­stan­dener grafiker oder künstler, sondern als jemand der andere arbeiten sieht und die hände über dem kopf zusam­men­schlägt und mir dann denke, das es eine frech­heit ist, sowas kunden zu verkaufen und dafür auch noch geld zu bekommen.

  23. Der Sven

    es gibt relativ wenige berufe wo soviel von einer person selber mit in eine arbeit einfliesst.

    Mit Verlaub, aber das ist Quatsch. Vom Barista bis zum Schreiner, vom Koch bis zum Klavierbauer, vom Metzger bis zum Buchhändler – überall stecken Menschen ihre Persönlichkeit mit rein. Ich glaube ein Problem unserer „Szene“ sind die vielen Profilneurosen. Wer sich Designer nennt, fühlt sich doch oft nur der Berufsbezeichnung wegen schon als was besseres. Aber Grafikdesigner, die Gebrauchsgrafik erstellen, sind dann gut, wenn sie ihren Beruf mit dem glei­chen Herzblut ausführen, wie ein guter Konditor und und und.

  24. thomas | BFA

    es geht nicht darum wieviel mensch irgendwo drinn steckt. es geht schlicht und ergrei­fend um respekt.

    behan­delst du deinen bäcker, deinen frisör von oben herab? nein! habe ich behauptet das ich das mache? nein!

    schau dir bitte mal das video auf der type-seite von clemens schedler an. da gehts um respekt zwischen kunden und auftrag­geber, bzw. was geschieht, wenn dieser nicht mehr da ist.

  25. Pascal

    Ich frage mich warum Du Dich ange­griffen fühlst. Ich finde nur man kann sich nicht ständig daran hoch­ziehen, dass andere schlechter sind als man selbst. es wird immer das problem geben, dass irgend­welche Plotklebebuden sich als Designer ausgeben und unsere Arbeit in Verruf bringen. Das aufzu­wiegen ist aber Aufgabe jedes Gestalters selber. Dem Kunden das Gefühl zu vermit­teln, dass er Kompetenz kauft. Ich habe häufig fest­ge­stellt, dass ein starkes mißtrauen da ist, aber man dieses in der Zusammenarbeit mit dem Kunden durch Ernsthaftigkeit und Aufrichtigkeit (also auch mal NEIN sagen) schnell aus der Welt bringen kann. Und ein Designer der sich zum verlän­gerten Arm eines Kunden machen lässt, hat sich immer auch erst dazu machen lassen. Die miese Erwartungshaltung hängt doch von unserem miesen Selbstbild ab. Solange wir die Arbeit der Kollegen nicht respek­tieren und uns selber zerflei­schen, wer soll uns Designer denn da ernst nehmen? Soviel zu unserem Image, das ist nämlich stark durch das Selbstverständnis geprägt.

    Da möchte ich meine nächste Frage anknüpfen. Ist es nicht eher zu über­legen, ob wir weiterhin mit diesem unde­fi­nierten Begriff „Design“ leben wollen, oder ob wir uns nicht endlich selber mehr Respekt entge­gen­bringen indem wir uns stärker als „Gestalter“ defi­nieren, die nicht so stark mit der Flyerbude von nebenan oder dem Hairdesigner von gegen­über verwech­selt werden können.

    Aber das ist jedem selbst über­lassen. Abschließend möchte ich klar­stellen, dass ich mir keines­wegs von meinen Kunden alles sagen lasse, es aber manchmal einfach sinn­voll ist Kompromisse zugunsten des Kunden einzugehen.

  26. thomas | BFA

    was den begriff des desi­gners angeht gebe ich dir völlig recht. es kann nicht nur angehen, dass wir nur durch die mitglied­schaft in diversen orga­ni­sa­tionen ernst genommen werden. es gibt nicht viele berufs­be­zeich­nungen die so infla­tionär verwäs­sert werden, wie der des desi­gners oder gestal­ters. daran ist der staat sicher nicht unschuldig. aus diesem grund fühle ich mich auch genö­tigt das dipl. immer anzu­geben um mich von »plakat­buden« abzugrenzen.

    den versuch unter­nehme kompe­tenz zu verkaufen: nichts anderes versuche ich mit kunden. das geht auch schonmal über ein »nein«.

    im grunde haben wir gar keine so verschie­denen stand­punkte. ich bin nur nicht bereit gewisse dinge einfach so hinzunehmen.

  27. Pascal

    Ja, das ist ja auch wichtig.

    Es ist über­haupt keine Frage, dass der Kommunikationsdesigner in Deutschland ein Scheiss Ansehen hat. Dem Industriedesigner geht es da ganz anders, siehe Rams. Wo wir bei den Design“kasten“ wären. Vom Architekt bis runter zu uns. Aber wie ändert man so etwas? Ganz einfach, durch Personen wie Rams etc pp. Je mehr allge­mein respek­tierte Kommunikationsdesigner umso mehr Verständnis=besseres Standing haben wir. Und das schafft man nicht in dem man Meiré und co. im Ansatz ihrer Ernsthaftigkeit den Respekt entzieht. Sondern Sie mit Ihren auch kontro­versen Standpunkten mal hoch lässt. Es gibt in Deutschland einfach kaum heraus­ra­gende Gestalterpersönlichkeiten im Kommunikationsdesign, die über die Grenze des Designs bekannt sind. Sind die da, ist das von Dir als fehlend bemän­gelte Standing da. Zerfleischt man sich selbst bleibt man gemeinsam unten, das ist meine Meinung, mehr Personenkult, da können wir uns von den Werbern, Industriedesignern, Architekten etc noch einiges abgucken

  28. pH

    Hm… wo wir grad beim Thema »nicht genau wissen was ihr Beruf ist« sind: So genau scheinst Du es aber auch nicht zu wissen, denn wenn ich NUR Dienstleister hätte werden wollen, dann hätte wohl auch die Ausbildung zum Mediengestalter gereicht.

    Meiner Meinung nach machen die eigenen Ideen doch eine Großteil aus. Sicherlich muss man oft genug Kompromisse machen, aber die besten Momente sind doch die, bei denen man den Kunden davon über­zeugt hat, dass man nicht nur Pixelschubse, sondern auch krea­tiver Berater ist, weil man – im Gegensatz zur Kundschaft – tagtäg­lich mit Graphik, Layout, Stil zu tun hat. Sich das Zeug auch weit nach »Feierabend« (gibt’s sowas?!) rein­zieht und ansonsten keine anderen Drogen braucht, weil einen gutes Design, nette Typo und gute Photos berau­schen können.

    Beste Grüße

  29. Pascal

    Ich habe im übrigen auch noch nie ein Foster derart über ein Gehry herfallen sehen, wobei die zwei Namen jetzt echt Platzhalter sind. Jeder steht doch für sich und bietet seinem jewei­ligen Auftraggeber die Möglichkeit das zu buchen, was besser zu ihm passt, ohne dass man gleich in besser oder schlechter diffe­ren­zieren muss.

  30. thomas | BFA

    oh. ich mag MM sehr. hab nur bei der schrift­wahl schau­dern bekommen, ansonsten geniesst herr meiré bei mir helden­status. ich freue mich, wenn ich gute arbeiten sehe egal von wem. ich ärgere mich, wenn ich weniger gute dinge sehe, auch egal von wem.

    das problem mit dem ruf der desi­gner beginnt doch schon im studium. bei uns in aachen sollte die FH ein neues erschei­nungs­bild bekommen. denkt nicht, das der fach­be­reich 4 als erstes gefragt wurde! nach einigem hin und her gab es bei uns intern eine gruppe, die im rahmen eines semes­ter­pro­jekts verschie­dene vorschläge erar­beitet hat. einer davon sollte dann umge­setzt werden. am ende war es dann ein sehr lang­wei­liges design aus dem büro für öffent­lich­keits­ar­beit. neue schrift für die FH war dann die verdana. ist sie btw. immer noch. das ging sogar soweit, dass dort eine verdana-black im »manual« stand. wo sie die her hatten keine ahnung.

    so und nun sage mir bitte einer, das wäre normal und hier wäre man mit respekt an die sache heran gegangen. ganz zu schweigen von stol­per­steinen, die intern von der haus­in­ternen profes­so­ren­schaft in den weg geworfen wurden.

  31. matthias

    in der tat: grafiker müssen sich oft mit irrigen argu­menten seitens der klienten herumschlagen.
    der grund dafür ist einer­seits in der demo­kra­ti­sie­rung der technik zu finden, die unseren klienten erlaubt, eben­falls wenigs­tens tech­nisch integre ergeb­nisse zu erzielen. das allein nimmt uns schon das allein­stel­lungs-merkmal der tech­ni­sche exper­tise, wie es noch bis in die späten 90er jahre exis­tiert hat. so passiert es, dass wir dauernd mit allerlei selbst­ge­power­poin­tetem konfron­tiert werden aus der irrigen annahme heraus, dass jeder gestalten könne …
    wir grafiker verstärken das problem aber auch selbst: wenn ich – was gele­gent­lich geschieht – als juror oder sog. „sach­ver­stand“ in gremien sitze, die über design urteilen sollen, bin ich doch erschüt­tert, wie selten grafik­de­si­gner über­haupt inhalt­lich argu­men­tieren. dauernd hört man geschmäck­le­ri­sches zeugs, welche schrift, farbe oder form irgenwie „schön“, „modern“ oder „cool“ sei. ein markt der befind­lich­keiten! kein wunder also, dass die klienten da mitbe­finden wollen.

    je bewusster und inhalt­lich fundierter aber die design­ent­schei­dung (und bitte nicht nur ihre verkaufs­ar­gu­mente), desto geringer der wider­stand und desto höher der respekt.
    wir haben das selbst in der hand. jeden­falls in vielen fällen …

  32. Pascal

    @matthias genau das formu­liert, was ich auch meinte ;)

  33. Christian Büning

    stimmt, sehe ich ähnlich wie Matthias, aber ich finde das Argument genau so gültig, wenn etwas lang­weilig ist. Neben Zurückhaltung, Sachlichkeit und Strenge ist genau das der Punkt, wo immer wieder Beratungsbedarf entsteht. »Geht das oder ist das genau daneben?«

    (Manche Jugendwerbung von Banken ist sicher gut lesbar und toll im Farbabgleich, aber im Ton daneben, also lang­weilig bis peinlich)

    Eine gelun­gene Argumentation ist zu vier Fünfteln sach­lich und inhalt­lich und zu einem Fünftel Geschmackssache. Und genau deshalb suchen Leute sich ihre Designer auch genau aus. Können die das und spre­chen die unsere Sprache. Peter Saville hat da eine gute Ecke gefunden.

  34. erik

    Eine gelun­gene Argumentation ist zu vier Fünfteln sach­lich und inhalt­lich und zu einem Fünftel Geschmackssache. Und genau deshalb suchen Leute sich ihre Designer auch genau aus. Können die das und spre­chen die unsere Sprache.

    Schön wäre es, denn dann gäbe es keine Pitche, die nur dazu da sind, keine Entscheidung zu treffen, die nicht in einer großen Runde ausge­han­delt wurden. Natürlich entstehen nur so gute Designleistungen im Spannungsfeld zwischen Dienstleister und Neinsager, was wir beides immer sein müssen, und zwar gleich­zeitig. Aber die meisten Auftraggeber haben ja keine Kriterien um sich für einen Gestalter zu entscheiden. Also gehen sie nach den Gelben Seiten und nehmen die mit der größten Anzeige (you cannot be fired for hiring Landor, hieß es hier immer – trifft heute auch auf Meta et al zu) oder lassen sich bei einem Pitch von poli­ti­schen Mehrheiten in zufällig zusam­men­ge­stellten Gremien bestimmen.

    Bei allem gilt, was Max Bill gesagt hat:
    95% unserer Arbeit gilt der Problemlösung, aber wir müssen die rest­li­chen 5% nutzen um darüber hinaus einen Beitrag zur Ästhetik der Umwelt beitragen. Bill hat übri­gens auch geschrieben (und das sogar wört­lich in fest­stel­lungen):
    „der unter­schied zwischen den täglich sich stel­lenden gestal­tungs­pro­blemen und den werken der malerei und plastik ist ledig­lich ein gradu­eller, nicht ein prinzipieller.“

  35. Alfons

    Ich dachte immer, Professionalismus bedeutet, dass man die Sachen beson­ders gut macht. Doch das stimmt über­haupt nicht. Professionalismus bedeutet, eine Aufgabe kommer­ziell und effektiv zu erle­digen. Aber inter­es­sant ist das nicht.“

    Das wird ab Montag bei meinem Schreibtisch hängen um bei jeder verge­benen Mühe ein Projekt beson­ders gut (im Sinne des Kunden) zu machen wieder in die Realität zurück­ge­holt zu werden. Danke Peter.

  36. Alfons

    @Thomas: Genau das ist damals an unserer FH auch passiert. Wohl kein Einzelfall. Schon gar nicht, wenn es um typisch deut­sche Verwaltungs-Apparate geht.

  37. la dolce vita

    Ich dachte immer, Professionalismus bedeutet, dass man die Sachen beson­ders gut macht. Doch das stimmt über­haupt nicht. Professionalismus bedeutet, eine Aufgabe kommer­ziell und effektiv zu erle­digen. Aber inter­es­sant ist das nicht.

    Peter Saville erweist sich als ziem­lich naiv. Was für eine Ausbildung mag er wohl gehabt haben, das ihm solche Marktprinzipien erst mit 40 klar werden? Da sieht man aber mal wieder sehr schön, das man mit der rein krea­tiven Ausrichtung a la Sagmeister, Carson & Co sehr weit kommen kann, ohne den geringsten Schimmer vom Pragmatismus des eigent­li­chen Business zu haben. Aber eigent­lich auch wieder inter­es­sant, das sowas heut­zu­tage noch funk­tio­niert. Kunst scheint das Geschäft eben mehr zu beflü­geln als die Realitäten des Werben und Verkaufen.

  38. thomas | BFA

    la dolce vita: ich glaube im design­be­reich gibt es genug quer­ein­steiger, die einfach talen­tiert sind. talent und gespür kann wohl immer noch keine ausbil­dung ersetzen.

    ich denke schon das die »großen jungs&mädels« wissen wie der hase läuft, nur verkaufen sie sich nicht über eben diese fähig­keit, sondern über ihr oben erwähnts talent.

    ich glaube in den büros dieser kollegen entstehen weitaus mehr prag­ma­ti­sche sachen, als »kunst«. diese dinge sind nur das aushän­ge­schild und somit verkaufs­för­dernd. huch, ein verkaufs­ar­gu­ment und das bei kunst? sowas. ;-)

  39. Simone

    Ich glaube du liegst völlig falsch thomas/BFA. Ich sehe sehr oft, dass Designer wie Gert Dumbar auf großen Konferenzen dazu aufrufen, nicht die kommer­zi­ellen Jobs zu suchen und anzu­nehmen… Deshalb stehen dann auch auf seiner Website Artikel wie ‚The Brand new KPN‘ – ist total unkom­mer­ziell, oder? Und dient gar nicht dazu andere große Firmen anzu­ziehen, oder? Es ist allein das Talent, was zählt…

    Wenn alle Designer so scharf darauf sind, unbe­dingt auch gleich­zeitig das Zeug zum Künstler zu haben und einer zu sein, warum habt Ihr dann nicht gleich den Beruf gewählt? Oder steigt als Designer aus und widmet Euch nur noch Kunst?
    Da gibt es ein großes ABER: Denn Designer sein hat doch ein gewisses Prestige. Und weil man mehr Chance hat Publikumsmagnet zu werden, als es Künstler haben, bleiben Designer Designer. Ich habe bis dato noch keiner getroffen, dem es nicht gefällt bekannt geworden zu sein und im Licht der Öffentlichkeit zu stehen… Und das ist richtig so. Wem’s gebührt, der verdient das auch! Nur vergessen dann viele auch mal das ganz Pragmatische zu erzählen. Dann sind auf einmal alle entdeckte, talen­tierte Künstler und ‚können so nicht arbeiten‘. Wer soll’n das glauben?

    Design ist eben, ich sehe das wie La Dolce Vita sagt, Werben & Verkaufen. Man könnte auch sagen Design und Marketing gehören zusammen, wie Trinken und Schlucken.

  40. thomas | BFA

    nee voll nicht. marke­ting ist die entschul­di­gung für schlechtes design schlechthin. mit diesem argu­ment wird doch alles an den/die mann/frau gebracht. diese wirk­lich furcht­baren argu­mente wie »bran­chen­farben« und die konkur­renz macht das auch so und die sind erfolg­reich etc. pp. das ist doch zum kotzen. wozu braucht ihr uns dann über­haupt noch? nehmt doch den design-o-mat 2000. kostet weniger, zickt nicht rum und macht, was ihr wollt auf knopfdruck.

    was die leute auf konfe­renzen sagen und was wirk­lich­keit ist, sind doch zwei paar schuhe. (hast du im übrigen weiter oben selber gesagt) die haben auch brot­jobs, die einfach durch­gehen, weil sie geld bringen. das is doch sexy sich hinzu­stellen und zu sagen, neeeee hab ich nicht nötig und ihr auch nicht. klar kommen solche sachen ins port­folio und natür­lich dienen die dazu die kunden anzu­lo­cken. ist auch legitim. es wird aber eher so sein wie erik in der diskus­sion letzten freitag sagte: »wir haben alle leichen im keller«. nur haben die leichen geld gebracht. auch das ist in ordnung. die gute mischung machts.

    ich bin nicht scharf drauf künstler zu sein, ich möchte nur das rich­tige machen ohne magen­grum­meln und ohne ständig mit diesen marke­ting­angstar­gu­ment an der kurzen leine gehalten werden. wo soll denn da bitte die enwick­lung herkommen? das ist doch abge­si­chertes design, was da veran­staltet wird.

    sorry, aber bei dem thema marke­ting beein­flusst design bekomme ich magen­schmerzen und kann nicht mehr schlucken.

  41. Simone

    Ich habe nicht gesagt Marketing beein­flusst Design. Du musst genau lesen. Ich habe gesagt das eine braucht das andere und umgekehrt.
    Wenn Du soviel Angst vor dem Marketing-Argument hast, warum drehst Du denn den Spieß nicht einfach um und machst es Dir zu nutzen? Das haben Erik und andere genauso gemacht (denke ich…). Clever, oder?

  42. thomas | BFA

    hmm du hast gesagt: »Design und Marketing gehören zusammen, wie Trinken und Schlucken.« eins geht nicht ohne das andere. okay schlu­cken geht ohne trinken, macht aber meis­tens keinen sinn.

    ich habe keine angst vor dem marke­ting-argu­ment, es ist nur oft ein totschlag­ar­gu­ment was ins feld geführt wird. oder anders gesagt, die masse entscheidet über wohl und weh einer idee.

  43. Simone

    Genau! Die Masse entscheidet. Und Du weißt ja, dass Menschen die sich auf der Welt nicht einmal kennen, nicht alle zufällig das Gleiche gut finden? Nein, Marketing sagt ihnen, was sie gut finden sollen. Und das meine ich – mach‘ Dir das zu nutze. Du sitzt als Designer so nahm am stra­te­gi­schen Marketing, sag‘ Du doch den Marketeeren, dass das, was Du machst, das ist, was die Masse will. Musst natür­lich über­zeu­gend sein. Aber das ist, denke ich Teil Deiner Arbeit, der Arbeit eines Designers. Wenn Du etwas gut machst, bist Du über­zeugt und so präsen­tierst Du’s ja dann auch. Siehste Werben & Verkaufen everywhere… ;-)

  44. Jürgen

    Passend zu Simones Kommentar (wobei ich »Masse« bitte­schön nicht negativ inter­pre­tiert haben möchte … das Wort »Mehrheit« gefiele mir besser) ein Zitat des genialen Alexander Kluge, der seine anspruchs­vollen TV-Kulturprojekte einst dem Privatfernsehen abge­trotzt hat: »Man muss bei der Mehrheit bleiben, selbst wenn sie irrt. Zwischen Till Eulenspiegel und Kant, da wird’s inter­es­sant.« (Quelle: Der Spiegel, 18/2008, S. 170)

  45. HD

    >Die Masse entscheidet.
    Ich wollt echt nichts sagen. Echt nicht.
    Aber wow.
    Wenn die MASSE recht hat, dann Gute Nacht.
    Dann bestimmt die Bild, was Wahrheit ist.
    Dann war Titanic ein guter Film.

    Saville hat immer im Independant-Bereich gear­beitet, wie die Bands und Modemacher, für die er tätig war, nie ganz im Mainstream daheim waren. Das defi­niert ihn. So wie sich Jung von Matt oder Grey über den Erfolg im Mainstream orien­tieren. Die einen machen Chartsmucke, die anderen sind halt Joy Division.

    Die Masse, sein wir mal ehrlich, ist dumm und behäbig, lang­weilig und grau. Wer da hin will, wer die gut findet, wer sich vorm Mittelmaß zum BlowJob auf die Knie lässt – der irrt. Was Kluge meint, ist dass man versu­chen soll, das Boot möglichst lebendig und voll zu kriegen. A priori Avantgarde sein zu wollen, ist lang­weilig, es geht schon darum, möglichst viele Hirne in Brand zu setzen und mitzureissen.

    Aber es geht nicht darum, von vorn­herein auf Massenkompatibilität zu schielen. Das führt immer zum KLEINSTEN gemein­samsten Nenner. Und das, das über­lassen wir doch lieber RTL II. :-D

  46. ber

    „Heute gehört der briti­sche Grafikdesigner zu den Leitfiguren der Branche“

    Saville ist ein Typ – zuge­ge­geben. Aber welche bahn­bre­chenden Dinge hat der Mann bitte­schön in den letzten Jahren fabriziert?

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