Noch mal Post, von Flymint

Heute in meinem Büro-Postfach: Ein persön­li­cher Brief, ohne Absender, anonym abge­stem­pelt im Briefzentrum 07. Das Kuvert enthält …

… eine hand­ge­schrie­bene grüne Karte mit einer langen Internetadresse, nur für mich: www​.modern​-ist​-anders​.de/​J​u​e​r​g​e​n​-​S​i​e​b​ert (die Landing-Page ist nicht mehr erreichbar). Dazu ein Hochglanzfoto (Quelle: Fotolia, Bildnummer 9807783 … kann ich dem Dateinamen auf der Rückseite entnehmen).

Ich suche die Internetadresse auf und werde in eine Flash-Diashow gelockt, die mich mit vier Bildern plus drei (schwer lesbaren, weil typo­gra­fisch kata­stro­phalen) Fragetexten inner­halb von 54 Sekunden davon über­zeugen möchte …

… dass die Flymint GmbH in Jena eine der raffi­nier­testen Dialog-Marketing-Methoden anbietet, nämlich genau das, was ich gerade erlebt habe: Flymint hat für sich selbst geworben. Mit einem hand­ge­schrie­benen Brief und einer PURL (= persön­liche URL), eigent­lich keine Raketenwissenschaft. Auf der Webseite von Flymint erfahre ich, das ein solches Mailing rund 10 x so viel kostet wie eine konven­tio­nelle Aussendung, dafür aber 20 x erfolg­rei­cher ist, was nach Adam Riese zu einer Kostenersparnis von 50 % führen kann.


16 Kommentare

  1. Sebastian Nagel

    Wenn ich ein’s nicht ausstehen kann, ist, wenn Verkäufer mich pene­trant mit Namen anspre­chen. Guten Tag Herr Nagel, darf ich Ihnen etwas ganz Grandioses präsen­tieren, Herr Nagel? Das freut mich aber, Herr Nagel.

    Wenn das dann noch computer-auto­ma­ti­siert passiert, ich also eine Textvariable und eine Datenbankzelle bin, trete ich endgültig die Flucht an.

  2. Alex

    @Sebastian: Dem möchte ich unein­ge­schränkt zustimmen – die Frage ist aber viel­leicht eher die, ob auch Otto-Normal-Verbraucher reali­siert wie unper­sön­lich diese persön­liche Nachricht ist. Vielleicht fühlt Lieschen Müller sich geschmei­chelt und schon ist was erreicht…

    Obwohl ich’s bezwei­feln möchte.

  3. j

    Ich finde solche Artikel ärger­lich, weil ich auch nicht von den Pizzawerbezetteln lesen will, die täglich im Fontshop-Briefkasten landen.

    Einen Teil zur zwan­zig­fach gestei­gerten Effizienz wird wohl Jürgen Siebert durch ein ausführ­li­ches Blogposting beigetragen haben.

  4. Simon Wehr

    Ich habe mich gerade mit E-Mail-Marketing ein wenig ausein­ander gesetzt. Eine Mail ohne Impressum gilt dort als grob unge­hörig und sogar abmahnbar. Wie sieht denn das bei so einem »echten« Werbeschreiben aus? Muss da nicht direkt ein Absender erkennbar sein?
    Ist die Karte wirk­lich hand­ge­schrieben? Man kann auch einen Stift in einen Roboterarm einspannen, tech­nisch ja ein uralter Hut.

  5. Steff

    Und welche Software soll mit welchem look-like-hand­made-Font den Roboterarm steuern, um so wie in der Abbildung eine wirk­lich echt erschei­nende Handschrift mit x verschie­denen Glyphen für den glei­chen Buchstaben zu generieren?

  6. Hans-Werner

    Als Techniker und Technik-Theoretiker nur ein kurzer Einwand: Ein PURL ist ein _persistenter_ URL, also einer, der desi­gniert lang­zeit­stabil ist. Ich würde also bei „perso­na­li­siertem URL“ bleiben, um nicht alles durch­ein­an­der­zu­wür­feln. Aber das nur so nebenbei….

    Äh, und @Simon Wehr: Stift in einem Roboterarm? Hört sich mir nach Overkill an. Reicht nicht ein Stiftplotter? Oder war so’n Ding mit dem Roboterarm gemeint?

  7. Jens Tenhaeff

    Brilliantes Marketing: Mal kurz 20 oder 30 Multiplikatoren persön­lich anschreiben und schon ist der eigene Firmenname im Google-Ranking wieder ein paar Plätze nach oben gerutscht. Chapeau!

  8. dan

    Ich arbeite in einer Dialogagentur und diese Landingpages werden meiner Meinung nach ein biss­chen zu sehr gehypt. Es gibt nur ganz wenige die inhalt­lich und optisch über­zeugen und den verspro­chenden Response auch wirk­lich bringen.

    @ Jürgen
    Was ich an diesem Beitrag ein weing vermisse ist ein/e abschlie­ßendes Fazit/Meinung von dir. Es gibt zwar den Hinweis das die Typografie nicht doll ist, aber das nur als Seitennotiz. Bei solchen Vorstellungen würden ich mir doch wünschen das du dich in Irgendeiner Weise dazu äußerst (positiv, negativ, gleich­gültig). Das machst du doch sonst eigent­lich auch.

    Ansonsten könn­test du vor die Headline auch „Werbung:“ schreiben.

  9. Jürgen Siebert

    Danke für die Anregung, dan. In diesem Fall wollte ich meinen Beitrag mal als Vorlage verstanden wissen (also kein Urteil), um mehr Meinung in die Kommentare zu bringen. Im Prinzip könnte diese Art Direktmarketing funk­tio­nieren, wenn es an einigen Stellen nicht solche Schwächen hätte (Typografie, Text, Bildsprache, )

  10. dan

    OK, verstehe…schade das dein persön­li­cher link nicht mehr funk­tio­niert, ich hätte mir das gerne mal angeguckt :)

    In meiner tägli­chen Arbeit wurde ich schon mit einigen solcher perso­na­li­sierten pages konfron­tiert (und auch einigen Firmen, die diesen Service anbieten). Ich habe aber das Gefühl das die Anbieter dem Kunden dann nur die „reine“ Programmierung dazu anbieten (OK, meits­tens ist noch ein einfa­cher Gestaltungsbaukasten dabei…so aller Wordvorlagen), die Gestaltung bleibt dabei häufig auf der Strecke (Falls der Kunde nicht eine Agentur hat, die das übernimmt)

    Und wenn solche Firmen dann mit Ihrem Produkt Eigenwerbung betreiben, dann kommt wohl so etwas heraus wie du es bekommen hast Jürgen ;)

  11. Jürgen Siebert

    Meine PURL funk­tio­niert (leider) nicht mehr. Die haben das sicher abge­schaltet, nachdem Hunderte Fontblog-Leser mal einen Blick drauf geworfen haben :)
    Ich habe noch mal zwei weitere Screenshots in den Beitrag eingebaut.

  12. robertmichael

    mich würde auch inter­es­sieren was der marke­tinger ‚jürgen‘ von der sache hält.
    an und für sich find ich das ganz lustig, wenn es gut gemacht ist und die PURL dazu einlädt. werden diese persön­li­chen landig­pages aller­dings zu oft gebraucht, also wenn ich aller paar wochen so einen brief bekomme, ist der gag auch schon wieder verbraucht. einmal, ggf. zweimal würde ich das mitma­chen, dann würde es mich aller­dings nicht mehr inter­es­sieren, kommt viel­leicht aber auch auf das produkt und die aufma­chung an.

  13. Bjoern

    Idee: Grandios.
    Ausführung: Gut.
    Ergebnis: Daneben.

    Fazit: Der Köder muss dem Fisch schme­cken, nicht dem Angler.
    So what, es kann nicht immer gut gehen.
    Das sollte doch jeder akzep­tiert haben, der Kaltakquise betreibt.
    …so what..tolle Idee…ich werde diese in ähnli­cher Form ganz sicher für ausge­wählte Kunden kopieren…

  14. Christopher

    Dürfte so ähnlich ausge­sehen haben (ist zumin­dest die offi­zi­elle FlyMint Demo):
    http://​www​.an​-ihre​-person​.de/​f​l​a​s​h​s​/​J​o​h​n​-​Doe

  15. Holger

    Hallo zusammen,

    Asche auf mein Haupt, dass ich mich erst jetzt melde.
    Ich bin „Verursacher“ dieses Mailings und habe den Brief an Jürgen Siebert versendet. Ich bin GF von Flymint.

    Gern stehe ich hiermit einer offenen und konstruk­tiven Diskussion zur Verfügung.

    Grüße in die Runde – los geht’s! ;)
    Holger

  16. Jane

    Das ist heute bei meinem Mann in der Firma ange­kommen. Allerdings mit der Seite
    http://​www​.an​-ihre​-person​.de/​N​a​m​e​.​m​e​i​n​e​s​.​M​a​n​nes
    Hier hat sich keiner getraut, den Link zu öffnen, deshalb habe ich recher­chiert und bin hier gelandet.

    Das Ganze mag zwar Aufmerksamkeit erregen, aber sicher­lich keine positive.
    Wir dachten eher an eine moderne Form von Stalking oder dreiste Form von Fishing oder Trojaner-Quatsch.
    Ich habe in der Werbebranche gear­beitet, aber ich muss sagen, ich finde das sehr unseriös.

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