Nichtlesen 20: Haare, Haare …

ir erin­nern uns: Seit drei Wochen war Herr Grabowski unan­sprechbar. Gestern Abend hat er sich endlich bei uns gemeldet. Wir haben die Gelegenheit umge­hend genutzt, ihn heute Vormittag exklusiv für Fontblog zu einem Interview einzuladen.

Hier der Mitschnitt:

Nichtlesen-Redaktion: Herr Grabowski, schön Sie zu sehen! Wir dachten ja, bei Ihnen piept’s immer noch bezüg­lich der letzten Wochen, die Sie wohl mit diesen »Angry Birds« verbracht haben.

Grabowski: Habe ich natür­lich nicht. Reines Ablenkungsmanöver. Wir hatten einfach irre viel um die Ohren mit unserem neuen Business, für das wir letzte Woche den Deutschen Innovationspreis im Bereich Dienstleistung gewonnen haben. Ach ja, und den Sonderpreis der Friseurinnung nicht zu vergessen. Außerdem sind wir für »Deutschland – Land der Ideen« vorgemerkt.

Friseurinnung, Innovationspreis, Land er Ideen? Erzählen Sie mehr.

Wir haben das Geschäftsfeld unserer Agenturgruppe erwei­tert. Mit einem simplen, aber genialen  neuen Frisör-Salon-Konzept. Unser Pilot-Salon hat seit zwei Wochen in Mitte geöffnet. Der Name lautet »Günter ihm sein Salon«.

Wie bitte? »Günter ihm sein Salon«? Das klingt nicht sehr innovativ.

Aber eben gerade. Wir haben den Innovationspreis nicht zuletzt deswegen bekommen, da wir bundes­weit den ersten Frisörsalon seit 20 Jahren ohne origi­nellen Namen à la »Haarmonie«, »Cutting Crew«, »Haar sträu­bend« oder ähnli­ches eröffnet haben.

Klingt einleuch­tend. »Günter ihm sein Salon« ist wirk­lich sehr unoriginell.

Sehen Sie! Auf eine unori­gi­nelle Idee muss man nämlich erst mal kommen dieser Tage, kann ich Ihnen sagen. Und nach dem erfolg­rei­chen Pilot-Store in Berlin werden wir »Günter ihm sein Salon« jetzt bundes­weit im Franchise-System ausrollen.

Aber was ist das beson­dere an Ihrem Konzept außer des drögen Namens?

Das kann ich Ihnen in einem Satz beant­worten: Bei »Günter« hat der Kunde keine Qual der Wahl. Wir bieten nur eine einzige Unisex-Frisur an; und zwar den origi­nalen Günter-Netzer-Haarschnitt. Das entlastet unge­mein, mehr noch, es erlöst die Leute vom Druck der Typ-Beratung und der Suche nach der passenden Frisur. Auch die bekann­ter­maßen tödliche Frage der Frau »Fällt Dir nichts auf an mir, Schatz?« gehört der Vergangenheit an.

Wie bitte? Bei »Günter« kriegen alle – egal ob Mann oder Frau – eine Günter-Netzer-Frisur verpasst?

Exakt.

Ich verstehe schon: ein ironi­sches Business, stimmt’s?

Wieso ironisch? Wie meinen Sie das?

Ich bitte Sie. Das ist doch ein typi­sches Ironie-Ding.

Das meinen Sie jetzt aber ironisch, oder?

Sie sind ja noch ironi­scher, als ich dachte.

Tut mir leid, ich kann Ihnen nicht folgen. Aber lassen wir das. Außer dem Franchise-Modell akqui­rieren wir bereits Shop-in-Shop-Lösungen mit Supermarkt-Ketten. Dort werden sich mobile »Günter ihm sein Salon«-Teams im Kassenbereich posi­tio­nieren und bevor­zugt nach Warteschlangen mit Omas Ausschau halten. Kommt es bei einer Oma zum Kassieren, bleibt ausrei­chend Zeit für unsere Coiffeure, dem einen oder der anderen in der Warteschlange die Haare zu güntern. Eine klas­si­sche Win-Win-Situation.

Hm. Und Kinder?

Den jungen Zielgruppen empfehlen wir eben­falls eine Echthaarverkürzung nach Art des Hauses und Styling à la »ihm sein …«. Denn wenn wir erst mal alle Kids durch­ge­net­zert haben, wird kein Kind mehr wegen seines Haarschnitts gedisst werden. Dahingehend sind wir auch schon beim bekannten Neuköllner Bezirksbürgermeister Buschkowsky in Gesprächen, ob man unseren »Günter« nicht als allge­mein verbind­liche Schul-Haar-Uniforum einfühen könnte. Überlegen Sie mal, wie das die sozialen Spannungen insbe­son­dere in Problembezirken entschärfen würde.

Sie meinen wirk­lich, dass Sie damit Erfolg haben werden?

Haben wir doch längst! Schauen Sie sich doch mal dieses Portrait eines zufrie­denen Kunden an!

Das ist doch Günter Netzer.

Nein, das ist Oma Krawuppke aus der Münzstraße 17 nach einem Besuch bei »Günter ihm sein Salon«.

Quatsch.

Aber ja!

Hm. Sieht täuschend echt aus.

Sehen Sie!

(Herrn Grabowskis Smartphone macht komi­sche Geräusche. Er schaut auf das Display.)

Oh, mein neues, mobiles To-Do-Listen-Tool pusht mir gerade die Meldung, dass heute Nachmittag Haarewaschen auf der Agenda steht.

Oha.

Allerdings. Das gibt wieder ein Gezeter und Gekreische. Kenn ich doch, immer das ewig gleiche Theater mit mir. Tja, ich muss leider los.

Herr Grabowski, vielen Dank für dieses Gespräch.

_____

Michael Bukowski
Abbildungen: © Fancy via ZOOM, CD Real People Portraits; Montage: Fontblog


8 Kommentare

  1. anderer tom

    Ich würde die Cooper Black für eine Kampagne empfehlen. Am besten in Orange.

  2. Nichtleser

    Wünsche Herrn Gameoffski, dass viele Fische ins Netz gehen! Wäre ja schade, wenn daraus ein Günter-Jauchen-Business würde …

    Noch ein Tipp: Wie wär’s zur Erfolgssteigerung mit einem Merchan-Design-Artikel. Ein Haar-Netz-Giveaway wäre doch die ideale Ergänzung, blei­bende Eindrücke zu hinter­lassen! Back to the roots sozusagen.

  3. Thomas

    Ich und meine Kollegen haben uns köst­lich amüsiert. Sehr geiles Interview!!!

  4. K. E.

    Oma Krawuppkes rechtes Bild lässt das Blut in meinen Arterien gefrieren. Da bevorzug ich lieber die linke, glaziale Variante; die sieht mir nämlich ziem­lich glazigen aus. Aber: Eis drauf!

    (;_;)(^_^)

    … in diesem Fall wäre es immer noch besser, das Geschäft bliebe der Erosion treu, als dass es der Akkumulation Herr würde!

  5. frau_elise

    Habt Ihr nächste Woche einen Termin für mich?

  6. Grabowski

    @ frau_elise Leider nicht. Erst gen Ende Juni wieder. Bis dahin sind wir ausgebucht.

  7. Grabowski

    @ Nichtleser Gute Idee mit Merchandesigndising. Wir hatten schon an eine gegün­terte Playmobil-Figur gedacht. Kann aber sein, daß es die schon gibt. Mal schauen. Herzlichst, Ihr Günterowski

  8. Hair Play

    Wir hatten schon an eine gegün­terte Playmobil-Figur gedacht. Kann aber sein, daß es die schon gibt.

    Die haben wir schon im Einsatz! Back to the roots sozusagen …

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