Neuer Online-Kalkulator für Designer vom AGD
Seit 1979 widmet sich die Allianz deutscher Designer (AGD) mit ihrem Tarifpartner Selbständigen Designstudios (SDSt) der Frage »Was kostet Design?«: mit dem Vergütungstarifvertrag Design, der 2011 in der 8. Auflage erschienen ist. Nun gibt es auf www.vtv-online.de erstmals eine Online-Version des 200 Seiten starken Druckwerks, mit über 800 beispielhaften Leistungspositionen.
In drei Schritten führt VTV Online die Nutzer durch das umfangreiche Nachschlagewerk:
- Recherche: Beim kapitelweisen Blättern oder per Stichwort-Suche wählt man die angefragten Designleistungen aus
- Kalkulation: Mit wenigen Klicks wird der flexible Nutzungsfaktor auf die Wünsche des Kunden angepasst und gegebenenfalls ein individueller Stundensatz eingegeben
- Angebot: Weitere Leistungen (wie Reinzeichnung, Drucküberwachung, Prototypoing) und Auslagen werden hinzugefügt, die Kundenanschrift eingegeben und fertig ist das exportierbare Angebot
VTV Online ist im Jahresabonnement erhältlich. AGD Mitglieder erhalten die Pro-Version zum vergünstigten Preis von 20,– €, alle Kreativen und Unternehmer, die schnell und einfach kalkulieren möchten, bekommen den vollen Leistungsumfang für 60,– € jährlich. Mit der Free-Version, die die 200 wichtigsten Leistungsposten des VTV Design schnell kalkulierbar macht, stellt die AGD allen Kreativen und ihren Kunden das nützliche Werkzeug kostenfrei zur Verfügung.
»Seit der Gründung 1976 ist es unsere Kernaufgabe, freiberufliche Designerinnen und Designer aller Bereiche zu unterstützen, ihre Selbständigkeit erfolgreich zu gestalten. Deswegen öffnen wir den Zugang zum VTV Design für alle Kreativen … auch für die zukünftigen Auftraggeber, die von manchen Angebots-Plattformen das Gefühl vermittelt bekommen, dass professionelle Kreativität in ein paar Minuten und mit ein paar hundert Euro abrufbar sei«, erläutert AGD Geschäftsführerin Victoria Ringleb die freie Funktionalität des VTV Online gegenüber der Presse.
17 Kommentare
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Christoph
„Design rechnet sich“ – Typografie aber auch. Ich freue mich über den Kalkulator, aber nicht über die fehlende fi-Ligatur in „Grafikdesign“ und am wenigsten über die illegalen Webfonts …
Jürgen Siebert
Holla … du bist sicher, dass hier kein lizenzierter Webfont im Einsatz ist sondern ein manipulierter Print-Font? Das wäre mehr als peinlich.
Christoph
Ja, ganz klar im CSS ersichtlich. Und im Font ist zu sehen, daß mit FontForge Webfonts aus alten Print-Fonts gebastelt wurden.
(Ich bin überhaupt nur über die FontFont-untypische schlechte Bildschirmdarstellung drauf gekommen)
Andreas Maxbauer
Das ist in der Tat für uns als einem dem Urheberrecht verpflichteten Verband oberpeinlich! Vielen Dank für den Hinweis!
Wir haben sofort nach Christophs Posting bei dem Programmier-Dienstleister des VTV online nachgefragt. Der Projektleiter ist zwar gerade im Urlaub aber seine Vertretung klemmt sich gerade dahinter.
Ist hier ein Fehler entstanden, wird er natürlich auf der Stelle korrigiert. Mit lizensierter Schrift, wie es sich gehört.
Wir bleiben dran.
Andreas Maxbauer
Was war: Der Programmierdienstleister der AGD hat für die Schriftentscheidung die Scala Sans geript. Danach hat er dann versäumt, sie durch den korrekten Web-Font zu ersetzen und diesen entsprechend zu lizenzieren. Das ist doof, das hätte nicht passieren dürfen, ist es aber.
Was ist: Die Sache ist unserem Programmierer furchbar peinlich und er hat sich dafür entschuldigt. Das tun wir als AGD auch, denn wir hätten da ebenfalls aufmerksamer sein können. Nun sitzt unser Dienstleister bereits an der Nachbesserung, so dass wir uns bald an einer typografisch und rechtlich einwandfreien Version erfreuen dürfen.
Was sein wird: Wir werden künftig stärker darauf achten, dass solche Fehler nicht wieder vorkommen. In unseren Werkverträgen stehen zwar entsprechende Passagen aber bei der Kontrolle können wir aufmerksamer werden. Und Christoph Koeberlin erhält als Dankeschön für seine Aufmerksamkeit und seine Meldung einen Vergütungstarifvertrag gratis. Gedruckt oder online – wie möchtest Du ihn haben Christoph?
Jürgen Siebert
Vielen Dank für die rasche Klärung, Andreas.
flow
Mal eine indiskrete Frage in die Runde:
Die Kalkulationsbeispiele des AGD platzieren einen Löwenanteil der Wertschöpfung bei den Nutzungsrechten.
Beispiel
Broschüre für ein mittelständischen Unternehmen, 20 Seiten, 5.000 St. Auflage:
Entwurfsleistungen (inkl. Text, Fotografie + Illustration): 10.218 Euro; Nutzungsrechte: 7.152,60 Euro; Weitere Leistungen (Beratung, Korrekturen, Präsentationen, RZ): 4.212,– Euro
Gesamtsumme: 21.582,60 Euro (davon ca. 30% Nutzungsrechte)
Ich will jetzt gar nicht von den Summen, Tagessätzen und kalkulierten Zeiten reden – das ist wahrscheinlich individuell und je nach Auftrag verschieden.
Mich würde interessieren, wie realistisch und praktikabel die Gemeinde diesen Umgang mit Nuztungsrechten im Prinzip einschätzt. Das ist ja im Rahmen der aktuellen Diskussion über GEMA, Crowdsourcing und kreatives Prekariat nicht ganz unbedeutend.
Um mit gutem Beispiel voran zu gehen (und nur deshalb ist dieser Post ausnahmsweise anonym): Wir berechnen nur noch Nutzungsrechte, wenn die Lizensierung eines Entwurfsobjektes augenscheinlich Sinn macht – z.B. bei einem Erscheinungsbild oder bei einem Corporate Font. Hier liegt es in der Natur der Sache, dass gerade die Nutzung einen besonderen Anteil an der Wertschöpfung haben muss, weil der Entwurf bei dem späteren Erstellen vieler, einzelner Medien immer wieder neu genutzt wird.
In anderen Fällen haben wir die Erfahrung gemacht, dass Nuztungsrechte unheimlich schwer zu vermitteln sind und zu ständigen Missverständnissen führen. In dem o.g. Beispiel könnte der Entwerfer ein erneutes Nuztungsentgelt verlangen, wenn die Broschüre länger als ein Jahr in Gebrauch ist. So müsste diese weitere Nutzung oder ein Nachdruck vom Kunden bei uns angemeldet werden oder wir würden es selber rausfinden und dann – zur Überraschung des Auftraggebers – nachfordern. Ergebnis: Die Kundenbeziehung wird durch immer neue Diskussionen belastet bis hin zu dem Punkt, dass sie aufgelöst wird. Wir arbeiten deshalb mit unterschiedlichen Tagesätzen für unterschiedlich große Auftraggeber und versuchen die Nutzung so zumindest teilweise „einzupreisen“.
Um es anders herum zu sagen: Mir ist es wichtiger, im Ergebnis ein angemessenes Honorar zu erzielen und möglichst wenig Geld-Diskussionen führen zu müssen als meine Auftraggeber über den Sinn von Nutzungsrechten für geistige Leistungen aufklären zu müssen (was am Ende doch nicht klappt und nur Ärger gibt).
Wie macht ihr das und findet ihr diesen Aufbau des Vergütungs-Systems des AGD realistisch (oder bildet er eher ein Ideal ab)?
Christoph
Vielen Dank für das nette Angebot, Andreas, und vor allem für die rasche Klärung!
Aber zum einen habe ich den Vergütungstarifvertrag bereits als gedruckte Version und zum anderen möchte ich das sowieso nicht annehmen. Falls Ihr mal Beratungsbedarf zum Thema (Web-)Fonts habt, stehe ich gern zur Verfügung!
Anonyma
Eine interessante Diskussion und ich mache es wie mein Vorredner ausnahmsweise auch anonym weil es in der Tat kein einfaches Thema ist. Seit ich freiberuflich arbeite (seit fast acht Jahren) ist das Thema grundsätzlich ein Problem. Die meisten Kunden kennen es gar nicht und fragen sich (bzw. mich), warum sie für die Leistung und dann auch noch mal für die Nutzung bezahlen müssen. Und ich muss gestehen, sie haben in gewisser Weise ja auch recht. Ein wenig ist es ja, als würde man z.B. ein T-Shirt kaufen und müsste jedes Mal wenn man es trägt dafür noch mal zahlen.
Ich habe es eine zeitlang auch ernsthaft probiert die Nutzungsrechte gesondert auszuweisen bzw. bei der ersten Projektbesprechung vor Auftragserteilung darauf hingewiesen, dass diese dann eben anfallen. Das hatte immer lange Diskussionen zur Folge (»Ich dachte Nutzungsrechte wären noch mal 60 Euro aber nicht soooo viel.«), so dass ich irgendwann dazu übergegangen bin, sie im Endbetrag für mich akzeptabel zu »verstecken«. In Zeiten des Internets, verschiedener Medien und Endgeräte und der Globalisierung im Allgemeinen ist es eh schwierig nachzuvollziehen, was mit dem Logo eigentlich so passiert und gerade die von der AGD vorgeschlagenen Nutzungsrechte konnte ich noch keinem Kunden vermitteln.
Dennoch würde mich auch sehr interessieren, wie die anderen das handhaben.
merz
@flow
Nutzungsrechte und Honorare – ein schwieriges Thema. Ich arbeite als freier Grafiker und würde nach Ihrer Modellrechnung mehrere Millionen Euro Umsatz im Jahr machen. Das wäre natürlich prima. Doch irgendwie habe ich das Gefühl, dass es auch unangemessen wäre.
Vor einigen Jahren habe ich noch für drei verschiedene Agenturen (jeweils weniger als 10 Mitarbeiter) gearbeitet. Da hatte ich ein wenig Einblick in deren Vergütung (nicht in die genaue Zusammensetzung)
Beispiel: 40-seitiges Mitarbeitermagazin (Layout und ein wenig Bildrecherche)
Agentur A: 32.000,- Euro
Agentur B: 17.000,- Euro
Agentur C: 3.800,- Euro
Der Chef von Agentur A ist Besitzer von vielen Häusern und Wohnungen, der Chef von Agentur C ist Besitzer von vielen grauen Haaren.
Fazit: Ich schaue meist in das Vergütungssystem des AGD, damit ich einen Richtwert habe und modifiziere dann nach Bauchgefühl. (wieviel ist mein Kunde bereit zu zahlen, so dass er noch ein »gutes« Gefühl dabei hat) Nutzungsrechte rechne ich nicht ein – meiner Meinung nach ist ein angemessenes einmaliges Honorar vollkommen ausreichend.
Christian
Auch wenn sich Vergütungen für Nutzungsrechte unmittelbar aus dem Urheberrecht logisch herleiten lassen, sind sie in der Praxis – wenn überhaupt – vielleicht noch von großen Agenturen oder Star-Designern durchsetzbar, die sich ihre Kunden aussuchen können.
Die vom AGD vorgeschlagenen Honorar-Richtlinien gehen aus meiner Sicht an der Alltagspraxis der meisten Designer völlig vorbei.
grafalex
Sehr schön, dass es endlich mal Online-Versionen gibt – auch eine for free. Aber geht das nur mir so, oder findet jemand anders die durchgängige Versal-Copy auch schon am Rande der „Augenkrebserei“?! Das ist doch furchtbar zum Lesen …
Andreas Maxbauer
@grafalex: Die Typo ist mittlerweile gerichtet, inkl. der von Christoph gewünschten Ligaturen.
Die Seite stand im Rahmen der „Schriftumstellung“ (s.o.) für eine dreiviertel Stunde in Kapitälchen herum. Das war zwar eine interessante Erfahrung, aber nicht so optimal lesbar ;-)
Jürgen Siebert
Wow … !
anonym
Wir weisen Nutzungsrechte aus, auf Grundlage des AGD. Allerdings machen wir das bei jedem Kunden unterschiedlich.
Teils gewähren wir Rabatte darauf oder lassen sie bei kleinen Aufträgen weg weil wir es einfach nicht kommunizieren können.
Von vielen Kollegen weiß ich, dass diese einen Mittelwert der Nutzungsrechte in ihren Tagessatz einkalkulieren. Wir möchten das aber nicht so handhaben auch wenn das Erklären viel Kraft kostet und beim Kunden oft Verwirrung stiftet. Ich denke auch, dass die Richtlinien an der Alltagspraxis vieler Designer (und Projektmanager) vorbeigehen, missen will ich sie aber nicht da uns sonst Einnahmen (die uns auch zustehen) verloren gehen würden.
Allein
Grundsätzlich erwähnen wir die eingeräumten Nutzungsrechte auf unseren Rechnungen, das muss sein, damit die Auftraggeber gemäß unserer AGB rechtlich abgesichert sind. Im Regelfall aber steht der Einräumung von Nutzungsrechten keine gesondert ausgewiesene Vergütung gegenüber. Ich will sie gar nicht als „eingepreist“ benennen, faktisch werden diese einfach nicht vergütet, auch wenn ein für Grafiische Arbeiten höherer Stundensatz (z.B. gegenüber Illustration) das z.Tl. ausgleicht.
Bei deutlich „kreativen“ Aufgaben, denen man eine gewisse Schöpfungshöhe oder einen echten Werkcharakter nicht absprechen kann (z.B. Illustrationen), werden die Rechte individuell eingeräumt und auch vergütet.
Grundsätzlich aber versuche ich schon das Thema nicht totzuschweigen und, wo es sich anbietet, zur Sprache zu bringen.
Es ist reichlich paradox, wenn wir Designer unserem eigenen Berufsverband vorwerfen uns zu hohe Honorare vorzuschlagen und wir diese auch noch selbst sabotieren. Allerdings muss auch ich zugeben dass ich die Nutzungsrechte-Faktoren, speziell bei intensiverer Nutzung, ebenfalls für deutlich (!) zu hoch erachte, zumindest zu hoch für den allergrößten Teil des Marktes. Eine Vervierfachung meines Werkhonorars ist mir zumindest noch nie gelungen, und ich hatte schon ab und zu Kontakt zu dem einen oder anderen zahlungskräftigen Auftraggeber
Leipzigerin
Ich bin Mitglied im AGD und kenne niemanden, der ernsthaft danach kalkuliert. Die Preise sind lächerlich überzogen, Nutzungsrechte sind keinem Kunden vermittelbar. Der ganze Tarifvertrag wird in meinem Kollegenkreis nur zur Erheiterung bzw. Erbauung genutzt. Die tatsächlichen Stundensätze liegen bei 30-40 Euro netto und nicht bei 90! Es gibt hier auch sicherlich keine einzige Firma, die für eine Broschüre 21.000 Euro für Gestaltung ausgibt. Keine. Druckereien und Werbemittelfirmen bieten „Gestaltung“ für 30 Euro extra zu den Druckkosten an – das ist die Realität.
Mich würde wirklich mal interessieren, ob es woanders andere Realitäten gibt…