Chinesische Schrift verstehen und verwenden

Susanne Zippel: Fachchinesisch

Wieder ein Buch aus dem Verlag Hermann Schmidt Mainz, das für die Benutzer digi­ta­li­sierter Schriften (Fonts) wie ein Ticket in die Zukunft verbucht werden muss. Es steht auf einer Ebene mit der Unicode-Bibel von Bergerhausen/Poarangan (2011, siehe auch Fontblog-Beitrag Decodeunicode – das Buch der Zeichen ist da) oder das vorzüg­liche Anatomie der Buchstaben (2006), beides Standardwerke, die lange Bestand haben werden.

Fachchinesisch ist so etwas wir die Detailtypografie (ein weiterer Schmidt-Klassiker) für den Fernen Osten, und damit ein unver­zicht­bares Lese- und Nachschlagewerk für Unternehmen und deren Partner, die nach China expan­dieren bzw. dies planen. Der Autorin Susanne Zippel gelingt eine solide. leicht verständ­liche Einführung in die Welt der Sprache und Schriftsysteme Chinas, Japans und Koreas (CJK).

Neben der präzisen Beschreibung der Markenkommunikation von Unternehmen, die im chine­si­schen Markt bereits Fuß gefasst haben, erschließt Zippel die Regeln für rein chine­si­schen, aber auch für multi­l­in­gualen Satz, gibt wert­volle Praxistipps und legt mit Typo-Checklisten und Typografie-Wörterbuch einen Leitfaden für die fern­öst­liche Textgestaltung vor.

China boomt, das sehen neben inter­na­tio­nalen Konzernen zuneh­mend auch klei­nere Unternehmen und mutige Kreative als ihre Chance. »Nachhaltige Kommunikation mit den umwor­benen Zielgruppen in Fernost wird nur dann erfolg­reich, wenn diese sich auch visuell respekt­voll ange­spro­chen fühlen« schreiben die Verleger Karin & Bertram Schmidt-Friderichs im Vorwort. Um Märkte zu erschließen, muss man deren Schriftsysteme verstehen und anwenden können. Susanne Zippel leistet hier Pionierarbeit.
Fachchinesisch, Doppelseite Einleitung, Susanne Zippel
Zwischen Auftakt und Anhang vermit­telt sie in vier Kapiteln auf knapp 300 Seiten die Grundlagen für erfolg­reiche Kommunikation mit der neuen Zielgruppe. »Funktion und Geschichte« beleuchtet die chine­si­sche Schriftsprache, was sie ausmacht und ihre jahr­hun­der­te­lange Anwendung in Japan, Korea und Vietnam. Anschließend, im Kapitel »Buchstaben und Schriftzeichen«, vergleicht Zippel unser grapho­lo­gi­sches System mit dem der chine­si­schen Schrift – zwei Schreibwelten, die kaum unter­schied­li­cher aufge­baut sein könnten.
Im dritten Kapitel, »Zeichensatz und Font«, folgt die prak­ti­sche Anwendung der CJK-Fonts, ihres Aufbaus und der Funktion der zehn­tau­send enthal­tenen Zeichen für zwei Leserichtungen. »Typografie – aber wie?« geht ins typo­gra­fi­sche Detail. Zippel führt kompe­tent durch die Architektur eines bilin­gualen Dokuments und stellt eine Checkliste bereit, die chine­si­sche Sprachkenntnisse über­flüssig macht. Sie beant­wortet alle Fragen die auftreten, wenn viel­spra­chige Ansprüche an den Textsatz gestellt werden und wie man sie erfüllt.

 

Eine Einleitung, die Fallbeispiele früher China-Expandeure (z. B. Volkswagen, Audi oder Siemens) darstellt, sowie ein ausführ­li­cher Anhang  mit einem über­set­zenden Index zur deutsch-chine­si­schen Typografie machen das Buch zu einem uner­setz­li­chen Ratgeber für jeden Entrepeneur, den es ins Reich der Mitte zieht.
Fachchinesisch, Doppelseite Corporate Identity Beispiele, Susanne Zippel

 

Die Einführung betrachtet auf je einer Seite, wie Unternehmen, die bereits nach China expan­diert haben ihr Corporate Identity nach dem zu neu zu erschlie­ßenden Markt ausge­richtet haben. Beispiele, wie die aufwän­dige Übersetzung der Marke »Volkswagen«, beleuchten die komplexen Anforderungen an das Erscheinungsbild.

Fachchinesisch, Doppelseite Chinesische Zeichen, Susanne Zippel
Das Kapitel »Buchstaben und Schriftzeichen« erforscht die Pinselführung beim Schreiben chine­si­scher Zeichen. Der Suzhouer Kalligrafiemeister Wang Jianwei illus­triert eine Einführung in die tradi­ti­ons­reiche Kunst der chine­si­schen Kalligrafie – Grundlage des chine­si­schen Schriftsystems. Ausnahmsweise ließ er sich von der Autorin dazu über­reden, »Nachhaltigkeit und Ewigkeit« zu zeichnen (rechte Seite), ein elemen­tares Zeichen, das gewöhn­lich als Vorlage für die »Acht Prinzipien der Strichführung« dient. Nach Meinung des passio­nierten Kalligrafen zu einfach, um auch nur die Grundbegriffe der chine­si­schen Kalligrafie zu erklären.
Fachchinesisch, Doppelseite Chinesischer Satz, Susanne Zippel
Im Kapitel Zeichensatz und Font stellt die Autorin Satzmerkmale von latei­ni­schen und CJK-Schriften gegen­über. Während sich latei­ni­sche Buchstaben aus den geome­tri­schen Grundformen ableiten und Lautwerte beinhalten, basieren chine­si­sche Schriften auf bild­li­chen Darstellungen von Dingen. Im Satz glei­chen chine­si­sche Fonts Tabellenschriften, deren Blockcharakter in bilin­gualen Texten häufig von einge­scho­benen latei­ni­schen Zeichen durch­bro­chen wird.
Auch wie diese gestal­te­ri­sche Herausforderung gelöst wird, zeigt Susanne Zippel anhand anschau­li­cher Beispiele und kennt­nis­rei­cher Tipps. Eine weitere Besonderheit: Am rechten Seitenrand ziehen sich Schriftmuster der belieb­testen chine­si­schen Fonts durch das Buch. Sie enthalten neben der Einordnung in Klassen und Gruppen und Textbeispielen in verschie­denen Schriftarten auch Bezugsquellen.
Den gesamten Band kenn­zeichnet die Liebe zum Detail bis hin zum tempel­för­migen Barcode auf der Rückseite. Nicht zuletzt die vom Verlag Hermann Schmidt gewohnt aufwän­dige Verarbeitung des Buches mit Leinenrücken, Foliendruck und zwei farbigen Lesebändchen machen es zu einem Nachschlagewerkm das man gerne zur Hand nimmt.

 

Über die Autorin: Susanne Zippel pendelt zwischen den Welten. Sie lebt und arbeitet seit 1990 mit Unterbrechungen insge­samt neun Jahre in Japan und China. 1991, noch in Japan lebend, beginnt die ausge­bil­dete Schriftsetzerin und Fotografin ein Studium im Fachbereich Kommunikationsdesign an der renom­mierten Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Fünf Jahre später, zurück in Deutschland, gründet sie das Designbüro Logoß, das bis heute besteht und namhafte Kunden wie Mercedes-Benz oder den Reclam Verlag zu seinen Auftraggebern zählt. Seit Anfang 2006 lebt Susanne Zippel im südwest-chine­si­schen Suzhou, nahe Shanghai. Neben dem notwen­digen Erlernen der chine­si­schen Sprache widmet sie sich vor allem weiterhin intensiv dem Thema der multi­l­in­gualen Typografie. Mit chine­si­schen Partnern gründet sie 2009 das Beratungs- und Designbüro Mittelpunkt • Zhongdian.

 

 

Susanne Zippel: Fachchinesisch Typografie, 2011 Verlag Hermann Schmidt Mainz, 296 Seiten, Format 24,5 x 32 cm, foli­en­ge­prägter Halbleineneinband, ISBN 978-3-87439-818-3, 98,00 €
 

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