Markus Hanzer »Genesis«, kostenloses iBook [Update]

Wahrscheinlich ist es das erste iBook im Selbstverlag, das von einem profes­sio­nellen Gestalter mit der neuen Macintosh-Software iBooks Author erstellt wurde, die Apple vor 2 Wochen vorge­stellt hat … Der öster­rei­chi­sche Designer und mehr­fache TYPO-Berlin-Sprecher Markus Hanzer hat es gestern veröf­fent­licht. Unter dem Titel »Genesis« setzte er sich auf der TYPO Berlin 2011 mit den Veränderungen in seinem Beruf ausein­ander. Der viel beach­tete Vortrag lieferte nun den Inhalt für sein kosten­loses e-Book, das im iTunes-Store zum Download bereit liegt.

Das Buch beleuchtet die unter­schied­li­chen Vorstellungen, die sich im Laufe der Geschichte über den Mensch als Gestalter entwi­ckelt haben und fragt danach, welche dieser Ansätze noch von Bedeutung sind. In jedem Diskurs über Gestaltung taucht früher oder später die Frage auf : Wer hat die Zügel in der Hand? Wer hat die Welt in ihrer uns erfahr­baren Form geschaffen? Ist das Werk gelungen? In welchem Rahmen sind Veränderungen denkbar und wer hat das Recht ein Urteil zu fällen?

Je mehr Gestaltungsarbeit sich von tradi­tio­neller Handarbeit entfernt, indem wir mit Programmen und vorge­fer­tigten Templates und Designelementen von der Stange arbeiten, desto komplexer wird die Rechtslage, die uns vorgibt, wie weit unsere Handlungsspielräume noch reichen, welche Rechte den so genannten Urhebern einge­räumt werden, wer, was als sein geis­tiges Eigentum bezeichnen darf, und somit auch, welche Schranken und Grenzen der Gestaltung gesetzt werden. Wer hat das Recht die Welt umzu­ge­stalten und wer darf wann andere zur Kasse bitten, wenn diese vorge­fun­dene Gestaltungselemente benutzen wollen?

Es zeigt sich, dass Gestaltung nach wie vor der gemein­schaft­li­chen Konstruktion eines Weltbilds dient. Beim Design werden zentrale Fragen verhan­delt, zum Beispiel wie wir zu unserer Umwelt stehen, wie wir unser Zusammenleben ordnen und welchen Zielen wir unsere Lebensenergien widmen? Es geht gar nicht mehr darum, jeden denk­baren Raum mit Zeichen zu füllen, sondern einen Raum zu schaffen, in dem sich Zusammenleben entfalten kann. Oder wie die von Markus Hanzer zitierten Hans-Joachim Gögl und Josef Kittinger meinen: »Veränderung führt über das Erlebnis der Alternative. Wandel benö­tigt sinn­lich erfahr­bare Modelle anderer Realitäten; Prototypen einer anderen Wirklichkeit. Denn wir verwan­deln uns in das, was wir betrachten, da die Energie der Wahrnehmung folgt. Wir sind somit verant­wort­lich für unsere Aufmerksamkeit.«

Fazit: Das in den letzten Jahrzehnten gewach­sene Heer an Gestalterinnen und Gestaltern wird drin­gend gebraucht, sollte es gelingen, dass jene die Hilfe suchen, diese auch finden.

Ich sprach mit Markus Hanzer über die Produktion seines e-Books:

Fontblog: Markus, wie hast Du das e-Book produziert?

Hanzer: Ich habe die Datei mit iBooks Author gene­riert … und – um ehrlich zu sein – sogar eines der ange­bo­tenen Templates benutzt.

Wie aufwendig war das für dich?

Nach dem ich mit Keynote sehr vertraut bin, bewege ich mich hier auf gewohntem Terrain. Unmittelbare Benutzung ohne jede Gebrauchsanweisung ist über­haupt kein Problem. Das Programm macht viel­leicht Designer die sich primär mit QuarkXPress und Indesign beschäf­tigen nicht sehr glück­lich, da Feinjustierungen in diesem Umfang nicht vorge­sehen sind. Aber so schnell etwas veröf­fent­li­chen zu können, finde ich revolutionär.

Was kostet die Software?

Das Programm ist kostenlos, der Vertrieb meines Buches über den iTunes-Book-Store ebenso.

Was hat Apple davon?

Apple will damit jede Menge Publikationen in seinen Store spülen und damit auch den Verkauf des iPads voran treiben. Die Möglichkeiten die das iPad bietet sind durchaus berau­schend und wir stehen ja hier absolut noch in den Anfangstagen.

Wo werden wir demnächst iBooks sehen?

Vor allem im Bildungsbereich, in dem Apple auch mächtig Gas gibt, sehe ich einschnei­dende Möglichkeiten Unterricht span­nender, leben­diger, einpräg­samer und indi­vi­du­eller zu machen.

Brechen auch für Autoren neue Zeiten an?

Ob es für Autoren auf diesem Weg leichter wird, ein Publikum zu finden, sei dahin­ge­stellt … Die Zeit wird es weisen.

[Update: 2 weitere Fragen]

Hat Apple Dein Buch geprüft?

Ich habe keine Ahnung ob Apple das Buch geprüft hat. Sie haben mit mir in keiner Weise kommu­ni­ziert. Ich habe auch kein Bestätigungsmail oder sonst ein, wie immer gear­tete Nachricht bekommen.

Wie lange dauerte die Freigabe?

Ein paar Stunden. Falls man bei Apple in die Datei schaut, was ich annehme, hängt die Bearbeitung sicher davon ab, wie viele Uploads in einem bestimmten Zeitraum erfolgen.


3 Kommentare

  1. Ivo

    Das Buch lässt sich leider partout nicht auf mein iVone laden. Begründung: eine neuere iBooks-Version sei erfor­der­lich. Ich habe aber die aktu­ellste instal­liert. Hat jemand eine Idee, was hier falsch läuft?

  2. Jürgen Siebert

    Die Multimedia-Bücher, erstellt mit iBooks Author, laufen im Moment nur in iBooks 2 auf dem iPad. Den Grund für diese Limitierung kenne ich nicht, dürfte aber poli­ti­scher (Ankurbelung der iPad Verkäufe) und ergo­no­mi­scher Natur sein (Bildschirmgröße).

  3. Eine interessante Art

    von Kritik, wie sie eines Österreichers würdig ist, weshalb Österreich zwar um die 8 Mio. Bürger, aber eben nur wenige Österreicher umfasst. Thomas Bernhard ist einer davon gewesen, ganz nach dem Motto: Ich hasse, also bin ich!

    hasse ≠ Verb zu Hass, sondern die Kritik zum eigenen Tun (zumin­dest in diesen Zusammenhängen!).

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