Kulturwende bei Yello Strom?

Nicht von unge­fähr habe ich die Kommunikation von Yello Strom, auch hier im Fontblog, schon mehr­fach gelobt. Es fing alles mit der wunderbar über­sicht­li­chen Rechnung an, die ich im März 2006 erst­mals erhielt (sie erscheint noch heute in derselben Aufmachung): Rechnungsdesign – ein Riesenlob für Yello. Im März 2007 wies ich auf das Yello-Marken-Buch von Bernd Kreutz hin, das dieser noch mal als PDF und kostenlos zum Download anbot. Zuletzt würdigte ich im November 2009 den einst von FontShop modi­fi­zierten Corporate Font von Yello, die  FF DIN – Grund zur FFreude im Büro … Im Privatkreis schwärme ich eimal im Jahr vom bequemen Ablesen und Übermitteln des Stromzählerstands auf www​.mein​-yello​.de, mit sofor­tiger Berechnung meines Jahresverbrauchs und der papier­losen Übermittlung des neuen Abschlags.

Heute kam Post von Yello und ich frage mich, ob im Kölner Hauptquartier eine Kulturbankrott statt­ge­funden hat. In übelstem PR-Sprech will man mir neue AGBs unter den Hintern schieben, was mit blumigster Prosa verklau­su­liert wird: »Als Yello Kunde sind Sie es gewohnt, dass wir Klartext reden. Ob am Telefon, per E-Mail oder auch per Brief – einfache und faire Kommunikation mit unseren Kunden steht für uns an erster Stelle.« Ziemlich hohl, aber rein inhalt­lich kann ich dem nicht wider­spre­chen. »Das gilt auch fürs Kleingedruckte.« Nun regt sich erste Skepsis in mir: Kleingedrucktes ist selten einfach und fair.

»Wir machen’s kurz.« heißt es dann … ich werfe einen Blick auf das zweite Blatt des Briefes, dann wieder auf den ersten Bogen, dann wieder auf den zweiten (zwei­seitig bedruckt), wieder zurück auf den ersten und denke mir: ›Wenn die mir jetzt den Inhalt von Blatt zwei bzw. die Unterschiede in den beiden Spalten auf Blatt zwei mit den verblei­benden drei Sätzen zusam­men­fassen, dann gebührt ihnen eine Goldmedaille für Kommunikation. Ich lese weiter: »Unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen – kurz AGB – sind jetzt noch über­sicht­li­cher und leichter verständ­lich.« Soll das ein Witz sein? Seite zwei ist in einer drei Punkt großen Schrift zwei­spaltig, vorne und hinten, komplett voll­ge­druckt – ohne Lupe nicht lesbar? Was soll der Quatsch? Ob die AGB »leichter verständ­lich« sind, kann ich gar nicht nach­prüfen, ohne Lupe.

Drum heißt es jetzt wahr­schein­lich auch: »Für Sie werden diese neuen AGB übri­gens ganz auto­ma­tisch gültig – lehnen Sie sich entspannt zurück. Nur wenn Sie mit der Änderung der AGB nicht einver­standen sind, geben Sie uns bitte bis zum 12. März per Brief oder E-Mail Bescheid.« Hallo?! Darf ich das mal über­setzen? Eigentlich wolltet Ihr doch schreiben: Wir finden es lästig, dass wir recht­lich gezwungen sind, Millionen Kunden mit einem solchen Brief über unsere geän­derten Geschäftsbedingungen zu infor­mieren. Viel lieber wäre uns, wir könnten das »auto­ma­tisch« hinter deren Rücken tun und ein paar Millionen Euro Papier-, Druck- und Portokosten sparen sowie jegli­chen Widerspruch im Kein ersticken.

»Haben Sie noch Fragen?« heißt es weiter. Ich denke mir: ›Fragen habe ich keine‹ …, aber ich wünsche mir, das Unternehmen per Gesetzt dazu gezwungen werden, die Änderungen Ihrer Geschäftsbedingungen mit einem Highlighter zu markieren und mir den Grund dieser Änderungen seiten­weise und verständ­lich zu kommen­tieren. »Dann rufen Sie uns einfach kostenlos unter 0800 – 99999978 an oder schreiben Sie eine E-Mail an immerda@yellostrom.de … wie sind gerne für Sie da. Viele Grüße …« und so weiter.

Das werde ich tun. Der E-Mail füge ich eine PDF dieses Blog-Beitrags bei und den Satz »Ich bin mit der Änderung der AGB nicht einver­standen!« Mal sehen, was passiert. Fortsetzung folgt.


19 Kommentare

  1. Johannes

    Wie, Jürgen, Du hast diesen Strom?
    Da hier sowieso dauernd poli­ti­siert wird, jetzt eine Empfehlung: Elektrizitätswerke Schönau. Kein Atomstrom, kein Konzern. Kurze AGBs, kurze Kündigungsfrist — und ein richtig selbst gemachtes Design! Hier geht’s lang!
    PS: Dafür bekomme ich nicht mal ’ne Kundenwerberprämie.

  2. Oliver Adam

    Angesehen davon ist es viel­leicht eine Überlegung wert, YELLO mal unter die Lupe zu nehmen, genauer, den Energiemix zu über­prüfen. EIne Hälfte kommt aus Atomkraftwerken, der Rest aus fossilen Brennstoffen und rege­ne­ra­tiven Energieträgern. Aus Öko-Sicht sind eigent­lich nur drei Stromversorger zu empfehlen: Lichtblick, Greenpeace und EWS Schönau. Hat auch was mit »Sustain« im Sinne der nächsten TYPO zu tun ;-).

    Mehr Infos unter http://​www​.atom​aus​stieg​-selber​-machen​.de/

  3. Oliver Adam

    @Johannes
    Daumen hoch :-)

  4. Martin

    Muss mich den Vorrednern amschließen. Nur noch Ökostrom ist akzep­tabel bei der olygo­pol­stel­lung der Großen mit ihrer starken Lobby …

  5. Patrick

    Mh, eben mal kurz die Preise verglei­chen für Kreuzberg. Ich zahle momentan bei Vattenfall 5,60 Grundgebühr und 23,36 Cent je kwh. Yellow Strom würde laut deren Website 5,89 Grundg. Und 24,70 Cent je kW kosten.

    Also ist vatten­fall doch sogar güns­tiger. Komisch

  6. Patrick

    Oh, seh grad den yellow online Tarif. Der ist doch güns­tiger. Nehme meinen Kommentar von eben zurück

  7. Marc

    Yello geht mal wirk­lich gar nicht. Egal ob sie bei Euch Kunde sind, oder nicht.

    Wer heut­zu­tage noch wissent­lich auf Ökostrom verzichtet, der hat seine gesell­schafts­mo­ra­li­sche Position noch nicht gefunden. Gerade Firmen sollten hier Vorbild sein.

    Also: Nimm die Verärgerung zum Anlaß und kündige Euren Stromvertrag. Und dann wechsel zum nächst­mög­li­chen Zeitpunkt zu einem 100% rege­ne­ra­tiven Anbieter (also was den Strom angeht :-) )

    Stadtwerke München kann ich auch empfehlen! (Nur damit hier in den Kommentaren ein ausge­wo­gener Mix an Öko-Anbietern entsteht).

  8. Thilo

    Habe soeben meinen Stromanbieterwechsel vorbe­reitet und danke dem Fontblog für den Impuls! (Wird hier ja zum rich­tigen Verbraucherportal.)

  9. Stefan

    @Marc: Es soll ja auch unter­schied­liche „gesell­schafts­mo­ra­li­sche Positionen“ geben, und nicht nur die, die Du anschei­nend für richtig hältst. In der Tat gibt es sogar solche, die wissent­lich auf Ökostrom verzichten, und das aus gutem Grund.

  10. koni

    aus gutem Grund.

    … der mich dann jetzt schon inter­es­sieren würd.

  11. Jürgen Siebert

    Damit es keine Missverständnisse gibt … Fontblog-Meldung vom 20. Juni 2005: Strom von Greenpeace bei FontShop. Gilt auch heute noch!

  12. Marc

    @Jürgen: Sehr gut! Damit nehme ich den Vorwurf ggü. FontShop natür­lich zurück! Aber auf jeden Fall sollte der Yello-Kunde auch wech­seln! Wer auch immer das ist!

    @Stefan: Siehe Kommentar 10! Den guten Grund würde ich auch gerne wissen! Vielleicht über­zeugt er mich ja auch, zurück zu Atomenergie und Strom aus Kohlekraftwerken zu gehen!

  13. Sonja

    Hallo Herr Siebert,

    vielen Dank für Ihr ehrli­ches und konstruk­tives Feedback. Leider müssen wir sagen, dass Sie in weiten Teilen Recht haben.
    Wir nehmen Ihre Anregungen daher gern auf – sie kommen zum rich­tigen Zeitpunkt. Die Kollegen sind schon im Boot und dabei, die Kommunikation zu verbessern.
    Wir finden es nämlich wichtig, das Feedback aus Blogs zu nutzen, um an unserem Service zu arbeiten. Auch wenn die Kritik weh tut, sagen wir trotzdem Danke dafür.

    Sonja
    (vom Yello Social Media Team)

    PS: Ihre Mail ist zwar noch nicht ange­kommen, aber dank Ihres Blogeintrags sind wir auch so schon dran.

  14. Benjamin Hickethier

    Hallo Sonja,
    gilt das auch für das Feedback, was Ihre Art der Stromerzeugung betrifft?
    Müssen Sie da nicht auch zustimmen, dass die Kommentatoren hier in weiten Teilen Recht haben?

    Der Zeitpunkt ist immer richtig, um Anregungen aufzu­nehmen und was daraus zu machen.
    Freundliche Grüße

  15. Sonja

    Hallo Benjamin,
    wahr­schein­lich hat es sich einfach noch nicht rumge­spro­chen, aber bei Yello gibt es seit Januar auch 100% Ökostrom. Die Variante kann man auf unserer Internetseite einfach per Mausklick anwählen. Und viel teurer ist das nicht: 0,3 Cent pro Kilowattstunde. Das macht zum Beispiel bei einem Jahresverbrauch von 4000 kWh gerade einmal 12 Euro mehr.

    Viele Grüße, Sonja

  16. Jürgen Siebert

    Danke, Sonja. Bin hocherfreut.
    Aber: Sie machen mir meine Fortsetzungsgeschichte kaputt ;-) Gut so: Besser selbst schreiben als anderen die Feder überlassen.
    Die E-Mail geht gleich raus an immerda@yellostrom.de, z. H. Sonja vom Yello Bloghaus. In dieser Mail werde ich auch darum bitten, mir ein Angebot für sauberen Strom zu machen, damit ich (privat) Yello-Kunde bleiben kann.

  17. Mick

    Oh cool. Yellow Strom meldet sich, nimmt die korrekte Kritik an und kommu­ni­ziert ihr Ökostromangebot. Respekt! Und weiter so!

  18. R::bert

    @ Sonja
    Ihre ehrliche Antwort ist bemer­kens­wert und in der oft so verlo­genen Marketingwelt sehr wohl­tuend. Überrascht bin ich auch von Ihrem Ökostrom-Angebot. Da muss wohl noch mal getrom­melt werden : )

    @ Jürgen
    … und Sie verwenden FF-Webfonts ; )

    »Sie machen mir meine Fortsetzungsgeschichte kaputt«
    Also mich würde schon inter­es­sieren, wie das neue Schreiben aussieht, dass bald bei Dir eintru­deln wird … viel­leicht wird die »Fortsetzungsgeschichte« nur um so schöner : )

    Test Ökostrom-Tarife:
    In der aktu­ellen Ausgabe des Testmagazins der Stiftung Warentest wurden übri­gens 19 Ökostrom-Tarife unter die Lupe genommen. Besonders bzgl. ökolo­gi­schen Engagement der Anbieter gibt es deut­liche Unterschiede. Nicht jeder Tarif ist wirk­lich grün …

  19. schmitzkatze

    Sehr geehrter Herr Siebert“ Herzlichen Dank für diesen Artikel! Ich habe die neuen AGB’s auch gelesen und folgendes heute an yellow, den Geschäftsführer Herrn Huener persön­lich geschrieben:

    An yellow strom GmbH
    Am Grauen Stein27
    531105 Köln

    An Herrn
    Geschäftsführer Uli Huener.
    Betrifft ihre Benachrichtung und das Wurfblatt: „Löchern Sie uns“und geän­derte AGB’s

    Sehr geehrter Herr Huener.
    Da ich mit Ihnen, bzw. der Fa. yellow-strom einen Vertrag abge­schlossen habe, bitte ich Sie keine Daten an andere weiterzugeben!
    Mit dem „örtli­chen Netzbetreiber“(RWE und dem von Ihnen benannten WESTNETZ) hab ich nichts zu tun und keinen Vertrag abgeschlossen!
    Ich gestatte nur Ihnen intern einen Gebrauch meiner Daten.

    Widerspruch:
    Ich unter­sage ihnen hiermit die Weitergabe meiner Daten, meines Familiennamens und sons­tige Daten an andere Firmen und „Behörden“und fremde Staaten etc.
    Dies gilt auch für Wirtschaftauskunfteien, Consumer-Data-GmbH..usw.
    Wenn Sie mir nach­weisen können, auf welcher Basis Sie eine Datenweitergabe begründen, weisen Sie mir einen echten Staatsvertrag der „Bundesrepublik in Deutschland“ nach.
    Eine Kopie der Gründungsurkunde der BRinD ist dann einem Nachweis ihrer­seits beizufügen.
    **********
    Selbstverständlich bekommen SIE/Fa.yellow-strom weiterhin von mir die detail­ierten Ablesedaten!

    Mit freund­li­chem Gruss
    xxxxxxx
    Es geht hier um den Datenschutz.. gell.

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