Happy Birthday: 20 Jahre Beowolf
Vor 20 Jahren programmierten Erik van Blokland und Just van Rossum in Berlin die legendäre Schriftfamilie Beowolf, bestehend aus 3 Schnitten. Der »springende Punkt« von Beowolf basierte auf einem PostScript-Type-3-Algorithmus. Die Programmiersprache stellte nämlich eine Zufallsfunktion bereit, mit deren Hilfe es möglich wurde, die Bézier-Stützpunkte der Buchstaben in definierbaren quadratischen »Gummizellen« beliebig driften zu lassen – je größer die Zelle, umso dramatischer der Zufallseffekt in den Lettern. Auf diese Art entstanden drei Beowolf-Fonts mit zunehmenden Random-Graden: Beowolf R21, R22 und R23.
Schon die Nummerierung – angelehnt an die Univers-Nomenklatur von Linotype – lässt ahnen: Beowolf war großer Zauber und ein Riesenspaß, die »reine Magie« (HD Schellnack). Das beweist auch die oben reproduzierte Anzeige aus dem Jahr 1990, die anlässlich der TYPO 90 im Emigre-Magazin erschien. Sie zitiert auf blasphemische Art eine Auftaktseite des berühmten Manuale Tipografico von Giambattista Bodoni, erschienen 1818. Just und Erik griffen das bis heute im Corporate Design von FontShop fest verankerte Prinzip des vertikal geteilten Formprinzips auf, und gestalteten die Bodoni-Seite links klassisch (aber negativ), rechts randomisiert. Großes typografisches Kino, ein Klassiker, an den ich mich gerne erinnere.
Was 1989 noch niemand ahnte: Beowolf wurde die Initialzündung für die größte Bibliothek zeitgenössischer Schriften, der FontFont-Library, gegründet 1990. Und weil sich diese Bibliothek ihrem Erbe verpflichtet fühlt, erfreut sich FF Beowolf bester Gesundheit. Die Familie wurde vor 2 Jahren ins zukunftsträchtige OpenType-Format transferiert, von ihren Original-Schöpfern, mit gleicher Raffinesse und unerreichtem Charme: Beowolf OT kommt (Fontblog-Ankündigung vom Januar 2007).
Hier geht’s zur FF Beowolf OT im neuen FontShop …
3 Kommentare
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Benjamin Hickethier
Gefeliciteerd, Just & Erik!
Und vielen Dank für die issuu-Version des ersten LettError-Magazins…!
Plamen Tanovski
Warum die Vergangenheitsform? PostScript und die „rand“-Funktion gibts immernoch. Ich habe mal vor einigen Jahren mit dieser Funktion in TeX/PSTricks einen Abrisszettel mit einfachen Mathe-Beispielen für ein Schul-Übungsbuch programmiert, weil es dem Grafikdesigner zu umständlich war, die Abrisskante jedesmal neu zu zeichnen. Die PostScript-Datei ist hier, und eine PDF mit 3 Instanzen ist hier.
Erik van Blokland
PostScript and rand gibt es immer noch. Unterstützung für PS T3 fonts in normalen OS / Font Infrastruktur gibt es aber leider nicht mehr. Mit TeX geht es, Just’s DrawBot und Processing auch.