Hanzer: »Krieg der Zeichen«, kostenloses eBook

Vor drei Jahren erschien im Hermann-Schmidt-Verlag das Buch »Krieg der Zeichen – Spurenlese im urbanen Raum«, verfasst, foto­gra­fiert und gestaltet von Markus Hanzer. Ich habe das Buch damals ausführ­lich bespro­chen (Stadtgespräche: Spurenlese im urbanen Raum), es wurde kommen­tiert, viel gelobt (HD Schellnack: »Das Buch ist gran­dios.«), aber auch kriti­siert. Letzteres mündete in die erste und einzige Leserkritik im Fontblog, verfasst von Fritz Grögel: Krieg der Zeichen — Eine Leserkritik. Sie beginnt: »Dieses Buch stinkt.« Die Verlegerin Karin Schmidt-Friederichs machte in einem Kommentar das Zusammenspiel von Biodruckfarben und Ökopapier dafür verantwortlich.

Zumindest das olfak­to­ri­sche Problem ist jetzt gelöst: Krieg der Zeichen ist soeben als iBook für das iPad erschienen. Kostenlos und geruchlos! Auch inhalt­lich hat Markus Hanzer sein Werk über­ar­beitet. Das tech­ni­sche Lesererlebnis ist durch die Ausnutzung der iBook-Möglichkeiten ein wahrer Genuss. Dazu gleich mehr.

Hauptberuflich betreut der Wiener Designer und Markenentwickler Markus Hanzer große und kleine Medienunternehmen, darunter viele Fernsehanstalten. Von 2006 bis 2010 war er Partner bei der Markenagentur Mira4, seit 2011 ist Hanzer Partner von Qarante Brand Design. Darüber hinaus lehrt er an der FH Salzburg sowie an der Angewandten in Wien.

Privat treibt ihn seit Jahren eine große Leidenschaft an, nämlich Buchstaben und Schilder im öffent­li­chen Raum. Deswegen grün­dete Hanzer des virtu­ellen Typemuseum, aus dem sich später die Internetseite Stadtgespräche entwi­ckelte, mit Fotografien aus dem öffent­li­chen Raum. Auf seinen Reisen liest er die viel­fäl­tige (typo)grafische Zeichen der Städte wie Romane. Seine Sammlung blickt auf die sicht­bare Oberfläche unserer Umwelt und analy­siert syste­ma­tisch, welche Motive das Erscheinungsbild unserer Umwelt prägen. Welche Zeichen und Botschaften lassen wir in unser Bewusstsein dringen? Wie funk­tio­nieren die Selektionsmechanismen unserer Wahrnehmung? Welchen typo­gra­fi­schen Formen messen wir Bedeutung zu? Woran orien­tieren wir uns?

Nach vielen Jahren Sammeltätigkeit entstand vor 3 Jahren das gedruckte Buch zu den Stadtgesprächen, das eine Zwischenbilanz zieht. Und dies zu einer inter­es­santen Zeit. Warum? Markus Hanzer verriet es mir in einem Gespräch: »Der öffent­liche Raum stand noch nie so im Mittelpunkt wie heute. Durch die Zersplitterung der Medien Fernsehen und Zeitschriften entwi­ckelte er sich zum einzig verblei­benden Gemeinsamen.« Die Menschen spre­chen nicht mehr über Fernsehsendungen, die am Abend zuvor Millionen gesehen hatten. Die Zeitungen verlieren an Bedeutung, Plattenfirmen gelingt wahr­schein­lich nie mehr ein welt­weiter Megahit. Stattdessen gewinnen Konzerte neu an Bedeutung, Sportfans zeigen mit Fahnen und Bemalung, welche Mannschaft sie unter­stützen, globale Konzerne insze­nieren in den Großstädten haus­hohe Botschaften.

Doppelseite aus dem iBook »Krieg der Zeichen» von Markus Hanzer: Es macht viel Freude, durch die Bildergalerien zu wischen, Großansichten aufzu­rufen und Lesezeichen zu setzen

Durch die digi­tale Aufbereitung hat das Buch noch mal an Präsenz gewonnen. Auch wenn es (in diesem Fall: glück­li­cher­weise) nicht mehr nach Buch riecht und beim Blättern keine Geräusche macht … die Bilder sind bril­lanter als je zuvor, lassen sich beliebig vergrö­ßern, die Texte sind gut lesbar, inter­ak­tive Inhalte befeuern die Ausdauer beim Lesen. Die 12 Kapitel führen auch Laien leicht verständ­lich in die Welt der öffent­li­chen visu­ellen Navigation ein.

Harzers Buch liefert eine tief­sin­nige Betrachtung zur Macht der Zeichen zwischen Information, Orientierung und dem Kampf um Kunden. Er verrät, wie sich urbane Kommunikation durch die Entwicklung der Medientechnik verän­dert. Wie man Aufmerksamkeit erzwingt. Was Formen verraten und wodurch Zeichen Macht ausüben. Wann und wie visu­elle Kommunikation Reviere absteckt und aus der Masse heraus­sticht. Wie Zeichen trotz Reizüberflutung Orientierung geben und welche Bedeutung Zeichen für unter­schied­liche Formen gesell­schaft­li­chen Zusammenlebens haben. Viel Spaß beim Lesen. [Updatehier geht’s zum Hanzer-Buch im iBook-Store]


6 Kommentare

  1. Simon Wehr

    Hast Du das Buch (itunes) absicht­lich nicht verlinkt? Dann kannst Du diesen Kommentar gerne einfach löschen.
    Also man findet es ja über die Suche auch schnell, aber hier wäre auch der Link:
    http://​itunes​.apple​.com/​d​e​/​b​o​o​k​/​k​r​i​e​g​-​d​e​r​-​z​e​i​c​h​e​n​/​i​d​5​5​9​7​3​9​3​5​0​?​m​t​=11

  2. Jürgen Siebert

    Das erste Foto ganz oben ist verlinkt. Aber Du hast recht, danke für den Link.

  3. R::bert

    Danke für den Tipp!

  4. Markus

    Bestimmt nett. Zugang hat leider in letzter Zeit immer öfter nur der, der das Eintrittsgeld an Apple abge­treten hat. Wenn das die Zukunft des Buchs ist, seh ich länger­fristig schwarz für den gleich­be­rech­tigten Zugang zu Wissen und Information.
    Aber noch kann ich das Buch ja einfach auf Papier kaufen.

  5. Natalia

    Ich mag itunes nicht.
    Schade, dass es das Buch nicht als ganz normales PDF gibt.
    Oder viel­leicht doch?

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