Hans Reichel kämpft gegen das Finanzamt
Der Wuppertaler Musiker, Komponist und Schriftentwerfer Hans Reichel (FF Dax, FF Sari, Barmeno) ist in den Augen seines Finanzamtes kein Designer (siehe Abbildung oben, Auszug aus der Korrespondenz). Die Gründe dafür interpretiert Reichel in eine E-Mail an FSI FontShop International so: »Na klar: Die wollen von mir rückwirkend Gewerbesteuer eintreiben – das ist der Sinn der ganzen Aktion. … Selbstverständlich lege ich Einspruch ein. Die Beweisführung ist ja schon fast Satire.« Hans Reichel würde sich freuen, wenn jemand unter den Fontblog-Lesern mehr weiß über die steuerliche Behandlung von Designarbeit. Hinweise und Tipps, auch von guten Anwälten, bitte an hans_ät_daxo.de per E-Mail.
27 Kommentare
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matthias
Unglaublich, wer hat das denn beim Finanzamt festgestellt … mit der Gestaltungshöhe?
microboy
den gleichen aerger hab ich grad auch. das finanzamt will gewerbesteuer und ob ich kuenstlerisch taetig bin legt ein fuer diese aufgabe hochqualifizieter finanzbeamter fest … ich bereite mich schon einmal auf den einspruch vor!
:/
Frank Zollstock
Abgesehen davon, dass das eine unglaubliche Idiotie des FA darstellt, würde ich gerne wissen, inwieweit man als Grafiker-Designer in DE eine Sonderstellung genießt. Hier in AT muss ich ganz normal meine Einkünfte als Grafiker abführen …
mart
Ach du Scheiße … weit, weit ab von der Realität.
microboy
@ frank
wir zaheln in deutschland natürlich alle ganz normal die einkommensteuer. das finanzamt will jetzt aber zusätzlich noch gewerbesteuer haben – diese ist aber eigentlich für gewerbetreibende gedacht und nicht für künstlerische berufe.
Jan
Ich weiss nicht ob wir damit eine Sonderstellung genießen, mag sein. Das ist aber garnicht das Herrausragende hier, hier geht es darum dass einem Schriftengestalter der künstlerische Anspruch abgesprochen wird. Und die Begründung mag auf den ersten Blick nachvollziehbar sein, weil Schriften ja Gebrauchgegenstand sind, Schriftengestalter also eher sowas wie Softwareentwickler sind… Dass bei der Gestaltung einer Schrift aber kreative Überlegung und sowieso die ganze Basis eine gestalterische ist wird nicht berücksichtigt. Aber eben das sollte leicht zu beweisen sein!
Alex
Sollte zu beweisen sein, aber bei einem absoluten Laien stelle ich mir das nicht so leicht vor. Der Kreative
Einfluss liegt halt im Detail, ist da aber immens.
Er sollte seinen Schriften mal ein paar selbst erdachte Buchstaben beifügen, vielleicht erkennen die es dann als künstlerische Schöpfung^^
Jan
Stimmt schon, dennoch glaub ich dass bei Schriften eben nicht das Detail das massgeblich kreative ist, sondern immer der Grundgedanke, der Prozess lange bevor es an die Details geht. Da ist meistens immer ein Konzept verbunden mit vielen Skizzen und Vorüberlegungen die zu diesem Zeitpunkt unabhängig von Details ist sondern tatsächlch kreativ im klassischen Sinne ist.
Simone
Na, das ist ja so schelcht, das ist schon amüsant. Mir tut es leid für die Betroffenen, was für eine Zeitverschwendung!
Ich bin erstaunt, wieviel Zeit es in deutschen Finanzämtern nun für solche Haarspaltereien gibt. Da gibt es wohl ein paar Beamte zu viel.
Das mit den ‚Steuermodellen‘ ist von Land zu Land anders. Wir haben seinerzeit bewußt England für die Typevents Firmengründung gewählt. War günstig und außerdem muss man in England, Typevents für bestimmte Unternehmensformen (z. B LLP) keine Gewerbesteuer zahlen. Man muss da auch nicht jedes Jahr alle möglichen Belege mit hin schicken, etc. Das wird auch nicht pingelich mit erbsenzählerischen Schwachsinnsdefintionen versucht weg zu argumentieren. Nee, wenn die zum Kontrollieren kommen, dann muss alles aufgeräumt und in Ordnung sein. Dafür kommen die dann auch wirklich. Find ich ja viel besser als System.
Im Übrigen, um mal auf den Text vom Finanzamt zu kontern, ich finde durchaus, dass das Entwerfen von Schriften ‚eine konzipierte Bildaussage‘ ist, ‚die bestimmte Informationen vermittelt’… Wär‘ ja ‚en schönes Chaos wenn nicht…
Simone
… na und was ich erst eben sehe: dass das »eine bestimmte Verhaltensreaktion beim Betrachter erzielen« soll… also da macht mir aber keiner ein X für ein U vor!
Was für ein Blödsinn…
Paul
Frechheit sowas.
Christoph
Guten Morgen zusammen.
Auch bei mir fragt diese Woche das FA an, ob ich denn als Grafiker selbständig künstlerisch oder gewerblich tätig bin. Bei der Häufung der Fälle gehe ich davon aus, das dies eine größer angelegte Aktion der Finanzämter ist, eine neue Gewerbesteuerquelle aufzutun.
Sicher mag man im Einzelfall streiten, ob eine entsprechende Schöpfungshöhe erreicht ist. Das ist, denke ich, von Projekt zu Projekt unterschiedlich. Allerdings wage ich zu bezweifeln, das z.B. der Architekt (der lt. § 18 des Einkommensteuergesetzes per se ein Freiberufler ist und daher keine Gewerbesteuer zahlen muss) diese mit dem Entwurf des x-ten Neubaueinfamilienreihenhauses erreicht.
Mal abgesehen von der unglaublichen Zeitverschwendung und dem Ärgern, finde ich es besonders bedenklich, das die Gewerbesteuer im schlimmsten Fall auch rückwirkend gezahlt werden muss. Ich vermute, dass dies für einige kleinere Designbüros das Aus bedeuten kann. Naja, nachdem ja schon Ärzte und Ingenieure ins Ausland ziehen… warum sollten da die Finanzämter nicht auch noch die Designer vergraulen.
Mich würde interessieren, ob Ihr von noch mehr Fällen wisst und wie ihr mit den Anfragen des FA umgeht. Ggf. muss man dieses Thema an die große Glocke hängen und sich gemeinschaftlich wehren.
microboy
@ christoph
architekten sind wie designer erstmal freiberufler – aber auch architekten können als gewerbetreibende eingestuft werden. es reicht wenn der archtitekt die bauleitung übernimmt und nicht nur den entwurf liefert. problem ist die schwammige berufsdefinitionen die bei den finanzaemtern herumgeistern. da werden webdesigner und grafikdesigner schonmal ganz sauber vom designer oder gebrauchsgrafiker getrennt. letztendlich entscheidet jedes finanzamt neu und eine einheitliche regelung scheint ausser sichtweite. absurd …
Frank Zollstock
Danke für die Aufklärung! Habe gerade in der Wikipedia nachgelesen, und nun ist mir auch klar warum ich das nicht richtig verstanden habe: „Österreich hat seine Gewerbesteuer 1994 abgeschafft, erhebt seither aber eine Kommunalsteuer von 3% auf die Lohnsumme.“
Marc
Künstlerische Leistung mit 7% berechnen und gewerbliche Leistung mit 19 %, dann kann auch nichts nachgefordert werden.
Marc
Allerdings ist hier das Aberkennen der künstlerischen Eigenschaft mehr als absurd und wird sich sicher nicht vom FA durchsetzen können.
microboy
@ marc
ich kenne drei fälle bei denen designer rechnungen mit 7% gestellt haben und später die differenz zu 16% bzw. 19% an das finanzamt nachzahlen mussten. einfach weil das finanzamt die arbeiten nicht als künstlerisch anerkannt hat. ich wäre mit sowas also mehr als vorsichtig …
Alex Geh
Noch mal langsam. Herr Reichelt ist laut Finanzamt Wuppertal (?) KEIN Grafik-Designer. Er ist vielmehr Handwerker. Seine Einkünfte sind gewerblicher Art und müssen besteuert werden. Gut. Soweit habe ich verstanden.
Grafik-Designer sind demnach von der Gewerbesteuer befreit? Aber weshalb zahle ich an das Finanzamt Kreuzberg seit Jahren so viele, viele Euros Gewerbesteuer … als Grafik-Designer? Muß ich jetzt nach Wuppertal ziehen?
Marc
19% ist nicht gleich Gewerbesteuer, sorry, die 19% sind natürlich Mehrwertsteuer. Gewerbesteuer ist ja nochmal extra.
microboy
@ alex
keine ahnung warum du seit jahren gewerbesteuer zahlst! die gesetzliche lage ist wie gesagt etwas unklar und je nach finanzamt zahlt man als grafiker gewerbesteuer oder nicht. eventuell reicht aber schon ein umzug nach mitte oder friedrichshain …
;)
Christian Büning
Hallo zusammen,
ich hatte letztes Jahr das FA mit genau dem gleichen Hallas bei mir im Büro. Ein übereifriger Beamter mit seiner Auszubildenden wollte mal sehen, ob ich denn künstlerisch arbeite. Der Autor von Ratgeber Freie hat mir dann trotz Erkältung ein paar Aktenzeichen mit Präzedenzfällen zugeschickt, die ich dann mit einem Lächeln an den Beamten weitergereicht habe. Ergebnis: Nach drei Wochen rief er an, er habe sich gewaltig für mich ins Zeug gelegt und das Verfahren auf Eis gelegt. Sehr engagiert, der Gute Herr, aber die Rechtslage hat seine ganze Aktion von vornherein als unnütz deklariert.
Wichtig ist immer, dass in den Rechnungen die Nutzungsrechte ausgewiesen werden, damit die Abstraktionsschwarzeneggers beim Amt das einordnen können. Nicht bange machen lassen, die Beamten können sich mit eingenommener Gewerbesteuer hervortun, zur Not auch auf dem Rücken von Freiberuflern.
Wenn ein Auftrag z.B. Entwurf und Reinzeichnung beinhaltet, zählt die überwiegende Tätigkeit. Wenn die Reinzeichnung, also die handwerkliche Dienstleistung, sehr gering ist im Anteil, kann auch der Gesamtcharakter des Auftrags gewertet werden. So berechne ich viele Aufträge, wenn der Entwurf mehr als 4/5 des Auftragsvolumens ausmacht. Das hab ich mir in Münster vom FA extra so absegnen lassen.
Willy
Also, das Finanzamt hat doch vollkommen recht – künstlerische Tätigkeit beim Schriftenentwerfen? Macht doch eh alles der Computer von selbst, das weiß man doch als Finanzbeamter von heute. Und wenn jemand die Kompetenz hat das zu beurteilen, dann ja wohl die, oder?
Sami
Und überhaupt, wo is’ denn da die Kunst?! Frechheit, dass die dafür auch noch Geld verlangen! Dat mach’ ich doch alles selber, mit Korrel Droof!
Christoph
Microboy hat recht. Ganz offensichtlich ist jedes FA – und jeder andere D**p völlig frei zu entscheiden, wer nun wie eingeordnet wird. Auch die einzelnen IHK’s äußern sich unterschiedlich.
Frankfurt ordnet z.B. Grafiker ganz konsequent und per se als gewerblich ein, Stade allerdings macht Einschränkungen „Grafiker, soweit er Gebrauchsgrafiker ist, z.B. Perspektivgrafiker und Retuscheur (BFH V R 130/84); freiberuflich allerdings dann, wenn er künstlerisch tätig ist“. Ja hallo?
Aber mal anders: Wie verhält es sich in diesem Zusammenhang eigentlich mit der KSK? Beispiel: Ein Grafiker, dessen Kunden seit Jahren brav ihre Abgabe an die KSK leisten… Der Grafiker wird rückwirkend als gewerblich eingestuft. Bekommen seine Kunden die KSK-Abgabe auch rückwirkend wieder?
jamie oliver
Es gab eine Zeit da haben sich die Designer nicht als Künstler sonder als Vermittler von Informationen verstanden. Wenns mir recht ist waren damals auch einige Schriftenwerfer Teil dieser Bewegung wie z.B Max Miedinger oder Adrian Frutiger . Komisch dass jetzt plötzlich alle Künstler sein wollen und seis auch nur fürs Finanzamt :-)
R.M.E.STREUF
Das gute Finanzamt will eben die Daheimgebliebenen weiter
melken und zwar zur Gänze, gerne wird Einem da auch schon
einmal Liebhaberei unterstellt, aber warum sollte man seine
Arbeit denn nicht liebhaben?
Verdient dann einer mal gut, denkt man sich gleich noch
bessere Schröpfungsmethoden aus: Schröpfung statt Schöpfung. GESTALTUNGSHÖHE oder KRAFT, WIR ZAPFEN AB DES
SCHÖPFERS SAFT, ach wie, das ist nicht ganz geheuer?
Es ist doch doch nur Gewerbesteuer!
Viel Spaß noch wünscht STREUF
Maurice Schaar
Jetzt gab es ja keine klare Lösung hier! Als Steuerberater von ganz vielen Kreativen geht es bei der Steuer immer darum, was wird tatsächlich gemacht.
Die Verpackung ist also „Egal“!
Zunächst einmal enthält die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG eine Aufzählung von den sog. Katalogberufen. Hier liegt eine freiberufliche Tätigkeit jedenfalls dann vor, soweit einer dieser Berufe ausschließlich oder im Kerngebiet als Selbstständiger eigenverantwortlich ausgeübt wird.
Dabei handelt es sich um folgende Gruppen:
die selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit,
die selbstständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer und Lotsen. Kernbereiche des Ingenieurberufs sind: Forschung und Lehre, Entwicklung, Konstruktion, Planung, Fertigung, Montage, Inbetriebnahme und Instandhaltung, Vertrieb, Beratung, Versuchs- und Prüfungswesen, technische Verwaltung und Betriebsführung, Produktions- und Prozesssteuerung, Sicherheit, Patent- und Normenwesen. Die Tätigkeit eines Ingenieurs umfasst darüber hinaus auch die Entwicklung von Betriebssystemen und ihre Anpassung an die Bedürfnisse des Kunden, die rechnergestützte Steuerung, Überwachung und Optimierung industrieller Abläufe, den Aufbau, die Betreuung und Verwaltung von Firmennetzwerken und -servern, die Anpassung vorhandener Systeme an spezielle Produktionsbedingungen und Organisationsstrukturen sowie die Bereitstellung qualifizierter Dienstleistungen, wie etwa Benutzerservice und Schulung. Informatikingenieure arbeiten u.a. auch in der Netz- und Systemadministration, sie beurteilen die Leistungsfähigkeit von Rechnernetzen oder bewerten die Energieeffizienz bestehender Systeme (BFH-Urteil vom 22.9.2009, VIII R 31/07).
1.3 Ähnliche Berufe
Darüber hinaus sind auch Tätigkeiten als freiberuflich anzusehen, soweit sie als „ähnliche Berufe“ i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG anzusehen sind. Ähnlich bedeutet, dass sowohl der ausgeübte Beruf wie die vorangegangene Ausbildung mit einem der oben genannten Katalogberufe vergleichbar sein müssen. Ansonsten handelt es sich um eine gewerbliche Tätigkeit, soweit nicht Land- und Forstwirtschaft vorliegt.
1.3.1 Freiberufler (über die Katalogberufe hinaus)
Insbesondere die folgenden Tätigkeiten sind normalerweise freiberuflich:
Altenpfleger, soweit diese ihre Patienten nicht hauswirtschaftlich versorgen (BMF vom 22.10.2004, IV B 2 – S-2246 – 3/04, BStBl I 2004, 1030),
Diätassistent (BMF vom 22.10.2004, IV B 2 – S-2246 – 3/04, BStBl I 2004, 1030),
EDV-Berater übt im Bereich der Systemsoftware gewöhnlich eine ingenieurähnliche Tätigkeit aus. Im Bereich der Entwicklung von Anwendersoftware ist die Tätigkeit des EDV-Beraters nur dann als selbstständige Tätigkeit zu qualifizieren, wenn er die Entwicklung der Anwendersoftware durch eine klassische ingenieursmäßige Vorgehensweise (Planung, Konstruktion, Überwachung) betreibt und normalerweise über eine mit einem Ingenieur vergleichbare Ausbildung verfügt (BFH-Urteil vom 04.05.2004, XI R 9/03, BStBl II 2004, 989),
Ergotherapeut (BMF vom 22.10.2004, IV B 2 – S-2246 – 3/04, BStBl I 2004, 1030),
Fachkrankenpfleger für Krankenhaushygiene (BFH-Urteil vom 6.9.2006, XI R 64/05, BStBl II 2007, 177),
Hebamme/Entbindungspfleger (BMF vom 22.10.2004, IV B 2 – S-2246 – 3/04, BStBl I 2004, 1030),
Industriedesigner; auch im Bereich zwischen Kunst und Gewerbe kann gewerblicher Verwendungszweck eine künstlerische Tätigkeit nicht ausschließen (BFH-Urteil vom 14.12.1976, VIII R 76/75, BStBl II 1977, 474),
Insolvenzverwalter; Wirtschaftsprüfer/Steuerberater ist als Insolvenzverwalter freiberuflich tätig, wenn diese Tätigkeit isoliert als eine sonstige selbstständige Tätigkeit anzusehen ist (BFH-Urteil vom 11.8.1994, IV R 126/91, BStBl II 1994, 936),
Kfz-Sachverständiger, dessen Gutachtertätigkeit mathematisch-technische Kenntnisse voraussetzt, wie sie üblicherweise nur durch eine Berufsausbildung als Ingenieur erlangt werden (BFH-Urteil vom 10.11.1988, IV R 63/86, BStBl II 1989, 198),
Kindererholungsheim; der Betrieb eines Kindererholungsheims kann ausnahmsweise eine freiberufliche Tätigkeit darstellen, wenn die Kinder in erster Linie zum Zweck einer planmäßigen körperlichen, geistigen und sittlichen Erziehung auswärts untergebracht sind und die freiberufliche Tätigkeit der Gesamtleistung des Heimes das Gepräge gibt (BFH-Urteil vom 09.04.1975, I R 107/73, BStBl II 1975, 610),
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut (BMF vom 22.10.2004, IV B 2 – S-2246 – 3/04, BStBl I 2004, 1030),
Krankenpfleger/Krankenschwester, soweit keine hauswirtschaftliche Versorgung der Patienten erfolgt (BMF vom 22.10.2004, IV B 2 – S-2246 – 3/04, BStBl I 2004, 1030 und BFH vom 22.1.2004, BStBl II 2004, 509),
Kunsthandwerker, der von ihm selbst entworfene Gegenstände herstellt (BFH-Urteil vom 26.9.1968, IV 43/64, BStBl II 1969, 70); handwerkliche und künstlerische Tätigkeit können nebeneinander vorliegen (BFH-Urteil vom 11.7.1991, IV R 15/90, BStBl II 1991, 889),
Logopäde (BMF vom 22.10.2004, IV B 2 – S-2246 – 3/04, BStBl I 2004, 1030),
Masseur (staatlich geprüft), Heilmasseur, soweit diese nicht lediglich oder überwiegend kosmetische oder Schönheitsmassagen durchführen (BMF vom 22.10.2004, IV B 2 – S-2246 – 3/04, BStBl I 2004, 1030),
Medizinischer Bademeister, soweit dieser auch zur Feststellung des Krankheitsbefunds tätig wird oder persönliche Heilbehandlungen am Körper des Patienten vornimmt (BMF vom 22.10.2004, IV B 2 – S-2246 – 3/04, BStBl I 2004, 1030),
Medizinisch-technischer Assistent (BMF vom 22.10.2004, IV B 2 – S-2246 – 3/04, BStBl I 2004, 1030),
Modeschöpfer; beratende Tätigkeit eines im Übrigen als Künstler anerkannten Modeschöpfers kann künstlerisch sein (BFH-Urteil vom 2.10.1968, I R 1/66, BStBl II 1969, 138),
Patentberichterstatter mit wertender Tätigkeit (BFH-Urteil vom 2.12.1970, I R 23/67, BStBl II 1971, 233),
Podologe/Medizinischer Fußpfleger (BMF vom 22.10.2004, IV B 2 – S-2246 – 3/04, BStBl I 2004, 1030),
Psychologischer Psychotherapeut, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut (BMF vom 22.10.2004, IV B 2 – S-2246 – 3/04, BStBl I 2004, 1030),
Rettungsassistent (BMF vom 22.10.2004, IV B 2 – S-2246 – 3/04, BStBl I 2004, 1030),
Tanz- und Unterhaltungsorchester, wenn es einen bestimmten Qualitätsstandard erreicht (BFH-Urteil vom 19.8.1982, IV R 64/79, BStBl II 1983, 7),
Umweltauditor mit einem abgeschlossenen Chemiestudium (BFH-Urteil vom 17.1.2007, XI R 5/06, BStBl II 2007, 519),
Werbung; Tätigkeit eines Künstlers im Bereich der Werbung kann künstlerisch sein, wenn sie als eigenschöpferische Leistung zu werten ist (BFH-Urteil vom 11.7.1991, IV R 33/90, BStBl II 1992, 353),
Zahnpraktiker (BMF vom 22.10.2004, IV B 2 – S-2246 – 3/04, BStBl I 2004, 1030),
Zwangsverwalter; die Tätigkeit fällt in der Regel unter § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG (BFH-Urteil vom 12.12.2001, XI R 56/00, BStBl II 2002, 202);
1.9 Künstlerische Tätigkeit
Eine künstlerische Tätigkeit liegt vor, wenn die Arbeiten nach ihrem Gesamtbild eigenschöpferisch sind und über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine bestimmte künstlerische Gestaltungshöhe erreichen (BFH-Urteil vom 11.7.1991, IV R 33/90, BStBl II 1992, 353). Dabei ist nicht jedes einzelne von dem Künstler geschaffene Werk für sich, sondern die gesamte von ihm im Veranlagungszeitraum ausgeübte Tätigkeit zu würdigen (BFH-Urteil vom 11.7.1960, V 96/59 S, BStBl III 1960, 453).
Da die künstlerische Tätigkeit in besonderem Maße persönlichkeitsbezogen ist, kann sie als solche nur anerkannt werden, wenn der Künstler auf sämtliche zur Herstellung eines Kunstwerks erforderlichen Tätigkeiten den entscheidenden gestaltenden Einfluss ausübt (BFH-Urteil vom 2.12.1980, VIII R 32/75, BStBl II 1981, 170).
1.4 Autodidakt
Verfügt der Steuerpflichtige nicht über einen in bestimmten Berufsgruppen geforderten entsprechenden Studienabschluss (Autodidakt), muss er nachweisen, dass er über eine Vorbildung mit vergleichbarer Tiefe und Breite verfügt. Da der Nachweis durch Teilnahme an Kursen oder Selbststudium auch den Erfolg der autodidaktischen Ausbildung mit umfasst, ist dieser Beweis regelmäßig schwer zu erbringen (BFH-Urteil vom 14.3.1991, IV R 135/90, BStBl II 1991, 769). Die Rechtsprechung billigt ihm daher einige Erleichterungen zu.
Der Autodidakt kann ausnahmsweise den Nachweis der erforderlichen theoretischen Kenntnisse anhand eigener praktischer Arbeiten erbringen. Hierbei ist es erforderlich, dass seine Tätigkeit besonders anspruchsvoll ist und nicht nur der Tiefe, sondern auch der Breite nach zumindest das Wissen des Kernbereichs eines Fachstudiums voraussetzt und den Schwerpunkt seiner Arbeit bildet (BFH-Urteil vom 9.7.1992, IV R 116/90, BStBl II 1993, 100). Die praktischen Arbeiten müssen so beschaffen sein, dass aus ihnen auf eine Ausbildung, einen Kenntnisstand und eine Qualifikation geschlossen werden kann, die durch den Kernbereich eines Fachstudiums vermittelt wird (BFH-Urteil vom 11.8.1999, XI R 47/98, BStBl II 2000, 31). Es ist unschädlich, wenn die Kenntnisse in einem Hauptbereich des Fachstudiums unzureichend sind, der Steuerpflichtige jedoch insgesamt eine entsprechende Abschlussprüfung an einer Hochschule, Fachhochschule oder Berufsakademie bestehen würde (BFH-Urteil vom 19.9.2002, IV R 74/00, BStBl II 2003, 27 und BFH-Urteil vom 28.8.2003, IV R 1/02, BStBl II 2003, 919).
Der Nachweis der erforderlichen theoretischen Kenntnisse kann auch mittels einer Wissensprüfung durch einen Sachverständigen erbracht werden (BFH-Urteil vom 26.6.2002, IV R 56/00, BStBl II 2002, 768). Stellt der Kläger einen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens, muss das FG ihm grundsätzlich entsprechen. Ablehnen darf es ihn nur, wenn es auf das Beweismittel für die Entscheidung nicht ankommt, das Gericht die Richtigkeit der durch das Beweismittel zu beweisenden Tatsachen zugunsten der betreffenden Partei unterstellt, das Beweismittel nicht erreichbar ist oder wenn das FG über ausreichende eigene Sachkunde verfügt, um die Frage zu entscheiden. Ausnahmsweise muss das FG einem Beweisantrag nicht entsprechen, wenn konkrete entscheidungserhebliche Tatsachen, die Gegenstand der Beweisaufnahme sein sollen, weder vorgetragen noch anderweitig erkennbar sind, sodass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann; mit solchen Beweisanträgen genügen Beteiligte nicht ihrer Mitwirkungspflicht bei der Sachverhaltsaufklärung mit der Folge, dass solche Anträge dem Gericht eine Beweisaufnahme nicht nahelegen müssen (BFH-Beschluss vom 22.04.2010, VIII B 264/09, BFH/NV 2010, 1300).
Ein abgebrochenes Studium reicht zum Nachweis einer autodidaktischen Ausbildung allerdings nicht aus (BFH-Urteil vom 4.5.2000, IV R 51/99, BStBl II 2000, 616).
Ein Autodidakt, der über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die in Breite und Tiefe denen eines Diplominformatikers entsprechen, kann einen ingenieurähnlichen und damit freien Beruf ausüben, wenn er Betriebs- und Datenübertragungssysteme einrichtet und betreut (BFH-Urteil vom 22.09.2009, VIII R 63/06).
Wichtig ist: nichts unüberlegtes zu tun!
Grüße, Maurice Schaar Steuerberater aus Berlin