Gießener Zeitung, »… die mit dem großen ß«
Seit gestern erscheint in der Universitätsstadt Gießen »die erste hessische Mitmach-Zeitung«, die GIEßENER ZEITUNG, mit Versaleszett im Titelkopf. Auf das typografische Alleinstellungsmerkmal ist sie so stolz, dass es in Werbebannern eigens hervorgehoben wird: » … die mit dem großen ß«
Zweimal wöchentlich – mittwochs und samstags – erreicht das kostenlose Blatt rund 125.000 Haushalte in Stadt und Landkreis als gedruckte Version (4 Lokalausgaben). Im Internet unter www.giessener-zeitung.de ist sie tagesaktuell und wird von Bürger-Reportern mitgeschrieben. Der besonderer Reiz liegt darin, dass die Nutzer direkte Rückmeldungen und Kommentare auf ihre Beiträge erhalten und Kontakte schließen können.
32 Kommentare
Kommentarfunktion ist deaktiviert.
<em>kursiv</em> <strong>fett</strong> <blockquote>Zitat</blockquote>
<a href="http://www…">Link</a> <img src="http://bildadresse.jpg">
Martin
Geil… mehr davon! Das Versal-Eszett muss sich endlich durchsetzen! ;)
Dominik
Leider wird das Versal-ß nicht konsequent durchgesetzt in der Druckausgabe. Das ist mir als erstes aufgefallen, noch vor dem doch sehr schönen Titelkopf-Schriftzug. Innerhalb einiger Überschriften findet man einige unschöne „GIEßEN“s. Zum Glück sind nicht alle Überschriften in Versalien gesetzt.
Christine
Gute Aktion! Find ich gut, wenn “Bürgerreporter�? und Hobbyjournalisten mitarbeiten.
Vom Volk für das Volk oder so ; )
Ralf Herrmann
Prima Sache, aber sie hätten das Zeichen ruhig von einem Profi entwerfen lassen können. Leider ziemlich verunglückt.
@Dominik: Du hast eine Ausgabe? Kannst du vielleicht ein paar Digital-Fotos von dem Zeitungskopf machen? Auf der Webseite finde ich weder Ansichten noch PDF-Downloads.
Felix
Gibt es vielleicht eine Übersicht, in der die Schriften aufgelistet sind, die schon mit Versal-Eszett ausgestattet sind?
Ansonsten freue ich mich auf die erste Ausgabe der Zeitung, die mir meine Gießener Freundin heute mitbringt.
robertmichael
weder das versal-ß noch der schriftzug ist gelungen. da hätte man ruhig etwas spationieren können. und wenn das mit dem ß im versalsatz stimmt, wie dominik schrieb …
netter versuch.
Ralf Herrmann
Klar: http://www.typografie.info/typowiki/index.php?title=Versal-Eszett
(An einem Set mit Versaleszetts für die gängigen Systemschriften arbeiten wir noch.)
Sebastian Nagel
Sieht als Einzelform etwas verunglückt aus, integriert sich dafür aber zumindest auf diesem kleinen Bild noch recht gut in den Schriftzug.
fjord
„ … die mit dem großen B.“ ;)
Olaf
Könnte schöner sein, liegt aber bestimmt am Buchstaben im Allgemeinen.
Felix
Irgendjemand muss ja mal anfangen. Es hätte schlimmer kommen können und nen normales Eszett nehmen können. :)
@Ralf Herrmann: Vielen Dank. :D
Ralf Herrmann
Stimmt, sie hätten sich von den »Entwürfen« der Sächsichen Zeitung inspirieren lassen können. ;-)
Dominik
@Ralf Herrmann: Heute abend kann ich ein paar gescannte Seiten ins Netz stellen.
fjord
Ich möchte ja nicht wieder damit anfangen, kann Euren Enthusiasmus aber auch nicht unkommentiert lassen: Ich finde dieses Versal-ß schon ganz schön schlimm. … (Die Gründe haben wir hier schon ixmal diskutiert. Muss man nicht wiederholen. Kann man alles nachlesen.)
Sebastian Nagel
Ich möchte ja nicht wieder damit anfangen, kann aber die Abwehrhaltung nicht unkommentiert lassen. Ich finde dieses Versal-ß in speziellen Fällen ganz schön nützlich. … (Die Gründe haben wir hier schon ixmal diskutiert. Muss man nicht wiederholen. Kann man alles nachlesen.)
fjord
Gibt es eigentlich Reaktionen der Gießenerzeitungleserschaft zum Versal-ß? Konnte da auf der Website auf die Schnelle nichts finden. Oder ist das vielleicht niemandem aus dem Volk der Rechtschreibreformverunsicherten aufgefallen? ;)
mcsal
Was ist denn an dem großen ß so schlimm? Ich finde es passt sich recht gut in die Schrift ein.
Dominik
Ich habe die Titelseite mal schnell fotografiert. Man beachte wie oft gleich im Leitartikel die „GIEßENER ZEITUNG“ in Versalbuchstaben geschrieben wird. Leider mit einer Schrift ohne Versal-ß (wenn ich das als Typografie-Laie behaupten darf).
Jürgen
Hat’s bei euch in Mittelhessen geregnet, Dominik ;-)
Ralf Herrmann
Es lehnt sich etwas angetütelt mit dem Kopp an das folgende E. Würde man letzteres wegnehmen, würde das Eszett umkippen. Kurz es »steht« nicht ordentlich. Die rechte Seite ist nicht ordentlich ausgeführt.
Vielen Dank! Ist das Bild PD? Oder wer soll die »Credits« bekommen?
Tja, das ist die Walbaum, dafür haben sie wohl noch keins. Wir sollten ihnen eins machen …
Dominik
@Jürgen: Sehr viel Regen und dann musste ich die Zeitung noch aus dem Altpapier retten. ;)
@Ralf Herrmann: Ist PD.
steffen
donminik, woher hast du die zeitung? komme auch aus gießen und hab keine bekommen.
Dominik
Lag halt bei uns im Briefkasten, wohnen am Schwanenteich. Vielleicht hast du einen „Bitte keine Werbung“-Aufkleber an deinem Briefkasten?
Felix
Steht in der Erstausgabe etwas über das Konzept und/oder über die Schriftgestaltung drin?
Nico
Ich freue mich über den Schritt in die richtige Richtung. Leider zerstört die URL mit „ss“ direkt obendrüber wieder einiges. Ich finde das Versal-ß hier etwas unruhig, aber vielleicht als Werbemaßnahme genau deshalb passend.
@Felix: Der Beitrag ist hier zu lesen: http://www.giessener-zeitung.de/giessen/beitrag/115 (Leider nichts zum Thema Typografie)
Theopontus
Mir gefällt der kantige Abschluss des großen ß nicht. Dadurch fällt der Buchstabe noch mehr aus der Reihe und stört meiner Meinung nach das Schriftbild (mehr, als eigentlich sein müsste).
Ein weicheres, geschwungeneres ß fügt sich meines Erachtens besser in eine Reihe von Großbuchstaben ein.
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Bild:LinuxLibertine-bold%C3%9F.svg&filetimestamp=20070613112658
Kevin
… womit wir dann wieder beim Thema „Verwechselbarkeit mit dem Versal B“ wären. *seufz*
Aber ganz ehrlich? Ich finde das Zeichen allgemein nicht sonderlich schön. Ist vielleicht auch nur Gewöhnungssache.
Werner Hankel
Liebe Fontbloggerinnen und -blogger,
über Kollegen erfuhr ich von Ihrer Diskussion zum Thema „Versal ß für die Gießener Zeitung“. Als derjenige, der diese Variante entwickelt hat, gestatten Sie mir einige Anmerkungen zur Entstehungsgeschichte.
Zunächst einmal stand es für mich nicht zur Debatte einen neuen Buchstaben zu entwickeln. So etwas ist selbstredend Aufgabe von Typo-Experten. Ziel meiner Arbeit war es einen Zeitungstitel mit einem großen „ß“ zu gestalten.
Ich muss zugeben, dass ich zunächst über Wochen hinweg versucht habe, meine Auftraggeber davon zu überzeugen kein Versal-ß zu verwenden. Bis kurz vor Drucklegung war daher auch eine andere Gestaltungslösung der allgemeine Favorit. Als dann aber der Wunsch nach einer Variante mit Versal-ß erneut geäußert wurde, blieb mir nichts anderes übrig als eine solche zu entwerfen. Dazu bin ich als Dienstleister nun einmal verpflichtet, allerdings sehe ich mich nicht dazu verpflichtet solche Aufgabenstellungen anzunehmen ohne zu murren. Und ich kann Ihnen versichern, dass ich gewaltig rumgemault habe. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich ein absoluter Gegner eines groß geschriebenen ß.
Angelehnt an die Signa-Empfehlungen von „Andreas Stötzner“ habe ich dann ein Versal-ß aufgebaut, welches der verwendeten Titelschrift entsprechen konnte. Zwar habe ich nicht wirklich damit gerechnet, dass diese Alternative tatsächlich Verwendung findet, aber das Ergebnis sah bei weitem nicht so schlimm aus, wie ich das zunächst befürchtet hatte. Insofern hielt sich der Schock in Grenzen, als meine Auftraggeber mir ihre Entscheidung mitteilten, die Versal-ß-Variante zu verwenden.
Inzwischen kann ich mit dieser Lösung wohl besser leben, als manch eine(r) der Diskussionsteilnehmer hier. Sicher hätte der Schwung etwas „bauchiger“ ausfallen können. Allerdings entspricht nun die ß-breite dem eines B. Und da ein großes ß ohnehin schon sehr ungewohnt wirkt, wollte ich es nicht breiter machen, als unbedingt notwendig, wodurch jetzt auch „Gießener“ nicht noch um einiges breiter läuft als es dies im Vergleich zu „Zeitung“ ohnehin schon tut. Was die Unterscheidbarkeit zum B angeht, ist diese selbst dann gegeben wenn der untere Teil des Schriftzuges zum Teil verdeckt ist. Deshalb halte ich die „Stötzner“-Lösung für außerordentlich praktikabel.
Heute bin ich davon überzeugt, dass die Gießener Zeitung einen Schritt in die richtige Richtung getan hat. Insgesamt kommt das neue Gesamtkonzept der „Mitmachzeitung“ auf dem Markt hervorragend an. Auch das Problem mit dem großen ß im Fließtext wird man deshalb sicher demnächst in den Griff bekommen. Braucht halt alles seine Zeit.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Hankel
Jürgen
Danke für die Aufklärung, Werner. Und Kompliment für die professionelle Geduld.
Spätestens wenn es um die Darstellung im Text geht, also die Modifikation der Brotschrift, sollte vielleicht ein Schriftentwerfer zu Rate gezogen werden. Ralf Herrmann hilft da bestimmt gerne weiter. Es wird auch sicherlich nicht die Welt kosten. und ich denke, eine Zeitung mit dem Untertitel »die mit dem großen ß« sollte an der Stelle nicht sparen. Wenn man schon mit diesem Buchstaben in die Geschichte eingehen will, dann muss man das Erbe auch vorbildlich pflegen.
Dr.Detlef Pagel
Das große EssZett der Gießener Zeitung gefällt mir noch besser als mein Entwurf vom 22.7.2006, der noch eine Unterlänge benötigte. Das große ß (Unicode = & # 223 ;) sollte sich auf jeden Fall auch bei kleiner Schrift bzw. für Brillennutzer (sehbehindertengerecht) noch vom B unterscheiden.
willo stoll
Das Esszett empfinde ich eh als eine Art Altlast, eine Zumutung, unpraktikabel, antiquiert. Anyway- Ansonsten, typografisch betrachtet hätte ich auch dem Versal-Esszett eine Unterlänge gegönnt – es geht schliesslich um die Unterscheidbarkeit vom „B“, Brille hin oder her.
Werner Hankel
Es mag Schriften geben, bei denen auch Versalen mit Unterlängen versehen werden können. Bei der „Titling“ der GZ betrachte ich Unterlängen allerdings als „no go“. Wäre dann wohl der einzige Buchstabe im Zeichensatz, der die Schriftlinie brechen würde.