Verena Gerlach - Schriften des Alltags


Meist sind es typografische Fundstücke, die Verena Gerlach zum Schriftentwerfen inspirieren: alte Stempel, Straßenschilder, Plastikbuchstaben. Die Berliner Designerin beherrscht die Typo-Klaviatur aus dem Effeff. Ihr typografisches Œuvre gehört zu den vielfältigsten der Schriftentwerferszene. Weiterlesen ...


Verena Gerlachs Lebenslauf in Kurzform:
geboren 1971 in Berlin.
Grafikdesignerin, Typedesignerin und Typografin.
1993 - 1998 Studium Kommunikationsdesign an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee.
Seit 1999 selbständig als Grafikdesignerin und Typografin mit eigenem Büro in Berlin tätig.
Verena Gerlachs typografisches Repertoir reicht von 8 pt über 4cm2 bis zu 2400m3.



Verena Gerlach


FF City Street Type: die Straßenschriften der geteilten Stadt



In Berlin prägten über Jahrzehnte zwei unterschiedliche Straßenschild-Systeme das Erscheinungsbild von West und Ost. Die West-Variante geht auf Groteskschriften des Berlins der 30er Jahre zurück, im Osten bediente man sich einer 50er-Jahre-Grotesk mit technischer Ausprägung. Ole Schäfer und Verena Gerlach haben die Schrifttypen anhand der Originalschilder recherchiert, also nicht auf Vorlagen zur Schilderherstellung zurückgegriffen.
So entstanden aus den im Straßenbild verwendeten Ausprägungen für den Ostteil zwei, für den Westteil eine Originalschrift.
Um die Schriften alltagstauglich zu machen, haben die beiden Schriftentwerfer die in Straßenschildern nicht vorkommenden Zeichen neu entworfen und stilistisch angepaßt. Zusätzlich haben sie zu den Schrifttypen je eine Headlineschrift entworfen, die mit den Strichstärken Regular, Medium und Bold für typografisches Arbeiten bestens geeignet sind.
Wer mit der ziemlich weit verbreiteten DIN-Schrift unzufrieden ist bzw. an Grenzen stößt, den werden die 9 Schriftschnitte der FF City Street Type glücklich machen, die sogar Tabellenziffern, Expert-Sets mit Pfeilen und andere nützlichen Zeichen mitbringen.

Figurenverzeichnis FF City Street Type West (auf Verena Gerlachs Webseite)
Figurenverzeichnis FF City Street Type East (auf Verena Gerlachs Webseite)
FF City Street Type, alle Schnitte und Probe setzen (FontShop Webseite)


FF Karbid: von der Mauer abgelauert



Die Vorlage für FF Karbid entstammt einer alten Berliner Fassadenbeschriftung. Die formalen Eigenheiten der Vorlage sind in den Buchstaben der Display-Schnitte noch gut zu erkennen (zum Beispiel im Buchstaben g mit seinem verkürzten, krummen Schweif). Zugunsten der Lesbarkeit sind die Buchstabenformen in den Textschnitten vereinfacht.
Verena Gerlach ist es gelungen, durch Reduzierung aus einer reinen Display-Schrift im Stil der 30er Jahre eine eigenwillige, aber sehr gut lesbare Textschrift herzuleiten. Damit eröffnet das FF Karbid-Gesamtpaket außergewöhnliche und prägnante typografische Gestaltungsmöglichkeiten.
Figurenverzeichnis FF Karbid Display (auf Verena Gerlachs Webseite)
Figurenverzeichnis FF Karbid (auf Verena Gerlachs Webseite)
FF Karbid, alle Schnitte und Probe setzen (FontShop Webseite)


Linotype Pide Nashi: multikulturell



Auf den ersten Blick sehen Texte, gesetzt in Pide Nashi, wie arabische oder indische Texte aus. Auf den zweiten erkennt man sofort unsere vertrauten Buchstaben. Verena Gerlach wollte keine »verkleidete Schrift« schaffen, sondern sie ließ sich bei Entwerfen der lateinischen Buchstaben von den Pinselschriften asiatischer Kulturen inspirieren: Abstriche entgegen der Schreibrichtung, ausladende Unterlängen, Punkte in den Versalien. Pide Nashi ist überall dort angebracht, wo das Aussehen »westlicher Schreibschriften« zu »normal« wirkt. Ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte die Schrift 2002 auf dem Titel der Max-Goldt-Erstausgabe »Wenn man einen weißen Anzug anhat« (Abbildung oben rechts).
Figurenverzeichnis Pide Nashi (auf Verena Gerlachs Webseite)
Pide Nashi, alle Schnitte und Probe setzen (FontShop Webseite)


EF Aranea: typografischer Gliederfüßler



Kaum jemand weiß, dass Verena Gerlach mit Ihrer Schrift Aranea im April 1998 beim Adobe European Design Contest einen Hauptpreis gewann. Der Fontblogger saß damals in der Jury und kann sich genau an die Beurteilung erinnern. Uns gefiel natürlich die Präsentation: Schriften wie Insekten aufspießen bzw. sie zusammen mit den Abbildungen von Insekten zu präsentieren. Bei genauerem Hinsehen erkannten wir die Qualität der Schrift. Es gab zu dieser Zeit viel Vergleichbares, aber Aranea hatte einfach das gewisse Etwas, und deshalb musste das Talent ihrer Entwerferin belohnt werden.
Figurenverzeichnis EF Aranea (auf Verena Gerlachs Webseite)
EF Aranea, alle Schnitte und Probe setzen (FontShop Webseite)


PTL Touja Sans: für Illustrationen und Comics geeignet



Die Vorlagen für die ersten Touja-Buchstaben fand Verena Gerlach auf einem alten DDR-Stempel aus den 50er Jahren. Hieraus entwickelte sie eine eigenwillige kursive Headline-Familie, eine Mischung aus Schreib- und Schablonen-Schrift: man beachte die offenen Formen in den Gemeinen, zum Beispiel dem o und dem e. Der Charme der 50er Jahre blieb erhalten, ohne dass die Schrift altbacken wirkt. Es gibt Touja in einer Sans- und einer Slab-Version mit jeweils vier Strichstärken. Bei den Ziffern können Anwender zwischen Mediäval- und Versalziffern wählen. Touja eignet sich hervorragend als Plakat- und Headlineschrift, dabei verträgt sie sich bestens mit Illustrationen.
Figurenverzeichnis PTL Touja Sans (auf Verena Gerlachs Webseite)
Figurenverzeichnis PTL Touja Slab (auf Verena Gerlachs Webseite)
PTL Touja Sans, alle Schnitte und Probe setzen (FontShop Webseite)
PTL Touja Slab, alle Schnitte und Probe setzen (FontShop Webseite)


PTL Trafo: elektrisierend



PTL Trafo ist eine schmale Headlineschrift mit handgezeichnetem Charakter. Sie zeigt die Rauheit der Pinselbuchstaben, wie man sie auf alten Elektroschränken vorfindet. Trafo ist in drei verschiedenen Beschriftungsstilen lieferbar: Full, Outline und Shadow, alle mit Expertsets die zusätzliche Sonderzeichen bieten.
Figurenverzeichnis PTL Trafo (auf Verena Gerlachs Webseite)
PTL Trafo, alle Schnitte und Probe setzen (FontShop Webseite)


PTL Lore: ornamentale Schablonenschrift



Eine Schablonenschrift aus den 60er Jahren stand Pate beim Entwurf von PTL Lore. Aufgrund ihrer geometrischen Konstruktion wirkt sie zunächst industriell; organische Formen relativieren diesen Eindruck, so dass sich das Schriftbild von Lore als ausgesprochen sympathisch darstellt, geradezu ornamental. Lore ist für den Einsatz im Headline-Bereich gedacht. Es gibt sie in Regular, Medium, Bold plus den dazugehörigen Expertsets
Figurenverzeichnis PTL Lore (auf Verena Gerlachs Webseite)
PTL Lore, alle Schnitte und Probe setzen (FontShop Webseite)


PTL Tephe: fliegende Büroraumbeschriftung



PTL Tephe ist eine Hommage an die handgeschnittenen Plastik-Steckbuchstaben der Mieterindextafeln (»Stummer Portier«) in DDR-Bürohäusern. Die durch die Technik bedingte Form der Buchstaben nahm Verena Gerlach in die Digitalfassung auf. Zwei Tephe-Versionen bilden eine Schriftkleinfamilie: Als Steckbuchstaben mit Führungsleiste und als Buchstaben ohne Unterlinie, also so, wie sie der Betrachter auf einem Stummen Portier sehen würde.
Figurenverzeichnis PTL Tephe (auf Verena Gerlachs Webseite)
PTL Tephe, alle Schnitte und Probe setzen (FontShop Webseite)

Herausgegeben: Mi - August 31, 2005 at 12:36 nachm.         |


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