Business-Forum: Schriftlizenzen


Die Spielregeln für den Gebrauch digitalisierter Schriften bildeten den Nachmittagsschwerpunkt am TypeCon-Donnerstag. Neue Techniken halten die Herausgeber von Schriften auf Trab. Die Font-Benutzer wünschen maximale Freiheit beim Gestalten, Drucken und Einbetten. Doch leider gibt es »Bad Guys«, die Schriften gerne umbenennen und als Free Fonts ins Internet stellen. Neue EULAs (End User License Agreements) sollen verhindern, dass die Urheber um ihre Tantiemen bangen müssen.



Laurence Penney, Tiffany Wardle, Si Daniels, Frank Martinez, Richard Kegler und Bruno Steinert (v.l.n.r.)

Die Designerin Tiffany Wardle steht zwischen den Fronten: sie liebt Schriften verschiedenster Hersteller, respektiert die kreative Leistung der Schriftentwerfer, aber die unterschiedlichen Lizenzbedingungen verwirren sie. Dann fasste sie sich vor einem Jahr ein Herz und nahm die Lizenzpapiere von 10 Schriftenhäusern unter die Lupe. Das Ergebnis war eine Studie im Typophile-Forum, das für Wirbel sorgte. Jedes Schriftenhaus hat seine eigenen Regeln. Wer soll da durchblicken? Der Großteil der Gestalter ignoriert die EULAs. »Das kann es nicht sein« meint Wardle, die sich inzwischen wie eine »Anwältin des Teufels« fühlt.
Der auf »Intellectual Property« spezialisierte Rechtsanwalt Frank Martinez teilt ihre Ratlosigkeit. Nur in einem Punkt widerspricht er: »Sie sind nicht die Anwältin des Teufels, denn das müsste ich wissen: Ich bin der Teufel!« Gelächter im Publikum. Martinez verteidigt sogleich seine Rolle als Anwalt: Wir bräuchten keine seitenlangen Lizenzbedingungen, wenn es die »Bad Guys« nicht gäbe. Die meisten Designer verhalten sich sauber. Die Schriftenhäuser interessiere es auch nicht im Geringsten, wenn ein Designbüro mit 8 Leuten lediglich eine 5er-Lizenz für eine Schrift besäße. Doch das illegale Verbreiten von Originalschriften und der Softwareklau, das seien die Ursachen für komplizierte, seitenlange Lizenzvereinbarungen.
Tatsächlich würden die EULAs ständig überprüft und eigentlich sind sie so liberal, wie nie zuvor – unterstreicht Bruno Steinert von Linotype. Bei der letzten Revision habe Linotype dafür gesorgt, dass das Weitergehen von Schriften an Serviceunternehmen (Satzbelichter, Drucker, Plotter, ...) nicht mehr untersagt sei, wenn Dokumente dort lediglich ausgegeben werden sollen. Dieser »Liberalisierung« haben sich schon einige Schriftenhäuser angeschlossen. Weitere könnten folgen, denn: »Unsere Mitbewerber können die Linotype-Lizenzbedingungen gerne komplett oder in Teilen übernehmen. Das erspart Anwaltskosten und sorgt für eine Vereinheitlichung der Spielregeln unter den Herstellern.« wiederholt Steinert.
Laurence Penney wirft ein, das es in den neuen Linotype-EULAs auch eine Verschärfung gäbe: Fonts dürften für den Eigengebrauch nicht mehr angepasst werden, zum Beispiel durch Umbenennung oder die Ergänzung von Zeichen: »Das war früher mal anders«. »Nicht bei unseren Schriften« widerspricht Steinert. Dies sei ein Gerücht. Er wiederholt, warum diese Restriktion nun deutlicher formuliert sei: Um den rechtlichen Schutz für die Schriften nicht zu verlieren. Wenn im Internet illegal vertriebene Linotype-Schriften auftauchen, dann gibt es Rechtsschutz in zwei Punkten: über den Namen der Schrift (Warenzeichen) und bei die Daten (Software-Urheberrecht). Beide lassen sich »aushebeln«, wenn Schriften umbenannt bzw. an den Daten manipuliert wird. Das ist heute deutlicher untersagt als früher. Möglich ist es, allerdings nach Rücksprache mit dem Herausgeber.
Die Podiumsmitglieder wünschen sich, dass die Betriebssysteme Windows und Mac OS die Installation von Schriften etwas transparenter handhaben würden, bis hin zu der Möglichkeit, die erworbenen Nutzungsrechte auszugeben: Anzahl der Installationen, Einbettung, ... Si Daniels von Microsoft kann da nicht viel Hoffnung machen. Da stets ein notwendiger Grundvorrat von Schriften mit den Betriebssystemen mitgeliefert werde, erlebt die große Basis der Anwender das Thema Fonts nicht als kommerzielles Produkt. Hier müssten die Schrifthersteller schon selbst aktiv werden.
Das Fazit kommt von Richard Kegler: »Lizenzbedingungen zu lesen ist bestimmt nicht spannend. Wir bemühen uns, unsere Kunden dafür zu sensibilisieren, dass Fee Software die Ausnahme ist und nicht die Regel.«



Das EULA-Podium von links nach rechts: Laurence Penney (Myfonts), Tiffany Wardle (Designerin), Si Daniels (Microsoft Typography), Frank Martinez (Martinez Group Attorneys), Richard Kegler (P 22) und Bruno Steinert (Linotype)

Herausgegeben: Fr - Juli 22, 2005 at 06:44 vorm.         |


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