FontBook 4, 20 Seiten Bodoni


Habe mich eben durch 20 Seiten Bodoni gequält. Warum gibt es so viele? Warum ist es so heiß hier im 3. Stock hinter dem Fenster? Warum habe ich die Seiten nicht gleich beim Empfang gelocht und in einen Ordner geheftet, bevor ein plötzlicher Durchzug meine 30-minütige Arbeit zerwühlte?


Niemand kann sagen, wie die Schrift Bodoni aus dem Jahre 1790 wirklich aussehen sollte. Deshalb gibt es so viele Interpretationen ... und alle Bodonis haben ihre Berechtigung (bis auf die schlecht gemachten). Wer heute eine Bodoni digitalisiert, orientiert sich entweder am gedruckten (unscharfen) Schriftbild der Drucke aus dem 18. Jahrhundert, oder er schaut sich die Werkzeuge (Stempel, Gussformen, Zeichnungen dazu) im Museum in Parma an und zieht seine Schlüsse.
Die Vertreter der ersten Variante sind der Auffassung, dass Giambattista Bodoni bei seinen Entwürfen die Verfälschungen durch das Drucken (Quetschrand, Papierfarbe) mit einkalkuliert habe und die gedruckten Ergebnisse die einzig waren Bodonis seien. Das andere Lager erhebt die Stempel zum Allerheiligen und nimmt diese 1:1 als Vorlage. Dazwischen gibt es unendliche Varianten, und dies ist die Ursache für sehr viele, unterschiedlich aussehende Bodonis, die jedoch alle auf der gleiche Idee basieren.



Wie entscheidet man als FontBook-Redakteur über die sinnvolle Reihenfolge der auf dem Markt lieferbaren Bodoni-Interpretationen? Warum überhaupt eine Reihenfolge? Damit zusammen passt was zusammen gehört! Die Datenbank mit ihrer alphabetischen Logik kann diese Entscheidung nicht treffen. Einer Bodoni Narrow von URW++ würde eine Bodoni No. 1 von Scangraphic, die formal ziemlich wenig miteinander gemein haben. Darüber hinaus unterscheidet die Datenbank nicht, ob eine Ziffer – hier die »No. 1« zum Beispiel – Bestandteil des Schriftnamens ist (wie im Falle Scangraphic) oder lieferbare Font-Pakete kennzeichnet, wie bei den Bodonis von Elsner + Flake: Bodoni 1, Bodoni 2, Bodoni 3.



Die Beatles 1968, nach Popularität sortiert, von links nach rechts

Wie sortiert man die Beatles? Diese Frage stellte sich mir beim Erwerb des weißen Album 1968, das 4 Einzelfotos enthielt, die man sich an die Wand pinnen konnte. Die alphabetische Reihenfolge schied für mich aus, weil beliebig. Der Frauenschwarmfaktor ebenfalls (damit fiel Paul McCartney hinten runter). Nach der kompositorischen Leistung war nicht möglich, weil Lennon/McCartney ihre Songs gemeinsam (unter)schrieben. Nach Intelligenz wäre vermessen. Nach Schönheit? Nach der besten Stimme? Auch die fotografische Aufbereitung konnte ich natürlich nicht umgehen. Nach Rücksprache mit meinem besten Freund und Beatles-Kenner Hans-Gerhard entschied ich mich für das Sortierkriterium Popularität. Hätte ich einen Marketing-Experten gefragt, wäre wahrscheinlich Ringo Starr auf Platz 1 gerückt, weil unverbraucht, formbar und viel Potential.
Popularität ist sicherlich kein falscher Ansatz, wenn man an eine Enzyklopädie herangeht. Tragen 5 Berühmtheiten den gleichen Nachnamen, steht die bedeutendste an erster Stelle. Also versuche ich, bei meiner Bodoni-Reihenfolge mit einer Mischung aus Popularität (viel verkauft, viel verwendet) und Ästhetik (klasse Version, leider am Markt erfolglos) weiter zu kommen. Mein aktuelles Zwischenergebnis sieht nun so aus:

Bauer Bodoni, Linotype/Adobe Bodoni, Monotype Bodoni, ITC Bodoni, E + F Bodoni, URW Bodoni, FontBureau Bodoni, Wiescher Bodonis, LH Bodoni Classico, Lanston Bodoni, WTC Our Bodoni, Panache Bodoni, Bodoni Poster, Rest.

Zum Glück bilde ich nicht alleine die Redaktion und freue mich, dass zwei weitere Personen diese Reihenfolge überprüfen und gegebenenfalls korrigieren werden.
Jürgen Siebert

Herausgegeben: Mo - Juli 18, 2005 at 09:47 vorm.         |


©