Keith Richards: »... einfach ein paar Computer ...«Die Audio-Technik erlebt zur Zeit das gleiche, was die grafische Industrie
vor 15 Jahren revolutionierte: die totale Demokratisierung durch das Personal
Computing. Zwei Beiträge im aktuellen SPIEGEL belegen das erneut. Keith
Richards berichtet im Interview, wie einfach es heute ist, gemeinsam
mit Mick Jagger Songs zu schreiben: »Wir haben einfach ein paar Computer
auf den Wohnzimmertisch gestellt und losgelegt.«
Den Worten von Richards ist auch zu entnehmen, dass er als Kreativer
die Unabhängigkeit von Technokraten und Ingenieuren schätzt.
Herrschaftswissen und Machtspielchen damit sind das unfruchtbarste, was ein
Kreativer gebrauchen kann. Grafikdesigner, die sich noch an die Zeiten
zurückerinnern, in denen einem Setzer und Reproleute mit ihrem »Geht
nicht!« oder »Das kann man doch nicht machen ...« die Zeit
raubten, werden dies bestätigen. Beide Berufsstände haben sich
wegrationalisiert. Die am lautesten über den Verfall der
Qualität geklagt haben, weil nun Ungelernte das Ruder
übernähmen, waren Brandbeschleuniger aller erster Güte. Ich
weiß wovon ich rede ... als erster PAGE-Redakteur musste ich mich 1986 auf
einer Düsseldorfer Fachmesse belächeln lassen. In den Jahren darauf
habe ich mit Genugtuung Sterbekreuzchen auf die eingesammelten Visitenkarten
gezeichnet.
Jetzt geht es den Studiobossen und den Radiostationen an den Kragen ... wenn sie dieselben Fehler machen wie die Setzer und die Reprografen. Es sind nur zwei, die es zu vermeiden gilt: Ignoranz und nicht mitmachen. Keith Richards im Spiegel-Interview über das Songschreiben mit Mick Jagger: »Zu Beginn der Siebziger ... haben wir meist nur getrennt gearbeitet und unsere Lieder dann im Studio zusammengeschmissen. ... Eine radikale Veränderung ist nur, dass man heutzutage eigentlich kein Studio mehr benötigt. Wir haben einfach ein paar Computer auf den Wohnzimmertisch gestellt und losgelegt. Das war schon sehr lässig und besser als der ganze Hightech-Mist der letzten Jahre.« In einem zweiten Beitrag widmet sich der SPIEGEL den Podcasts, also digital aufgenommenen Audiobeiträgen, die in der Art eines »freien Radios« übers Internet vertrieben werden. Die Kernaussage: »Tatsächlich erfordert die Produktion eines Podcasts kaum mehr als einen Computer mit Internet-Anschluss, im Web kostenfrei erhältliche Software und ein Mikrofon. ... Ohne Lizenzen, Frequenzen oder Sendemasten produzieren ganz normale Menschen Radiosendungen für Tausende Hörer: Eine ganze Industrie wird umgangen.« Wir leben in herrliche Zeiten. Und sie werden für alle, die diese Technik berührt und mitmachen, herrlich sein. Die Tagesschau, zum Beispiel. Sie hat schon das Internet auf elegante Art für sich genutzt (während ein Leitmedium wie die FAZ immer noch nicht so genau weiß, wo sie in der digitalen Welt hingehört). Die Tagesschau veröffentlicht ihre 20:00-Uhr-Nachrichten täglich per Podcast. Herausgegeben: So - August 14, 2005 at 06:29 nachm. | |
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