Font-Industrie sieht Lösung für Webfonts [Update]

webfont_proposal

Seit Wochen gärt es in der Schriftindustrie. Neue Versionen der Internet-Browser Safari, Firefox und Internet Explorer unter­stützen inzwi­schen Technologien, mit denen das Gestalten und Betrachten einer Internet-Seite in einer frei wähl­baren Schrift möglich wird. Stichwörter: EOT und @font-face. Dabei werden neben den Texten und Bildern einer Webseite auch die verwen­deten Schriften an den Empfänger gelie­fert, was die Lizenzbedingungen der Schriftenhäuser im Moment nicht gestatten. Das Problem: Wie lassen sich die Urheberrechte an Schriftentwürfen und die Nutzungsrechte sicher verwalten?

Nun haben der ameri­ka­ni­sche Schriftentwerfer Tal Leming und der hollän­di­sche Designer Erik van Blokland ein Papier aufge­setzt, das breite Unterstützung findet. Es wurde sowohl auf der frei zugäng­li­chen W3-Mailingliste veröf­fent­licht und disku­tiert, als auch vertrau­lich unter den Schriftenhäusern selbst. Technisch betrachtet geht es um einen kompri­mierten Fontdatenmantel (wrapper), der sich aus einem <fontdata>-Element und einer <info.xml>-Datei zusam­men­setzt. Legt man diesen Datenmantel um eine exis­tie­rende Fontdatei, entsteht ein legaler .webfont.

Der 1. Entwurf des .webfont Proposals ist hier nach­zu­lesen, der 2. über­ar­bei­tete Entwurf hier. Zu den ersten Unterstützern dieses neuen .webfont-Formats gehören House Industries, Letterror, FontShop, Hoefler-Frere-Jones, Typotheque, Village, Bold Monday, Commercial Type, Emigre, Stone Type Foundry, Alphabets, Process Type Foundry, Feliciano Type Foundry … und sicher werden heute auf der TypeCon in Atlanta weitere hinzukommen.

[Update] Aktuelle Liste der Unterstützer


54 Kommentare

  1. Ralf Herrmann

    In der Theorie tadellos und über­zeu­gend. Aber auch wenn sich sämt­liche Foundrys dahin­ter­stellen: Was man leider bei dieser »Lösung« wieder vergisst, sind die Anwender. Denn ein solches neues Format bietet keinerlei Abwärtskompatibilität und die noch immer riesige Anwenderzahl von Internet-Explorer-Nutzer (verschie­denster älterer Versionen) kommt demnach weder kurz- noch mittel­fristig in den Genuss dieser Webfonts.
    Dabei kann man mit der Kombination aus EOT und OTF/TTF schon kurz­fristig über 90 % der Webnutzer bedienen. Man muss sich nur auf die neuen Rahmenbedingungen einlassen.

    Typotheque beweist gerade, wie selbst eine vermeint­lich kleine Foundry einen Webfont-Dienst aufsetzen kann. (Man verwendet hier übri­gens zur Sicherung einfach das Token-Prinzip, dass ich bereits nach der Einführung von Webfonts in Safari 3.1 vorschlug.) Und für Foundrys, die das nicht schaffen, stehen Webdienste wie TypeKit und andere bereits in den Startlöchern.

    Übrigens: Auch Ascender schlugen kürz­lich ein neuen Webfont-Format vor, zogen es aber dann wieder zurück, da auch sie einge­sehen haben, dass Webfonts schon jetzt Realität sind und die viele Jahre dauernde Einführung eines neuen Formates viel zu spät kommt.

  2. Matthias H.

    Auch wenn wir etwa auf die nächste Spezifikation zu HTML 5 wohl noch bis 2022 warten müssen, wäre in der Tat eine breit unter­stützte Lösung zum Thema Webfont wünschenswert.

    Allerdings bleibt das ursprüng­liche Problem der uner­laubten Nutzung ja auch durch das neue Format bestehen, wenn ich das Proposal richtig gelesen habe.

    Schriften werden doch beispiels­weise hier­zu­lande in der Regel nicht vom Urheberschutz umfasst, extra­va­gante Zierschriften mal ausge­nommen. Bleiben also im Grunde der Markenschutz für den Schriftnamen oder die Anmeldung als Geschmacksmuster. Beides gewerb­liche Schutzrechte, die einem Privatnutzer, der even­tuell den Font von einer Seite kopiert, nicht entge­gen­ge­halten werden können.

    Daran ändern ja auch Lizenzbestimmungen nichts, da diese ledig­lich zwischen dem Erwerber und dem Schriftenhaus zustande kommen. Dem kopie­renden Privatnutzer kann ich deren Verletzung eben­falls nicht entgegenhalten.

    Bleibt also letzt­lich doch nur ein iTunes ähnli­ches Modell, even­tuell zunächst tatsäch­lich ein tief­grei­fen­deres tech­ni­sches DRM einzu­setzen und durch Preisgestaltung und Aufklärung das Gros der Schriftnutzer zu sensibilisieren?

  3. Maik

    Klarer Fall von „Lösung, verzwei­felt auf der Suche nach einem Problem“.

    Der Vorschlag lässt sich grob in drei Bereiche aufteilen:

    Komprimierte Auslieferung der Fontdatei
    Auflistung von Metadaten in Textform außer­halb der eigent­li­chen Fontdatei
    Kapierschutz

    Zum ersten Punkt:
    Das ist längst möglich. Jeder verbrei­tete Browser versteht das, alle großen Webserver, insbe­son­dere Apache, können das.

    Zum zweiten Punkt:
    Das ist längst möglich und notwendig. Alle aktu­ellen Implementierungen von Webfonts und der (vorge­schla­gene) Standard verlangen, dass die Metainformationen, die hier in eine XML-Datei gepackt werden sollen, als CSS-Code vorliegen.

    Zum dritten Punkt:
    Seufz. Der übliche Bullshit. Der Browser wird gebeten, die Fontdatei nicht zu benutzen, wenn die ange­zeigte Seite auf einer nicht aufge­lis­teten Domain liegt. Niemand kann den Browser dazu zwingen, sich daran zu halten. Zur Schwachsinnigkeit des Features kommt hinzu, dass auch das längst anderswo spezi­fi­ziert ist.

    Fazit:

    Der Vorschlag ist eine Nebelkerze. Zu Anfang werden scheinbar neue, scheinbar hilf­reiche Features ange­boten, damit der Vorschlag nicht sofort als pein­li­cher DRM-Versuch verworfen wird. Dabei ist die Hoffnung, dass man zumin­dest nicht sofort merkt, dass es die ganzen Features längst gibt, und zwar besser und voll­stän­diger. Das ist den Autoren aber auch egal; das einzige an dem Vorschlag, das sie wirk­lich inter­es­siert, ist das „allow“-Element, der billige Pseudokopierschutz. Auch dabei ist natür­lich eigent­lich völlig egal, wo diese Information steht – das eigent­liche Ziel des Vorschlags ist, die Browser dazu zu kriegen, dass sie solche Vorgaben einhalten, obwohl es keinen tech­ni­schen oder recht­li­chen Grund gibt, das zu tun.

  4. Jens Kutílek

    Matthias H.:

    Schriften werden doch beispiels­weise hier­zu­lande in der Regel nicht vom Urheberschutz umfasst, extra­va­gante Zierschriften mal ausgenommen.

    Du meinst hier den Schutz des Erscheinungsbildes einer Schrift. Bei Webfonts werden aber, wie der Name schon sagt, Fonts an den Browser geschickt. Somit trifft Dein Einwand darauf nicht zu.

    Aber jetzt bitte nicht zum gefühlten 5. Mal in diesem Jahr die Diskussion starten, ob Fonts Computerprogramme seien ;)

  5. Matthias H.

    @Jens Kutílek

    Natürlich ging ich vom Schutz des Erscheinungsbildes der Schrift aus. Das war auch meine Absicht. Mein Argument bezog sich im Grunde auf dieAussage von Christopher Slye.

    Ich wollte ledig­lich nochmal klar­stellen, dass wohl nur ein funk­tio­nie­rendes DRM oder die Sensibilisierung der Anwender eine Lösung sein kann. Denn recht­lich hat man gerade bei Privatanwendern eben keine große Handhabe. (Ohne die Programmdiskussion wieder entfa­chen zu wollen.)

    Anders wie das eben bei der Musikindustrie und dem Urheberrecht ist. Dort könnte der Wrapper helfen, um vor Gericht zu argu­men­tieren, dass die Schrift aus einer für den „Kopierer“ offen­sicht­lich rechts­wid­rigen Quelle stammt.

    Ob die Schriftdatei an den Browser gesandt wird oder man die Schriftdateien von einer Webseite lädt ist für das recht­liche Ergebnis belanglos. Abgreifen und konver­tieren wird man das wohl immer können.

    Und das spielt für die Entscheidung der Schriftenhäuser ja eine zentrale Rolle.

  6. Marcus

    Ralph hat Recht, wenn er anmahnt, daß diese neue Lösung zuerst das Problem der Schriftentwerfer/Foundries und erst nach­rangig das Problem der Anwender bedient.

    Was sollen wir mit noch einem weiteren Lösungsvorschlag, der für sich genommen nicht die Kraft hat ein wirk­li­cher Standard zu werden.

    Warum nicht auf schon bestehende Lösungen aufsetzen und statt­dessen das Abgabenmodell überdenken?

    Bei Scannern, Druckern und auch demnächst Speicherchips wird eine Abgabe verlangt, weil sich damit urhe­ber­recht­lich geschützte Daten repor­du­zieren bzw. verviel­fäl­tigen lassen. Warum nicht also gene­rell eine ähnliche Abgabe bei jedem Browser/Betriebssystem einführen?

    Somit könnte man die leidige Lizenz- und letzt­end­liche Geldfrage abkop­peln von Standards und tech­ni­schen Lösungen die nur denen dienen, die damit Geld verdienen können, aber für den Anwender unprak­ti­kabel sind.

    Bitte versteht mich nicht falsch, ich bin absolut dafür, daß Schriftentwerfer bzw. Kreative im weiteren Sinne ihr geis­tiges Eigentum schützen und daraus Kapital schlagen dürfen.

  7. Jürgen

    David Berlow (The Font Bureau, Inc.) zu diesem Thema:
    From Default Fonts To All Fonts (in two easy steps?)

  8. Thierry

    a.) es _wird_ keinen stan­dard geben der funk­tio­nie­rendes DRM enthält und von allen brow­sern unter­stützt wird. mozilla und webkit (chrome, safari) werden EOT nur schon aus patent-gründen sicher nicht einführen.

    b.) mit @font-face gibt es einen w3c-stan­dard, der sowohl verbreitet als auch stan­dar­di­siert ist.

    c.) user, die fonts von einer @font-face benüt­zenden website herun­ter­laden und dann auch selber benutzen, also pira­terie betreiben, werden auch sonst illegal schriften verwenden. jeder kann eine riesige anzahl von kommer­zi­ellen schriften aus dem internet herun­ter­laden, und zwar ohne grosse computer-kennt­nisse. die gestalter die verstehen, dass urhe­ber­recht für uns alle eine wich­tige sache ist, werden dies auch weiterhin nicht tun und sich einfach nur über die neuen gestal­tungs­mög­lich­keiten für websites freuen.
    die, die es trotzdem tun werden sicher­lich die einfa­chere möglich­keit wählen und sie über peer-to-peer herun­ter­laden, als mühsam einzelne schnitte zusammen zu suchen.

    d.) der wrapper bietet kein tech­ni­sches DRM sondern nur einen kleinen holper­stein, der dem benutzer klar machen soll dass er etwas ille­gales tut wenn er die schrift daraus extra­hiert. dadurch ist gegeben dass sich niemand (mora­lisch gesehen) auf den stand­punkt stützen kann, er habe nicht gewusst was er da tut. recht­lich ist es wie schon erwähnt kein sinn­voller schutz, aber das ist (siehe punkt c) auch sinnlos.

    alles in allem denke ich ist der neue vorge­schla­gene stan­dard ein guter schritt auf dem weg zu einem visuell reicheren web. weitere initia­tiven wie von typo­theque oder typekit werden parallel dazu exis­tieren und erwei­terte möglich­keiten für desi­gner bieten, die in einem kontext arbeiten in dem eine seite für jeden browser der letzten acht jahren genau gleich aussehen muss.

    youtube, digg und sicher­lich bald auch andere grosse seiten fahren die unter­stüt­zung für IE6 immer weiter herunter, und wer IE6 benutzt hat meiner meinung nach auch keinen gott­ge­ge­benen anspruch mehr darauf, alle funk­tionen des heutigen inter­nets zu benutzen.

  9. Ole

    … inter­es­sant ist die Idee schon, warten wir mal ab, was die Browserhersteller dazu sagen.

    Ich denke, es wird noch viel Hirnschmalz verbraucht werden müssen um eine Lösung zu finden.

    Um die Einheit der Fonthersteller zu stützen, schliesst sich prime­type erst einmal der Initiative an.

  10. Janni

    Abwärtskompatibilität ist und bleibt der Knackpunkt. Da hilft eine Haltung à la „wer IE6 benutzt hat meiner meinung nach auch keinen gott­ge­ge­benen anspruch mehr darauf, alle funk­tionen des heutigen inter­nets zu benutzen.“ nicht weiter – so gerne man sich einer solchen Meinung auch anschließen möchte.

    Aber wenn wir in unserer Agentur für einen Kunden eine Website gestalten, dann fragt mich der Kunde nicht, ob der IE6 uncool oder veraltet oder wasauch­immer ist – der will von mir einfach nur eine Website haben, die eine möglichst hohe Reichweite hat.

    Und Fakt ist: Viele User benutzen noch auf abseh­bare Zeit alte bis uralte Browser, weil sie halt einfach nur User sind und keine Techies oder Webdesigner – und unsere Kunden wären blöd, wenn sie diese Leute einfach so ausgrenzen würden.

  11. Ivo

    Man muss sich nur auf die neuen Rahmenbedingungen einlassen.

    Muss man? Offensichtlich sind die Browser auch nicht gewillt sich auf die Rahmenbedingungen der Hersteller einzu­lassen. Das ist sehr schade für die Anwender, aber warum sollen ledig­lich die Hersteller bzw. Designer die Zugeständnisse machen? Und selbst das neue Proposal ist seitens der Hersteller ein weiteres großes Zugeständnis, weil es durch die meisten aktu­ellen EULAs kaum gedeckt sein dürfte. Es ist wie es ist: die Browser sind endlich auch mal am Zug.

    Bleibt also letzt­lich doch nur ein iTunes ähnli­ches Modell, even­tuell zunächst tatsäch­lich ein tief­grei­fen­deres tech­ni­sches DRM einzu­setzen und durch Preisgestaltung und Aufklärung das Gros der Schriftnutzer zu sensibilisieren?

    DRM geht gar nicht. Das machen die »coolen« Browser und die Endanwender niemals mit. Auch die Foundries haben das begriffen.

    Warum nicht also gene­rell eine ähnliche Abgabe bei jedem Browser/Betriebssystem einführen?

    Die von wem bezahlt wird?

    die, die es trotzdem tun werden sicher­lich die einfa­chere möglich­keit wählen und sie über peer-to-peer herun­ter­laden, als mühsam einzelne schnitte zusammen zu suchen.

    Die Frage ist, ob peer-to-peer dann wirk­lich noch die einfa­chere Variante ist. Es geht bei der ganzen Diskussion eigent­lich nur noch darum, die Latte nicht noch tiefer zu legen, als sie ohnehin schon ist. Das, finde ich, sollte den Herstellern zuge­standen werden. Schließlich geht es hier am Ende nicht um irgend­welche gefähr­deten Hobbies, sondern um zahl­reiche Existenzen, wenn ich das mal so hart ausdrü­cken darf.

    der wrapper bietet kein tech­ni­sches DRM sondern nur einen kleinen holper­stein, der dem benutzer klar machen soll dass er etwas ille­gales tut wenn er die schrift daraus extrahiert.

    Richtig! Und das ist schon zu viel?

    Um die Einheit der Fonthersteller zu stützen, schliesst sich prime­type erst einmal der Initiative an.

    Fein. Ich werde euch auf der Panel Discussion auf der TypeCon als Unterstützer nennen, denn mir scheint, dass ich dort offenbar auch stell­ver­tre­tend für alle Unterstützer sitze.

    Abwärtskompatibilität ist und bleibt der Knackpunkt

    Das darf aber nicht heißen, dass man nicht über die Zukunft des Webdesigns nach­denken darf. Dann dauert es eben noch eine Weile. Die volle Unterstützung von PNGs hat ja schließ­lich auch zehn Jahre gedauert. [Mal ganz davon abge­sehen, dass ich hierbei nicht annä­hernd mit zehn Jahren rechne!]

  12. Ralf Herrmann

    Muss man? Offensichtlich sind die Browser auch nicht gewillt sich auf die Rahmenbedingungen der Hersteller einzulassen. 

    Das ist ja auch nicht ihre Aufgabe. Sie vertreten weder die Rechte der Autoren, noch die der Fotografen – warum sollten sie UNS ein tolles DRM-System spendieren?

    Mal ganz davon abge­sehen, dass ich hierbei nicht annä­hernd mit zehn Jahren rechne!

    Schau dir an, wie riesig heute noch der Prozentsatz des IE6 von 2001(!) ist. Da sind 10 Jahre Ablösezeit wahr­lich nicht zu hoch gegriffen.

    P.S. Ich bin übri­gens nicht GEGEN .webfont (oder OTW, EOT Lite usw.) Von mir aus können die alle kommen. Ich habe nur den Eindruck, dass sich die meisten Foundrys schlicht aus Unkenntnis der tech­ni­schen Details nicht an die heute mögli­chen Lösungen wagen und statt­dessen auf irgendein wunder­sames neues Format hoffen, dass alle Sicherheitsbedenken besei­tigt. Davon ist aber nichts in Sicht. Die vorge­schla­genen Formate lassen sich doch alle in 15 Sekunden mit einem Texteditor hacken …
    Aber Netz-affine Designer/Foundrys, wie eben z.B. Typotheque, arbeiten längst an einer eigenen Lösung. Das finde ich viel beein­dru­ckender, als irgend­welche »Unterschriftensammlungen« von Foundrys, die für .webfont oder ähnli­ches eintreten.

  13. Jürgen

    Schau dir an, wie riesig heute noch der Prozentsatz des IE6 von 2001(!) ist. 

    Ich habe jüngst eine Erklärung für dieses Phänomen gelesen, die ich aber nicht mehr finde. Viele Unternehmen haben sich damals die halbe Office-Organisation auf Basis von IE 6 von jungen Start-up-Unternehmen program­mieren lassen: Faxe versenden, WLAN-Stationen program­mieren, Scans in PDFs verwan­deln (als Ersatz für Fotokopierer) und dgl mehr. Plötzlich waren diese Start-ups nicht mehr da, und noch häute hängen viele Funktionen im Büro am Tropf dieses veral­teten Browsers.

    Aber Netz-affine Designer/Foundrys, wie eben z.B. Typotheque, arbeiten längst an einer eigenen Lösung. Das finde ich viel beein­dru­ckender, als irgend­welche »Unterschriftensammlungen« von Foundrys, die für .webfont oder ähnli­ches eintreten.

    Wir brau­chen keine Insellösungen, sondern einen Industriestandard. So wie es .mp3 für die Musik wurde und .jpg für die Bilder. Alles andere wäre eine Quälerei für die Benutzer oder (glück­li­cher­weise) gleich zum Untergang verurteilt.

  14. Ralf Herrmann

    Wir brau­chen keine Insellösungen, sondern einen Industriestandard.

    Welcher Ansatz sich als »Insel« heraus­stellen wird, muss sich noch zeigen. Ich denke, Webfonts als Webservice (a la TypeKit) haben eine gute Chance, das YouTube/Flickr/etc. der Schriftwelt zu werden – dann kann von Insel keine Rede mehr sein. Sie liefern dann in sehr naher Zukunft exakt das, was die Anwender wollen und der Erfolg könnte die Bestrebungen für ein neues Format sehr leicht überrollen.

    Insellösungen sind sIFR, Cufon etc. Der »Industriestandard« heißt @font-face – und der ist heute schon Realität.

  15. Maik

    Wir brau­chen keine Insellösungen, sondern einen Industriestandard. So wie es .mp3 für die Musik wurde

    Der Vergleich ist viel­leicht passender, als den Foundries lieb wäre. Bedenke, dass die gesamte Musikindustrie über MP3 gekreischt hat ohne Ende.
    Im Endeffekt wurden jedoch einfach Fakten geschaffen, dadurch dass die Hersteller (Soft- und Hardware) das Format imple­men­tiert haben und fertig.
    Genauso wird es auch mit OpenType laufen: die Browser imple­men­tieren es einfach, und die Foundries können mitma­chen oder sich in die Ecke setzen und heulen. Genau danach sieht es derzeit ja auch aus; die einzigen, die noch nicht mitma­chen, sind Microsoft. Auch da passt der Vergleich hervor­ra­gend – ich denke, wir wissen alle, wie erfolg­reich sie mit dem WMA-Format waren.

    In einem Satz: Der Industriestandard exis­tiert längst, manche wollen es nur noch nicht einsehen.

  16. Ivo

    Schau dir an, wie riesig heute noch der Prozentsatz des IE6 von 2001(!) ist. Da sind 10 Jahre Ablösezeit wahr­lich nicht zu hoch gegriffen.

    Hab heute mit Microsoft gespro­chen. Sie gehen von 2 Jahren in der Umsetzung einer solchen Technologie aus und weiteren 2 Jahren, bis der Großteil der User auf eine neue Version upge­datet haben. Allerdings planen sie derzeit nicht, etwas anderes als EOT oder EOT Lite zu implementieren.

    Der Industriestandard exis­tiert längst, manche wollen es nur noch nicht einsehen.

    Ein Industriestandard sollte aber von der Industrie unter­stützt werden, oder?

  17. Jürgen

    Hab heute mit Microsoft gesprochen. 

    Kühl, Informationen aus erster Hand. Danke Ivo und weiterhin viel Erfolg in Atlanta,

  18. Henning

    Dass

    die gesamte Musikindustrie über MP3 gekreischt hat

    ist sach­lich ungenau. Gekreischt hat die Musikindustrie (und tut es noch) letzt­lich über das Wegschmelzen tradierter Vertriebswege und -methoden. Das wäre mit einem anderen Datenformat genauso passiert. Letztlich hat erst Apple mit dem iTMS vorge­macht, wie ein brauch­bares digi­tales Vertriebsmodell aussieht, welches die Wünsche aller Seiten zusammenbringt.

    Im Endeffekt wurden jedoch einfach Fakten geschaffen 

    Da liegt der Hase im Pfeffer. Durch neue tech­ni­sche Möglichkeiten entstehen neue Vertriebswege, Marketingmöglichkeiten, Verwertungsmodelle. Die neuen tech­ni­schen Möglichkeiten sind nicht per se schlecht. Doch bei der Dynamik der Veränderung kommen zumin­dest phasen­weise die Verwertungsrechte unter die Räder, bis sich ein neues auskömm­li­ches Modell etabliert hat. Und es wird sich ein neues auskömm­li­ches Modell für die Urheber etablieren, weil ja sonst keine neuen Bücher mehr geschrieben, keine Musik mehr kompo­niert und keine Schriften mehr entworfen würden (auch Kreative müssen essen). Das ist ein uraltes Thema und keines, was nur die Schriftenbranche allein beträfe. Auch in der Filmwirtschaft geht derzeit die nackte Panik spazieren – und dabei hat dort der Umbruch gerade erst angefangen.

    Während des Umbruchs kommt es zu schwersten Verwerfungen im Markt (wie gesagt, nicht nur in der Schriftbranche). Unternehmen können in kurzer Zeit verschwinden, schon wenn ihr Eigenkapital nicht ausreicht um die Jahre zu über­stehen, bis sich ein belast­bares neues Verwertungsmodell etabliert hat. Dafür brau­chen Unternehmen nicht einmal »unein­sichtig« zu sein. Es ist auch ohne »Verbohrtheit« ein Tanz auf dem Hochseil, Umsatz und Gewinn zu verlieren und gleich­zeitig Forschung zu künf­tigen Verwertungsmodellen zu betreiben. Dabei haben die Großen der Branche die besseren Überlebenschancen – es ist mehr Fleisch zu Wegschneiden da.

    Insgesamt ödet mich die Diskussionsfärbung »Betonkopfurheber vs. Machbarkeitssuffkopp« mitt­ler­weile endlos an. So sehr ich sowohl die Euphorie der neuen Möglichkeiten und das Entsetzen über drohenden und realen Kapitalverlust verstehen kann – ich frage mich, wie viel Porzellan durch gegen­sei­tige Ignoranz auf dem Weg noch zerschlagen werden soll.
    Und ich bin ganz sicher: das Diskussionsklima zwischen Techies und BWLern auf der einen und Urhebern auf der anderen Seite wird noch um Potenzen härter. Wie gesagt: Die Schriftenbranche ist da nur ein Wurzelzwerg, die ganz großen Umwälzungen kommen erst noch.

  19. Jürgen

    Die Schriftbranche versucht, nicht die glei­chen Fehler wie die Musikindustrie zu machen. Wenn nun die Typedesigner Tal Leming und Erik van Blokland eine Konzept vorlegen, das auf breite Anerkennung bei den (inno­va­tiven) Foundries stößt, dann ist das etwas so zu bewerten, als hätten sich Bono, Burt Bacharach und Steve Jobs das iTunes-Konzept ausge­dacht … (viel­leicht war’s ja so).

  20. Oliver Adam

    Henning hat – wie so oft – Recht. Vorab: Ich bin kein direkt Betroffener, da kein Schriftentwerfer und -vertreiber. Dennoch finde ich die Diskussion merk­würdig resi­gnativ und aktio­nis­tisch zugleich. Mir scheint, als hätte die Schriften-Branche ebenso gepennt wie seiner­zeit die Musikindustrie. Überspitzt lässt sich sagen, dass sich die Schriftenvertreiber unethisch, unkauf­män­nisch und Agentur-schä­di­gend verhalten.

    Unethisch, weil sie den Schriftenentwerfern den ihnen zuste­henden Anteil am Honorar verwei­gern, indem sie nicht die ihnen recht­lich einwand­frei zuste­henden Lizenzgebühren der Font-Diebe eintreiben. Die Argumentation »Privat klaut sowieso, kannste nichts machen« ist hane­bü­chen. Das wäre so, als wenn man einem Autovermieter, dem man die Autos klaut, sagte: »Die fahren die Autos nur privat. Kannste nichts machen«.

    Unkaufmännisch, weil die Umsatzzahlen der Schriftenvertreiber sehr viel höher sein könnten.

    Agentur-schä­di­gend, weil es mich ankotzt, dass Hinz und Kunz über Schriften verfügt, die ich einwand­frei bezahlt habe. Ich möchte ja durch den Kauf hoch­wer­tiger Schriften ein Stück mehr Exklusivität in meine Arbeiten bringen. Dadurch, dass nun irgendwie alle diese Schriften (gratis) haben und damit gestalten, sinkt der Exklusivitätsgrad der Schrift und damit auch der meines Werkes.

    Die jetzigen Vorschlägen sind m. E. eher »inge­nieurs­ge­trieben« denn »marke­ting­ge­trieben«. Daher kommt hier mein Ansatz, der die Umsätze auto­ma­tisch erhöht, für mehr Aufklärung sorgt und den Wert des Produktes erhöht.

    ACHTUNG: DIESE AUSFÜHRUNGEN SIND UMSONST, ABER NICHT GRATIS. SOLLTE JEMAND DIESES KONZEPT UMSETZEN, ERWARTE ICH DIE ÜBLICHEN VERHANDLUNGEN UND BERATUNGS- UND NUTZUNGSHONORARE :-)

    1.
    Alle tech­ni­schen Spielereien würde ich lassen, da sie offenbar, wenn die Kommentatoren Recht haben, wenig oder gar nichts nutzen. Es gibt die normalen OTF-Fonts. Und es gibt die Lizenzbedingungen, die den Einsatz auch im Web regeln. Das war’s.

    2.
    Jetzt gibt es eine 4-Felder-Matrix: Gewerbetreibende aller Art (Profis, A), die eine Lizenz für den Einsatz der Schrift im Web erworben haben (A1) bzw. nicht gekauft haben (A2). Analog gilt dies für Privatleute (B1 und B2). Alle vier Gruppen betrachte ich als: Kunden! Wichtig ist die Betrachtungsweise aus einem anderen Blickwinkel: Je mehr Diebe im Sinne von A2 und B2, super: desto mehr Kunden, mit denen man in Dialog treten kann. Insofern ist mein Ansatz ein umsatz­ori­en­tierter Dialogmarketing-Ansatz.

    3.
    Niemand im Netzt ist anonym. Ich schlage daher unter dem Arbeitsbegriff FIB (Font Investigation Bureau) eine Crawler-Software vor, die – auto­ma­tisch – das Netz nach in Websites einge­bun­denen Fonts absucht: nach Fontnamen und, analog zu den Erfahrungen der Fotovertreiber, nach Erscheinungsbild. Die Ergbnisse werden den Gruppen A1, A2, B1 und B2 zugeordnet.

    4.1 – A1
    Diese Gruppe erhält vom Schriftenvertreiber, zum Beispiel FontShop, eine Mail oder einen Brief: Fontshop bedankt sich für den legalen Einsatz und bestärkt das korrekte Verhalten. Dies ist aus verhal­tens­psy­cho­lo­gi­scher Sicht wichtig (»Reinforcement«, Verringerung even­tu­eller kogni­tiver Dissonanzen etc.) und ist vergleichbar mit Gebrauchsanweisungen von Konsumgütern: »Vielen Dank, dass Sie sich für einen Miele-Staubsauger entschieden haben. Sie haben sich für ein exzel­lentes Produkt entschieden, dass mindes­tens 10 Jahre …«. Hier lässt sich also der Folgekauf einleiten oder posi­tive Empfehlungen auslösen.

    4.2 – A2
    Hier handelt es sich intern um Diebe, die Schriften im Rahmen ihres Gewerbes einsetzen. Diese Gruppe bekommt einen Dankesbrief (»Dass Sie unsere Schrift einsetzen, freut uns sehr!«), verbunden mit einer Aufklärung und der normalen Rechnung, die A1 im Rahmen seines Webeinsatzes ja zahlte. Fazit: Je mehr »Profi-Diebe«, desto mehr Rechnungen, desto mehr Umsatz, desto mehr Honorar für die Entwerfer. Hier gibt es kein Pardon: Reagiert A2 nicht, wird der normale Rechtsweg beschritten – aber erst dann: denn erst jetzt wech­selt sein Status von »Kunde« auf »Dieb«! Löscht er die Schrift vom Server, muss er dennoch die Lizenz bezahlen.

    4.3 – B1 und B2
    Gleiches gilt für die Privatleute, mit dem Unterschied, dass B2 eine ange­mes­sene Zeit bekommt, die Schrift zu löschen oder korrekt zu lizen­sieren. Aber auch hier gilt, dass alle Anschreiben aus Kunden- und nicht Diebessicht geschrieben sind.

    Fazit
    FIB ist keine Software zum Aufspüren von Dieben, sondern von Kunden – letzt­lich eine elegante Art, Adressen zu gewinnen. FontShop kann mit Kunden nun in den Dialog eintreten. Diese Möglichkeit bei irgend­wel­chen tech­ni­schen Methoden ist nicht gegeben, im Gegenteil: Bei diesem Ansatz wären tech­ni­sche Spielereien hinder­lich, weil sie den Kundenkreis einschränken würden.

  21. Jens

    Oliver: So weit, so gut — wenn es denn ein Fontformat gäbe, das ausschließ­lich im Web nutzbar wäre. Denn ein großes Problem dabei ist ja die unli­zen­zierte Nutzung für Print, die kaum aufzu­spüren ist. Und das wird sicher­lich nicht einfa­cher, wenn jeder die Fonts per Browser frei Haus gelie­fert bekommt.*

    Und um den Printmarkt ganz abzu­schreiben, ist es hoffent­lich noch ein bißchen zu früh ;)

    Daß man auch die unli­zen­zierte Nutzung durch Privatleute verhin­dern muß (wegen Verwässerung der Exklusivität) sehe ich ganz genauso.

    * und sowas wie die Typotheque-Lösung schafft da auch nur bedingt Abhilfe, es hat mich ca. 10 Minuten gekostet, bis ich die Fonts hatte ;)

  22. Christian

    Oliver Adam:
    Dein Konzept finde ich gut. In meinem Freundeskreis sind Abmahnungen wg. ille­galen Musikdownloads einge­troffen, seitdem gibt es das Bewusstsein, dass diese Downloads nicht legal sind und Geld kosten.
    Warum nicht das gleich bei Schriften einführen. Gut finde ich, dass die zahlenden Schriftanwender möglichst wenig damit zu tun haben.
    Jürgen: Kann ein Schriftanbieter sowas perso­nell stemmen? Kann man mit den zu erwar­tenden Mehreinahmen vlt. Leute dafür einstellen?

  23. Oliver Adam

    @ Jens
    Aus Umsatz-Sicht antworte ich: Mir ist lieber, in einem Teilmarkt – nämlich in dem der im Web einge­setzten Fonts – lukra­tive Umsätze zu gene­rieren, (Dialog-) Marketing zu machen, gleich­zeitig Aufklärung zu leisten, als das Gesamtproblem – Schriftenklau im Allgemeinen – resi­gnativ abzu­schreiben. Aus dieser Sicht ist der unein­ge­schränkte Einsatz von Schriften im Web ein: Segen!

  24. Oliver Adam

    Besser: … Aus dieser Sicht ist der tech­nisch unein­ge­schränkt mögliche Einsatz von Schriften im Web ein: Segen!

  25. Maik

    Ein Industriestandard sollte aber von der Industrie unter­stützt werden, oder?

    Genau hier liegt einer der sprin­genden Punkte: Seltsame Illusionen darüber, wer „die Industrie“ ist.
    Die soge­nannte Musikindustrie hat auch schon geglaubt (und glaubt wahr­schein­lich immer noch), dass sie den Markt für Musik ausma­chen. Tatsächlich ist die Marktmacht der Elektronikhersteller (Geräte, auf denen man Musik abspielen kann) und der Vertriebsebene (iTunes, amazon) aber wesent­lich größer. Darum können die sich erlauben, über Kopierschutz gar nicht mehr zu disku­tieren und einfach zu machen, egal, was die anderen gerne hätten.
    Ähnlich liegt es hier: Die Schriftverkäufer können zwar laut und lästig nörgeln, aber Druckmittel haben sie nicht in der Hand.
    Sollte ein Industriestandard von der Industrie unter­stützt werden? Natürlich – aber die Industrie seid nicht ihr, das sind die Browserhersteller. Die setzen die Standards. Die entscheiden, was sie imple­men­tieren, und die Webdesigner entscheiden, ob das gut ankommt.

  26. Oliver Adam

    Jürgen: Kann ein Schriftanbieter sowas perso­nell stemmen? Kann man mit den zu erwar­tenden Mehreinahmen vlt. Leute dafür einstellen?

    Ich könnte mir FIB als Gemeinschaftsprojekt der Schriftenvertreiber vorstellen. Bei »Adam & Eva« muss man auch nicht beginnen, sondern kann auf Erfahrungen aus der profes­sio­nellen Musik- und Fotoszene zurück­greifen. Nicht zu vergessen die Berachtungsweise von FIB als Geschäftsmodell im Sinne eines Unternehmers mit den damit verbun­denen Chancen und Risiken (»Swot-Analyse«).

  27. HD Schellnack.

    das Diskussionsklima zwischen Techies und BWLern auf der einen und Urhebern auf der anderen Seite wird noch um Potenzen härter. 

    Aber hallo. Und zu Recht. Und leider. Die Film- und die Buchbranche stecken mitten drin. Und es ist keines­wegs so, dass man 1:1 aus der Musikbranche Lehren ziehen kann, auch wenn Tim Renner das sugge­riert – und wenn sind sie oft nicht immer sehr ermutigend…

    Die Sache ist natür­lich: Jeder hat Recht und Unrecht zugleich. Ein resi­gnie­rendes «Es wird eh geklaut, machen wir halt eine Kulturflatrate» wäre ein Alptraum, ebenso wenig Freude kommt aber mit den Exzessen von Verwertern wie GEMA, BildKunst oder diversen Erben/Witwen auf. Man muss eine Balance finden zwischen der absolut zentralen Tatsache, dass krea­tive Leistungen sich für den Urheber und eben durchaus auch für Vertriebsstrukturen lohnen sollten und dem öffent­li­chen Interesse an Information und der Zugänglichkeit zu Kunstwerken aller Art.

    Ich finde es eben schon witzig, wenn ausge­rechnet Designer die Piratenpartei unter­stützen und so fleißig am eigenen Ast sägen, ärgere mich aber ebenso, wenn ich bei einem Kunden manisch drauf achten muss, Künstlerzitate nur zu verwenden, wenn sie älter als 70 Jahre sind… was bei moderner Kunst irgendwie etwas schwierig ist :-D.

    Die Demarkationslinie ist, einen Konsens zu finden zwischen berech­tigtem Copyright und einem über­trie­benen Rechtemissbrauch zu Ungunsten der Allgemeinheit. Aber da dürften noch einige Jahre vergehen, bis da etwas entsteht.

    Insofern finde ich den webfonts-Ansatz eigent­lich insge­samt ermu­ti­gend, weil eine über­schau­bare aber sehr hete­ro­gene Branche hier Handlungsfähigkeit zeigt.

  28. Ivo

    Oliver, viel­leicht ist deine Vision der »Fontpolizei« tatsäch­lich die Zukunft. Die Schriftenhersteller wollen das jedoch vermeiden. Ich bin mir sicher, die Anwender auch.

  29. Ivo

    Sollte ein Industriestandard von der Industrie unter­stützt werden? Natürlich – aber die Industrie seid nicht ihr, das sind die Browserhersteller. Die setzen die Standards. Die entscheiden, was sie imple­men­tieren, und die Webdesigner entscheiden, ob das gut ankommt.

    Keine Chance, dass wir da irgendwas zu melden haben? Kann ich also meine Zeit wieder mit anderen Themen und Dingen verbringen? Ich hatte wirk­lich die »selt­same Illusionen« dass wir in der Diskussion irgendwie betei­ligt sein könnten.

  30. Henning

    HD, selten so einig mit Dir!

    Wobei ich Film- und Buchbranche erst am Anfang von (nicht mitten in) enormen Umwälzungen sehe. BTW: Wer heute behauptet, er könne vorher­sagen, wie die Verwerterlandschaft in zehn Jahren aussieht, ist in meinen Augen unglaub­würdig. Vor zehn Jahren (1999!) gab es soziale Netze, Web 2.0 usw. noch nicht, die sind erst vier, fünf Jahre alt. 1999 war noch nicht mal die New-Economy-Blase geplatzt. Im Internet sind in zehn Jahren die Dinosaurier locker zweimal ausgestorben.

    Lustigerweise hatte ich gestern ein äußerst inter­es­santes Hintergrundgespräch mit dem GF des Kulturrates zu genau diesem Thema. Und anschlie­ßend bin ich am Potsdamer Platz Tesla gefahren (die Energiewende – das andere Riesen-Change-Thema …).

    Olivers Sichtweise finde ich wie so häufig bestechend und deckungs­gleich mit meiner Sicht. FIB müsste unbe­dingt ein Gemeinschaftsprojekt sein, damit

    a) nicht der Eindruck von unter­schied­li­chen Rechtsauslegungen entsteht,
    b) die dabei anfal­lenden Statistiken allen fair zur Verfügung stehen und
    c) der wech­sel­sei­tige Datenschutz gewähr­leistet ist (soll ja keiner die Kundendatenbank des anderen lesen können).

    Na, schaun wir mal.

  31. Oliver Adam

    Ich bin mir sicher, die Anwender auch.

    Na ja, das ist offen­sicht­lich ;-) Übertragen aufs »rich­tige« Leben hieße das, auch der Autobahnraser würde lieber die Polizei vermeiden. Nun gibt es aber allge­mein akzep­tierte Regeln, die einge­halten werden sollen, Stichpunkt Freiheit. Font-Diebe nehmen anderen Freiheit (Honorare für die Gestalter, Umsatz der Vertreiber, Schädigung von Agenturen etc.). Um in Deinem Wording zu bleiben: Ist es da nicht unfair, keine »Fontpolizei« zu haben ;-)?

  32. Henning

    »Fontpolizei« … Schriftenhersteller wollen das jedoch vermeiden. 

    Himmel, die Musikindustrie hätte das sicher auch gern vermieden.

    Ich bin mir sicher, die Anwender auch.

    Besonders die böswilligen :-)

    Falls eine miss­bräuch­liche Nutzung im Internet nicht abge­straft wird, wird sie in wenigen Jahren üblich sein. Ohne Strafandrohung sehe ich eine Rechtsdurchsetzung als ziem­lich schwierig an.

    Und das Problem mit der uner­laubten Nutzung in Print (s. Jens #21) wäre damit mangels Ermittelbarkeit noch nicht mal vom Tisch. Also: Es geht um die Suche nach einer Lösung, die Privatnutzern, Verwertern und Vertreibern sowie den Urhebern glei­cher­massen gerecht wird.

    Und dabei geht es natür­lich um das einzige Druckmittel, das ein Rechteinhaber hat: sein Recht. Auf das zu Pochen keines­wegs unan­ständig ist, auch wenn es bisweilen so darge­stellt wird.

  33. Oliver Adam

    Die Schriftenhersteller wollen das jedoch vermeiden.

    Ivo, ich kann mich noch gut an unser Gespräch auf der TYPO erin­nern, wo Du sagtest, dass die meisten Schriftenentwerfer nicht von ihrer Arbeit leben können. »Urlaubsgeld« träfe es besser. Angemessene Bezahlung: Wollen das die Schriftenhersteller auch vermeiden? Faktisch tun sie es. Das Problem ist doch, dass Schrift ein billiges Massengut durch Diebstahl geworden ist. Aus meinem Verständnis sollte Schrift ein möglichst knappes Gut sein, das ange­messen bezahlt wird. Um in Deinem Wording zu bleiben: Ist es da nicht ebenso unfair, keine »Fontpolizei« zu haben?

    Nochmal: Ich selbst sehe nicht so sehr die Polizeifunktion im Vordergrund als viel­mehr die Bearbeitung eines »Massen«-Marktes.

  34. Ivo

    Deswegen sage ich ja, dass es u.U. tatsäch­lich die Zukunft ist. Aber das soll nun wirk­lich nicht das erste Mittel sein, zu dem die Hersteller in dieser Diskussion greifen. Ich würde das wirk­lich nicht gern sehen. Wenn es aber am Ende die einzige Möglichkeit ist, unseren Designern ihre verdienten Tantiemen zu zahlen, dann bitte. Nennt mich naiv, aber ich glaube immer noch an bessere Wege.

  35. HD Schellnack.

    Wobei ich Film- und Buchbranche erst am Anfang von (nicht mitten in) enormen Umwälzungen sehe. 

    Mitten drin, glaub mir. Mitten drin. Das geht im Buchbereich gerade richtig rund. Mit höchstem Tempo. Wobei ich persön­lich glaube, dass in diesem Fall mit etwas Glück eher die kleinen Strukturen Chancen haben, weil der Markt ein völlig anderer ist als der Musikmarkt – und auch schon immer war.

    FIB

    Man muss da aufassen, keine zweite RIAA zu bekommen – wenig hat der Industrie so geschadet wie mani­sche Rechtewächter und Vorkriminalisierer. Copyright ist der Kriegsschauplatz der nächsten Generationen und man muss auch hier weiter denken als nur lokal. Denn in Europa sinn­voller Rechteschutz kann auch eine Ausgrenzung von Kulturteilhabe der Dritten Welt bedeuten und so weiter. (Es betrifft ja nebenbei auch Patente und so weiter.) Schriftlizenzen sind hier nur ein mikro­sko­pi­scher Teil dessen, worum es wirk­lich geht – Buch, Musik und Film übri­gens auch nur. Die Piratenpartei hat inso­fern sicher einen Boom vor sich – als Reaktion der Bürger auf das Gefühl, mit mono­po­lis­ti­schen Rechtevermarktern konfron­tiert zu sein.
    Die größte Leere, die alle aus der Musikbranche ziehen sollten ist, dass man sehr wohl Geld mit digi­talen Inhalten verdienen kann und Raubkopie kein exis­tenz­be­dro­hendes Ding ist, wenn man a) gemein­same Vertriebsstrukturen bildet, b) für die Nutzer ein Plus an Gemütlichkeit und Useability bietet und b) im höchsten Maße fair, freund­lich und service­ori­en­tiert arbeitet.

    Ich habe eigent­lich keinen Zweifel, dass man das im Bereich Font-Nutzung hinkriegen könnte.

  36. Henning

    HD,

    Das geht im Buchbereich gerade richtig rund. 

    das weiß ich, ich bin in einem regel­mäs­sigen Dialog mit den Vertretern aller Urheber- und Verwerterbranchen. Ich glaube aller­dings, dass das noch lange nicht der Höhepunkt (=mitten drin) ist.
    #Setzer #Lithograph #Heizer auf der Lok

    Copyright ist der Kriegsschauplatz der nächsten Generationen

    Nö, dieser.
    #Internet #Dinosaurier.

    … Raubkopie kein exis­tenz­be­dro­hendes Ding ist, … 

    Das ist wieder einer der gefürch­teten HD-Querschläger. Für Raubkopierer und Piraten kann es nur den rauchenden Colt geben, was denn sonst?

  37. HD Schellnack.

    Das ist wieder einer der gefürch­teten HD-Querschläger 

    Nicht jede Meinung, die nicht mit deiner kongruent ist ist ein «Querschläger», Henning. Und auch nichts zum fürchten. Du hast mich schon aus dieser Typo-Runde raus­ge­kriegt mit deiner Haltung, lass mir hier ruhig meine eigene Meinung. Danke.

    kann es nur den rauchenden Colt geben 

    Das ist leider echt die RIAA-Denke, und die hat über­haupt nichts bewirkt. Ich bin absolut für ein funk­tio­nie­rendes Copyright, aber die Mentalität, dass man der legalen Aneignung digital verbreit­barer Inhalte mit irgend­einer Form von Zwang beikommen ist, ist nichts, was ich auch nur nähe­rungs­weise unter­schreiben möchte. Einfach, weil es nicht geht – und weil ich auf die dazu­ge­hö­renden Überwachungsmaßnahmen keinerlei Lust habe. Diese Denke hat die Musikindustrie zu Anklagewellen, DRM und anderen Fehlleistungen gebracht – und damit an den Rand des völligen Imageruins.

    Es gibt sicher Mittel und Wege, Raubkopie zumin­dest einzu­dämmen (man wird hier nie 100% Erfolg haben, irgendwer wird immer Klauen/Sammeln – das ist in der echten Welt ja auch so). Aber es werden inte­gra­tive Maßnahmen sein müssen.

    Nicht zuletzt werden alle Rechteinhaber und -verwerter über­legen müssen, wie man ein den tech­ni­schen Möglichkeiten und dem globalen Austausch ange­mes­senes, für alle Seiten faires Copyright erar­beiten kann. Mit rauchendem Colt zu schwenken, schafft da keine Grundlage.

  38. Maik

    Keine Chance, dass wir da irgendwas zu melden haben? […] Ich hatte wirk­lich die »selt­same Illusionen« dass wir in der Diskussion irgendwie betei­ligt sein könnten.

    Jeder kann sich „an der Diskussion betei­ligen“. Zum Beispiel mit Vorschlägen wie dem .webfont-Format. Der Vorschlag ist tech­nisch ziem­lich mies, aber ich zweifle nicht das grund­sätz­liche Recht an, Vorschläge zu machen.
    Was ich aber nicht ausstehen kann, ist die arro­gante Erwartung, dem Rest der Welt vorschreiben zu können, wie man mit Schriftarten umzu­gehen hat und wie Software auszu­sehen hat.
    An der Diskussion und an der Entscheidung betei­ligt zu sein sind zwei sehr verschie­dene Dinge. Ersteres ist kein Thema, aber soweit ihr letz­teres fordert, ist es an der Zeit, die Überheblichkeit etwas runter zu fahren.

  39. HD Schellnack.

    Ich glaube aller­dings, dass das noch lange nicht der Höhepunkt (=mitten drin) ist. 

    Der Höhepunkt wird kommen, wenn die Buchpreisbindung fällt und ein elek­tro­ni­sches Medium wie der iPod und ein großer digi­taler Vertriebsweg à la iTunes / Amazon ein einheit­li­ches, gut funk­tio­nie­rendes Format für Digital-Print bedient. Dann werden Sortimenter und Fillialisten glei­cher­maßen even­tuell sehr große Adaptionsprobleme haben, während die Verlage mit dem vergleichs­weise leichter zu hand­ha­benden Problem der Raubkopie konfron­tiert sind.

    Zum einen gehorcht Buch aber anderer konsu­ma­to­ri­scher Logik – und hat andere Zielgruppen – als Film und Musik, zum anderen hoffe ich vor allem im Bereich Vertrieb, dass hier auch eine Menge Energie in der Buchbranche frei­ge­treten wird. Einen Umbruch wird es aber sicher geben – die Frage ist nur, ob man das nicht auch unter posi­tiven Vorzeichen nutzen kann.

  40. Oliver Adam

    Ich bin absolut für ein funk­tio­nie­rendes Copyright … und weil ich auf die dazu­ge­hö­renden Überwachungsmaßnahmen keinerlei Lust habe.

    Dieses Statement wird sicher Applaus ernten, ist aber ein Widerspruch in sich – wie etwa: »Ich bin für einen funk­tio­nie­renden Rechtsstaat, aber auf Polizei und Gerichte habe ich keine Lust«. Das Ergebnis wäre Anarchie, und genau das im Sinne von Umsatzverlusten und Proletarisierung anderen geis­tigen Eigentums wird auch bei der Webfont-Problematik auftreten, wenn Ihr das Recht auf Honorierung nicht konse­quent durch­setzt – und zwar durch clevere Dialogmarketing-Tools und nicht durch Polizeigehabe …

  41. Jürgen

    @Maik. Hast Du denn ein Mitspracherecht, auf welche Art digi­tale Musik gespei­chert wird, wie .jpg für Fotos normiert ist oder welche Helligkeit das Standlicht Deines Autoscheinwerfers haben muss. Das sind doch Industrie- und Normfragen, um die ich mich als Verbraucher über­haupt nicht kümmern will. Ein Industriestandard ist erfolg­reich, wenn ihn 99 % der Menschheit gar nicht spürt. Das ist bei Büchern, Musik-CDs und Fernsehen der Fall. Bei Speicherkarten nur bedingt. Handy-Ladegeräte … geht gar nicht (aber da gibt es ab 2010 endlich eine einheit­liche Lösung).

  42. HD Schellnack.

    >ist aber ein Widerspruch in sich
    Nein, es bedingt einen Konsens und Kompromisse, wie alle Dinge.
    Es gibt auch einen Unterschied zwischen meinem Satz und deinem. Copyright kann ohne Exzesse wie RIAA und auch ohne GEMA-Nerverei bei YouTube funk­tio­nieren. Da gibt es ja schon einen Unterschied.

    Es ist eher so, als würde ich sage, ich bin für einen Rechtsstaat, aber dagegen, dass jeder Ladendieb zu horrenden Kosten für den Staat ein volles Gerichtsverfahren kriegt. (Wobei das jetzt kein 1:1-Vergleich zum Copyright sein soll, es geht jetzt nicht um die Bagatellfrage).

  43. HD Schellnack.

    >>dass das noch lange nicht der Höhepunkt (=mitten drin) ist.
    Haha, sehe ich jetzt gerade erst. Das der HÖHEPUNKT in der Mitte ist, unter­stellt axio­ma­tisch eine Glockenkurve. Muss ja nicht sein. :-D Aber ich bin sicher, das Statement, dass der Höhepunkt in der MITTE liegt, wird alle Frauen und nicht nur die total begeis­tern :-D.

  44. HD Schellnack.

    >und zwar durch clevere Dialogmarketing-Tools und nicht durch >Polizeigehabe
    Clever wäre sicher nicht meine Wortwahl, aber 100% meine Meinung. Es geht gar nicht anders. Ansonsten schraubt man sich nur in einer endlosen Schraube von Sicherheitsmaßnahmen und Hackerei eben dieser Maßnahmen hoch, die endlos werden kann – wenn die letzten 10 Jahre doch eins gezeigt haben, dann dass JEDES Sicherheitssystem in kürzester Zeit geknackt werden kann. In diese Richtung zu denken wäre also nicht sonder­lich klug, sondern Verbotskultur plus Geldverbrennung :-D. Dafür ist die Fontbranche zu klug und zu klein.

  45. Oliver Adam

    @ HD

    Nein, es bedingt einen Konsens und Kompromisse, wie alle Dinge.

    Die Exisistenz und die Legitimation von Polizei und Gerichten beruht auf demo­kra­ti­schem Konsens und auf Kompromissen. Die Exisistenz und die Möglichkeit zur Einforderung von Urheberrechten beruht auf demo­kra­ti­schem Konsens und auf Kompromissen. Das denen zu verwei­gern (wieso eigent­lich?), die davon leben oder leben wollen, empfinde ich als unse­riös und unfair.

    ich bin für einen Rechtsstaat, aber dagegen, dass jeder Ladendieb zu horrenden Kosten für den Staat ein volles Gerichtsverfahren kriegt.

    Dann müss­test Du, konkret bei der Webfont-Problematik, Abstufungen beim Vergehen machen. Das geht aber gerade nicht: Entweder ich verfüge über eine Lizenz oder nicht. Entweder ich bin Lizenznehmer oder Dieb. Und: Zudem unter­scheidet sich ein Gerichtsverfahren nebst Strafe eines gewöhn­li­chen Ladendiebs ganz außer­or­dent­lich von dem eines, sagen wir, Serienmörders …

  46. Oliver Adam

    Clever wäre sicher nicht meine Wortwahl, aber 100% meine Meinung. Es geht gar nicht anders. Ansonsten schraubt man sich nur in einer endlosen Schraube von Sicherheitsmaßnahmen und Hackerei eben dieser Maßnahmen hoch, die endlos werden kann

    Wie gesagt: Ich bin gegen jegliche tech­ni­sche »Lösung«, sondern für einen tech­nisch völlig einfa­ches Verfahren zum Einsatz von Fonts im Web – nicht aus Altruismus, sondern aus dem Kalkül heraus, mittels FIB »Diebe« im Nachhinein zu Kunden zu machen und meine Botschaften im Sinne von Dialogmarketing zu plat­zieren. »Clever«, weil im Gegenteil jede tech­ni­sche Verkomplizierung meinen neuen Font-Markt von Vornherein beschränken würde. Meine Lösung ist »Werbung« im besten Sinne von »Verführung«: Verführt die Leute zum Einsatz und bittet sie dann völlig legitim zur Kasse.

  47. HD Schellnack.

    Amen! Bei Freunden klaut man nix.

  48. Henning

    Bei anderen auch nicht.

  49. HD Schellnack.

    Henning, aber es passiert doch. Es passiert – das kann man doch nicht wegwischen.

    Man kann auch Ladendiebstahl nicht dadurch verhin­dern, dass man sagt, das gehöre sich nicht. Und ebenso wenig durch Technik, durch Sicherheitskräfte und durch Überwachungskameras.

    Ein einfa­ches Beispiel ist die Tatsache, dass ich zT US-Serien «raub­ko­piert» schaue. Nicht weil ich will, sondern weil ich sie legal nicht online sehen kann – es gibt sie nicht bei iTunes Deutschland (wohl aber in den USA), und auf extreme Umwege wie DVD-Sets aus den USA bestellen hab ich als Kunde keine Lust. Heißt: NICHT gucken oder Rapidshare ansehen, Staffel gucken, Staffel dann sowieso wieder löschen und ärgern, dass es nicht einfa­cher und komfor­ta­bler geht.

    Und irgendwie irgendwo entgeht irgendwem Geld, das ich absolut bereit wäre zu zahlen :-D.

    Das Copyright, dass es verbietet, bestimmte Inhalte in Europa zugängig zu machen, bedingt also einen Copyrightbruch.

    Anderes Beispiel: Scans Daily. Ein kollek­tives Blog, das über lange Zeit etwa 50-60% des Inhaltes alter aber zum Teil auch neuer Comics zeigt. Bis sich ein Autor bei Marvel beschwert hat und das Livejournal dicht gemacht wurde. Nur haben sich dann wirk­lich hunderte von Nutzern gemeldet, dass sie sich via Scans Daily eigent­lich regel­mäßig Kaufinformationen holen (welche Serien sind gut) und zum großen Teil dann Trade Paperbacks oder Serien gekauft haben. Mir gings auch so, ich bin bei Scans Daily auf gute Sachen gestoßen und hab dann entspre­chend einge­kauft. Das zu schließen ist ökono­misch sehr kurz­fristig gedacht, zumal es eben keine Raubkopierer-Börse war, ganz im Gegenteil. Inzwischen gibt es das Blog wieder an anderer Stelle – die genannte Sicherheit/Hacker-Spirale, du machst eine Quelle zu und drei Stunden später ist es unter anderem Namen wieder offen, nur dass das Schließen dir als Anbieter von Inhalten diverse Kosten verur­sacht, den Usern das Wiedereröffnen aber eben nicht – und die Regeln sind etwas geändert,in der Hoffnung auf eine gute Koexistenz in der Balance der Wünsche von Verlagen und Lesern… denn darum geht es ja für beide Seiten.

    Noch ein Beispiel: Prä-DRM-freien iTunes hab ich schon ab und zu CDs aus dem Netz gezogen, weil mir die Inhalte die 16 Euro viel­leicht nicht wert waren oder um einmal vorher rein­zu­hören. Nicht zuletzt auch, weil es die beste Methode war, Musik zu kriegen, ohne andau­ernd eine echte CD herum­fliegen zu haben.
    POST-DRM-freien iTunes mit besserer Soundqualität kaufe ich fast ausschließ­lich (und leider viel zu viel) bei iTunes meine Musik. Und ich schau auch nicht, ob es bei Amazon 1 Euro billiger ist, weil es einfach an Komfort mangelt bei Amazon (Extra-Download-Tool nötig usw).

    Oliver hat total Recht – die meisten Leute (abge­sehen von denen, die entweder aus Geldmangel sowieso nicht legal kaufen würden oder aber den wie ich denke relativ wenigen, die einfach krimi­nellen Sammlerehrgeiz haben) würden, ein schönes Wohlfühl-System voraus­ge­setzt, sehr wohl dazu zu verführen sein, legal zu kaufen.

    Ich meine, wie viele Leute raub­ko­pieren Office? Nicht wenige, denke ich. Trotz Aktivierung, trotz 1234.00000-stelligen Seriencode. Auch kein Wunder, Office ist etwas über­teuert und mit zig Versionen auch kaum anständig gemüt­lich zu kaufen. iWork hingegen kostet mit einer 5-er Lizenz 99 Euro – wer will das raub­ko­pieren???? Ich meine, ich kaufe beides, aber bei Office hab ich es mit Updates nicht eilig, bei iWork denk ich nicht drüber nach, ist doch ein Superpreis, ich bin jedesmal begeis­tert. Snow Leopard wird 29 Euro kosten. Wer macht sich da den Kopf, es raubzukopieren?

    Service, Image und dann auch noch ein guter Preis – und BANG. Und dann macht irgend­wann auch der höhere Absatz den nied­ri­geren Preis wett, während das andere eher umge­kehrt ist.

    Das alles hat wenig damit zu tun, dass man profes­sio­nellen Raubkopierern das Handwerk legen muss – klar. Aber ob man dafür Torrent-User krimi­na­li­sieren muss, die mal nicht ins Kino gehen? Doch nicht wirk­lich, oder? Oder ob die GEMA bei Hochzeiten Leute hinschickt, die aufpassen, ob auch richtig abge­rechnet wird? Muss nicht sein, oder?

    Zumal ich an den Urban Myth, das Raubkopien die Musikindustrie schä­digen, nach wie vor nicht wirk­lich glaube. Das ist inzwi­schen mehr­fach auch sehr plau­sibel ange­fochten worden,ich erin­nere mich vage an eine Harvard-Studie zu dem Thema. Es ist naiv und pole­misch, das so zu verknüpfen.

    Was die Probleme nicht herab­spielen soll, aber zeigen, dass es einen konsens­fä­higen Bereich GIBT und geben kann – da sind wir uns auch sicher alle einig. Aber nicht, wenn da einer­seits die RIAA ist und ande­rer­seits die Piratenpartei und das ganze zu einem Krieg User-vs-Producer wird.

  50. Henning

    Ich finde das Proposal einen wich­tigen Schritt, empfinde Olivers Anregungen die rich­tige Haltung, bin gegen tech­ni­sche DRM-Lösungen, stimme HDs 49 komplett zu, na, fast komplett. Komisch ist nur: wenn ich gegen das Ladendiebstahlsbeispiel rechts­sys­te­ma­tisch einwende, dass Recht und Gesetz doch gar nicht dazu da sind, das Unrecht abzu­schaffen, sondern dazu, es zu ahnden (was ja implizit heisst, dass auch der Gesetzgeber davon ausgeht, dass es den Gesetzesbruch immer geben wird), und ich daher Recht und Gesetz als wichtig unter­streiche, weil damit dem Geschädigten die Möglichkeit offen steht, entweder Milde walten zu lassen oder unnach­giebig zu reagieren (eine Wahl, die es ohne Gesetz nicht gäbe), dann scheine ich auf der Seite der »Verbotskultur« zu stehen. Huh? Was ist das denn?
    Sind rechts­staat­liche Gedanken so fremd?

    Reicht schon der Hinweis auf den Nutzen der Rechtsstaatlichkeit – bei sonst voll­kommen deckungs­glei­cher Sicht wie HD, Ivo, Jürgen, Oliver – um zum Überwachungsfetischisten erklärt zu werden? Was ich nicht bin.
    In solchen Momenten befällt mich ein gewisses Grausen vor den noch kommenden Diskussionen. Denn hier im Fontblog disku­tieren viel­fach Menschen, die sich kennen und schätzen. Was mag da noch kommen, wenn wir uns in der von mir unter­stellten Veränderungs-Glockenkurve noch um ein, zwei Jährchen weiter Richtung Zentrum des Wandels bewegt haben? Meine Sorgen betreffen die Dynamik ausser­halb unseres gepflegten Zirkels. Hat jemand mal bei Heise rein­ge­schaut? Aus Sicht der Nicht-Urheber im Heise-Forum sind Urheber unter­schiedslos nichts als blut­saufende Kontrollfreaks, das dazu gehö­rige Recht nichts als abschaf­fens­wert. Da wird nicht selten auch das Recht auf körper­liche Unversehrtheit negiert, wenn es um dieses Thema geht.

    Und so ödet mich das reflex­hafte Einrasten in die Kategorien »Betonkopfurheber vs. Machbarkeitssuffkopp« ein weiteres Mal an, welches sich sogar hier unter 99,9% meinungs­glei­chen Menschen einstellt. Verblüffend. Und ein biss­chen scary.

    Denn für mich liegt auf der Hand: Erst jenseits eines staat­lich vorge­ge­benen Ordnungsrahmens treten wirk­lich krasse Exzesse auf – siehe Banken-/Finanzkrise. Und hier muss dieser Ordnungsrahmen nicht erst geschaffen, sondern ledig­lich bekannt gemacht werden. Bekannt gemacht bei Menschen, die früher halt nie die Möglichkeit hatten, lizenz­recht­liche Verstöße zu begehen, weil das Zwangsbundling mit Hardware und der fehlende Zugang zu Vertriebsmöglichkeiten das eben verhin­dert haben. Heute, wo jeder ein Produzent/Sender/Vertreiber sein kann, kann eben jeder auch Lizenzverstöße begehen – kleine und große.

    Und da finde ich die Kombi aus Olivers Ansatz mit dem Proposal gar nicht schlecht. Wir sind ja hier mitten in der Diskussion. Und für alle ganz unein­sich­tigen Rechtsverletzer hat der Gesetzgeber die gesetz­li­chen Möglichkeiten geschaffen. Zum Glück! Mit manchen Hardlinern kommt man ohne dieses Druckmittel erst gar nicht an den Verhandlungstisch. Das weiß auch jedes Schriftenhaus (sagt es nur nicht so gerne in der Öffentlichkeit). Das hat doch nichts mit »RIAA-Exzessen« zu tun.

  51. Sebastian Nagel

    FIB und Dialogmarketing … klingt theo­re­tisch gut.

    Ich werde aber grade wieder (meiner Meinung nach unge­recht­fer­tigt) von GettyImages extrem mit „Dialog“ gepie­sackt – auto­ma­ti­siert, unfle­xibel – Massenmarkt-Beackerung eben.

    Man müsste schon extrem aufpassen, dass das bei einer „FIB“ nicht passiert. Also „mensch­lich“ bleiben und echten Dialog führen, sonst wirkt es – egal wie gut gemeint – sehr schnell sehr unsym­pa­thisch und die poten­ti­ellen Kunden sind vergrault.

    (Wenn mich Getty noch zwei Briefwechsel lang mit der Sache nervt, haben sie mich in Zukunft als Kunden gesehen – es gibt auch andere Anbieter.)

  52. Oliver Adam

    Man müsste schon extrem aufpassen, dass das bei einer “FIB�? nicht passiert. Also “mensch­lich�? bleiben und echten Dialog führen, sonst wirkt es – egal wie gut gemeint – sehr schnell sehr unsym­pa­thisch und die poten­ti­ellen Kunden sind vergrault.

    Für mich der sprin­gende Punkt: Kunden behan­delt man nicht wie Diebe. Verändert sich der Status aber von Kunde zu Dieb, müssen die aner­kannten Rechtsgrundsätze gelten – wie auch bei Getty.

  53. fhuber

    Nur kurz eine Zwischenbemerkung zu den Browserversionen: Es wird immer mehrere Generationen gleich­zeitig im Einsatz geben (zum Glück ist IE5 mitt­ler­weile tot), aber dafür gibt es bereits funk­tio­nie­rende kaska­die­rende Techniken, sodass Webseiten in ALLEN Browser funk­tio­nieren, in neueren aber deut­lich besser.
    Bei font-face würde dies heißen: Die letzte Generation wird die Schrift bekommen, die alten Browser eben nur die Standardsystemschrift.
    Verwenden können beide Generationen die Seite! Ein Auschließen von alten Browsern (Stichwort: Scheiss IE6) ist völlig unnötig.
    Und die FIB klingt inter­es­sant, mir fallen spontan gerade zwei Dinge dazu ein, die bei solch einem Vorhaben bedacht werden müssen:
    1.) Datenschutz. Was sagt die Rechtslage zum Crawlen und Anlegen einer (vermut­lich ziem­lich großen) font-face Datenbank von Webseiten? Und wie sieht das aus mit der Weitergabe von einer Foundry zur Nächsten?
    2.) Inwiefern kann es recht­liche Probleme geben, wenn sich die FIB lang­fristig zu einem reinen Rechnungs-/Abmahnungsschreiber entwickelt?
    Es gab eine Firma, deren Aufgabe bestand es darin, durch gutes SEO Bilder in den Google Rankings möglichst weit nach oben zu treiben. Sobald das Bild verlinkt wurde, verschickten Sie Abmahnung mit horrenden Summen. Vor Gericht war ihre Meinung, dass sie eigent­lich nur ein Anbieter von Fotomaterial seien und gegen UHG Verstöße sich zu Recht zu Wehr setzen. Problematisch, war, dass die Firma eine eigene Abmahnabteilung besaß und die 90% des Umsatzes ausmachte. Sie verlor den Prozeß.
    Unter anderem wegen dieser Firma wurden ja die Abmahnkosten beschränkt.
    Klar, bei FIB war von Abmahnen nicht die Rede, sondern schlichtweg von einer Rechnung über die Nutzungsrechte.
    Trotzdem würde die FIB sich bilanz­tech­nisch nur mit der Eintreibung dieser fehlenden Vergütungen beschäftigen.
    Aber das sind ja nur Denkanstöße, ich kaufe mir sowieso brav die Schriften, wenn ich sie im Projekt brauche. Für die Typografie zahlen ja auch meine Kunden ;)

  54. Oliver Adam

    Vorab: Mein Vorschlag, der auf gegen­sei­tiger Fairness beruht, berück­sich­tigt alle Punkte, die Getty seiner­zeit im Rausch des Geldes versau­beu­telt hat (kein Unterschied Privat/Gewerbetreibender, weit über­höhte Nutzunghonorare, Anwaltskeule etc.). Zurecht ging der Schuss kommu­ni­ka­tions- und marken­tech­nisch nach hinten los.

    @fhuber

    Sehr inter­es­sante Fragen. Obwohl ich diese und andere Fragen lieber einem befreun­de­tetem (netten und seriösen :-)) ) Fachanwalt vorstellen und die Antworten hier posten werde, vermute ich, dass Frage 1 kein Problem sein dürfte. Denn sonst dürfte es Google & Co. ja nicht geben. Allerdings gibt es für Website-Betreiber ein »virtu­elles Hausrecht« …

    Der Betriebszweck der Firma Deiner Frage 2 scheint mir von vorn­herein auf Unseriosität und »Abzocke« zu gründen. Auch das ist ja bei FIB nicht gegeben: Hier bekommt das Schriftenhaus faier­weise nur das, was ihm zusteht.

    Kannst Du für Frage 2 noch mehr Infos geben? Name der Firma etc.

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