Font-Industrie sieht Lösung für Webfonts [Update]
Seit Wochen gärt es in der Schriftindustrie. Neue Versionen der Internet-Browser Safari, Firefox und Internet Explorer unterstützen inzwischen Technologien, mit denen das Gestalten und Betrachten einer Internet-Seite in einer frei wählbaren Schrift möglich wird. Stichwörter: EOT und @font-face. Dabei werden neben den Texten und Bildern einer Webseite auch die verwendeten Schriften an den Empfänger geliefert, was die Lizenzbedingungen der Schriftenhäuser im Moment nicht gestatten. Das Problem: Wie lassen sich die Urheberrechte an Schriftentwürfen und die Nutzungsrechte sicher verwalten?
Nun haben der amerikanische Schriftentwerfer Tal Leming und der holländische Designer Erik van Blokland ein Papier aufgesetzt, das breite Unterstützung findet. Es wurde sowohl auf der frei zugänglichen W3-Mailingliste veröffentlicht und diskutiert, als auch vertraulich unter den Schriftenhäusern selbst. Technisch betrachtet geht es um einen komprimierten Fontdatenmantel (wrapper), der sich aus einem <fontdata>-Element und einer <info.xml>-Datei zusammensetzt. Legt man diesen Datenmantel um eine existierende Fontdatei, entsteht ein legaler .webfont.
Der 1. Entwurf des .webfont Proposals ist hier nachzulesen, der 2. überarbeitete Entwurf hier. Zu den ersten Unterstützern dieses neuen .webfont-Formats gehören House Industries, Letterror, FontShop, Hoefler-Frere-Jones, Typotheque, Village, Bold Monday, Commercial Type, Emigre, Stone Type Foundry, Alphabets, Process Type Foundry, Feliciano Type Foundry … und sicher werden heute auf der TypeCon in Atlanta weitere hinzukommen.
[Update] Aktuelle Liste der Unterstützer
54 Kommentare
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Ralf Herrmann
In der Theorie tadellos und überzeugend. Aber auch wenn sich sämtliche Foundrys dahinterstellen: Was man leider bei dieser »Lösung« wieder vergisst, sind die Anwender. Denn ein solches neues Format bietet keinerlei Abwärtskompatibilität und die noch immer riesige Anwenderzahl von Internet-Explorer-Nutzer (verschiedenster älterer Versionen) kommt demnach weder kurz- noch mittelfristig in den Genuss dieser Webfonts.
Dabei kann man mit der Kombination aus EOT und OTF/TTF schon kurzfristig über 90 % der Webnutzer bedienen. Man muss sich nur auf die neuen Rahmenbedingungen einlassen.
Typotheque beweist gerade, wie selbst eine vermeintlich kleine Foundry einen Webfont-Dienst aufsetzen kann. (Man verwendet hier übrigens zur Sicherung einfach das Token-Prinzip, dass ich bereits nach der Einführung von Webfonts in Safari 3.1 vorschlug.) Und für Foundrys, die das nicht schaffen, stehen Webdienste wie TypeKit und andere bereits in den Startlöchern.
Übrigens: Auch Ascender schlugen kürzlich ein neuen Webfont-Format vor, zogen es aber dann wieder zurück, da auch sie eingesehen haben, dass Webfonts schon jetzt Realität sind und die viele Jahre dauernde Einführung eines neuen Formates viel zu spät kommt.
Matthias H.
Auch wenn wir etwa auf die nächste Spezifikation zu HTML 5 wohl noch bis 2022 warten müssen, wäre in der Tat eine breit unterstützte Lösung zum Thema Webfont wünschenswert.
Allerdings bleibt das ursprüngliche Problem der unerlaubten Nutzung ja auch durch das neue Format bestehen, wenn ich das Proposal richtig gelesen habe.
Schriften werden doch beispielsweise hierzulande in der Regel nicht vom Urheberschutz umfasst, extravagante Zierschriften mal ausgenommen. Bleiben also im Grunde der Markenschutz für den Schriftnamen oder die Anmeldung als Geschmacksmuster. Beides gewerbliche Schutzrechte, die einem Privatnutzer, der eventuell den Font von einer Seite kopiert, nicht entgegengehalten werden können.
Daran ändern ja auch Lizenzbestimmungen nichts, da diese lediglich zwischen dem Erwerber und dem Schriftenhaus zustande kommen. Dem kopierenden Privatnutzer kann ich deren Verletzung ebenfalls nicht entgegenhalten.
Bleibt also letztlich doch nur ein iTunes ähnliches Modell, eventuell zunächst tatsächlich ein tiefgreifenderes technisches DRM einzusetzen und durch Preisgestaltung und Aufklärung das Gros der Schriftnutzer zu sensibilisieren?
Maik
Klarer Fall von „Lösung, verzweifelt auf der Suche nach einem Problem“.
Der Vorschlag lässt sich grob in drei Bereiche aufteilen:
Komprimierte Auslieferung der Fontdatei
Auflistung von Metadaten in Textform außerhalb der eigentlichen Fontdatei
Kapierschutz
Zum ersten Punkt:
Das ist längst möglich. Jeder verbreitete Browser versteht das, alle großen Webserver, insbesondere Apache, können das.
Zum zweiten Punkt:
Das ist längst möglich und notwendig. Alle aktuellen Implementierungen von Webfonts und der (vorgeschlagene) Standard verlangen, dass die Metainformationen, die hier in eine XML-Datei gepackt werden sollen, als CSS-Code vorliegen.
Zum dritten Punkt:
Seufz. Der übliche Bullshit. Der Browser wird gebeten, die Fontdatei nicht zu benutzen, wenn die angezeigte Seite auf einer nicht aufgelisteten Domain liegt. Niemand kann den Browser dazu zwingen, sich daran zu halten. Zur Schwachsinnigkeit des Features kommt hinzu, dass auch das längst anderswo spezifiziert ist.
Fazit:
Der Vorschlag ist eine Nebelkerze. Zu Anfang werden scheinbar neue, scheinbar hilfreiche Features angeboten, damit der Vorschlag nicht sofort als peinlicher DRM-Versuch verworfen wird. Dabei ist die Hoffnung, dass man zumindest nicht sofort merkt, dass es die ganzen Features längst gibt, und zwar besser und vollständiger. Das ist den Autoren aber auch egal; das einzige an dem Vorschlag, das sie wirklich interessiert, ist das „allow“-Element, der billige Pseudokopierschutz. Auch dabei ist natürlich eigentlich völlig egal, wo diese Information steht – das eigentliche Ziel des Vorschlags ist, die Browser dazu zu kriegen, dass sie solche Vorgaben einhalten, obwohl es keinen technischen oder rechtlichen Grund gibt, das zu tun.
Jens Kutílek
Matthias H.:
Du meinst hier den Schutz des Erscheinungsbildes einer Schrift. Bei Webfonts werden aber, wie der Name schon sagt, Fonts an den Browser geschickt. Somit trifft Dein Einwand darauf nicht zu.
Aber jetzt bitte nicht zum gefühlten 5. Mal in diesem Jahr die Diskussion starten, ob Fonts Computerprogramme seien ;)
Matthias H.
@Jens Kutílek
Natürlich ging ich vom Schutz des Erscheinungsbildes der Schrift aus. Das war auch meine Absicht. Mein Argument bezog sich im Grunde auf dieAussage von Christopher Slye.
Ich wollte lediglich nochmal klarstellen, dass wohl nur ein funktionierendes DRM oder die Sensibilisierung der Anwender eine Lösung sein kann. Denn rechtlich hat man gerade bei Privatanwendern eben keine große Handhabe. (Ohne die Programmdiskussion wieder entfachen zu wollen.)
Anders wie das eben bei der Musikindustrie und dem Urheberrecht ist. Dort könnte der Wrapper helfen, um vor Gericht zu argumentieren, dass die Schrift aus einer für den „Kopierer“ offensichtlich rechtswidrigen Quelle stammt.
Ob die Schriftdatei an den Browser gesandt wird oder man die Schriftdateien von einer Webseite lädt ist für das rechtliche Ergebnis belanglos. Abgreifen und konvertieren wird man das wohl immer können.
Und das spielt für die Entscheidung der Schriftenhäuser ja eine zentrale Rolle.
Marcus
Ralph hat Recht, wenn er anmahnt, daß diese neue Lösung zuerst das Problem der Schriftentwerfer/Foundries und erst nachrangig das Problem der Anwender bedient.
Was sollen wir mit noch einem weiteren Lösungsvorschlag, der für sich genommen nicht die Kraft hat ein wirklicher Standard zu werden.
Warum nicht auf schon bestehende Lösungen aufsetzen und stattdessen das Abgabenmodell überdenken?
Bei Scannern, Druckern und auch demnächst Speicherchips wird eine Abgabe verlangt, weil sich damit urheberrechtlich geschützte Daten reporduzieren bzw. vervielfältigen lassen. Warum nicht also generell eine ähnliche Abgabe bei jedem Browser/Betriebssystem einführen?
Somit könnte man die leidige Lizenz- und letztendliche Geldfrage abkoppeln von Standards und technischen Lösungen die nur denen dienen, die damit Geld verdienen können, aber für den Anwender unpraktikabel sind.
Bitte versteht mich nicht falsch, ich bin absolut dafür, daß Schriftentwerfer bzw. Kreative im weiteren Sinne ihr geistiges Eigentum schützen und daraus Kapital schlagen dürfen.
Jürgen
David Berlow (The Font Bureau, Inc.) zu diesem Thema:
From Default Fonts To All Fonts (in two easy steps?)
Thierry
a.) es _wird_ keinen standard geben der funktionierendes DRM enthält und von allen browsern unterstützt wird. mozilla und webkit (chrome, safari) werden EOT nur schon aus patent-gründen sicher nicht einführen.
b.) mit @font-face gibt es einen w3c-standard, der sowohl verbreitet als auch standardisiert ist.
c.) user, die fonts von einer @font-face benützenden website herunterladen und dann auch selber benutzen, also piraterie betreiben, werden auch sonst illegal schriften verwenden. jeder kann eine riesige anzahl von kommerziellen schriften aus dem internet herunterladen, und zwar ohne grosse computer-kenntnisse. die gestalter die verstehen, dass urheberrecht für uns alle eine wichtige sache ist, werden dies auch weiterhin nicht tun und sich einfach nur über die neuen gestaltungsmöglichkeiten für websites freuen.
die, die es trotzdem tun werden sicherlich die einfachere möglichkeit wählen und sie über peer-to-peer herunterladen, als mühsam einzelne schnitte zusammen zu suchen.
d.) der wrapper bietet kein technisches DRM sondern nur einen kleinen holperstein, der dem benutzer klar machen soll dass er etwas illegales tut wenn er die schrift daraus extrahiert. dadurch ist gegeben dass sich niemand (moralisch gesehen) auf den standpunkt stützen kann, er habe nicht gewusst was er da tut. rechtlich ist es wie schon erwähnt kein sinnvoller schutz, aber das ist (siehe punkt c) auch sinnlos.
alles in allem denke ich ist der neue vorgeschlagene standard ein guter schritt auf dem weg zu einem visuell reicheren web. weitere initiativen wie von typotheque oder typekit werden parallel dazu existieren und erweiterte möglichkeiten für designer bieten, die in einem kontext arbeiten in dem eine seite für jeden browser der letzten acht jahren genau gleich aussehen muss.
youtube, digg und sicherlich bald auch andere grosse seiten fahren die unterstützung für IE6 immer weiter herunter, und wer IE6 benutzt hat meiner meinung nach auch keinen gottgegebenen anspruch mehr darauf, alle funktionen des heutigen internets zu benutzen.
Ole
… interessant ist die Idee schon, warten wir mal ab, was die Browserhersteller dazu sagen.
Ich denke, es wird noch viel Hirnschmalz verbraucht werden müssen um eine Lösung zu finden.
Um die Einheit der Fonthersteller zu stützen, schliesst sich primetype erst einmal der Initiative an.
Janni
Abwärtskompatibilität ist und bleibt der Knackpunkt. Da hilft eine Haltung à la „wer IE6 benutzt hat meiner meinung nach auch keinen gottgegebenen anspruch mehr darauf, alle funktionen des heutigen internets zu benutzen.“ nicht weiter – so gerne man sich einer solchen Meinung auch anschließen möchte.
Aber wenn wir in unserer Agentur für einen Kunden eine Website gestalten, dann fragt mich der Kunde nicht, ob der IE6 uncool oder veraltet oder wasauchimmer ist – der will von mir einfach nur eine Website haben, die eine möglichst hohe Reichweite hat.
Und Fakt ist: Viele User benutzen noch auf absehbare Zeit alte bis uralte Browser, weil sie halt einfach nur User sind und keine Techies oder Webdesigner – und unsere Kunden wären blöd, wenn sie diese Leute einfach so ausgrenzen würden.
Ivo
Muss man? Offensichtlich sind die Browser auch nicht gewillt sich auf die Rahmenbedingungen der Hersteller einzulassen. Das ist sehr schade für die Anwender, aber warum sollen lediglich die Hersteller bzw. Designer die Zugeständnisse machen? Und selbst das neue Proposal ist seitens der Hersteller ein weiteres großes Zugeständnis, weil es durch die meisten aktuellen EULAs kaum gedeckt sein dürfte. Es ist wie es ist: die Browser sind endlich auch mal am Zug.
DRM geht gar nicht. Das machen die »coolen« Browser und die Endanwender niemals mit. Auch die Foundries haben das begriffen.
Die von wem bezahlt wird?
Die Frage ist, ob peer-to-peer dann wirklich noch die einfachere Variante ist. Es geht bei der ganzen Diskussion eigentlich nur noch darum, die Latte nicht noch tiefer zu legen, als sie ohnehin schon ist. Das, finde ich, sollte den Herstellern zugestanden werden. Schließlich geht es hier am Ende nicht um irgendwelche gefährdeten Hobbies, sondern um zahlreiche Existenzen, wenn ich das mal so hart ausdrücken darf.
Richtig! Und das ist schon zu viel?
Fein. Ich werde euch auf der Panel Discussion auf der TypeCon als Unterstützer nennen, denn mir scheint, dass ich dort offenbar auch stellvertretend für alle Unterstützer sitze.
Das darf aber nicht heißen, dass man nicht über die Zukunft des Webdesigns nachdenken darf. Dann dauert es eben noch eine Weile. Die volle Unterstützung von PNGs hat ja schließlich auch zehn Jahre gedauert. [Mal ganz davon abgesehen, dass ich hierbei nicht annähernd mit zehn Jahren rechne!]
Ralf Herrmann
Das ist ja auch nicht ihre Aufgabe. Sie vertreten weder die Rechte der Autoren, noch die der Fotografen – warum sollten sie UNS ein tolles DRM-System spendieren?
Schau dir an, wie riesig heute noch der Prozentsatz des IE6 von 2001(!) ist. Da sind 10 Jahre Ablösezeit wahrlich nicht zu hoch gegriffen.
P.S. Ich bin übrigens nicht GEGEN .webfont (oder OTW, EOT Lite usw.) Von mir aus können die alle kommen. Ich habe nur den Eindruck, dass sich die meisten Foundrys schlicht aus Unkenntnis der technischen Details nicht an die heute möglichen Lösungen wagen und stattdessen auf irgendein wundersames neues Format hoffen, dass alle Sicherheitsbedenken beseitigt. Davon ist aber nichts in Sicht. Die vorgeschlagenen Formate lassen sich doch alle in 15 Sekunden mit einem Texteditor hacken …
Aber Netz-affine Designer/Foundrys, wie eben z.B. Typotheque, arbeiten längst an einer eigenen Lösung. Das finde ich viel beeindruckender, als irgendwelche »Unterschriftensammlungen« von Foundrys, die für .webfont oder ähnliches eintreten.
Jürgen
Ich habe jüngst eine Erklärung für dieses Phänomen gelesen, die ich aber nicht mehr finde. Viele Unternehmen haben sich damals die halbe Office-Organisation auf Basis von IE 6 von jungen Start-up-Unternehmen programmieren lassen: Faxe versenden, WLAN-Stationen programmieren, Scans in PDFs verwandeln (als Ersatz für Fotokopierer) und dgl mehr. Plötzlich waren diese Start-ups nicht mehr da, und noch häute hängen viele Funktionen im Büro am Tropf dieses veralteten Browsers.
Wir brauchen keine Insellösungen, sondern einen Industriestandard. So wie es .mp3 für die Musik wurde und .jpg für die Bilder. Alles andere wäre eine Quälerei für die Benutzer oder (glücklicherweise) gleich zum Untergang verurteilt.
Ralf Herrmann
Welcher Ansatz sich als »Insel« herausstellen wird, muss sich noch zeigen. Ich denke, Webfonts als Webservice (a la TypeKit) haben eine gute Chance, das YouTube/Flickr/etc. der Schriftwelt zu werden – dann kann von Insel keine Rede mehr sein. Sie liefern dann in sehr naher Zukunft exakt das, was die Anwender wollen und der Erfolg könnte die Bestrebungen für ein neues Format sehr leicht überrollen.
Insellösungen sind sIFR, Cufon etc. Der »Industriestandard« heißt @font-face – und der ist heute schon Realität.
Maik
Der Vergleich ist vielleicht passender, als den Foundries lieb wäre. Bedenke, dass die gesamte Musikindustrie über MP3 gekreischt hat ohne Ende.
Im Endeffekt wurden jedoch einfach Fakten geschaffen, dadurch dass die Hersteller (Soft- und Hardware) das Format implementiert haben und fertig.
Genauso wird es auch mit OpenType laufen: die Browser implementieren es einfach, und die Foundries können mitmachen oder sich in die Ecke setzen und heulen. Genau danach sieht es derzeit ja auch aus; die einzigen, die noch nicht mitmachen, sind Microsoft. Auch da passt der Vergleich hervorragend – ich denke, wir wissen alle, wie erfolgreich sie mit dem WMA-Format waren.
In einem Satz: Der Industriestandard existiert längst, manche wollen es nur noch nicht einsehen.
Ivo
Hab heute mit Microsoft gesprochen. Sie gehen von 2 Jahren in der Umsetzung einer solchen Technologie aus und weiteren 2 Jahren, bis der Großteil der User auf eine neue Version upgedatet haben. Allerdings planen sie derzeit nicht, etwas anderes als EOT oder EOT Lite zu implementieren.
Ein Industriestandard sollte aber von der Industrie unterstützt werden, oder?
Jürgen
Kühl, Informationen aus erster Hand. Danke Ivo und weiterhin viel Erfolg in Atlanta,
Henning
Dass
ist sachlich ungenau. Gekreischt hat die Musikindustrie (und tut es noch) letztlich über das Wegschmelzen tradierter Vertriebswege und -methoden. Das wäre mit einem anderen Datenformat genauso passiert. Letztlich hat erst Apple mit dem iTMS vorgemacht, wie ein brauchbares digitales Vertriebsmodell aussieht, welches die Wünsche aller Seiten zusammenbringt.
Da liegt der Hase im Pfeffer. Durch neue technische Möglichkeiten entstehen neue Vertriebswege, Marketingmöglichkeiten, Verwertungsmodelle. Die neuen technischen Möglichkeiten sind nicht per se schlecht. Doch bei der Dynamik der Veränderung kommen zumindest phasenweise die Verwertungsrechte unter die Räder, bis sich ein neues auskömmliches Modell etabliert hat. Und es wird sich ein neues auskömmliches Modell für die Urheber etablieren, weil ja sonst keine neuen Bücher mehr geschrieben, keine Musik mehr komponiert und keine Schriften mehr entworfen würden (auch Kreative müssen essen). Das ist ein uraltes Thema und keines, was nur die Schriftenbranche allein beträfe. Auch in der Filmwirtschaft geht derzeit die nackte Panik spazieren – und dabei hat dort der Umbruch gerade erst angefangen.
Während des Umbruchs kommt es zu schwersten Verwerfungen im Markt (wie gesagt, nicht nur in der Schriftbranche). Unternehmen können in kurzer Zeit verschwinden, schon wenn ihr Eigenkapital nicht ausreicht um die Jahre zu überstehen, bis sich ein belastbares neues Verwertungsmodell etabliert hat. Dafür brauchen Unternehmen nicht einmal »uneinsichtig« zu sein. Es ist auch ohne »Verbohrtheit« ein Tanz auf dem Hochseil, Umsatz und Gewinn zu verlieren und gleichzeitig Forschung zu künftigen Verwertungsmodellen zu betreiben. Dabei haben die Großen der Branche die besseren Überlebenschancen – es ist mehr Fleisch zu Wegschneiden da.
Insgesamt ödet mich die Diskussionsfärbung »Betonkopfurheber vs. Machbarkeitssuffkopp« mittlerweile endlos an. So sehr ich sowohl die Euphorie der neuen Möglichkeiten und das Entsetzen über drohenden und realen Kapitalverlust verstehen kann – ich frage mich, wie viel Porzellan durch gegenseitige Ignoranz auf dem Weg noch zerschlagen werden soll.
Und ich bin ganz sicher: das Diskussionsklima zwischen Techies und BWLern auf der einen und Urhebern auf der anderen Seite wird noch um Potenzen härter. Wie gesagt: Die Schriftenbranche ist da nur ein Wurzelzwerg, die ganz großen Umwälzungen kommen erst noch.
Jürgen
Die Schriftbranche versucht, nicht die gleichen Fehler wie die Musikindustrie zu machen. Wenn nun die Typedesigner Tal Leming und Erik van Blokland eine Konzept vorlegen, das auf breite Anerkennung bei den (innovativen) Foundries stößt, dann ist das etwas so zu bewerten, als hätten sich Bono, Burt Bacharach und Steve Jobs das iTunes-Konzept ausgedacht … (vielleicht war’s ja so).
Oliver Adam
Henning hat – wie so oft – Recht. Vorab: Ich bin kein direkt Betroffener, da kein Schriftentwerfer und -vertreiber. Dennoch finde ich die Diskussion merkwürdig resignativ und aktionistisch zugleich. Mir scheint, als hätte die Schriften-Branche ebenso gepennt wie seinerzeit die Musikindustrie. Überspitzt lässt sich sagen, dass sich die Schriftenvertreiber unethisch, unkaufmännisch und Agentur-schädigend verhalten.
Unethisch, weil sie den Schriftenentwerfern den ihnen zustehenden Anteil am Honorar verweigern, indem sie nicht die ihnen rechtlich einwandfrei zustehenden Lizenzgebühren der Font-Diebe eintreiben. Die Argumentation »Privat klaut sowieso, kannste nichts machen« ist hanebüchen. Das wäre so, als wenn man einem Autovermieter, dem man die Autos klaut, sagte: »Die fahren die Autos nur privat. Kannste nichts machen«.
Unkaufmännisch, weil die Umsatzzahlen der Schriftenvertreiber sehr viel höher sein könnten.
Agentur-schädigend, weil es mich ankotzt, dass Hinz und Kunz über Schriften verfügt, die ich einwandfrei bezahlt habe. Ich möchte ja durch den Kauf hochwertiger Schriften ein Stück mehr Exklusivität in meine Arbeiten bringen. Dadurch, dass nun irgendwie alle diese Schriften (gratis) haben und damit gestalten, sinkt der Exklusivitätsgrad der Schrift und damit auch der meines Werkes.
Die jetzigen Vorschlägen sind m. E. eher »ingenieursgetrieben« denn »marketinggetrieben«. Daher kommt hier mein Ansatz, der die Umsätze automatisch erhöht, für mehr Aufklärung sorgt und den Wert des Produktes erhöht.
ACHTUNG: DIESE AUSFÜHRUNGEN SIND UMSONST, ABER NICHT GRATIS. SOLLTE JEMAND DIESES KONZEPT UMSETZEN, ERWARTE ICH DIE ÜBLICHEN VERHANDLUNGEN UND BERATUNGS- UND NUTZUNGSHONORARE :-)
1.
Alle technischen Spielereien würde ich lassen, da sie offenbar, wenn die Kommentatoren Recht haben, wenig oder gar nichts nutzen. Es gibt die normalen OTF-Fonts. Und es gibt die Lizenzbedingungen, die den Einsatz auch im Web regeln. Das war’s.
2.
Jetzt gibt es eine 4-Felder-Matrix: Gewerbetreibende aller Art (Profis, A), die eine Lizenz für den Einsatz der Schrift im Web erworben haben (A1) bzw. nicht gekauft haben (A2). Analog gilt dies für Privatleute (B1 und B2). Alle vier Gruppen betrachte ich als: Kunden! Wichtig ist die Betrachtungsweise aus einem anderen Blickwinkel: Je mehr Diebe im Sinne von A2 und B2, super: desto mehr Kunden, mit denen man in Dialog treten kann. Insofern ist mein Ansatz ein umsatzorientierter Dialogmarketing-Ansatz.
3.
Niemand im Netzt ist anonym. Ich schlage daher unter dem Arbeitsbegriff FIB (Font Investigation Bureau) eine Crawler-Software vor, die – automatisch – das Netz nach in Websites eingebundenen Fonts absucht: nach Fontnamen und, analog zu den Erfahrungen der Fotovertreiber, nach Erscheinungsbild. Die Ergbnisse werden den Gruppen A1, A2, B1 und B2 zugeordnet.
4.1 – A1
Diese Gruppe erhält vom Schriftenvertreiber, zum Beispiel FontShop, eine Mail oder einen Brief: Fontshop bedankt sich für den legalen Einsatz und bestärkt das korrekte Verhalten. Dies ist aus verhaltenspsychologischer Sicht wichtig (»Reinforcement«, Verringerung eventueller kognitiver Dissonanzen etc.) und ist vergleichbar mit Gebrauchsanweisungen von Konsumgütern: »Vielen Dank, dass Sie sich für einen Miele-Staubsauger entschieden haben. Sie haben sich für ein exzellentes Produkt entschieden, dass mindestens 10 Jahre …«. Hier lässt sich also der Folgekauf einleiten oder positive Empfehlungen auslösen.
4.2 – A2
Hier handelt es sich intern um Diebe, die Schriften im Rahmen ihres Gewerbes einsetzen. Diese Gruppe bekommt einen Dankesbrief (»Dass Sie unsere Schrift einsetzen, freut uns sehr!«), verbunden mit einer Aufklärung und der normalen Rechnung, die A1 im Rahmen seines Webeinsatzes ja zahlte. Fazit: Je mehr »Profi-Diebe«, desto mehr Rechnungen, desto mehr Umsatz, desto mehr Honorar für die Entwerfer. Hier gibt es kein Pardon: Reagiert A2 nicht, wird der normale Rechtsweg beschritten – aber erst dann: denn erst jetzt wechselt sein Status von »Kunde« auf »Dieb«! Löscht er die Schrift vom Server, muss er dennoch die Lizenz bezahlen.
4.3 – B1 und B2
Gleiches gilt für die Privatleute, mit dem Unterschied, dass B2 eine angemessene Zeit bekommt, die Schrift zu löschen oder korrekt zu lizensieren. Aber auch hier gilt, dass alle Anschreiben aus Kunden- und nicht Diebessicht geschrieben sind.
Fazit
FIB ist keine Software zum Aufspüren von Dieben, sondern von Kunden – letztlich eine elegante Art, Adressen zu gewinnen. FontShop kann mit Kunden nun in den Dialog eintreten. Diese Möglichkeit bei irgendwelchen technischen Methoden ist nicht gegeben, im Gegenteil: Bei diesem Ansatz wären technische Spielereien hinderlich, weil sie den Kundenkreis einschränken würden.
Jens
Oliver: So weit, so gut — wenn es denn ein Fontformat gäbe, das ausschließlich im Web nutzbar wäre. Denn ein großes Problem dabei ist ja die unlizenzierte Nutzung für Print, die kaum aufzuspüren ist. Und das wird sicherlich nicht einfacher, wenn jeder die Fonts per Browser frei Haus geliefert bekommt.*
Und um den Printmarkt ganz abzuschreiben, ist es hoffentlich noch ein bißchen zu früh ;)
Daß man auch die unlizenzierte Nutzung durch Privatleute verhindern muß (wegen Verwässerung der Exklusivität) sehe ich ganz genauso.
* und sowas wie die Typotheque-Lösung schafft da auch nur bedingt Abhilfe, es hat mich ca. 10 Minuten gekostet, bis ich die Fonts hatte ;)
Christian
Oliver Adam:
Dein Konzept finde ich gut. In meinem Freundeskreis sind Abmahnungen wg. illegalen Musikdownloads eingetroffen, seitdem gibt es das Bewusstsein, dass diese Downloads nicht legal sind und Geld kosten.
Warum nicht das gleich bei Schriften einführen. Gut finde ich, dass die zahlenden Schriftanwender möglichst wenig damit zu tun haben.
Jürgen: Kann ein Schriftanbieter sowas personell stemmen? Kann man mit den zu erwartenden Mehreinahmen vlt. Leute dafür einstellen?
Oliver Adam
@ Jens
Aus Umsatz-Sicht antworte ich: Mir ist lieber, in einem Teilmarkt – nämlich in dem der im Web eingesetzten Fonts – lukrative Umsätze zu generieren, (Dialog-) Marketing zu machen, gleichzeitig Aufklärung zu leisten, als das Gesamtproblem – Schriftenklau im Allgemeinen – resignativ abzuschreiben. Aus dieser Sicht ist der uneingeschränkte Einsatz von Schriften im Web ein: Segen!
Oliver Adam
Besser: … Aus dieser Sicht ist der technisch uneingeschränkt mögliche Einsatz von Schriften im Web ein: Segen!
Maik
Genau hier liegt einer der springenden Punkte: Seltsame Illusionen darüber, wer „die Industrie“ ist.
Die sogenannte Musikindustrie hat auch schon geglaubt (und glaubt wahrscheinlich immer noch), dass sie den Markt für Musik ausmachen. Tatsächlich ist die Marktmacht der Elektronikhersteller (Geräte, auf denen man Musik abspielen kann) und der Vertriebsebene (iTunes, amazon) aber wesentlich größer. Darum können die sich erlauben, über Kopierschutz gar nicht mehr zu diskutieren und einfach zu machen, egal, was die anderen gerne hätten.
Ähnlich liegt es hier: Die Schriftverkäufer können zwar laut und lästig nörgeln, aber Druckmittel haben sie nicht in der Hand.
Sollte ein Industriestandard von der Industrie unterstützt werden? Natürlich – aber die Industrie seid nicht ihr, das sind die Browserhersteller. Die setzen die Standards. Die entscheiden, was sie implementieren, und die Webdesigner entscheiden, ob das gut ankommt.
Oliver Adam
Ich könnte mir FIB als Gemeinschaftsprojekt der Schriftenvertreiber vorstellen. Bei »Adam & Eva« muss man auch nicht beginnen, sondern kann auf Erfahrungen aus der professionellen Musik- und Fotoszene zurückgreifen. Nicht zu vergessen die Berachtungsweise von FIB als Geschäftsmodell im Sinne eines Unternehmers mit den damit verbundenen Chancen und Risiken (»Swot-Analyse«).
HD Schellnack.
Aber hallo. Und zu Recht. Und leider. Die Film- und die Buchbranche stecken mitten drin. Und es ist keineswegs so, dass man 1:1 aus der Musikbranche Lehren ziehen kann, auch wenn Tim Renner das suggeriert – und wenn sind sie oft nicht immer sehr ermutigend…
Die Sache ist natürlich: Jeder hat Recht und Unrecht zugleich. Ein resignierendes «Es wird eh geklaut, machen wir halt eine Kulturflatrate» wäre ein Alptraum, ebenso wenig Freude kommt aber mit den Exzessen von Verwertern wie GEMA, BildKunst oder diversen Erben/Witwen auf. Man muss eine Balance finden zwischen der absolut zentralen Tatsache, dass kreative Leistungen sich für den Urheber und eben durchaus auch für Vertriebsstrukturen lohnen sollten und dem öffentlichen Interesse an Information und der Zugänglichkeit zu Kunstwerken aller Art.
Ich finde es eben schon witzig, wenn ausgerechnet Designer die Piratenpartei unterstützen und so fleißig am eigenen Ast sägen, ärgere mich aber ebenso, wenn ich bei einem Kunden manisch drauf achten muss, Künstlerzitate nur zu verwenden, wenn sie älter als 70 Jahre sind… was bei moderner Kunst irgendwie etwas schwierig ist :-D.
Die Demarkationslinie ist, einen Konsens zu finden zwischen berechtigtem Copyright und einem übertriebenen Rechtemissbrauch zu Ungunsten der Allgemeinheit. Aber da dürften noch einige Jahre vergehen, bis da etwas entsteht.
Insofern finde ich den webfonts-Ansatz eigentlich insgesamt ermutigend, weil eine überschaubare aber sehr heterogene Branche hier Handlungsfähigkeit zeigt.
Ivo
Oliver, vielleicht ist deine Vision der »Fontpolizei« tatsächlich die Zukunft. Die Schriftenhersteller wollen das jedoch vermeiden. Ich bin mir sicher, die Anwender auch.
Ivo
Keine Chance, dass wir da irgendwas zu melden haben? Kann ich also meine Zeit wieder mit anderen Themen und Dingen verbringen? Ich hatte wirklich die »seltsame Illusionen« dass wir in der Diskussion irgendwie beteiligt sein könnten.
Henning
HD, selten so einig mit Dir!
Wobei ich Film- und Buchbranche erst am Anfang von (nicht mitten in) enormen Umwälzungen sehe. BTW: Wer heute behauptet, er könne vorhersagen, wie die Verwerterlandschaft in zehn Jahren aussieht, ist in meinen Augen unglaubwürdig. Vor zehn Jahren (1999!) gab es soziale Netze, Web 2.0 usw. noch nicht, die sind erst vier, fünf Jahre alt. 1999 war noch nicht mal die New-Economy-Blase geplatzt. Im Internet sind in zehn Jahren die Dinosaurier locker zweimal ausgestorben.
Lustigerweise hatte ich gestern ein äußerst interessantes Hintergrundgespräch mit dem GF des Kulturrates zu genau diesem Thema. Und anschließend bin ich am Potsdamer Platz Tesla gefahren (die Energiewende – das andere Riesen-Change-Thema …).
Olivers Sichtweise finde ich wie so häufig bestechend und deckungsgleich mit meiner Sicht. FIB müsste unbedingt ein Gemeinschaftsprojekt sein, damit
a) nicht der Eindruck von unterschiedlichen Rechtsauslegungen entsteht,
b) die dabei anfallenden Statistiken allen fair zur Verfügung stehen und
c) der wechselseitige Datenschutz gewährleistet ist (soll ja keiner die Kundendatenbank des anderen lesen können).
Na, schaun wir mal.
Oliver Adam
Na ja, das ist offensichtlich ;-) Übertragen aufs »richtige« Leben hieße das, auch der Autobahnraser würde lieber die Polizei vermeiden. Nun gibt es aber allgemein akzeptierte Regeln, die eingehalten werden sollen, Stichpunkt Freiheit. Font-Diebe nehmen anderen Freiheit (Honorare für die Gestalter, Umsatz der Vertreiber, Schädigung von Agenturen etc.). Um in Deinem Wording zu bleiben: Ist es da nicht unfair, keine »Fontpolizei« zu haben ;-)?
Henning
Himmel, die Musikindustrie hätte das sicher auch gern vermieden.
Besonders die böswilligen :-)
Falls eine missbräuchliche Nutzung im Internet nicht abgestraft wird, wird sie in wenigen Jahren üblich sein. Ohne Strafandrohung sehe ich eine Rechtsdurchsetzung als ziemlich schwierig an.
Und das Problem mit der unerlaubten Nutzung in Print (s. Jens #21) wäre damit mangels Ermittelbarkeit noch nicht mal vom Tisch. Also: Es geht um die Suche nach einer Lösung, die Privatnutzern, Verwertern und Vertreibern sowie den Urhebern gleichermassen gerecht wird.
Und dabei geht es natürlich um das einzige Druckmittel, das ein Rechteinhaber hat: sein Recht. Auf das zu Pochen keineswegs unanständig ist, auch wenn es bisweilen so dargestellt wird.
Oliver Adam
Ivo, ich kann mich noch gut an unser Gespräch auf der TYPO erinnern, wo Du sagtest, dass die meisten Schriftenentwerfer nicht von ihrer Arbeit leben können. »Urlaubsgeld« träfe es besser. Angemessene Bezahlung: Wollen das die Schriftenhersteller auch vermeiden? Faktisch tun sie es. Das Problem ist doch, dass Schrift ein billiges Massengut durch Diebstahl geworden ist. Aus meinem Verständnis sollte Schrift ein möglichst knappes Gut sein, das angemessen bezahlt wird. Um in Deinem Wording zu bleiben: Ist es da nicht ebenso unfair, keine »Fontpolizei« zu haben?
Nochmal: Ich selbst sehe nicht so sehr die Polizeifunktion im Vordergrund als vielmehr die Bearbeitung eines »Massen«-Marktes.
Ivo
Deswegen sage ich ja, dass es u.U. tatsächlich die Zukunft ist. Aber das soll nun wirklich nicht das erste Mittel sein, zu dem die Hersteller in dieser Diskussion greifen. Ich würde das wirklich nicht gern sehen. Wenn es aber am Ende die einzige Möglichkeit ist, unseren Designern ihre verdienten Tantiemen zu zahlen, dann bitte. Nennt mich naiv, aber ich glaube immer noch an bessere Wege.
HD Schellnack.
Mitten drin, glaub mir. Mitten drin. Das geht im Buchbereich gerade richtig rund. Mit höchstem Tempo. Wobei ich persönlich glaube, dass in diesem Fall mit etwas Glück eher die kleinen Strukturen Chancen haben, weil der Markt ein völlig anderer ist als der Musikmarkt – und auch schon immer war.
Man muss da aufassen, keine zweite RIAA zu bekommen – wenig hat der Industrie so geschadet wie manische Rechtewächter und Vorkriminalisierer. Copyright ist der Kriegsschauplatz der nächsten Generationen und man muss auch hier weiter denken als nur lokal. Denn in Europa sinnvoller Rechteschutz kann auch eine Ausgrenzung von Kulturteilhabe der Dritten Welt bedeuten und so weiter. (Es betrifft ja nebenbei auch Patente und so weiter.) Schriftlizenzen sind hier nur ein mikroskopischer Teil dessen, worum es wirklich geht – Buch, Musik und Film übrigens auch nur. Die Piratenpartei hat insofern sicher einen Boom vor sich – als Reaktion der Bürger auf das Gefühl, mit monopolistischen Rechtevermarktern konfrontiert zu sein.
Die größte Leere, die alle aus der Musikbranche ziehen sollten ist, dass man sehr wohl Geld mit digitalen Inhalten verdienen kann und Raubkopie kein existenzbedrohendes Ding ist, wenn man a) gemeinsame Vertriebsstrukturen bildet, b) für die Nutzer ein Plus an Gemütlichkeit und Useability bietet und b) im höchsten Maße fair, freundlich und serviceorientiert arbeitet.
Ich habe eigentlich keinen Zweifel, dass man das im Bereich Font-Nutzung hinkriegen könnte.
Henning
HD,
das weiß ich, ich bin in einem regelmässigen Dialog mit den Vertretern aller Urheber- und Verwerterbranchen. Ich glaube allerdings, dass das noch lange nicht der Höhepunkt (=mitten drin) ist.
#Setzer #Lithograph #Heizer auf der Lok
Nö, dieser.
#Internet #Dinosaurier.
Das ist wieder einer der gefürchteten HD-Querschläger. Für Raubkopierer und Piraten kann es nur den rauchenden Colt geben, was denn sonst?
HD Schellnack.
Nicht jede Meinung, die nicht mit deiner kongruent ist ist ein «Querschläger», Henning. Und auch nichts zum fürchten. Du hast mich schon aus dieser Typo-Runde rausgekriegt mit deiner Haltung, lass mir hier ruhig meine eigene Meinung. Danke.
Das ist leider echt die RIAA-Denke, und die hat überhaupt nichts bewirkt. Ich bin absolut für ein funktionierendes Copyright, aber die Mentalität, dass man der legalen Aneignung digital verbreitbarer Inhalte mit irgendeiner Form von Zwang beikommen ist, ist nichts, was ich auch nur näherungsweise unterschreiben möchte. Einfach, weil es nicht geht – und weil ich auf die dazugehörenden Überwachungsmaßnahmen keinerlei Lust habe. Diese Denke hat die Musikindustrie zu Anklagewellen, DRM und anderen Fehlleistungen gebracht – und damit an den Rand des völligen Imageruins.
Es gibt sicher Mittel und Wege, Raubkopie zumindest einzudämmen (man wird hier nie 100% Erfolg haben, irgendwer wird immer Klauen/Sammeln – das ist in der echten Welt ja auch so). Aber es werden integrative Maßnahmen sein müssen.
Nicht zuletzt werden alle Rechteinhaber und -verwerter überlegen müssen, wie man ein den technischen Möglichkeiten und dem globalen Austausch angemessenes, für alle Seiten faires Copyright erarbeiten kann. Mit rauchendem Colt zu schwenken, schafft da keine Grundlage.
Maik
Jeder kann sich „an der Diskussion beteiligen“. Zum Beispiel mit Vorschlägen wie dem
.webfont
-Format. Der Vorschlag ist technisch ziemlich mies, aber ich zweifle nicht das grundsätzliche Recht an, Vorschläge zu machen.Was ich aber nicht ausstehen kann, ist die arrogante Erwartung, dem Rest der Welt vorschreiben zu können, wie man mit Schriftarten umzugehen hat und wie Software auszusehen hat.
An der Diskussion und an der Entscheidung beteiligt zu sein sind zwei sehr verschiedene Dinge. Ersteres ist kein Thema, aber soweit ihr letzteres fordert, ist es an der Zeit, die Überheblichkeit etwas runter zu fahren.
HD Schellnack.
Der Höhepunkt wird kommen, wenn die Buchpreisbindung fällt und ein elektronisches Medium wie der iPod und ein großer digitaler Vertriebsweg à la iTunes / Amazon ein einheitliches, gut funktionierendes Format für Digital-Print bedient. Dann werden Sortimenter und Fillialisten gleichermaßen eventuell sehr große Adaptionsprobleme haben, während die Verlage mit dem vergleichsweise leichter zu handhabenden Problem der Raubkopie konfrontiert sind.
Zum einen gehorcht Buch aber anderer konsumatorischer Logik – und hat andere Zielgruppen – als Film und Musik, zum anderen hoffe ich vor allem im Bereich Vertrieb, dass hier auch eine Menge Energie in der Buchbranche freigetreten wird. Einen Umbruch wird es aber sicher geben – die Frage ist nur, ob man das nicht auch unter positiven Vorzeichen nutzen kann.
Oliver Adam
Dieses Statement wird sicher Applaus ernten, ist aber ein Widerspruch in sich – wie etwa: »Ich bin für einen funktionierenden Rechtsstaat, aber auf Polizei und Gerichte habe ich keine Lust«. Das Ergebnis wäre Anarchie, und genau das im Sinne von Umsatzverlusten und Proletarisierung anderen geistigen Eigentums wird auch bei der Webfont-Problematik auftreten, wenn Ihr das Recht auf Honorierung nicht konsequent durchsetzt – und zwar durch clevere Dialogmarketing-Tools und nicht durch Polizeigehabe …
Jürgen
@Maik. Hast Du denn ein Mitspracherecht, auf welche Art digitale Musik gespeichert wird, wie .jpg für Fotos normiert ist oder welche Helligkeit das Standlicht Deines Autoscheinwerfers haben muss. Das sind doch Industrie- und Normfragen, um die ich mich als Verbraucher überhaupt nicht kümmern will. Ein Industriestandard ist erfolgreich, wenn ihn 99 % der Menschheit gar nicht spürt. Das ist bei Büchern, Musik-CDs und Fernsehen der Fall. Bei Speicherkarten nur bedingt. Handy-Ladegeräte … geht gar nicht (aber da gibt es ab 2010 endlich eine einheitliche Lösung).
HD Schellnack.
>ist aber ein Widerspruch in sich
Nein, es bedingt einen Konsens und Kompromisse, wie alle Dinge.
Es gibt auch einen Unterschied zwischen meinem Satz und deinem. Copyright kann ohne Exzesse wie RIAA und auch ohne GEMA-Nerverei bei YouTube funktionieren. Da gibt es ja schon einen Unterschied.
Es ist eher so, als würde ich sage, ich bin für einen Rechtsstaat, aber dagegen, dass jeder Ladendieb zu horrenden Kosten für den Staat ein volles Gerichtsverfahren kriegt. (Wobei das jetzt kein 1:1-Vergleich zum Copyright sein soll, es geht jetzt nicht um die Bagatellfrage).
HD Schellnack.
>>dass das noch lange nicht der Höhepunkt (=mitten drin) ist.
Haha, sehe ich jetzt gerade erst. Das der HÖHEPUNKT in der Mitte ist, unterstellt axiomatisch eine Glockenkurve. Muss ja nicht sein. :-D Aber ich bin sicher, das Statement, dass der Höhepunkt in der MITTE liegt, wird alle Frauen und nicht nur die total begeistern :-D.
HD Schellnack.
>und zwar durch clevere Dialogmarketing-Tools und nicht durch >Polizeigehabe
Clever wäre sicher nicht meine Wortwahl, aber 100% meine Meinung. Es geht gar nicht anders. Ansonsten schraubt man sich nur in einer endlosen Schraube von Sicherheitsmaßnahmen und Hackerei eben dieser Maßnahmen hoch, die endlos werden kann – wenn die letzten 10 Jahre doch eins gezeigt haben, dann dass JEDES Sicherheitssystem in kürzester Zeit geknackt werden kann. In diese Richtung zu denken wäre also nicht sonderlich klug, sondern Verbotskultur plus Geldverbrennung :-D. Dafür ist die Fontbranche zu klug und zu klein.
Oliver Adam
@ HD
Die Exisistenz und die Legitimation von Polizei und Gerichten beruht auf demokratischem Konsens und auf Kompromissen. Die Exisistenz und die Möglichkeit zur Einforderung von Urheberrechten beruht auf demokratischem Konsens und auf Kompromissen. Das denen zu verweigern (wieso eigentlich?), die davon leben oder leben wollen, empfinde ich als unseriös und unfair.
Dann müsstest Du, konkret bei der Webfont-Problematik, Abstufungen beim Vergehen machen. Das geht aber gerade nicht: Entweder ich verfüge über eine Lizenz oder nicht. Entweder ich bin Lizenznehmer oder Dieb. Und: Zudem unterscheidet sich ein Gerichtsverfahren nebst Strafe eines gewöhnlichen Ladendiebs ganz außerordentlich von dem eines, sagen wir, Serienmörders …
Oliver Adam
Wie gesagt: Ich bin gegen jegliche technische »Lösung«, sondern für einen technisch völlig einfaches Verfahren zum Einsatz von Fonts im Web – nicht aus Altruismus, sondern aus dem Kalkül heraus, mittels FIB »Diebe« im Nachhinein zu Kunden zu machen und meine Botschaften im Sinne von Dialogmarketing zu platzieren. »Clever«, weil im Gegenteil jede technische Verkomplizierung meinen neuen Font-Markt von Vornherein beschränken würde. Meine Lösung ist »Werbung« im besten Sinne von »Verführung«: Verführt die Leute zum Einsatz und bittet sie dann völlig legitim zur Kasse.
HD Schellnack.
Amen! Bei Freunden klaut man nix.
Henning
Bei anderen auch nicht.
HD Schellnack.
Henning, aber es passiert doch. Es passiert – das kann man doch nicht wegwischen.
Man kann auch Ladendiebstahl nicht dadurch verhindern, dass man sagt, das gehöre sich nicht. Und ebenso wenig durch Technik, durch Sicherheitskräfte und durch Überwachungskameras.
Ein einfaches Beispiel ist die Tatsache, dass ich zT US-Serien «raubkopiert» schaue. Nicht weil ich will, sondern weil ich sie legal nicht online sehen kann – es gibt sie nicht bei iTunes Deutschland (wohl aber in den USA), und auf extreme Umwege wie DVD-Sets aus den USA bestellen hab ich als Kunde keine Lust. Heißt: NICHT gucken oder Rapidshare ansehen, Staffel gucken, Staffel dann sowieso wieder löschen und ärgern, dass es nicht einfacher und komfortabler geht.
Und irgendwie irgendwo entgeht irgendwem Geld, das ich absolut bereit wäre zu zahlen :-D.
Das Copyright, dass es verbietet, bestimmte Inhalte in Europa zugängig zu machen, bedingt also einen Copyrightbruch.
Anderes Beispiel: Scans Daily. Ein kollektives Blog, das über lange Zeit etwa 50-60% des Inhaltes alter aber zum Teil auch neuer Comics zeigt. Bis sich ein Autor bei Marvel beschwert hat und das Livejournal dicht gemacht wurde. Nur haben sich dann wirklich hunderte von Nutzern gemeldet, dass sie sich via Scans Daily eigentlich regelmäßig Kaufinformationen holen (welche Serien sind gut) und zum großen Teil dann Trade Paperbacks oder Serien gekauft haben. Mir gings auch so, ich bin bei Scans Daily auf gute Sachen gestoßen und hab dann entsprechend eingekauft. Das zu schließen ist ökonomisch sehr kurzfristig gedacht, zumal es eben keine Raubkopierer-Börse war, ganz im Gegenteil. Inzwischen gibt es das Blog wieder an anderer Stelle – die genannte Sicherheit/Hacker-Spirale, du machst eine Quelle zu und drei Stunden später ist es unter anderem Namen wieder offen, nur dass das Schließen dir als Anbieter von Inhalten diverse Kosten verursacht, den Usern das Wiedereröffnen aber eben nicht – und die Regeln sind etwas geändert,in der Hoffnung auf eine gute Koexistenz in der Balance der Wünsche von Verlagen und Lesern… denn darum geht es ja für beide Seiten.
Noch ein Beispiel: Prä-DRM-freien iTunes hab ich schon ab und zu CDs aus dem Netz gezogen, weil mir die Inhalte die 16 Euro vielleicht nicht wert waren oder um einmal vorher reinzuhören. Nicht zuletzt auch, weil es die beste Methode war, Musik zu kriegen, ohne andauernd eine echte CD herumfliegen zu haben.
POST-DRM-freien iTunes mit besserer Soundqualität kaufe ich fast ausschließlich (und leider viel zu viel) bei iTunes meine Musik. Und ich schau auch nicht, ob es bei Amazon 1 Euro billiger ist, weil es einfach an Komfort mangelt bei Amazon (Extra-Download-Tool nötig usw).
Oliver hat total Recht – die meisten Leute (abgesehen von denen, die entweder aus Geldmangel sowieso nicht legal kaufen würden oder aber den wie ich denke relativ wenigen, die einfach kriminellen Sammlerehrgeiz haben) würden, ein schönes Wohlfühl-System vorausgesetzt, sehr wohl dazu zu verführen sein, legal zu kaufen.
Ich meine, wie viele Leute raubkopieren Office? Nicht wenige, denke ich. Trotz Aktivierung, trotz 1234.00000-stelligen Seriencode. Auch kein Wunder, Office ist etwas überteuert und mit zig Versionen auch kaum anständig gemütlich zu kaufen. iWork hingegen kostet mit einer 5-er Lizenz 99 Euro – wer will das raubkopieren???? Ich meine, ich kaufe beides, aber bei Office hab ich es mit Updates nicht eilig, bei iWork denk ich nicht drüber nach, ist doch ein Superpreis, ich bin jedesmal begeistert. Snow Leopard wird 29 Euro kosten. Wer macht sich da den Kopf, es raubzukopieren?
Service, Image und dann auch noch ein guter Preis – und BANG. Und dann macht irgendwann auch der höhere Absatz den niedrigeren Preis wett, während das andere eher umgekehrt ist.
Das alles hat wenig damit zu tun, dass man professionellen Raubkopierern das Handwerk legen muss – klar. Aber ob man dafür Torrent-User kriminalisieren muss, die mal nicht ins Kino gehen? Doch nicht wirklich, oder? Oder ob die GEMA bei Hochzeiten Leute hinschickt, die aufpassen, ob auch richtig abgerechnet wird? Muss nicht sein, oder?
Zumal ich an den Urban Myth, das Raubkopien die Musikindustrie schädigen, nach wie vor nicht wirklich glaube. Das ist inzwischen mehrfach auch sehr plausibel angefochten worden,ich erinnere mich vage an eine Harvard-Studie zu dem Thema. Es ist naiv und polemisch, das so zu verknüpfen.
Was die Probleme nicht herabspielen soll, aber zeigen, dass es einen konsensfähigen Bereich GIBT und geben kann – da sind wir uns auch sicher alle einig. Aber nicht, wenn da einerseits die RIAA ist und andererseits die Piratenpartei und das ganze zu einem Krieg User-vs-Producer wird.
Henning
Ich finde das Proposal einen wichtigen Schritt, empfinde Olivers Anregungen die richtige Haltung, bin gegen technische DRM-Lösungen, stimme HDs 49 komplett zu, na, fast komplett. Komisch ist nur: wenn ich gegen das Ladendiebstahlsbeispiel rechtssystematisch einwende, dass Recht und Gesetz doch gar nicht dazu da sind, das Unrecht abzuschaffen, sondern dazu, es zu ahnden (was ja implizit heisst, dass auch der Gesetzgeber davon ausgeht, dass es den Gesetzesbruch immer geben wird), und ich daher Recht und Gesetz als wichtig unterstreiche, weil damit dem Geschädigten die Möglichkeit offen steht, entweder Milde walten zu lassen oder unnachgiebig zu reagieren (eine Wahl, die es ohne Gesetz nicht gäbe), dann scheine ich auf der Seite der »Verbotskultur« zu stehen. Huh? Was ist das denn?
Sind rechtsstaatliche Gedanken so fremd?
Reicht schon der Hinweis auf den Nutzen der Rechtsstaatlichkeit – bei sonst vollkommen deckungsgleicher Sicht wie HD, Ivo, Jürgen, Oliver – um zum Überwachungsfetischisten erklärt zu werden? Was ich nicht bin.
In solchen Momenten befällt mich ein gewisses Grausen vor den noch kommenden Diskussionen. Denn hier im Fontblog diskutieren vielfach Menschen, die sich kennen und schätzen. Was mag da noch kommen, wenn wir uns in der von mir unterstellten Veränderungs-Glockenkurve noch um ein, zwei Jährchen weiter Richtung Zentrum des Wandels bewegt haben? Meine Sorgen betreffen die Dynamik ausserhalb unseres gepflegten Zirkels. Hat jemand mal bei Heise reingeschaut? Aus Sicht der Nicht-Urheber im Heise-Forum sind Urheber unterschiedslos nichts als blutsaufende Kontrollfreaks, das dazu gehörige Recht nichts als abschaffenswert. Da wird nicht selten auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit negiert, wenn es um dieses Thema geht.
Und so ödet mich das reflexhafte Einrasten in die Kategorien »Betonkopfurheber vs. Machbarkeitssuffkopp« ein weiteres Mal an, welches sich sogar hier unter 99,9% meinungsgleichen Menschen einstellt. Verblüffend. Und ein bisschen scary.
Denn für mich liegt auf der Hand: Erst jenseits eines staatlich vorgegebenen Ordnungsrahmens treten wirklich krasse Exzesse auf – siehe Banken-/Finanzkrise. Und hier muss dieser Ordnungsrahmen nicht erst geschaffen, sondern lediglich bekannt gemacht werden. Bekannt gemacht bei Menschen, die früher halt nie die Möglichkeit hatten, lizenzrechtliche Verstöße zu begehen, weil das Zwangsbundling mit Hardware und der fehlende Zugang zu Vertriebsmöglichkeiten das eben verhindert haben. Heute, wo jeder ein Produzent/Sender/Vertreiber sein kann, kann eben jeder auch Lizenzverstöße begehen – kleine und große.
Und da finde ich die Kombi aus Olivers Ansatz mit dem Proposal gar nicht schlecht. Wir sind ja hier mitten in der Diskussion. Und für alle ganz uneinsichtigen Rechtsverletzer hat der Gesetzgeber die gesetzlichen Möglichkeiten geschaffen. Zum Glück! Mit manchen Hardlinern kommt man ohne dieses Druckmittel erst gar nicht an den Verhandlungstisch. Das weiß auch jedes Schriftenhaus (sagt es nur nicht so gerne in der Öffentlichkeit). Das hat doch nichts mit »RIAA-Exzessen« zu tun.
Sebastian Nagel
FIB und Dialogmarketing … klingt theoretisch gut.
Ich werde aber grade wieder (meiner Meinung nach ungerechtfertigt) von GettyImages extrem mit „Dialog“ gepiesackt – automatisiert, unflexibel – Massenmarkt-Beackerung eben.
Man müsste schon extrem aufpassen, dass das bei einer „FIB“ nicht passiert. Also „menschlich“ bleiben und echten Dialog führen, sonst wirkt es – egal wie gut gemeint – sehr schnell sehr unsympathisch und die potentiellen Kunden sind vergrault.
(Wenn mich Getty noch zwei Briefwechsel lang mit der Sache nervt, haben sie mich in Zukunft als Kunden gesehen – es gibt auch andere Anbieter.)
Oliver Adam
Für mich der springende Punkt: Kunden behandelt man nicht wie Diebe. Verändert sich der Status aber von Kunde zu Dieb, müssen die anerkannten Rechtsgrundsätze gelten – wie auch bei Getty.
fhuber
Nur kurz eine Zwischenbemerkung zu den Browserversionen: Es wird immer mehrere Generationen gleichzeitig im Einsatz geben (zum Glück ist IE5 mittlerweile tot), aber dafür gibt es bereits funktionierende kaskadierende Techniken, sodass Webseiten in ALLEN Browser funktionieren, in neueren aber deutlich besser.
Bei font-face würde dies heißen: Die letzte Generation wird die Schrift bekommen, die alten Browser eben nur die Standardsystemschrift.
Verwenden können beide Generationen die Seite! Ein Auschließen von alten Browsern (Stichwort: Scheiss IE6) ist völlig unnötig.
Und die FIB klingt interessant, mir fallen spontan gerade zwei Dinge dazu ein, die bei solch einem Vorhaben bedacht werden müssen:
1.) Datenschutz. Was sagt die Rechtslage zum Crawlen und Anlegen einer (vermutlich ziemlich großen) font-face Datenbank von Webseiten? Und wie sieht das aus mit der Weitergabe von einer Foundry zur Nächsten?
2.) Inwiefern kann es rechtliche Probleme geben, wenn sich die FIB langfristig zu einem reinen Rechnungs-/Abmahnungsschreiber entwickelt?
Es gab eine Firma, deren Aufgabe bestand es darin, durch gutes SEO Bilder in den Google Rankings möglichst weit nach oben zu treiben. Sobald das Bild verlinkt wurde, verschickten Sie Abmahnung mit horrenden Summen. Vor Gericht war ihre Meinung, dass sie eigentlich nur ein Anbieter von Fotomaterial seien und gegen UHG Verstöße sich zu Recht zu Wehr setzen. Problematisch, war, dass die Firma eine eigene Abmahnabteilung besaß und die 90% des Umsatzes ausmachte. Sie verlor den Prozeß.
Unter anderem wegen dieser Firma wurden ja die Abmahnkosten beschränkt.
Klar, bei FIB war von Abmahnen nicht die Rede, sondern schlichtweg von einer Rechnung über die Nutzungsrechte.
Trotzdem würde die FIB sich bilanztechnisch nur mit der Eintreibung dieser fehlenden Vergütungen beschäftigen.
Aber das sind ja nur Denkanstöße, ich kaufe mir sowieso brav die Schriften, wenn ich sie im Projekt brauche. Für die Typografie zahlen ja auch meine Kunden ;)
Oliver Adam
Vorab: Mein Vorschlag, der auf gegenseitiger Fairness beruht, berücksichtigt alle Punkte, die Getty seinerzeit im Rausch des Geldes versaubeutelt hat (kein Unterschied Privat/Gewerbetreibender, weit überhöhte Nutzunghonorare, Anwaltskeule etc.). Zurecht ging der Schuss kommunikations- und markentechnisch nach hinten los.
@fhuber
Sehr interessante Fragen. Obwohl ich diese und andere Fragen lieber einem befreundetetem (netten und seriösen :-)) ) Fachanwalt vorstellen und die Antworten hier posten werde, vermute ich, dass Frage 1 kein Problem sein dürfte. Denn sonst dürfte es Google & Co. ja nicht geben. Allerdings gibt es für Website-Betreiber ein »virtuelles Hausrecht« …
Der Betriebszweck der Firma Deiner Frage 2 scheint mir von vornherein auf Unseriosität und »Abzocke« zu gründen. Auch das ist ja bei FIB nicht gegeben: Hier bekommt das Schriftenhaus faierweise nur das, was ihm zusteht.
Kannst Du für Frage 2 noch mehr Infos geben? Name der Firma etc.