FAZ-Redesign im Berliner Format

faz_studentenprojekt

In den Kommentaren zu meinem Fontblog-Beitrag Die neue FAZ: typo­gra­fi­sche Analyse hatte Jürgen Weltin berichtet, dass er vor einem halben Jahr mit einer studen­ti­schen Gruppe an der Schule für Gestaltung Ravensburg ein Redesign der FAZ im Berliner Format durch­ge­führt hat: »Der Entwurf hatte Klasse. Sah immer noch so seriös aus, wie die FAZ sein will, hatte aber einen Schuss mehr Modernität. Selbstverständlich gab es kein Foto auf dem Titel.«

Der Wunsch nach Abbildungen wurde geäu­ßert, inzwi­schen liegen sie vor (siehe unten). Die Aufgabe bestand zunächst darin, eine makro­ty­po­gra­fi­sche Layoutänderung auf das klei­nere Berliner Format vorzu­nehmen (sicher­lich eine noch größeres Sakrileg, als die Fraktur zu verbannen). So wurden aus sechs Spalten fünf. Es durften auch Überlegungen ange­stellt werden, die Zeitung mit anderen Schriften zu setzen. Die Studierenden entschieden sich für die Schriften FF Quadraat und der Foundry Sans; letz­tere nur dort, wo jetzt die Myriad einge­setzt wird, also zum Beispiel in den linken Inhalt-Spalte auf Seite 1. Überschriften wurden von Mittelsatz auf links­bündig umge­stellt, senk­rechte Spaltenlinien verschwanden, so wie die FAZ es jetzt auch prak­ti­ziert, die Fraktur wurde ersetzt durch die fetten Quadraat Italic.

Von beiden Musterseiten gibt es höher aufge­löste png-Dateien (1948 x 2863 pixel): Seite 1 (850 K) und Seite 2 (1,7 MB).


9 Kommentare

  1. Oliver Adam

    Kompliment: Besser als das jetzige Original!

  2. HD Schellnack

    Sehr schön. Gott, es ist wirk­lich DEUTLICH besser als den Mist, den die FAZ selbst verzapft hat. Kompliment. Immer noch sehr seriös und viel­leicht ein biss­chen ZU normal für meinen Geschmack – ich finde, die TAZ hätte sich wenn schon relaunch ein wenig vor die anderen Zeitungen setzen sollen, edler sein, erle­sener… aber okay, das ist bei der Zeit schon am Leserwillen geschei­tert… – aber sehr gelun­gener Remix der klas­si­schen FAZ. 

    Wobei die FAZ unbe­dingt großes Format haben muß. Das Berliner Format ist einfach nur traurig. 

    Überraschend, wie gut die ja sehr eigent­wil­lige Quadraat hier funk­tio­niert. Die Zeitung bekommt dadurch ein sonderbar nieder­län­di­sches Flair. Ganz schlimm finde ich aber, dass es geblind­textet ist. Ein Zeitungslayout müsste echten Text haben und so gemacht sein, dass es hoch­va­riabel mit verschie­densten Texten läuft. 

    Respekt und Gruß an die Studenten!

  3. kosh

    Bitte bitte nie wieder „Studierende“ schreiben. Danke.

  4. Jürgen W.

    Zu dem Projekt muss ich erläu­tern, dass es mir nicht vorrangig um ein Redesign der FAZ ging, sondern allge­mein sich mit der Typographie einer Zeitung auseinanderzusetzen.
    Ich habe fünf große Tageszeitungen mit in den Unterricht gebracht und zunächst von den Studenten eine typo­gra­phi­sche Analyse der Objekte gefor­dert. Ich wollte sie soweit bringen, dass sie in der Lage sind, die jewei­lige Zeitung selbst gestalten und setzen zu können. Nachdem sie begriffen haben, wie der Aufbau einer Zeitung funk­tio­niert, stellte ich die Aufgabe, die Zeitungen in einem neuen Format (dem Berliner) zu gestalten. Das barg die Herausforderung, einen völlig neuen Satzspiegel erstellen zu müssen. Alles gege­bene eben auf ein klei­neres Format runter zu brechen. Das heißt, man muss mit weniger Spalten arbeiten. Im Grunde ändert sich radikal alles. Aber das Aussehen sollte sich nicht grund­le­gend ändern (Wiedererkennungswert!). Nun ja, das Projekt war ziem­lich intensiv und darum hat es dann teil­weise auch nur noch zum Blindtext gereicht. Richtiger Text wäre natür­lich besser gewesen. Aber wie gesagt ging es mir erstmal um eine gesamt­ty­po­gra­phi­sche Übung und nicht darum der FAZ ein neues Layout zu verkaufen. Unter anderem haben wir solch ein ‹Redesign› auch mit der Frankfurter Rundschau unter­nommen, mit der Welt, der Süddeutschen Zeitung und der NZZ (die hat schon das Berliner Format, somit hatte diese Studentengruppe es etwas leichter).
    Aber Frage am Rande: warum muss ein Zeitungsformat so groß sein (unab­hängig jetzt wieder von der FAZ)? In meiner Zeit in London habe ich in der Tube unter anderem wegen dem Format die NZZ gelesen. Und mein Frühstückstisch reicht auch nicht für die FAZ aus ;-)

  5. Ivo

    Bitte bitte nie wieder “Studierende�? schreiben. Danke.

    Gender Mainstreaming geht dir auf die NervInnen?

  6. HD Schellnack

    Ich mag den Platz in großen Zeitungen. Als Leser, als Designer. BerlinerF ist einfach pieselig. Kleinkariert. Wenn Zeitung, dann Riesig. Dann Platz und Spaß und Fläche nutzen. 

    Berliner, das sieht man auch etwas an eurem Entwurf, ist so klein­klein… alles geht in Bändern vertikal abwärts, keine Spaltenkombinationen, nichts wanderndes. BerlinerF ist ENG. Rheinisch geht, Nordisch ist einfach super. Tapete, die man kaum in die Hände kriegt. unrpak­tisch, sperrig, Aufmerksamkeit einfor­dernd. Klasse. Die Zeit macht mit ihren 374 × 528 einfach Spaß, die FR mit 285 × 400 wirkt dagegen zu kompakt für mich. Wobei ich zugebe, dass eine Wochenzeitung etwas anders funk­tio­niert als ein Tagesblatt :-D und hinter Rheinisch oder Berliner Format oft auch eine redak­tio­nelle Entscheidung zu knap­peren Inhalten steht. Es liest ja niemand mehr… also passen wir uns noch mehr der Häppchengesellschaft an :-D

  7. Jürgen W.

    @ HD Schellnack
    Im Grunde gebe ich Dir recht. Zeitungshäppchenleser sind mit den Online-Ausgaben eigent­lich besser bedient. Mit den Spaltenkombinationen ist man auf dem kleinen Format arg einge­schränkt. Die NZZ löste das sehr gut. Da gibt es keine fünf oder sechs schmale Spalten, die hat ange­nehm breite Spalten.
    Mittlerweile aber Farbphotos und die Kombination aus der Headline-Bodoni und Times für den Mengensatz gefiel mir noch nie.
    Aber was alle an der ZEIT finden? Die Adobe Garamond als Zeitungsschrift ist doch völlig fürch­ter­lich. Aber die Zeit ist auch so ein ‹weiches› Blatt geworden, vor allem inhalt­lich. Seit dem neuen Layout (mit dem auch der inhalt­liche Wandel einher­ging) schaue ich diese Zeitung nicht mehr an. Was hatte die früher für schöne Titelseiten. Mit Illustrationen. Heute eine Photokakophonie.

  8. poms

    Mir wäre das zu funky.
    Wenn ich mir die Seite 1 ansehe, beisst sich vorallem die Fraktur mit ihrem Ernst und ihrer Strenge, mit der sehr leben­digen Quadraat bold in den Hauptüberschriften. Ein Unwohlsein, eine Irritation wird bei mir ausgelöst.

  9. HD Schellnack

    Die WAZ wollte von uns SECHS Spalten. Aua. Aua. Ihr habt 5, das geht und lässt witzige Lösungen zu… 

    Das Zeit-Layout mag ich (für eine recht konser­va­tive Zeitung, die haben viele Lehrer als Leser, da muss man ja vorsichtig sein, die schreiben Lesersturmprotestbriefe ;-)). Da wäre viel zu tun, aber in den letzten Monaten fand ich die durchaus wieder liebens­wert, inhalt­lich wie gestal­te­risch. Lese deren Feuilleton unglaub­lich gern. Ich könnte nahtlos bei denen arbeiten, so sehr liebe ich deren Texte. Ich meine… die haben JG Ballard inter­viewt. Und Cronenberg. Da arbeiten mal verdammt rich­tige Leute…

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