Erziehung durch Bilder: Piktogramme von Gerd Arntz

PAGE online weist darauf hin, dass im Arntz Web Archiv erst­mals eine größere Auswahl der über 4000 Piktogramme des deut­schen Grafikers Gerd Arntz online zu bewun­dern sind, die dieser in der 1920er und 30er Jahren für die Bildersprache Isotype entworfen hatte.

Gerd Arntz (1900 – 1988) wurde in Remscheid als Sohn eines Eisenfabrikanten geboren. Nachdem er für kurze Zeit in der Fabrik seines Vaters arbei­tete, entschloss er sich 1919 zu einer Ausbildung an der Düsseldorfer Kunstschule. Die ersten wegwei­senden Grafiken entstanden Mitte der 20er Jahre, als sich der poli­tisch links orien­tierte der »Gruppe progres­siver Künstler« (auch: »Kölner Progressive«) um Heinrich Hoerle und Franz Wilhelm Seiwert anschloss. Gesellschaftliche Zusammenhänge sollten über das Bild aufge­zeigt werden, beson­ders solche, die Krieg und Kapitalismus betreffen.

Die Darstellung sozialer Bezüge waren für Arntz der Anstoß zur Ausarbeitung von universal verständ­li­chen Symbolen. Sie entstanden aus der künst­le­ri­schen Verbindung zu Seiwert und bildeten in den 30er Jahren den Kern seiner Grafiken.

Arntz’ didak­ti­sches Bestreben führte ihn zur Bildersprache Isotype, deren Entwicklung von dem Wiener Soziologen und Philosophen Otto Neurath ange­regt wurde. Isotype steht für »International System of Typographic Picture Education« (Internationales System der Erziehung durch Bilder). Neurath war der Ansicht, dass im Anfangsstadium des Lernens Bilder hilf­rei­cher seien als Worte. Er entwi­ckelt, unter anderem mit Gerd Arntz, Piktogramme und Regeln für deren Verwendung, um komplexe Sachverhalte eindeutig und exakt wieder­zu­geben. Alternative Bedeutungen oder Assoziation wurden durch Farbe oder Textur vermittelt.

Zwischen 1929 und 1934 lebte Arntz in Österreich, um dort als Leiter der grafi­schen Abteilung des Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseums (GWM) unter der Direktion von Neurath die »Wiener Methode der Bildstatistik« zu entwi­ckeln. Hierfür erar­bei­tete er unzäh­lige Bildsymbole, die durch eine möglichst einfache Darstellung sofort verständ­lich waren. 1934 emigrierte Arntz in die Niederlande. Nach dem 2. Weltkrieg entwi­ckelte er in Den Haag das Erbe des 1945 verstor­benen Neurath weiter.


9 Kommentare

  1. Christian

    Sehr schön, vielen Dank!

  2. Sebastian Nagel

    Großartig!

  3. Wilhelm

    Das Kölner Ludwig Museum zeigt noch bis zum 15. Juni die Kunst der Kölner Progressiven: seiwert hoerle arntz.
    http://​www​.muse​enkoeln​.de/​m​u​s​e​u​m​-​l​u​d​w​ig/ unter ‚Ausstellungen‘

  4. Johannes Brückner

    Sehr gut! Ich finde Neurath/Arntz werden für das was sie geleistet haben noch viel zu wenig in der Öffentlichkeit gewür­digt. Ich bin immer wieder begeis­tert, wie weit­ge­hend die beiden schon in den 20er Jahren ein Piktogrammsystem entwi­ckelten. Die Piktogramme sind teil­weise über den Neurath Schüler Rudolf Modley bis heute zu Mutabor (unver­än­dert) überliefert.

  5. mokey

    Kennt jemand Bücher von Otto Neurath, in denen die Bildersprache und die Wiener Methode zu sehen sind?
    Also abge­sehen von „Bildersprache: Otto Neurath Visualisierungen“.
    Gerne auch Tipps zu Büchern, die es im Handel nicht mehr gibt – viel­leicht kommt man in irgend­wel­chen Bibliotheken noch dran.
    Habe bisher vergeb­lich danach gesucht.

  6. Johannes Brückner

    In Rudolf Modleys »Handbook of Pictorial Symbols« sind einige Sachen drin. Im Juli kommt ein neues Buch über Neurath raus. Siehe hier. Ansonsten weiß ich auch nicht. Habe vor ein paar Jahren mal ein biss­chen recher­chiert aber wenig gefunden. In Stuttgart war mal eine Ausstellung über Piktogramme. Da waren sehr viele Sachen von Arntz/Neurath zu sehen. Vielleicht hilft das weiter.

  7. mokey

    @ Johannes: Das Buch ist ja nicht mal teuer… da werde ich im Juli mal schauen, ob es auch was taugt.

    Ja, auf der Ausstellung in Stuttgart war ich. War aber sehr enttäuscht, da zwar ein paar Sachen gezeigt wurden, es aber keine/kaum Infos gab. Und meine Fotos sind auch nicht sehr gut geworden :-(

    Einerseits bin ich beru­higt, dass Du auch nicht mehr gefunden hast (ich dachte, ich stelle mich nur doof an), ande­rer­seits wären ganz viele Hinweise auch nicht schlecht gewesen.

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