Die ZEIT muss nachsitzen
Sie überschreibt ihre aktuelle Titelgeschichte mit der Headline »Der Einschulungsirrsinn«, gesetzt aus der Lateinischen Ausgangsschrift. Die wird üblicherweise verbunden geschrieben, im 1. Schuljahr am Ende eines jeden Wortes mit einem Endstrich bis zur Mittellinie. Stattdessen sehen wir einen lückenhaften Schriftzug, lieblos in den Computer getippt.
Mit der OpenType-Version der FontFont-Schulschriften wäre dieser typografische Irrsinn nicht passiert. Das Paket enthält die 3 amtlichen deutschen Schulschriften: Vereinfachte Ausgangsschrift (A), Lateinische Ausgangsschrift (B) und Schulausgangsschrift (C). Jeder Version wird in vier Lineaturen angeboten, nämlich 0, 1, 2 und 4 Linien; die »Vereinfachte« und die »Lateinische« zusätzlich in einer Erstklässler-Versionen mit langen Abstrichen. Das macht zusammen 20 Fonts. Und das Angenehme an der OpenType-Technik: die Buchstaben fügen sich automatisch aneinander.
Danke an Jens Rathmann für den Tipp und das Foto.
27 Kommentare
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Dagger
Der ZEITungsirrsinn.
em2style
Einfach schrecklich diese Lücken, da läuft es ja einem kalt den Rücken hinunter.
Matthias
Danke für die Kritik — mir ist es am Donnerstag auch kalt den Rücken heruntergelaufen. Das Titelbild des „Zeit-Magazin“ ist übrigens noch schlimmer, hier ein Ausschnitt:
formschub
Ich will ja auf keinen Fall wieder den sprichwörtlichen Praktikanten aus der Klischeemottenkiste holen – aber: welcher Grafiker macht so was? Dahinter kann eigentlich keine fundierte Ausbildung stehen. Und Zeitdruck rechtfertigt einen so groben, aber im Nu zu beseitigenden Schnitzer m.E. auch nicht.
Entweder: eine zum Thema passende Schift wählen und dann auch typografisch adäquat mit ihr umgehen …
… oder es sein lassen und Arial, Times oder Courier nehmen.
Foschbar.
Sharif
Vielleicht vermittelt fontshop aber auch die Möglichkeiten der Schrift dem Käufer nicht zu genüge?
Simone
Ouh… weiß doch jeder, dass das nicht sein kann, weil wir im Wort nicht den Stift absetzen sollten… Das zweite beispiel von Matthias hier tut richtig weh… was sind denn da die dicken Punkte bei n+u d+i a+d zwischen den Buchstaben…
Dennoch steht di Zeit nicht alleine dar. Ich habe im Juli erst mit dem Marketing-Leiter einer ausländischen Tageszeitung gesprochen, die gerade ein komplettes Re-Design erleben durfte. Leider sind die Journalisten oder Redakteure der Kolumenen oft zu faul die Fonts, die zur Verfügung stehen, richtig zu nutzen. Und so wird dann bei der Headline, o. ä., oft einfach ‚Apfel B‘ gedrückt. Das funktioniert auch finden die…
Dann, wenn man die Doppelseite aufschlägt hat einer es richtig gemacht und der Kollege mit dem Artikel daneben eben nicht… Im Prepress-Prozeß hat keiner Zeit das alles zu korrigieren…
Das zeigt: das ein Re-Design im Speziellen, und die Darstellung von Fonts im Allgemeinen, eben nur so gut ist, wie alle die, die damit arbeiten…
…was ich bei Tageszeitungen besonders übel finde. Inhalt in der korrekten Form zu präsentieren sollte ein ‚MUSS‘ für jeden Journalisten/Redakteur‘ sein. Das hat für mich mit Professionalität zu tun.
Fontblog-Fan
Ja, statt hier »subtil« für das FontFont-Schulschrift-Package zu werben, wäre die Botschaft vielleicht besser an die Zeit selber gerichtet. Was soll ich mit dem Package…?
Nichts desto trotz: Die ZEIT hat schlampig gearbeitet.
Christian
es geht hier nicht um subtile Werbung. Jürgen könnte auch zig andere, gut verbindende Schriften nennen, arbeitet aber bei Fontshop. warum sollte er da keine FF-Schrift nehmen? Es geht um typografische Lieblosigkeit, nicht um Werbung.
Elenita
Hmmmm …
eigentlich feilen der Art-Director (noch etwas frisch dabei) und die stellvertretene Art-Direktorin gerne bis kurz vor Schluss an der Titelseite… und beide sind hervorragend ausgebildet und machen ihren Job eigentlich ordentlich. Gerade deshalb muss so etwas eigentlich auffallen. Schade, hätte nicht sein müssen. Zumal es selbst einem Laien auffällt, dass da „etwas ncith stimmt“.
Hmmm … und die Praktikanten im Layout waren bis jetzt auch nicht zu verachten ( :D ) … Vielleicht, vielleicht darf ich meine Lieblingszeitung deshalb in Schutz nehmen und es auf die allgemeine Urlaubsunterbesetzung schieben. (Möchte ich aber eigentlich nicht)
Und ja: Kritik direkt an die ZEIT. Ich finde es trotzdem ok, dass hier darauf hingewiesen wird wie es nicht passiert wäre.
thomas junold
hmm, ich weiss nicht mehr, dass man in der ersten klasse so schreibt.
ich hätte mir zwar die OT-möglichkeiten angeschaut, oder recherchiert, wie es denn nun korrekt ist, aber aus dem stegreif …
formschub: glashaus, steine, schweigen. (sorry, das musste mal raus)
Suzu
Also, ich will ja nicht kleinkariert sein, aber dann muss man ja auch mal anmerken, dass die Versalien in „DIE ZEIT“ auch nicht ausgeglichen sind, und ja auch noch nie waren. Das ist mir schon immer vor 25 Jahren aufgefallen, als ich die Woche über im Studium am Setzkasten stand (wir hatten neben Blei- auch Karton- und Zigarettenpapier-Spatien, und die haben wir auch alle gebraucht), und auf der Wochenendheimfahrt im Zug immer DIE ZEIT gelesen habe.
Das mit dem Bleisatz kriegt man ja leider nie wieder raus – und so grüble ich nun auch schon eine Weile darüber nach, ob das Wort „fontblog“ nicht eigentlich auch ausgeglichen gehört, in diesem Fall, wo es quasi als „Wortmarke“ fungiert? Deshalb finde ich diesen Blog aber trotzdem nicht „lieblos“ – im Gegenteil :-)
Lukas
@Simone
Was macht denn „Apfel B“? (Sorry, bin kein Mac-User)
Fontblog-Fan
@Christian
…»könnte» – richtig.
Wird aber nicht gemacht, weil er – genau wie du es sagst – bei FontShop arbeitet. Ergo > Werbung
Man könnte sich auch schlichtweg auf die Existenz von verbindenden Schreib-/Schulschriften beziehen, statt gleich käufliche Exemplare zu erwähnen, die dann auch noch zufällig aus dem eigenen Hause stammen.
Wenn ich in einer Eisdiele arbeite und der vorbei laufenden (möglichen) Kundschaft mein Eis empfehle, anstelle von der Existenz von Eis zu sprechen oder gar die Konkurrenz nebenan anzupreisen, dann werbe ich für mein Eis.
So einfach ist das, wenn auch hier subtiler geschehen.
Ist ja aber auch nicht schlimm – ist ja ein Händerblog.
Lucas von Gwinner
Ist es nicht herrlich das es einen Ort wie das Fontblog gibt, an dem man immer wieder Gleichgesinnte zum teilen seiner typographischen Schreckmomente findet. Meine Aufregung um die visuelle Missetaten in der aktuellen ZEIT konnte in meinem direkten Umfeld am Frühstückstisch niemand nachvollziehen. Nur hier im Fontblog fühlt man sich verstanden…
Sami
@Lukas
„Apfel B“ macht fett, jedenfalls in QuarkXPress (Indesign hat das gar nicht erst).
Wenn die Schrift intern entsprechend verknüpft ist, wird dann der korrekte Bold-Schnitt gewählt; wenn nicht, wird einfach nur der aktuelle Schnitt gleichmäßig in alle Richtungen breitgeschmiert.
Jens Kutílek
Man könnte sich auch schlichtweg auf die Existenz von verbindenden Schreib-/Schulschriften beziehen, statt gleich käufliche Exemplare zu erwähnen, die dann auch noch zufällig aus dem eigenen Hause stammen.
Wieviele „amtliche“ Schulschreibschriften mit automatischer Verbindung kennst Du denn außer dem FontFont-Paket noch so? Gibt es überhaupt welche?
bene
hier schon besser, aber auch nicht 100% ;-)
http://www.stern.de/politik/panorama/sommerschule/
Benjamin Hickethier
›Wie ticken die Linken‹, der ZEIT-Aufmacher vor ca. zwei Wochen, war schon ein ähnliches feintypografisches Ärgernis. Wenn schon nicht Original-Schreibmaschine, dann doch wenigstens die tolle neue OT-Trixie …
em2style
Der Stern-Link könnte aber in der Tat „echt“ handgeschrieben sein, daher ist dies völlig in Ordnung weil es einfach natürlich ist. Ok, das „So“ hätte man nicht so zusammenquetschen müssen.
Was lernen wir aus diesen Kommentaren: Die Journalisten bräuchten einfach mal nen Lehrgang, damit das Gespür für Ästhetik ein wenig angekurbelt wird.
Amy
Ich stimme der Kritik am „unfertigen“ Titelbild zu – allerdings will ich auch noch mal an das ZEIT MAGAZIN LEBEN Cover von vor 2 (?) Wochen erinnern: Da hat Marian Bantjes die Graphikkunst erstellt und das war (sicher Geschmackssache) doch ganz hinreißend.
Patchouly
sieht wirklich sehr abgehackt aus
Jonas
Wenn ich das richtig erinnere, ist die Lateinische Ausgangsschrift inzwischen in eigentlich allen Bundesländern von der Vereinfachten Ausgangsschrift abgelöst worden. Dennoch die Lateinische Ausgangsschrift zu verwenden, ist m. E. der erste Gestaltungsfehler, der hier gemacht wurde.
Ivo
Ganz so einfach ist das leider nicht, Jonas …
Jonas
Dass die älteren Ausgangsschriften offiziell noch erlaubt sind, ist das Eine. Mein Eindruck ist allerdings, dass kaum noch eine Schule die Lateinische verwendet – täusche ich mich da? Kennt jemand Statistiken dazu?
Julia
Hallo,
dass die Lateinische Ausgangsschrift in der Schule nicht verwendet wird, stimmt nicht ganz: In Niedersachsen wurde zwar tatsächlich vor einigen Jahren an vielen Schulen die Vereinfachte Ausgangsschrift eingeführt, doch schon nach kurzer Zeit stellte man fest, dass die Schüler dadurch fast ausnahmslos eine ziemliche „Sau-Klaue“ (sorry, aber das Wort trifft es am besten) entwickelten, woraufhin die meisten Schulen wieder zur Lateinischen Ausgangsschrift zurückkehrten. Meiner Meinung nach eine gute Entscheidung! Zwar wurden bei der VA viele Buchstaben in der Hinsicht vereinfacht, dass einige Bögen und Häkchen „weggekürzt“ wurden, doch sie ist sehr schwer zu lernen und wirkt sehr eckig und unsauber. Wie es in anderen Bundesländern aussieht, weiß ich aber auch nicht genau.
Gruß, Julia – Grundschullehrerin :-)
Vale
Sieht wirklich etwas abgehakt aus.
Würd mal sagen die waren unter Zeitdruck.
Icognito
Also ich denke, dass das einem normalen Zeitungsleser nicht auffallen würde. Dennoch muss ich zugeben, dass man das natürlich schöner und besser lösen hätte können.