DIE WELT – heute mit leerer Titelseite
Die Tageszeitungen DIE WELT und WELT KOMPAKT erscheinen heute mit leerer Frontseite, um damit für die Pressefreiheit in aller Welt zu demonstrieren. Nur ein klein gedruckter Satz prangt am heutigen Internationalen Tag der Pressefreiheit von der weißen Fläche: »So sieht Ihre Zeitung ohne Pressefreiheit aus« … ergänzt um eine kleine Anzeige rechts unten von Reporter ohne Grenzen. Entwickelt wurde die Layout-Idee von Scholz & Friends Hamburg. Die ganzseitigen Titelanzeigenplätze in beiden Zeitungen stellt die WELT-Gruppe kostenlos zur Verfügung.
Jan-Eric Peters, Chefredakteur aller WELT-Titel und von WELT ONLINE, zur heutigen Aktion: »Pressefreiheit ist überlebenswichtig für jede Demokratie, aber leider keineswegs selbstverständlich. Das wollen wir mit der außergewöhnlichen Aktion in Erinnerung rufen. Die Arbeitsmöglichkeiten für Journalisten sind in Deutschland vergleichsweise sehr gut, aber auch hierzulande wird die Freiheit der Presse beispielsweise durch eine restriktive Rechtsprechung immer stärker eingeengt.«
Den Internationalen Tag der Pressefreiheit hat die Uno-Generalversammlung 1991 auf Vorschlag der Unesco ausgerufen. Er erinnert an die »Erklärung von Windhoek«, die am 3. Mai 1991 zur Förderung einer unabhängigen und pluralistischen Presse verabschiedet wurde. Zentrale Aussage der Erklärung war, dass freie, pluralistische und unabhängige Medien ein bedeutendes Merkmal demokratischer Gesellschaften seien.
14 Kommentare
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Andreas Dantz
Meine Theorie: Das ist nur ein Vorwand um Farbe zu sparen und durch die geringeren Druckkosten die Zeitung zu sanieren :)
Uwe Borchert
Hallo,
ausgerechnet die Welt! Eine Zeitung deren vorauseilender Gehorsam bereits den Tatbestand der Selbstzensur erfüllt protestiert gegen Fremdzensur. Als ob das für den Leser ein echter Unterschied wäre. Die deutschen Zeitungen sind weitgehend gleichgeschaltet und bedürfen, bis auf wenige Ausnahmen, keiner Zensur mehr.
MfG
Johannes
Glückwunsch auch an die Kolleginnen und Kollegen von Scholz & Friends Hamburg! „Entwickeln“ ist wohl neuerdings ein Synonym für „sich so stark inspirieren lassen, dass es fast schon abkupfern genannt werden müsste“ — wie oft hat die tageszeitung das gemacht, wie oft die Frankfurter Rundschau?
Maori
Ich arbeite bei S&F HH und kannte die Idee nicht. Habe sie auch nicht mitentwickelt. Wie dem auch sei, die Aktion an sich finde ich gut, die Idee jetzt nicht unbedingt monsterinnovativ. Johannes, ich persönlich hätte jetzt nicht gewusst, wie häufig die taz oder die FR etwas in der Art umgesetzt hat. Ideen überschneiden und wiederholen sich nun mal, nur basht man Scholz halt ein bisschen lieber als andere Agenturen. Ich bin zwar nicht immer zufrieden mit dem, was der Laden hier produziert, ganz im Gegenteil. Aber die anderen Agenturen kochen auch nur mit Wasser, sprich: sie produzieren nicht weniger Scheiße. Übrigens wären die korrekten Anführungsstriche „ und “ gewesen.
Gruß,
M.
LSP
Seit wann basht man S+F lieber? Also mein Lieblingsbashingopfer ist und wird immer JvM bleiben.
Diese Spacken, ey.
HD Schellnack.
Ich find ja irgendwie auch wieder gut, dass Springer sich bei der TAZ die Ideen abschaut. Das passt so schön zur Idee von Schwarz-Grünen Koalitionen. Wie lang noch, bis TAZ Busenmädels hat, die Bild solide Pressearbeit macht und wir über eine Schwarz-Linkspartei-Koalition in der Zeit (die bis dahin dann zum Handelsblatt oder zur «Brigitte» mutiert sein dürfte) lesen können. Sag noch einer was gegen die Postmoderne, die olle.
HD Schellnack.
Und Mao – immerhin ist bei dir irgendwas von Typo hängen geblieben ;-). Freut mich. Rock on – als ich letztens Liz Ranks Debütbuch in der Hand hielt fiel mir ein, dass ich dringend darauf warte, DICH im Radio nervös aus deinem Erstling vorlesen zu hören. Machmach – ich freu mich drauf!
Wolf
Für so etwas beauftragt man extra eine Agentur? Wie viel kann man denn für so eine Idee verlangen? Ist doch das naheliegendste was einem dazu einfällt, außer vielleicht noch eine normale Titelseite in der Stellen geschwärzt sind. Soll natürlich kein Angriff auf die Agentur sein, verstehe nur nicht, warum man sowas nicht einfach intern beschließen kann (kenne mich aber auch mit den Abläufen in einer Redaktion nicht aus).
Johannes
Hallo Maori,
Liebligsbashen? Nee, damit hat das nix zu tun. Ich finde es nur merkwürdig, dass eine Zeitung eine Agentur einschaltet, die dann eine nicht neue und — wie Wolfgang Stegmann zu Recht bemerkt — äußerst naheliegende Idee «entwickelt» — das ist dann doch ein Tritt an «Euer» Schienbein des dummen Agenturgeschwätzes. Ich weiß auch nicht, wo oft die beiden anderen Zeitungen das selber gemacht — oh, entwickelt! — haben, vermutlich je einmal. Oder ob es das andernorts auch gab.
Ich kann übrigens noch mehr Anführungszeichen, hehe! Und freue mich, dass es auch in Agenturen jemanden gibt, der was von Typographie versteht, das glaubt man ja im Alltag nicht. Tritt Deinen Kollegen (m/w) ruhig oft auf die Füße deswegen!
Johannes
HD Schellnack.
Ich erinnere mich, dass der US-Comiczeichner John Byrne in der in Kanada spielenden Serie Alpha Flight eine ganze Kampfsequenz in dem Heft «Snowblind» in einem Schneesturm spielen lässt – die Panel sind dabei über Seiten einfach… weiß. Mit Sprechblasen und Geräuschen, die die Handlung andeuten. Byrne sagte in einem Interview, dass er dafür im Grunde die gesamte Sequenz gezeichnet habe, um sie erst dann wieder zu entfernen, um die ganze Sache zu «choreographieren». Ob das stimmt oder nicht, er bekam jedenfalls für diese smarte Arbeitsumgehung den vollen Seitenpreis ;-D
http://2.bp.blogspot.com/_1GF4elKx_Z8/SA3S9UaBNcI/AAAAAAAAAV4/WPyvrbJucGk/s400/alphaflight6-5.JPG
HD Schellnack.
Ich finde übrigens, so bieder es klingen mag, die beste Werbung gegen Pressezensur sind rasiermesserscharfe, aggressive und brisante Artikel, die die Kacke zum Dampfen bringen. Wie man sie vom Spiegel wenigstens ab und zu noch kriegt, von der Welt sicherlich eher nicht – nicht aber das Weglassen dessen, was eine Zeitung ausmacht. Der Gag war im Kontext der TAZ sicherlich richtig – wenn ihr nicht abonniert, verschwinden wir – im Kontext Zensur ist es irgendwie zu tautologisch. Mit Zensur GEGEN Zensur zu werben ist eine Nullnummer, inhaltlich. Mir wäre lieber gewesen, das Cover für irgendetwas inhaltlich sinnigeres zu nutzen anstatt auf den ohnehin hohen Leeregrad dieses (und mancher anderer) Blätter hinzuweisen.
Christian
Die Zeitung sähe ohne Pressefreiheit eben nicht leer aus, sondern wäre voll mit gesteuerten und gleichgerichteten Artikeln. Hat krumme Beine, das Konzept von S&F.
Souverän und lässig wäre es, auf der ersten Seite nur harmloseste Blümchentexte (z.B. »Pandazwilinge dürfen doch zusammen aufwachsen«) zu drucken und die Auflösung auf Seite 2 zu schieben. Aber so genau scheint sich niemand die Welt ansehen zu wollen, obwohl Christoph Keese dort schreibt. :)
Heinrich
@11 HD_Schellnack
Du bringst es auf den Punkt, eigentllich geht es aber noch weiter: Mit der Pseudo-Zensur der Welt wird suggeriert, Zensur sei sichtbar, weil ja ganz ersichtlich Text fehlt. Das ist verharmlosend, naiv und billig – das Argument der symbolischen (Nicht-)Darstellung zählt hier genau nicht. Das Anliegen ist zu wichtig.
Das den meisten Lesern die leere Seite gar nicht aufgefallen sein soll, ist dagegen schon wieder richtig sympathisch.
Hehehe.
Maori
@Johannes
Ich trete den Leuten hier tatsächlich häufig auf den Typoschlips; dank erfolgreicher Einflussnahme HDs in der Studienzeit.
Ergänzend bin ich mir nicht sicher, wer hier auf wen zugegangen ist. Schön finde ich aber immer wieder, wenn Kunden sich mehr trauen als nur Anzeige mit Grinsebacke und Störer.
So, ich muss weiter Kollegen nerven.
LG …