Bibliografie: Die Sehtexte von Ferdinand Kriwet

Der 1942 in Düsseldorf gebo­rene Ferdinand Kriwet gilt als ein Pionier der Medienkunst. Bereits in den frühen 1960er Jahren widmete er sich in Ausstellungen, Bühnenauftritten und Hörspielen unseren Sehgewohnheiten, die er durch die Reizüberflutung der Massenmedien beein­flusst sah. Dazu analy­sierte er die Sprache von Fernsehen, Werbung und Fotografie. Nun doku­men­tiert ein liebe­voll ausge­stat­tetes Buch das Kriwet-Gesamtwerk. Dazu startet am 7. September bei Stefan Schuelke Fine Books in Köln eine drei­wö­chige Ausstellung.

Kriwets künst­le­ri­sche Schwerpunkte liegen in den Bereichen Hörspiel, visu­elle und konkrete Poesie, inter­dis­zi­pli­näre Sprachkommunikation und – jetzt wird es für die Leser des Fontblog inter­es­sant – Sehtexte. Sein Interesse gilt einer Sprache, die für ihn nicht nur Wort, sondern auch Bild ist. Und so bezeichnet er sich selbst auch gerne als »visu­eller Poet«.

»Ein Buch beginnt und endet nicht: allen­falls täuscht es dies vor.« Mit diesem Zitat von Mallarmé beginnt eines der bedeu­tendsten Werke von Ferdinand Kriwets, das 1961 bei DuMont erschienen Rotor-Heft. Da war Kriwet gerade 19 Jahre alt. Rotor ist ein Fließtext, ohne Großbuchstaben, ohne Punkt und Komma. Es war die Zeit, in der man den Roman als Kunstform für tot erklärte. Die Syntax wurde aus den Fesseln der Semantik befreit. Sehen und Schreiben, Sehen und Lesen wurden eins.

Kriwet auffäl­ligste Erfindung sind seine poetisch-program­ma­ti­schen Rundscheiben, entstanden über­wie­gend zwischen 1961 und 1963. Diese Schriftspiralen, seiten­ver­kehrt, gespie­gelt, gebro­chen und kreis­förmig ange­legt, werden zu seinem Markenzeichen. Wortschöpfungen wie NATUREVOLUTIONUTOPIABENTEUR, HOMODELIGHT oder PHALLICUSHY erregten auf Plakatwänden im öffent­li­chen Raum das Interesse von Kunstwelt und Passanten. Auf Leinwand, gestanzt in Blech, als aufblas­bares Luftkissen und auf Klarsichtfolie wurden sie in Galerien ausgestellt.

Neben Neonschriften und Wandbemalungen gestal­tete der in Düsseldorf gebo­rene Künstler in den nach­fol­genden Jahren etliche Kunst-am-Bau-Projekte. Überdies produ­zierte er eine große Zahl von Rundfunkbeiträgen. Besucher der DuMont-Verlagszentrale in Köln begegnen Ferdinand Kriwets Arbeiten überall: Von ihm stammen die Motive auf den Glastüren im gesamten Verlagsgebäude.

Nach seinem »Rückzug« aus der Kunstszene Mitte der 1970er Jahre beginnt Kriwet 2004 erneut künst­le­risch zu arbeiten. 2011 widmete ihm die Kunsthalle Düsseldorf eine große Retrospektive.

Kriwets Gedichte, Rundscheiben und Lesebögen finden sich in vielen Schriften zur konkreten Poesie. Sie wurden zur Titelgestaltung von wich­tigen Anthologien verwendet und tauchen bis heute auf Umschlägen zu thema­ti­schen Publikationen auf. Die nun erschie­nene, liebe­voll recher­chierte und von Tino Graß gestal­tete Kriwet Bibliografie doku­men­tiert zum ersten mal alle Publikationen und Tonträger des Künstlers, seine Einzel- und Gruppenausstellungen, sowie Beiträge von und über Kriwet in Büchern, Anthologien und Zeitschriften. Gezeigt werden zudem bisher unver­öf­fent­lichte Manuskripte, Briefverkehr und Zeugnisse seiner frühen lite­ra­ri­schen Arbeit.

Kriwet Bibliografie 1-401, 216 Seiten mit 267 farb. Abbildungen, 22,6 × 16 cm, offene Fadenheftung, umge­legter, farbig illus­trierter Schutzumschlag. ISBN: 978-3-9815348-7-0, Preis 34,– €

 


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