Die ersten digitalen Bezahlzeitungen [Update]

BILD-iPhone_klein

Heute morgen brachte der Axel-Springer-Verlag als erster deut­scher Zeitungsverlag zwei seiner Objekte digital und mit Bezahlkonzept ins Netz: BILD und WELT (Kompakt) für das iPhone. Das BILD-Leseprogramm (App-Store-Link) zum Empfangen der Inhalte kostet zur Zeit 0,79 €, der WELT-MOBIL-Reader 1,59 € (App-Store-Link). Beide Programme stellen die Tageszeitung wahl­weise inter­aktiv oder als PDF dar, letz­teres ab 22:00 Uhr des Vortrages. Das Abonnement der tägli­chen Inhalte ist für die kommenden 30 Tage kostenlos. Die BILD kostet danach ohne PDF 1,59 € für 30 Tage, inklu­sive Vorab-PDF schlägt das Monatsabo mit 3,99 € zu Buche; das WELT-Abo kostet 2,99 € (ohne PDF) bzw. 4,99 (inkl. PDF).

Beide Zeitungskonzepte basieren auf dem glei­chen Player, der 5 Ansichten im Schnellzugriff bereit stellt. Bei der BILD-Zeitung sind das die Startseite, der für das iPhone opti­mierte inter­ak­tive iView-Modus, das PDF (16 Seiten), das Mitmachprotal Leserreporter und die erwei­terte Menü-Auswahl. Hinter letz­terem verbergen sich auch – für das iPhone opti­mierte – Darstellungsformen, die mancher Nutzer viel­leicht auch pein­lich findet, zum Beispiel ein BILD-Girl, dem man die Kleidung wegschüt­teln kann.

WELT MOBIL stellt als PDF die 32-seitige Welt Kompakt dar, statt der Leserreporter gibt es eine Suche. Im erwei­terten Menü finden sich über 20 zusätz­liche Angebote, u. a. ein Wecker, der direkte Zugang zu den Welt-Tweets, ein 18:00-Uhr-Quiz, das Fernsehprogramm, Wetter und vieles mehr. Hübsch gemacht ist die iWelt, ein virtu­eller Globus, den man per Fingerzeig rotiert. Alle Orte zu denen die WELT aktu­elle Nachrichten bereit hält, sind mit roten Punkten markiert. Klickt man darauf, erscheint ein Pop-up-Fenster mit der Headline des jewei­ligen Artikels und einem passenden Bild, ein weiterer Klick führt zur ausführ­li­chen Meldung.

Beide Applikationen bedienen sich, nach Zustimung des User, der iPhone-Dienste Push-Benchrichtigung (für Eilmeldungen) und der Ortsbestimmung (für lokale Nachrichten und das Wetter). Die PDFs lassen sich mittels Vergrößerung (einmal Tippen oder Auseinanderziehen) über­ra­schend gut durch­forsten, was bei der BILD-Zeitung an den kompakten Meldungen liegt und bei Welt Kompakt am nativen Kleinformat.

Beide Angebote seien, so der Axel-Springer-Verlag, der Versuch, sich über eine lang­fris­tige Investition gegen die »Gratiskultur« im Internet zu stellen. Die Verleger hätten zehn Jahre zuge­schaut, wie sich kosten­freie Angebote im Internet breit machen, teilte Axel-Springer-Vorstandsvorsitzender Dr. Mathias Döpfner in einer Pressenotiz mit. Es zeige sich, dass mögli­cher­weise die Online-Werbung nicht ausreiche, um Qualitätsjournalismus im Netz zu finanzieren.

Nicht zuletzt ist der iPhone-Vorstoß auch das Ergebnis einer neuen IT-Philosphie des Berliner Großverlags, der im vergan­genen Jahr zum Apple-Großabnehmer wurde. Döpfner begrün­dete diesen Schritt in einer Video-Botschaft an die Mitarbeiter unter anderem mit dem Ziel, neben dem tech­ni­schen auch »den kultu­rellen Wandel im Unternehmen zu beschleu­nigen« (Fontblog berich­tete: Axel Springer verap­pelt den gesamten Konzern).

Vor einigen Monaten hat ein Apple-Fanblogger bei Axel Springer recher­chiert und erfahren, mit welcher Neugier der Konzern die neue Technik inte­griert und für seine Produkte in Erwägung zieht. Einen Zusammenschnitt seiner Recherche habe ich eben auf YouTube gefunden:

[Update: Bei diesem Beitrag scheint es sich nicht um ein Fanblog-Video zu handeln, sondern einen Apple-PR-Beitrag, … wie ein Leser heraus­ge­funden hat.]


16 Kommentare

  1. thomas junold

    ich bekomme bild-zeitung und das iphone im kopf über­haupt nicht zusammen, bzw. den bild­zei­tungs­leser gewohn­ter­maßen mit einem iphone-user heutiger zeiten.

    nicht desto trotz, fände ich es gut, wenn es inge­samt klappen würde. warum aller­dings der schlimmste boule­vard deutsch­lands hier eine vorrei­ter­rolle einnehmen muss, bleibt mir ein rätsel.

  2. Pascal

    tja, was sagt uns das über die qualität der quali­täts­blätter? vl doch mal nicht immer von oben herab über den boule­vard urteilen, vor allem wenn die dann auch noch früher aufstehen als man selbst :) ich finds super!

  3. Tim

    Ich kenne ehrlich gesagt keinen in der Werbung und fast keinen im Medienbereich, der die Bildzeitung nicht liest. Boulevard hin oder her. Man liest was Deutschland liest.

    Bild​.de war bei mir die am häufigsten aufge­schla­gene Seite mit dem iPhone. Auf Reisen wirk­lich sehr unter­haltsam. Bezahlen werde ich dafür aber keinen Cent.

  4. Mart

    Bild ist spitze zum Fische drin einwi­ckeln, aber solange dies per App noch nicht möglich ist, wird mir das Drecksblatt nicht aufs iphone kommen.

  5. thomas junold

    Tim. du soll­test kündigen! sofort! und dir andere Bekannte suchen … ;)

  6. Martin Schröder

    Mal abge­sehen von der Irrelevanz der Erzeugnisse des Springer-Verlags: Die taz gibt’s seit längerem auch als ePub, was auch auf dem iPhone lesbar ist.

  7. Jürgen Siebert

    Du hast recht, Martin. Den SPIEGEL auch. Ich hätte deut­li­cher hervor­heben sollen, das es sich um ein neues mobiles Abonnement-System handelt, mit bargeld­loser In-app-Bezahlung. Der SPIEGEL kommt noch im Dezember mit dem glei­chen Modell auf den Markt.

  8. sukisouk

    Dieses hier „Es zeige sich, dass mögli­cher­weise die Online-Werbung nicht ausreiche, um Qualitätsjournalismus im Netz zu finan­zieren.“ in Zusammenhang mit der Bild ist doch eher komisch.

    Schön daß die Bild auch in 320px ihren grau­en­vollen tradi­tio­nellen Bild-und-Text Collagen treu bleiben :P

  9. Holland

    Folgenschwere Entscheidung und sicher­lich der erste Schritt in die rich­tige Richtung.

  10. Tim

    Ach, ich dachte es gäbe nur noch die Bezahlversion und die Website wird geblockt. So ist das ja voll­kommen okay. Wer mehr Funktionen will (Push usw.) kann ja auch ein biss­chen was ausgeben.

    @thomas: alles klar, mach ich.

  11. Detlef D. Seiner

    Der iPöbel für Jedermann. Leider liegt Axel Springer wohl völlig richtig, mitt­ler­weile ist das iPhone echt kein Statussymbol der »Elite« mehr. Passt deshalb bestens. Zur Pause auf der Baustelle in der einen Hand die Leberwurststulle von Mutti in der anderen das iPhone mit Bild-App. Dann wird die Bauarbeiterbombe mit dem iPöbel geöffnet. Ah, perlt!

  12. Phlip

    Elitendenke bewiesen, einen Berufszweig verun­glimpft, Bildleser pauscha­li­siert. Keine schlechte Bilanz für so wenige Zeichen.

    Und nein, ich bin kein Bild-Leser, ich bin taz-abonnent.

  13. soso

    Ach das iPhone war nie „elite“ (ohne mal auf diesen ekligen Begriff weiter eingehen zu wollen) das iPhone war immer etwas für „Elstern“ die alles wollen was hübsch aussieht.

    Als das iPhone in Österreich auf den Markt kam (gleich­zeitig mit dem Marktstart in Deutschland) konnte man sich dieses Stückchen für 1€ bei einem 35 Euro/Monat Vertrag gönnen, am nächsten Tag standen schon die Berufsschüler mit dem Teil in der Tram.

    Auch sonst sind 600€ in einem entwi­ckelten Land für Normalbürger jetzt nicht die Welt wenn man unbe­dingt etwas möchte, dafür bekommt man noch nicht mal einen Remus Auspuff;-)

  14. Detlef D. Seiner

    @ 14.: Ich habe bei Nr.11 auch eher einen zynisch verschärften Text als Antwort auf den Text Nr.1 schreiben wollen. Wenn es um die Bild-Zeitung geht, werde ich gern zynisch. Hass-Liebe; gut zum Slogan lernen, schreck­lich vom Inhalt und was Axel Springer repräsentiert.

  15. Jürgen Siebert

    Danke an batteur (#13) für die Aufklärung: ein PR-Beitrag für Apple. Auf der YouTube-Seite war das nicht ersicht­lich. Ich habe diesen Umstand mit einem [Update] in meinem Beitrag hervorgehoben.

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