Designmethodenfinder: Vom Axis Mapping bis zur Walt-Disney-Methode

Die rich­tige Designmethode kann die Qualität eines Designjobs, Projektplanung und Kundenkommunikation maßgeb­lich verbes­sern. Umso wich­tiger ist es, eine geeig­nete Methode sicher zu erkennen und effektiv einzu­setzen. Methodensicherheit gewinnt daher im Gestaltungsprozess mehr und mehr an Bedeutung. Vier Studenten des ersten Mastersemesters Communication Planning and Design an der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd haben sich der Aufgabe gewidmet, eine über­sicht­liche, benut­zer­freund­liche, prak­ti­kable und effi­zi­ente Sammlung der wich­tigsten Methoden im Arbeitsumfeld eines Designers zu erstellen. So entstand www​.design​me​tho​den​finder​.de, die erste webba­sierte Methodensuche für Designer.

Alles begann damit, dass Wolfram Nagel, Valentin Fischer, Tino Söffing und Marcel Ottmann im Hauptkurs »Prozessanalytisches Projekt« auf Anraten ihres betreu­enden Professors Hans Krämer Methoden fest­halten sollten (z. B. in einem Notizbuch), die sie während des Semesterprojekts anwenden. Methodenorientiertes Arbeiten gehört zur Ausbildung im Masterstudiengang. »Da das Projekt noch nicht defi­niert war, haben wir uns einfach dazu entschlossen Designmethoden zum Hauptprojekt zu machen und uns intensiv mit dem Thema zu beschäf­tigen.« erläu­terten sie gegen­über Fontblog den auslö­senden Moment.

»Während der Recherche haben wir fest­ge­stellt, dass man in unter­schied­lichsten Quellen Informationen zu Designmethoden findet. Wir haben Informationen zu über 300 Designmethoden gefunden. Diese sind teil­weise schwer zugäng­lich, sehr umfang­reich und/oder unüber­sicht­lich und auf keinen Fall einheit­lich – und deshalb sehr schwer zu erfassen.« Die meisten Quellen, die Designmethoden behan­deln, beschreiben seiten­lang wie die Methode durch­zu­führen ist. »Was uns als Designer aller­dings inter­es­siert ist zunächst nicht die Methode, sondern wie wir eine Aufgabe lösen können. Deshalb war es für uns wichtig, dass man die Applikation mit den Bestandteilen eines Problems füttern kann und daraufhin Methoden vorge­schlagen bekommt, die bei der Lösung helfen.« Das Ziel der vier Studenten war zunächst eine benut­zer­freund­liche und voll­stän­dige Sammlung der wich­tigsten Methoden im Arbeitsumfeld eines Designers zu erstellen. Um den Umfang über­schaubar zu halten, wählten sie für ihr Projekt 60 popu­läre Methoden aus.

»Wir hatten rund drei Monate Zeit für das Projekt, von der Idee bis zur Finalisierung. Von Anfang an war uns wichtig, dass wir nicht nur ein Interface entwerfen (wie es in Studienprojekten oft der Fall ist), sondern dass die Applikation am Ende auch tatsäch­lich benutzt werden kann.« Hierfür waren Konzeption, Realisierung und Inhalte notwendig. Grob geschätzt hat das Quartett alleine in Methodenrecherche, Inhalte und Verschlagwortung rund 100 Manntage inves­tiert. Sie haben rund 300 wich­tige Begriffe defi­niert und mussten für die Verschlagwortung jede einzelne Methode mit jedem dieser Tags gegen­prüfen. Das sind auch jene Begriffe, die über die Auto-Suggest-Funktion vorge­schlagen werden. Eine Volltextsuche ist zusätz­lich imple­men­tiert. Zu diesem Aufwand für den Inhalt kamen dann noch Konzeption, Layout, Design und Umsetzung hinzu.

»Am Anfang haben wir über­legt, wie wir die unter­schied­li­chen Beschreibungen aus unter­schied­lichsten Quellen einheit­lich und über­sicht­lich darstellen können und welche Zugänge für die poten­ti­ellen Anwender sinn­voll sind.« erläu­tert Wolfram Nagel gegen­über Fontblog. Dabei war ihnen wichtig, dass die Informationen auf den Detailseiten der Methodenbeschreibungen schnell erfasst werden können. Der Anwender kann sich inner­halb kürzester Zeit ein Bild von der Methode machen (Headline, Kurzbeschreibung, Bild und Storyboard-Comic). Details erfährt er in den ausführ­li­cheren Beschreibungen oder über weitere Schlagwörter, Vor-/Nachteile und weiter­füh­rende Links.

Um das Layout und die Interaktion zu testen, durften mehrere Versuchspersonen eine Vorversion in Form eines Flash-Prototypen testen, bei dem die Mausbewegungen und Klicks getrackt wurden. Auf Basis dieser Mausbewegungen und des Feedbacks der Testpersonen konnte die Gestaltung und Interaktion verbes­sert werden. »Im gesamten Prozess haben wir bewusst unter­schied­lichste Designmethoden auspro­biert, da dies ja ohnehin zum Kern des Kurses Prozessanalyse gehören.«

In der Applikation gibt es mehrere Zugänge – je nach Kenntnisstand der Benutzer. Für »Anfänger« gibt es die Schublade mit Suchvorschlägen der rele­van­testen Schlagwörter. Man kann aber auch direkt in das Suchfeld Begriffe eintragen. Über Auto-Suggest werden dem Anwender die bereits erwähnten rund 300 getaggten Suchbegriffe vorge­schlagen. Nach jeder Worteingabe bekommt der Anwender direkt Rückmeldung wie viele poten­ti­elle Suchergebnisse sein aktu­eller Such-String liefern würde (die kleine Zahl oben rechts in den Tags und im Suchbutton). Die Suchbegriffe werden im Suchergebnis über kleine Quadrate reprä­sen­tiert. Die Navigation soll Spass machen und dem Anwender höchst­mög­liche Orientierung bieten.

Zusätzlich zur Listenansicht der Suchergebnisse wurden weitere Zugänge geschaffen. »Besonders wich­tige Kriterien zur Auswahl geeig­neter Methoden sind aus unserer Sicht Themenschwerpunkt und das Verhältnis Aufwand/Nutzen. Über die beiden Diagramme lassen sich alter­na­tive Methoden finden, die man bisher evtl. noch nicht kannte oder die einem im ersten Moment nicht einfallen. Wenn ich zum Beispiel eine Methode vorge­schlagen bekomme, mir dieser aber beispiels­weise zu teuer ist, kann ich über die beiden Diagramme beispiels­weise nach einer weniger aufwän­digen Alternative suchen, die mir ähnliche Informationen für mein Projekt liefern kann«.

Die Anwendung ist für eine hohe Auflösung konzi­piert und komplett in Flash reali­siert. Geplant ist eine Umsetzung für iPhone- bzw. Smartphones, alter­nativ auch für das iPad. »Dafür sind wir auf der Suche nach inter­es­sierten Partnern. Die Daten selbst liegen im XML-Format vor und könnten problemlos für mobile Endgeräte und klei­nere Auflösungen verwendet werden. Auf jeden Fall werden wir das Projekt weiter bear­beiten und haben vor weitere Features zu inte­grieren (was die Version 0.9 schon andeutet).«

Momentan ist es noch nicht möglich, nach einem bestimmten Job zu suchen, zum Beispiel Visitenkarte. Auf Metaebene wären es nur wenige Begriffe gewesen (Screen, Print, Produkt, Ausstellung, Installation, etc.), doch im Detail waren es für den Prototypen zu viele. »Wir haben das bislang bewusst draußen gelassen, kann aber sein, dass es irgend­wann noch dazu kommt.« schrieb mir Wolfram Nagel auf Nachfrage.


13 Kommentare

  1. Felix

    Sehr schön gemacht – gefällt mir.

  2. tee

    Interessant!
    Aber Flash?

  3. arne k.

    Geniales Projekt!

  4. Kevin Albrecht

    Tolles Projekt! Aber das weißt du ja eh, Wolfram ;-)

  5. Stephan Shaw

    Gelungen und verständ­lich und übersichtlich.

  6. pheinlein

    bin immer eher skep­tisch, wenn ich solche krea­ti­vi­täts-methoden beschrieben sehe. Hat für mich immer bissl den Beigeschmack von Patentrezepten. Ich bin eher fürs Methoden ERfinden als fürs Finden, weil es meiner Meinung nach soviele Gestaltungsmethoden wie Gestaltungsaufgaben gibt. ich hatte noch nie das Problem, dass mir keine Methode einge­fallen wäre, meis­tens ergibt sie sich bei genauem Hinsehen aus der Gesamtheit der Umstände, unter denen eine Gestaltungsaufgabe entsteht. Für mich hätten sie sich die genannte Mühe nicht machen müssen.

    was ich im kleinen als „patent­re­zepte“ kriti­siere wird im grossen übri­gens gerne als „inno­va­ti­ons­ma­nage­ment“ bezeichnet: meis­tens geht es von struk­turen aus, die im Kern inno­va­ti­ons­hem­mend (weil hier­ar­chisch & unfle­xibel) orga­ni­siert sind und sich irgend­wann wundern, warum sie eigent­lich noch keinen Nobelpreis bekommen haben.

  7. Jan

    Wie hier schon Angesprochen? Warum in Flash? Irgenwie sind diese Zeiten doch um, CSS3 und HTML 4 Ajax und Konsorten. Irgendwie hat man den Usabillity Gedanken auch nicht ganz verstanden habe mich am Anfang doch recht schwer getan.

  8. Kushtrim Xhaferi

    @jan
    das wollte ich auch sagen. beson­ders der zeiger impli­ziert dauernd etwas klick­bares, dem ist es aber nicht so. bei den ganzen methoden die gezeigt werden, ist sicher auch eine darunter, die für usabi­lity zu gebrau­chen wäre. schade, hat man sie nicht benutzt. ;)

    ansonsten ist die seite wunderbar schlicht und hübsch. gefällt mir.

  9. Gunter Gugelhupf

    Bei aller Freundschaft zum Designtagebuch: Bericht-Doubletten lese ich nicht gerne.

  10. Peter Roth

    Tolle Idee! Und schöne Umsetzung. Ein rundes Ding! Applaus bitte!

  11. Wolfram Nagel

    Vielen Dank für die Erwähnung unseres Semesterprojekts! Und danke für das Lob und die konstruk­tive Kritik.

    Ich möchte mal kurz auf zwei Dinge eingehen. Wir haben die Anwendung bewusst für eine hohe Auflösung konzi­piert um die Informationen auf einer möglichst großen Fläche darstellen zu können. Auf den meisten Endgeräten mit entspre­chend großen Screens darf man wohl ein Flash Plugin voraus­setzen. Außerdem ist Flash defi­nitiv noch nicht tot! Der Design Methoden Finder in der aktu­ellen Version ist für kleine Bildschirme bzw. Smartphones ohnehin nicht geeignet – egal ob mit oder ohne Flash. Und da es sich um ein Studentenprojekt handelt, mussten wir schlicht die Technologie nutzen, die uns am einfachsten fällt um es (in der kurzen Zeit) über­haupt umzu­setzen. Kleinere Bugs (auch Usability-Probleme) sind uns teil­weise schon bewusst und werden noch behoben. Außerdem sollen noch weitere Features dazu kommen. Version 0.9 deutet ja schon an, dass das Projekt noch nicht zu Ende ist. Wir haben auch vor eine ange­passte Version (ohne Flash) für Smartphones zu realisieren.

    @pheinlein: Wir sind der Meinung, dass Designmethoden helfen können den Designprozess zu struk­tu­rieren. Zumindest haben wir während des Projekts diese Erfahrung gemacht. Natürlich ist eine Methode weder ein Patentrezept noch Ersatz für Kreativität. Sie sollte auch niemals blind verfolgt werden. In der Methodenschule weisen wir bewusst darauf hin. Wer Designmethoden grund­sätz­lich für nutzlos hält, kann in der Methodenschule ein paar Pro-Argumente finden. Vielleicht lohnt es sich auch einfach mal probe­weise eine Methode anzuwenden…

    Wir freuen uns über Mails mit Hinweisen, Anregungen und Kritik. Gerne direkt an: team@designmethodenfinder.de

Kommentarfunktion ist deaktiviert.

<em>kursiv</em>   <strong>fett</strong>   <blockquote>Zitat</blockquote>
<a href="http://www…">Link</a>   <img src="http://bildadresse.jpg">