Der tägliche Buchtipp (3): Playlist-Stories

Heute empfehle ich ein Buch, das nichts mit Design zu tun hat und auch nicht bei FontShop im Angebot ist: Rob Sheffield »Love is a Mix Tape. Eine Geschichte von Liebe, Leid und lauter Musik«. Ich habe es zum Geburtstag geschenkt bekommen, von einem Freund der weiß, das ich einen Teil meiner Freizeit in iTunes damit verbringe, Playlisten zusam­men­zu­stellen. Natürlich habe ich das früher schon gemacht, jedoch bedeu­tend umständ­li­cher mit Radio, Platten und Kassettenrekorder. Dass die Begleitmusik zum eigenen Leben den Stoff für eine Erzählung abgibt, liegt nahe, hat mich trotzdem überrascht.

In »Love is a Mix Tap« erzählt Rob Sheffield entlang von 15 Kassetten die Geschichte seiner kurzen Beziehung zu Renée, einem Mädchen, das eigent­lich viel zu cool für den schüch­ternen Rob war, das sich aber trotzdem in ihn verliebte. Ein Neo-Punk-Girl, wie es sie nur in den 90er Jahren gab, als Pavement, Nirvana und R. E. M. eine Pop-Explosion auslösten. Aber auch Elvis, die Rolling Stones, Missy Elliot, Yo La Teng gehören zum Soundtrack ihrer gemein­samen Geschichte.

Das Werk enthält bemer­kens­werte Zitate, die mein 40-jähriges Tun lite­ra­risch unter­mauern. Ich habe mal zwei herausgepickt:

Über Broken-Heart-Tapes: »Das beste Broken-Heart-Tape aller Zeiten war der ›Is She Rellay Going Out With Him‹-Mix, den Charles, der Freund meiner Freundin Heather, aufge­nommen hat, als die beiden eine Zeit durch­machten, die man gern verlogen ›Übergangsphase› nennt. Es begann mit ›Please Please Please Do Not Go‹ von den Violent Femmes und wurde dann richtig verzwei­felt – liebes­kranke Jungs, die um weitere Bestrafung betteln: Elvis Costellos ›Why Don’t You Love Me (Like You Used To Do)?‹, ›Hands Off She’s Mine‹ von The Beat, Don Henleys ›Boys of Summer‹. Aber es hat funk­tio­niert – es hat sie wieder zusam­men­ge­bracht. Heather spielte es all ihren Freundinnen vor, in Gegenwart von Charles; sie war stolz darauf, dass er ihret­wegen so leiden konnte, und er war vermut­lich eben­falls stolz. Zwanzig Jahre später leben sie als Ehepaar mit 4 Kindern in Utah, die diesem Tape ihr Leben verdanken. Unheimlich.«

Über Radio-Tapes: »Ein Radio-Tape versetzt einen unmit­telbar, eins zu eins, in die Zeit und an den Ort zurück, als man die Songs zum ersten Mal gehört hat.«

Irgendwo stand noch, dass Mixtapes die Befreiung einzelner Songs aus der Gefangenschaft des Albums seien. Gefällt mir.


5 Kommentare

  1. Dav(id Hubner)

    ‚Klingt‘ gut. Und klingt nach etwas, was ich gerade jetzt lesen sollte. Danke. (Und ‚KiWi‘ über­rascht immer wieder mit den Büchern die sie verlegen, finde ich. Mittlerweile wohl zu einem meiner Lieblingsverlage geworden.)

  2. der maximilian

    Klingt wie die Verlängerung von »High Fidelity« von Nick Hornby. Ist es denn auch so amüsant?
    Und was uns alle am meisten inter­es­siert: ist es schön gesetzt?

  3. Jürgen

    Es ist jeden­falls besser lesbar als die (deut­schen) Hornby-Bücher, die alle in Rotis gesetzt sind.

  4. Hannah

    Ich werde aufge­regt, um dieses Buch zu lesen. Töne wie es hat inter­es­santen Einblick zu unserer zeit­ge­nös­si­schen Kultur, Musik in jedem Aspekt des Lebens. Und ich liebe die neun­ziger Jahre. Begrüßungen von Utah.

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