Das sind die FontStars 2007
Im Januar stellte FontShop sein Ranking Die 100 besten Schriften aller Zeiten vor. Aus der Bestenliste entwickelte sich die Idee für eine Serie, die Beste Schriften Edition. Sie bietet alle großen Klassiker, doch für gute neue Schriften war es unmöglich, sich in der Ewigenliste zu platzieren.
Wir suchten nach einer Lösung und dachten uns FontStars aus: die besten und nützlichsten Neuheiten des Jahres auf einer CD zum attraktiven Preis. Die FontStars sind also per Definition eine Bestenliste und ein Produkt, das in Zukunft jährlich erscheinen soll. Das rechts abgebildete FontStars-Poster (PDF, DIN-A3, 1,1 MB) zeigt also die Schriften des Jahres 2007 sowie einen ausführlichen Blick in ihre OpenType-Zeichenvorräte; Kurzportraits der FontStars findet man in der zweiten Hälfte dieses Beitrags.
Die »Erste Liga« bilden 29 Fonts von 14 internationalen Schrifthäusern. Ausgewählt wurden die Champions von einer Jury in Zusammenarbeit mit internationalen Foundries, die rund 500 Neuveröffentlichungen aus dem Zeitraum November 2006 bis Oktober 2007 sichteten. Stephen Coles, Gründer von Typographica.org und Jury-Mitglied, erläutert die Auswahlkriterien: »Unser Ziel war, für jeden Job und jeden Geschmack die beste unter den neuen Schriften zu finden. Spannend war, die Neuerscheinungen des Jahres aufzuspüren, die morgen noch im Trend liegen.«
Die FontStars-2007-CD erscheint Mitte dieser Woche, zunächst in Deutschland, mit den zitierten 29 OpenType-Fonts der 14 renommierten Herstellern, sowie 4 Songs aus dem House-Industries-Tonstudio, für 499,– Euro (zzgl. MwSt. und Versand).
Die nominierten Schriften:
1. Textschriften
Amalia, OurType: Die ersten Entwürfe für diese Barock-Antiqua fertigte Nikola Djurek 2004 nach einem Spitzfeder-Kalligrafiekurs an. Bald darauf entstand ein digitalisierter Schnitt, später folgten drei weitere Strichstärken. In den Proportionen ist Amalia, benannt nach Djureks Großmutter, vergleichbar mit Baskerville und Utopia, wobei sie mit raffinierten Details überrascht, zum Beispiel den einseitig abgeflachten Tropfenserifen. Ihre OpenType-Features: Kapitälchen, 2 Ziffernsätze, Osteuropa-Ausstattung. Weitere Details im Amalia-PDF von OurType.
Anziano, Fountain: Anziano von Stefan Hattenbach zeigt Anklänge an Weiss (Emil Rudolf Weiss, 1926) und an Renaissance- Buchschriften. Inspiriert wurde er durch eine schwedischen Ausgabe von »Herr der Ringe«, die er beim Lesen als sehr angenehm empfand. Da es zahlreiche Weiss-Interpretationen von verschiedenen Foundries gibt, verschmolz Hattenbach Merkmale des Klassikers mit eigenen Lesbarkeits-Kriterien. Geeignet für Werksatz und Editorial Design. Weitere Informationen und Anregungen im Aziano-PDF von Fountain.
FF Clan, FontFont: Erste Entwürfe für Clan entstanden für eine Gebrauchtwagen-Zeitung, das polnische Frauen-Magazin Vita setzte sie als erster Anwender ein. Es ist eine gut ausgebaute, moderne Sans-Serif-Schrift, entworfen von �?ukasz Dziedzic, deren Charakter er auf die Formel bringt: nicht zu modern, nicht zu elegant nicht zu kalt. Italics sind in Vorbereitung, daher wurden für die FontStars-CD 3 gerade Schnitte (Book, Medium, Black) ausgewählt, mit umfangreichen OpenType-Funktionen (Kapitälchen, 8 Ziffernsätze, bedingte Ligaturen und vieles mehr). Ausführliche Infos zu den drei FF-Clan-OpenType-Schnitten in diesen PDF-Heftchen: FF Clan OT Book, FF Clan OT Medium und FF Clan OT Black.
FP Dancer, Fontpartners: Eine fast kontrastlose, informelle Satzschrift, die entgegen allen Erwartungen nicht technisch, sondern sehr freundlich wirkt – fast eine Schreibschrift. Morton Rostgaard Olsen von Fontpartners hat sie entworfen. Neben der Sans gibt es auch eine Serif-Version. Zwei Ziffernsätze: Tabellen- und Mediävalziffern. Weitere Informationen im mehrseitigen FP-Dancer-PDF.
Greta Text, Typotheque: Die beiden Schnitte der Zeitungsschrift Greta weisen die umfangreichste Ausstattung unter den FontStars 2007 auf: Kapitälchen, 9 Ziffernsätze, erweiterter osteuropäischer Zeichensatz, 20 Währungszeichen, 11 Ligaturen und Symbole für Wetter, Horoskop, Schach, Orientierung und Strukturierung. Greta Text wurde mit dem TDC2-Award 2007 des Type Directors Club von New York ausgezeichnet. Ihr Entwerfer ist Peter Bil’ak, der gerade die Headline-Versionen der Greta entwickelt. Mehr zu Greta Text im detaillierten Schriftmuster-PDF von Typotheque.
Seravek Basic, Process Type Foundry: Eine serifenlose Linear-Antiqua, entworfen von Eric Olson, für Corporate-Design-, Editorial- und Information-Design-Aufgaben. Gute Ausstattung mit Ligaturen, Brüchen und Osteuropa-Glyphen. In der Anmutung neutral, aber nicht technisch. Starke Verwandtschaft zu FF Kievit.
2. Headline-Schriften
Agent of the Uncanny, Device Fonts: Eine Pinselschrift des Londoner Comic-Zeichners und Schriftentwerfers Rian Hughes. Sie wirkt spontan und flott, weil die ausgerissenen Buchstaben nicht geschönt wurden. Eine reine Versal-Schrift.
Blaktur, House Industries: Die erste gebrochene Schrift von House Industries. Sie feierte auf der TYPO 2007 Premiere. Auch wenn House die deutschen Umlaute mit einem eigenen Formatsatz überinterpretiert, so wissen sie doch, was zu einer echten Frakturschrift gehört: das lange s ist genauso enthalten wie Ligaturen für die »typisch deutschen Laute« tz, ch und ck. Übrigens enthält die FontStars-2007-CD auch die 4 Rock-Songs, mit denen House auf der TYPO die Neuheit vorstellte.
MVB Calliope, MVB Fonts: Eine ungekünstelte Blockbuchstaben-Handschrift von Mark van Bronkhorst, neutraler als die gerne verwendete FF Justlefthand, und trotzdem persönlich. Ideal für Werbetypografie und Beschilderung, in Comic-Sprechblasen und für elektronische Notizen.
Casey Classic, The Font Bureau, Inc.: Eine klassische amerikanische Werbe-Schreibschrift, verbunden und mit starkem Kontrast. Nostalgisch in der Anmutung. Im Font enthalten: diverse Buchstabenkombinationen, Zierschwünge und Ligaturen. Das Casey-Schriftmusterblatt-PDF von Font Bureau.
Kelly Twenty, Device Fonts: Eine Schablonen-Versalschrift mit blassen Stellen in den Buchstaben, auffällig und authentisch. Zu häufig vorkommenden Lettern gibt es Alternativzeichen auf der Großbuchstaben-Ebene.
Kinescope, Mark Simonson Studio: Die Neuinterpretation einer US-Pinselschrift aus den 40er Jahren, die Mark Simonson in dem Comic Fleischer Brothers’ Superman gefunden hat. Die OpenType-Technik sorgt automatisch dafür, das sich immer die zueinander passenden Buchstaben anschließen; hierfür hat der Entwerfer 6 stilistische Varianten angelegt (Formatsätze). Mehr Informationen und Anwendungsbeispiele im Kinescope-User-Guide-PDF.
Softmachine, ShinnType: Eine intelligente OpenType-Schrift, die für das Verwenden als Outline geschaffen wurde. Ihre Buchstabenformen, die Spationierung und die OpenType-Funktion »Formatsätze« sorgen dafür, dass beim Konturieren keine zugelaufenen Binnenräume und überzeichnete Ecken entstehen. Mehr zur Theorie der Softmachine und Anwendungsbeispiele hat ihr Entwerfer Nick Shinn in einem Softmachine-PDF zusammengefasst.
MVB Solana, MVB Fonts: Eine schmallaufende, konstruktivistische Headline-Grotesk, ursprünglich entworfen für die Beschilderung des kalifornischen Städtchens Albany, nahe der San Franciso Bay. Sie ist nach der Hauptstraße des Örtchens benannt. Ihr Schöpfer Mark van Bronkhorst: »Die Schrift ist einfach und kräftig und hinterlässt auf Schildern, in Drucksachen und im Web unverwechselbare Spuren«.
P22 Underground, P22 type foundry: Es gibt viele Schriften, die sich auf Edward Johnston und die Londoner U-Bahn berufen, aber nur eine ist offiziell lizenziert vom London Transport Museum: die von P22. Der Regular-Schnitt (auch die Bold) basiert auf den Originalentwürfen die sorgfältig digitalisiert und erweitert wurden. Ein echter Klassiker in neuer OpenType-Technik.
P22 Zaner One + One Extras, P22 type foundry: Diese Federschrift basiert auf der Handschrift eines der einflussreichsten amerikanischen Schreiblehrer, Charles P. Zaner, der 1888 das Zanerian Art Center gründete. Mit den beiden OpenType-Fonts (entwickelt von Paul D. Hunt) lassen sich ausgeklügelte kalligrafische Schriftzüge konstruieren, wahlweise mit mehr oder weniger Zierschwüngen, floralen Elementen und weiterem Zierrat (enthalten in einem zweiten Font). Ideal für Urkunden, Etiketten, Packaging und festliche Drucksachen.
11 Kommentare
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Nick Blume-Zander
499 Euro. Mensch. Für 29 Schriften. Genial.
DanU
schon ein cooles paket zu einem ehrlichen preis. speziell amalia, clan, anziano, dancer, seravek und greta – grosses kino! auch wenn mir „kinescope“, „sacre bleu“ und „calliope“ ein wenig als „gratiszugabe“ zu den anderen fonts erscheinen. vielleicht würde ja nur ich sie nie gebrauchen und kaufen wollen. – jürgen, so zu werbezwecken vielleicht interessant: was würde denn das ganze paket in einzelbestellungen kosten?
robertmichael
1.) gut ausgewähltes paket, auf die blaktur kann ich verzichten – aber nur weil ich sie schon habe. ;) und bei der greta hätte ich mir noch eine bold gewünscht.
2.) nick, hast du geheiratet?
3.) wo ich gerade rian huges lese, den würde ich mir für die kommende typo als sprecher wünschen.
Dominik Lenk
Das Poster sieht richtig genial aus. Vielen Dank. (Auch wenn ich sehr wahrscheinlich keine Schriften kaufen werde…ooh)
Jürgen
Tatsächlich habe ich das noch gar nicht ausgerechnet. Aber nehmen wir mal zwei Schnitte Greta (je 90 €), 3 x Clan (je 59 €) und die Blaktur mit Musik (49 €), da sind wir ja schon bei rund 400 €. Ich schätze mal, dass die 29 FontStars als Einzelschnitte um 1500 € kosten würden.
Habe ich mir auch gewünscht, aber Peter wollte nicht so richtig. Ich kann ihn verstehen, denn die Familie befindet sich noch im Aufbau und ist sehr hochwertig ausgestattet (rund 1000 Glyphen pro Font).
Markus Hübner
Sehr schöne Zusammenstellung, weiter so!
Thomas Kunz
Ist die Anziano von Fountain auf der »Font Star«-CD-ROM mit Versalziffern und Kapitälchen ausgestattet?
Jürgen
Nein, die Version auf der FontStars-CD enthält keine Kapitälchen und Versalziffern.
Dav(id Hubner)
So gut und empfehlenswert ich das Paket selbst auch finden mag, die graphische Gestaltung des Posters kann ich nicht gut finden und ihr leider nichts ‚richtig genial’es abgewinnen. (Aber natürlich nur meine subjektive Meinung und um die Gestaltung des Posters solls ja auch an dieser Stelle nicht gehen.)
Dominik Lenk
David: Nun ja mit ‚genial‘ ist vielleicht ein bisschen übertrieben, aber so viele Schriften auf einer Seite zu benutzen bedeutet meist den Untergang: Da dies nicht geschehen ist habe ich mich positiv ausgedrückt… Auch finde ich ‚Referenzposter‘ fast immer ‚genial‘, das liegt einfach an mir, aber wie schon gesagt um die Gestaltung des Posters soll es ja nicht gehen;-)
Nach einem kurzem Überflug des Posters, um das es ja nun nicht mehr geht, finde ich FF Clan sehr ansprechend …