Crashkurs: Schriften am Mac verwalten [Update]
Einige Kommentare zur Ankündigung des Fontmanagers FontCase bestätigen, dass die Organisation der Fonts unter Mac OS X komplizierter ist, als manche Benutzer ahnen. Darum schreibe ich mal kurz aus eigener Erfahrung auf, wie ich meine Schriften sortiere und verwalte.
Eines vorweg: Manager wie Font Explorer X oder FontCase können nur das Fontmilieu verwalten, das sie auf einem Mac vorfinden. Sie sind keine Reinigungsdienste. Wo Fontchaos herrscht wird auch unter einer Schriftenverwaltung Fontchaos bleiben. Der ersten Benutzung eines Fontmanagers sollte unbedingt ein Hausputz vorausgehen.
Wo liegen die Mac-OS-Schriften?
Es gibt (mindestens) 3 Fonts-Ordner, die das Mac-Betriebssystem bei der Installation anlegt und mit Font-Dateien befüllt:
1. Macintosh HD/System/Library/Fonts: Finger weg davon, das Mac-OS braucht sie alle.
2. Macintosh HD /Library/Fonts: Fonts für alle User dieses Macs
3. User (Ich) /Library/Fonts: die Fonts des angemeldeten Users
Wer mit Adobe-Programmen arbeitet, die mit Hunderten von Schriften geliefert werden, findet diese in:
4. User (Ich)/Library/Application Support/Adobe/Fonts
was für gehörige Verwirrung sorgen kann, weil diese (meist unerwartet) bei Adobe-Programmen im Schriftmenü erscheinen, nicht aber in anderen Applikationen.
Sind Schriften innerhalb eines Netzwerks freigegeben, liegen diese auf:
5. Network/Library/Fonts
Hier kann eine für das gesamte Büro lizenzierte Font-Bibliothek liegen, was sicherstellt, dass an allen Arbeitsplätzen mit den gleichen Schriften gearbeitet wird.
Erst mal selbst Ordnung schaffen
So schön das ist, wenn man von Apple oder Adobe Fonts geschenkt bekommt, so konfus ist es, wenn diese nicht gebraucht werden, in versteckten Ordnern liegen und das Fontmenü zugemüllt wird. Daher sortiere ich nach eine OS-X-Neuinstallation erst mal die guten Schriften ins Töpfchen, die schlechten Schriften ins Kröpfchen. Diese Aktion findet nur in den Orten 2. und 3. statt (die Behandlung des Adobe-Font-Ordners muss jeder für sich selbst entscheiden; Großfamilien lassen sich meist problemlos deaktivieren, andere Fonts werden möglicherweise von Templates oder vordefinierten Stilen in den Applikationen angefordert).
Zwecks Systemfonthygiene lege ich neben die beiden Fonts-Ordner zwei Abfallordner mit dem Namen »Fonts (Aus)« an, in die ich die für mich wertlosen Schriften hineinlege, fast Dreiviertel der von Apple gelieferten (vgl. Abbildung oben). Dazu gehören sicher nicht Arial, Verdana und Georgia, aber z. B. Academy Engraved, Blackmoor, Big Caslon, Cochin, Impact, Papyrus und viele, viele mehr. Die Femdsprachen-Fonts (Thai, Chinesisch, …) lasse ich unangetastet, weil sie in den meisten Schriftmenüs gar nicht auftauchen. Wer mit diesen Sprachen nicht arbeitet, kann auch hier gefahrlos ausgemisten.
Nach dieser Entschlackungskur gebe ich allen verbleibenden Schriften in den beiden Ordnern Macintosh HD /Library/Fonts und User (Ich) /Library/Fonts ein buntes Etikett. So kann ich bei einem Systemupdate, das mir den aussortierten Fontmüll wieder neu in die beiden heiligen Ordner lädt – jedoch unetikettiert –, schnell wieder aussortieren.
Wo meine eigenen Schriften liegen
Die Schriften, die mir wirklich wichtig sind, nämlich die lizenzierten Fonts für meine Jobs, liegen in einem Ordner, der »Schriften« heißt (besser nicht »Fonts« nennen, damit er außerhalb der Beobachtung des Mac OS bleibt), wo sie in Foundry-Ordnern zu finden sind: Adobe, Bitstream, Emigre, FontFont, House und wo weiter.
Um mit diesen zu arbeiten, sollte man sie – laut Apple – entweder in den Ordner Fonts 2 (für alle User des Rechners) oder Fonts 3 legen (nur für mich). Das alleinige Verschieben in diese beiden Ordner, die permanent vom Mac OS überwacht werden, aktiviert die Fonts und man kann sofort in geöffneten Programmen mit ihnen arbeiten.
Da einen die Verschieberei der Fontdaten in Ordnungskonflikte bringt (Bewege ich das Original oder eine Kopie davon?) und man durch ständiges Aktivieren und Deaktivieren irgendwann den Überblick verliert, bieten sich FontManager an, die diesen Job durch simples An- und Ausklicken erledigen. Wie bei der iTunes-Musikbibliothek lassen sich auf diese Art Hunderte von Schriften verwalten, aktivieren und deaktivieren, sortieren und wenn man mag mit eigenen Metadaten versehen, um sie noch schneller zu finden bzw. die eigenen Jobs sicherer zu erledigen.
Wenn Font-Manager ins Spiel kommen
Programme wie Font Explorer und FontCase bieten sich für diese Aufgabe an. Meist fragen sie bei ersten Starten, wie tief sie ins System eindringen sollen. Bei FontCase sieht das so aus:
Das Programm weist darauf hin, dass es die Systemschriften verwalten kann (Fonts-Ordner 1, siehe oben), die Fonts für alle User oder nur die des angemeldeten Users. Wer FontCase nicht traut, sollte einen Probelauf alleine mit den eigenen Schriften durchführen und lediglich »Import User Fonts« anklicken. Andere Fonts-Ordner können später importiert werden.
Das Angebot von FontCase, die FontExplorer X-Library zu importieren kann, kann nur funktionieren, wenn man sich zuvor vom FontExplorer ordentlich verabschiedet hat, also erst mal alle über den FEX aktivierte Schriften deaktiviert wurden. Beide Programme gleichzeitig Fonts verwalten zu lassen stiftet garantiert Verwirrung.
Wer bereits mit einer früheren (Test-)Version von FontCase herumgespielt hat, dem empfehle ich, die bisherige Liebelei mit dem Programm spurlos zu löschen, weil die von FontShop vertriebene Version 1.1.6 zuverlässiger arbeitet als die 1.0. Das geschieht in drei Schritten:
1. Alle über FontCase aktivierten Schriften – in FontCase – deaktivieren
2. Das FontCase-Gedächtnis löschen, also den Order User (Ich)/Library/Application Support/Fontcase.
3. alte FontCase-Version löschen
Mein persönlicher Rat wäre: Wenn FontCase, dann Neuanfang, um die Font-Verwaltung-Infrastruktur auf dem eigenen neu aufzubauen, also weder Import der Fex-Library, noch Import aller auf dem Rechner vorhandenen System- und/oder Lizenzschriften.
20 Kommentare
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Ingo
Und wann gibt es den „Crash-Kurs: Schriften unter Windows richtig verwalten“? Der Mac ist schließlich nicht die einzige Palttform für professionelles Design und DTP…
Jesus Christus
Schriftschnitt löschen?
Jürgen
Unter Windows 7 wird das ganz einfach … und es sieht aus wie mit FontCase verwaltet: http://winse7en.blogspot.com/2009/01/how-to-install-font-in-windows-7.html
christian
Das ist doch nicht nur bei Windows 7 so…
Der Ordner ist zumindest seit XP derselbe, nur das mit dem Doppelklick funktioniert nicht zum installieren der Schrift. Alternativ eben per drag+drop oder aber rechtsklick auf die Schrift und den 3. Menüeintrag: „Installieren“.
christian
edit. Gut man hat keine Anzeige der Schrift im Menü, das scheint auch neu zu sein. Schade, dass es bei mir gestern nicht geklappt hat mit Windows7…
HD Schellnack.
Geht unter Win7 eigentlich Type1 wieder anständig?
Tim
wenn man jetzt an einem rechner sitzt (gesetzt wurde), an dem schon viele designer viele schriften in vielen schriftverwaltungsprogrammen installiert haben? neu aufbauen – ja, aber der rest (aka: das chaos)? so viel wie geht deaktivieren? und wie verhält sich das programm jetzt bei adobe schriften?
Jürgen
@Tim: Schriftverwaltungen können kein Chaos beseitigen, auch FontCase nicht. Daher habe ich hier kurz beschrieben, wie ich meinen Rechner aufräume. Ich vermute: Wenn Du einen halben Tag investierst und erst mal alles Unklare isolierst (einen Keller-Ordner), wirst Du diese Zeit in den kommenden tagen locker aufholen, weil Dir nach einer Übergangsphase keine Programmwarnungen und Fehlermeldungen mehr dazwischenfunken.
Ingo
@Jürgen (2.): Danke für den Link. Doch geht es mir nicht um das Installieren von Fonts. Dafür benötige ich (selbst für Type1-Fonts seit Win2000) noch nicht mal einen Adobe Type Manager o.ä.. Mir geht es aber um das *Verwalten* von Schriften. Denn wenn es nur um das *Installieren* ginge, dann wäre der obige Artikel und der vorherige Blog-Eintrag sowie Tools wie Suitcase, FontCase etc. (selbst unter dem Mac) überflüssig…
Jürgen
@Ingo: Jetzt habe ich es verstanden. Es gibt Suitcase für Windows. Kennst Du das schon?
Jan
Eine m.E. hilfreiche Funktion der manuellen Schriftverwaltung ist unerwähnt geblieben:
Man kann in den diversen Schriftordnern von Mac OS X Unterordner anlegen und die Schriften dort hinein legen. Die Schriften bleiben aktiv, lassen sich aber leichter hin und her bewegen.
Auch die angesprochene Übersicht über neu installierte Schriften ist denkbar einfach: Wenn man nach dem Bereinigen alle Schriften in Unterordner verschoben hat, muss alles, was direkt in einem Schriftordner liegt, neu installiert sein.
Chris
Das manuelle hin und her Geschiebe von Schriften erscheint mir schon rückständig. Für das allgemeine Management von Schriften oder der spezifischen Ordnung für Jobs verwende ich das „Font Book“ von Mac OS X (aka „Schriftsammlung“).
Zum Gruppieren kann man sich dort einfach verschiedene Bibliotheken anlegen. Und für die Jobs einfach verschiedene Sammlungen anlegen. Die Verwaltung ist damit kinderleicht.
Robert
Was die Adobe-Schriften betrifft, so hat sich der Ort, an dem die Schriften installiert werden, seit CS3 geändert: sie kommen jetzt an den „richtigen“ Platz, nämlich „/Library/Fonts“ bzw. :WindowsFonts. Siehe http://www.adobe.com/type/browser/html/readmes/cs4fontinstall.html
Chriz
@ Jürgen: Benutzt du denn FontCase? Oder hat es sonst wer im Einsatz? Sobald ich meine Systemfonts und Userschriften importiere, bekomme ich teils merkwürdige Font-Bezeichungen. So wird aus der Courier New plötzlich die „C Family“ aus der Courier S im fetten Schnitt wird eine Courier S Boldier S… irgendwie seltsam.
Ich habe schon alle Caches gelöscht und sämtliche DB neu aufbauen lassen sowie das Programm mehrfach neu de- und wieder installiert.
Jürgen Siebert
Hallo Chriz. Ich benutze FontCase seit rund 4 Monaten – ausschließlich. Am Anfang klemmte das Programm etwas, was nicht zuletzt an notwendigen Aufräumarbeiten lag. Seit der letzten Version habe ich keine Probleme mehr. Was Du hier schilderst kenne ich nicht. Auch Indra hat heute getwittert (http://twitter.com/kupfers/status/3283408129), dass sie ständig Abstürze mit der Software hat. Das erschreckt mich … Der Entwickler ist sehr emsig und hat inzwischen Version fertig, wie er heute schreibt (http://twitter.com/pieteromvlee/status/3284136843). Lade Dir das Update direkt im Programm.
Chriz
Hi Jürgen. Danke für die schnelle Antwort. Also irgendwie werd ich aus der Sache nicht ganz schlüssig. Auch die neueste Version 1.2.1 bringt bei mir keine Änderung. Ich habe es eben auf einem frischen System ausprobiert – selbes, reproduzierbares Ergebnis. Aktiviere ich den Font, ist der Name korrekt in anderen Anwendungen oder der Schriftsammlung.
Es ist also „nur“ ein kosmetisches Problem. Vielleicht liegt es ja am deutschen System? Ich werde mal im Supportsystem vom Entwickler einen Thread aufmachen. Falls ich was neues weiß, reiche ich es hier nach.
Indras Probleme hab ich seit der neuesten Version nicht mehr – FontCase läuft bei mir sehr stabil und vorallem der Import ist jetzt wirklich schnell!
Chriz
Hier der eben angesprochene Beitrag bei getsatisfaction, falls sich jemand mit einklinken will…
Chriz
Der Vollständigkeit halber: Mit der neuesten Version (1.2.3) ist mein Problem behoben. Der Entwickler ist wirklich sehr „responsive“ und hat das Problem nett, schnell und kompetent beseitigt. Das war/ist sicher eine gute Entscheidung von euch mit BohemianCoding zu kooperieren. :-)
Jürgen Siebert
Danke, Chriz, das höre ich gerne. Ich freue mich auch über das letzte Update. Tatsächlich ist es so, dass der Entwickler sein sauberes Programm »vergewaltigen« musste. Er hat die Namensgebung der Schriftfamilien durchaus korrekt und konsequent interpretiert. Dummerweise interpretieren Adobe-Programme und Schriftmenüs Font-Familien anders, und das ist die Maßgabe, nach der die meisten Schriftenhäuser die Namensgebung aufbauen.
Ute
Ein unglaublich erleichtertes Danke!!!