bukowskigutentag 8/13: Ein Taubenvergrämer packt aus

Eine unty­po­gra­fi­sche Buchrezension hier im Fontblog? Wie konnte denn das passieren? Ganz einfach: Kürzlich geriet ich in die zwei­fel­hafte Lage, das heute erschei­nende Buch »Wenn ich was kann, dann nichts dafür« vor Veröffentlichung lesen können müssen wollen sollen zu dürften. Habe ich gemacht, weil der Autor niemand gerin­geres ist als meine alte Jugendliebe Jan-Uwe Fitz – ein Fitzbold vor dem Herren, kann ich Ihnen sagen.

Bereits nach der Lektüre der ersten etwa zehn Seiten verspürte ich ein diebi­sches Grinsen in meinem Gesicht. »Geil«, sagte ich mir. »Dich kriege ich dran wegen groben Unfugs, Freundchen!« Voller Vorfreude auf eine Abmahnung recher­chierte ich kurzer­hand den entspre­chenden Paragraphen … und wurde enttäuscht. Unter § 118 OWiG zur »Belästigung der Allgemeinheit, alte Bezeichnung: Grober Unfug« fand ich zwar zahl­reiche Beispielfälle wie Störung eines öffent­li­chen Gelöbnisses der Bundeswehr, das Verfassen von Facebook-Kommentaren oder die Nutzung von Segways zur Fortbewegung. Das Schreiben von Büchern scheint aber nicht den Straftatbestand der Ordnungswidrigkeit zu erfüllen. Schade.

Trotzdem las ich weiter und mir wurde klar, dass Jan-Uwe Fitz nur auf den ersten bis etwa sieb­zehnten Blick einen Gaga-Roman geschrieben hat. Tatsächlich entpuppt sich »Wenn ich was kann, …« als ein scho­nungs­loser Report, der mit dem Traumberuf des Taubenvergrämens radikal aufräumt. Während die jungen Leute früher Schauspieler werden wollten, dann Werber, dann Drehbuchautoren oder Models, giert heute bekannt­lich eine ganze Generation nach dem Trendberuf des Taubenvergrämens. Wer selbst Eltern Heranwachsender ist, kennt das: Ab dem Alter von elf, zwölf Jahren verwan­delt sich das Kinderzimmer in eine einzige Postergalerie, voll­ge­stopft mit Devotionalien und Fanartikeln der berühm­testen Super-Vergrämer unserer Zeit wie Jan-Uwe »die fiese Feder« Fitz, Jan-Uwe »Double-Knock« Fitz oder Jan-Uwe »The Täubchen« Fitz.

Aber jetzt geht’s dem hoff­nungslos über­ro­man­ti­sierten Ideal des Taubenvergrämens an den Kragen. Erleben Sie selbst die unge­schminkte Wahrheit eines häss­li­chen und entmenschten Alltags. Und zeigen Sie das Ihren Kindern! Hier eine Leseprobe:

(…)

Er schiebt mich zur Seite, geht auf die voll­ge­fres­sene Taube zu, die sich vor Fettleibigkeit kaum mehr bewegen kann, und packt sie mit der rechten Hand am Hals. Dann hält er sie mir direkt vor die Nase. Sein Griff ist so fest, dass die Taube röchelt.
»Da!«, sagt er.
»Sie tun ihr weh.«
»Sie wollten sie doch vergrämen. Bitte schön. Hier ist sie. Ich habe sie für Sie gefangen. Bringen Sie sie nach Berlin.«
»Aber die fliegt mir doch bei der erst­besten Gelegenheit weg.«
Herr Menke verpasst der Taube eine Kopfnuss. Der Vogel sinkt bewusstlos in sich zusammen.
»So, jetzt nicht mehr«, sagt er und hält mir die Taube noch dichter vor die Nase.
»Ist sie tot?«, frage ich ängstlich.
»Nur bewusstlos. Sie können die Taube jetzt nach Berlin bringen. Aber beeilen Sie sich. Bevor sie aufwacht.«
»Und falls sie unter­wegs aufwacht?«
»Dann ziehen Sie ihr wieder eine über.«
»Die ist doch ganz Matsche im Kopf, wenn wir Berlin erreichen.«
»Das ist die beste Voraussetzung, um in Berlin glück­lich zu werden.«

(…)

Sehen Sie? Erschütternd! Und wer sich auf einen so heftigen Flirt mit der Wahrheit einlässt wie Jan-Uwe Fitz, der macht sich damit nicht nur Freunde. Wie schon mit seinem ersten Buch »Entschuldigen Sie meine Störung« teilt der Autor das Publikum in zwei sich bis aufs Blut bekämp­fende Lager: Die einen wollen’s genau so und immer schön jan-uwig, die anderen hätten’s lieber etwas uwe-janiger. Tja, allen kann man’s nicht recht machen. Aber ich persön­lich find’s geil.

Hier geht’s zum Buch. Und wer sich den Schlamassel live in Berlin, Basel, Köln, Nürnberg, München oder Wuppertal geben will, bitte sehr!

Michael Bukowski

P.S.: Autoren, die diesen Beitrag geschrieben haben, haben auch diese Beiträge geschrieben.


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