bukowskigutentag 6/12: Green Bullshit
rüher kursierte der Witz, dass man irgendwelche minderintelligenten Wortmeldungen »akustische Umweltverschmutzung« nannte. Wie Sie sicher bemerkt haben, hält sich die Witzigkeit dieses Witzes in Grenzen. Ich hätte das auch längst vergessen, gäbe es nicht das Internet mit Social-Media, was dem Thema überraschend neues Leben einhaucht.
Bekanntlich bietet Social-Media jedem Menschen auf der ganzen Welt die Möglichkeit, sich in Kommentaren oder Postings nach Belieben auszutoben. Neben konstruktiven Beiträgen läuft auch die Produktion von Bullshit auf Hochtouren. Das war früher anscheinend nicht anders: Jeder kann sich auf dem Markplatz sein Plätzchen suchen und dort ungezwungen seine ohne Zweifel die Geschicke der Menschheit vorantreibende Meinung coram publico kund tun.
Aber es gibt einen erheblichen Unterschied zu vordigitalen Zeiten. Vor ein paar Jahren nämlich tauchten Studien auf, die den Energieverbrauch von Suchabfragen bei Google analysierten. Im Schnitt verbraucht eine Google-Suche die Menge Energie, mit der man eine Glühbirne eine Stunde lang leuchten lassen kann. Das gilt natürlich nicht nur für Suchabfragen, sondern ebenso für online eingestellte Kommentare und Postings. Auch für Bullshit-Beiträge lässt sich also ein durchschnittlicher Energieverbrauch berechnen. Und da die Serverfarmen dieser Welt nicht vollumfänglich aus regenerativen Energiequellen betrieben werden, kann auch jedem Bullshit-Beitrag ein eigener CO2-Fußabdruck zugewiesen werden. Da Tag für Tag auf der ganzen Welt circa drölf Zillionen Bullshit-Beiträge publiziert werden, kann man sich ungefähr vorstellen, dass allein eine komplette Serverfarm unter Volldampf steht nur für die Verarbeitung von Bullshit-Beiträgen.
Damit haben Sie inzwischen sicher gemerkt, wohin diese Berechnung zielt: Der alte Witz mit »Blödsinn = Umweltverschmutzung« ist wahr geworden! Denn kaum ein Blogpost oder Facebook-Posting wird publiziert, ohne dass mindestens eine Leuchte mit einem Kommentar um die Ecke kommt, der so viel Energie verbraucht, dass man damit eine echte Leuchte, nämlich eine Glühbirne, eine Stunde lang hätte brennen lassen können.
Sicher denken Sie jetzt wie ich, dass man unter diesen Umständen das Internet besser wieder abschaltet. Aber warten Sie, es gibt noch eine andere Option!
Man entwickle einen Alogrithmus, der jeden Online-Kommentar unmittelbar auf seinen Bullshit-Gehalt hin analysiert. Jede Meldung wird dann auf einer Skala von 1 = »gar nicht blöd« über 5 = »Facepalm!« bis 10 = »final in die Petersilie gehagelt« bewertet und kennzeichnet. (Stellt sich die Frage, wer die objektiven Kriterien für diese Bewertung festlegt … joa, könnte ich machen …)
Der einer Meldung zugewiesene Bullshit-Faktor fungiert dann ähnlich wie Punkte in Flensburg für Autofahrer. Er ist die Grundlage für eine sofortige Sanktionierung des Bullshittenden, der als Ausgleich für seine Bullshittung die Auflage zu erfüllen hat, seine nächsten Google-Suchen nicht mit Google, sondern mit Blackle durchzuführen; und zwar genau so oft, wie es sein Bullshit-Konto mit seinen gesammelten Punkten ausweist.
Falls jemand Blackle nicht kennen sollte: Es handelt sich um eine Energiesparversion von Google mit inverser Farbgebung; also schwarzer Hintergrund mit weißer Schrift. Das spart Strom. Laut Blackle-Website mit Stand vom 20. Februar 2012 wurden bereits »2,959,893.374 Watt hours saved«. Mehr über grüne Suchmaschinen finden Sie hier in einem Bericht bei utopia.de.
Der Bullshit-Algorithmus ist zwar noch nicht implementiert, aber Sie können diesen Beitrag gemäß der oben genannten Bullshit-Skala händisch bewerten. Verfassen Sie dazu einen Kommentar mit Ihrer Bewertung von 1 bis 10. Wir sammeln und addieren alle abgegebenen Bewertungen und der Autor wird dazu verdonnert, genau diese Anzahl seiner nächsten Internet-Suchen mit einer grünen Suchmaschine zu tätigen.
8 Kommentare
Kommentarfunktion ist deaktiviert.
<em>kursiv</em> <strong>fett</strong> <blockquote>Zitat</blockquote>
<a href="http://www…">Link</a> <img src="http://bildadresse.jpg">
anderer tom
Ich schlage vor, dass sofort ein Roboter entwickelt wird, der alle Beiträge bewertet. Damit retten wir dann ganz bestimmt den Planeten.
Björn
Passt gut, weil Blackle selber ziemlicher Bullshit ist. :)
Das funktioniert nämlich nur bei antiquierten Röhrenmonitoren, LCDs brauchen wohl eher sogar mehr Strom für schwarze Pixel als für weiße, würde ich mal vermuten…
alex
danke, björn. hätte ich sonst schreiben müssen.
porrat
@ björn http://www.led-info.de/grundlagen/farbe/additive-farbmischung.html
Pim
@porrat:
„With a 20-inch (50.8-centimeter) LCD, black required 6 percent more energy than white.“ http://www.scientificamerican.com/article.cfm?id=fact-or-fiction-black-is
„To imply that we can all save energy by using Blackle is dangerously close to lying when the report Blackle cites clearly says that LCD monitors (which most of us have) show no significant change between colors.“ http://mroconnell.hubpages.com/hub/How-much-power-do-we-save-if-GOOGLE-screen-turns-black-or-grey
bene rethfeldt
ich frage mich, wie es um den datenschutz bestellt ist.
interessanter finde ich ja die frage, ob diese seite alle suchbegriffe und dazugehörigen ip-adressen/rechnerdaten mitprotokolliert, unter dem deckmantel des energiesparens.
Sebastian Feik
Danke für diese wunderbare Kolumne :-)