Beef ruft die Zukunft des Gedruckten aus

Wie viel 2.0-Kompetenz darf man von einem Verlag erwarten, der das Internet als Anschaffungs-Instrument für seine Drucksachen betrachtet? Die Horizont-Webseite der Verlagsgruppe Deutscher Fachverlag ist wie ein redak­tio­neller Rotlicht-Bezirk aufge­baut, mit dem Straßenstrich in der Seitenleiste (News? Nur für Abonnenten … Hier klicken, um eine Abo zu bestellen. Werbemarkt? Nur für Abonnenten … Hier klicken, um eine Abo zu bestellen. Standpunkt? Nur für Abonnenten … Hier klicken, um eine Abo zu bestellen.). »Weitere Highlight« werden im unteren Dritten der Homepage als Peepshow insze­niert, mit grauer Gardine davor. Ja die bringen es sogar fertig, das Abonnieren nur für Abonnenten zu erlauben, denn auf die Bestellseiten für das kosten­pflich­tige E-paper, die SMS-News und das Archiv kommt man nur … als Horizont-Abonnent – ein geschäfts­schä­di­gender Zirkelschluss.

Seit kurzem gibt es einen uner­war­teten Lichtblick am Horizont, das haus­ei­gene Weblog Off the record. Es ist selt­sa­mer­weise ganz umsonst, was den Chefetagen des Fachverlags irgendwie durch die Lappen gegangen sein muss. Im Horizont-Blog erfahre ich heute, dass der Art Directors Club (ADC) und Horizont ein neues Magazin namens Beef starten (Off-the-record-Selbstlob »… ist gigan­tisch hübsch geworden …«).

Nicht uner­wartet zitiert Off the record vorab aus einem Beef-Interview mit dem Verleger Thomas Ganske, dem die Kostenlos-Kultur des Internets gegen den Strich geht: »Leistung … sollte bezahlt werden. Ein Geschäftsmodell, das darauf basiert, Leistung dauer­haft ohne Entgelt zur Verfügung zu stellen, kann nicht funk­tio­nieren. Das ist ein Weltentwurf, der noch nicht so richtig durch­dacht ist.« Liebe Kollegen von Off the record: Sägt ihr gerade am Ast, auf dem ihr sitzt? Oder darf man euer Blog bald nur noch zum Preis eines Horizont-Abos lesen?

So, und diese Beef hat sich nun »The End of the End of Print« aufs Titelblatt geschrieben, ruft also – in Anlehnung an einen David-Carson-Bestseller – das »Ende des Ende des Gedruckten aus«, was man auf gut neudeutsch auch als »The future of print« hätte formu­lieren können. Diese vermeint­lich eigene Zukunft nennt Beef dann »Print 2.0«, was ich nicht ganz verstehe, denn im Web 2.0 ist doch nahezu alles kostenlos. Beef dagegen erscheint 4 mal im Jahr, kostet pro Heft 15 € (das Jahres-Abo 50 €). Was ich dafür bekomme und wie »gigan­tisch hübsch« Beef wirk­lich ist, wird auf den Beef-Seiten natür­lich nicht verraten – von der Reproduktion des zwei­sei­tigen Inhaltsverzeichnisses mal abge­sehen. Mehr zu zeigen über­schreitet mögli­cher­weise die Grenzen der haus­ei­genen »Kostenlos-Kultur« … sicher wissen Horizont-Abonnenten schon mehr über Beef.


13 Kommentare

  1. Der Alex

    …nach diesem 2.0-Sch*** sieht auch der Titel aus. Ist halt noch BETA…?
    Bin mal gespannt, wann diese »Publikation« hier doch noch als tolle Neuerung mit exklu­siver Gestaltung vorge­stellt wird.

  2. thomas

    gegen die tatsache, dass für hoch­wer­tige und fundierte infor­ma­tion eine gebühr zu zahlen ist, ist an sich nichts einzu­wenden, steckt doch auch ein aufwand und eine leis­tung dahinter, die entspre­chend abge­golten werden möchte, aber alles ausser wischi­wa­schi für geld anzu­bieten ist dann doch ein wenig übers ziel hinaus­ge­schossen. ein ausge­grauter link oder nicht mal ein appe­tit­häpp­chen anzu­bieten macht niemanden heiß auf ein so tolles produkt, das diese »geheim­hal­tung« recht­fer­tigt. schade, aber so gewinnt man keine leser … und nicht mal ein vorzugs­preis für die start­nummer. sofort volles geld.

    da ist wohl jemand sehr verbittert …

  3. Baerbel Unckrich

    Liebe Kritiker,
    mit »beef« wollen wir vor allem Kreative aus Werbung und Design errei­chen. Und die bekommen nicht nur ein kleines »Appetithäppchen«, sondern gleich die gesamte Ausgabe – kostenlos – und zwar am kommenden Wochenende beim ADC-Wettbewerb, wo sich unsere poten­zi­elle Leserschaft trifft.
    Herzliche Grüße, Bärbel Unckrich, Redaktionsleiterin beef

  4. Jürgen

    Danke für den Tipp.

  5. thomas

    naja. da ist »beef« sicher nicht das einzige mag, was kostenlos ausliegt *räusper* also wieder nur ein halbes argument.

  6. lvgwinner

    Nun lasst doch mal gut sein. Man sollte erstmal durch­ge­blät­tert haben bevor man’s zunichte macht, oder?

    Auf das Titelthema »Print 2.0« kann man doch zum Beispiel echt gespannt sein: »Kreative Blattmacher trotzen Auflagenschwund und Web-2.0-Hype mit inno­va­tiven Zeitungskonzepten«. Vor allem weil ich sehen möchte, ob sie da nun wirk­lich inno­va­tive Herangehensweisen im Printbereich ausge­graben haben, wie zum Beispiel die Jungs von myheimat​.de es vorma­chen. (Siehe auch hier: http://​vongwinner​.word​press​.com/​2​0​0​7​/​0​2​/​1​2​/​m​y​h​e​i​m​a​t​-​k​o​n​n​t​e​-​r​e​g​i​o​n​a​l​-​u​n​d​-​w​o​c​h​e​n​b​l​a​t​t​e​r​n​-​d​a​s​-​f​u​r​c​h​t​e​n​-​l​e​h​r​en/)

  7. Nick Blume

    Komisch, warum das Magazin auf englisch Fleisch heißen soll. Muss wohl wieder eine »kreativ-verrückte« Idee eines Werbers sein… Und wann kommt das nächste GammelBeef-Magazin? ;)

  8. Jürgen

    Ich vermute mal, der Titel spielt auf ein geflü­geltes Wort aus einer US-Werbekampagne für Wendy’s-Hamburger aus dem Jahr 1980 an. Eine ältere Dame geht zu einem fiktiven »Dicke Hamburger«-Laden, wo man ihr ein über­di­men­sio­nales Brötschen mit ganz wenig Bulette über den Tresen reicht. Daraufhin antwortet die Alte mit kräch­zender Stimme: »And, where’s the beef?« Irgendwann griff ein Politiker diesen Satz in einer TV-Diskussion auf und entlarvte damit die Argumente seines Gegners als substanzarm. Ein geflü­geltes Wort war geboren … nach­zu­lesen im US-Wikipedia.

  9. robertmichael

    oder hat das mag was mit hip hop zu tun?

    Im Hip-Hop-Jargon bedeutet Beef (ameri­ka­nisch umgangs­sprach­lich für Streit) eine Auseinandersetzung zwischen zwei Rappern

    http://​de​.wiki​pedia​.org/​w​i​k​i​/​B​eef

  10. till

    beef zwischen print und web quasi.

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