Fontblog Artikel im September 2018

Kostenloser Color-Font: Brand New Roman

Das expe­ri­men­telle Designbüro Hello Velocity bietet seit einer Woche den Color-Font Brand New Roman zum »kosten­losen« Download an (Bezahlung mit Name und Mail-Adresse). Sein Zeichensatz setzt sich aus den Buchstaben-Logos welt­be­kannter Marken zusammen, von Amazon bis Zenith. Die Schöpfer schreiben dazu: »Wir haben sowohl eine farbige als auch eine Standard-Monochrom Version gebaut. Farbfonts sind noch relativ neu und nicht mit allen Browsern oder Programmen kompa­tibel. Colorfonts​.wtf hat einen voll­stän­digen Leitfaden zur Kompatibilität.« Wer die Download-Seite für den Font in Firefox aufruft, das Color-Fonts unter­stützt, kann dort umge­hend farbige Schriftmuster erstellen.

Mein abschlie­ßender Tipp: Ihr benutzt diesen Font nur für private Experimente, denn selbst­ver­ständ­lich genießt jeder »Buchstaben« welt­weiten Markenschutz. #brand­new­roman


Beck’s lässt wieder gestalten


Eben im Supermarkt: Beck’s-Bier-Flaschen ohne Etikett, also … schon mit Etikett, aber ohne was drauf. Das finde ich so außer­ge­wöhn­lich, dass ich mir gleich 2 Exemplare in den Einkaufskorb lege. Zuhause dann das Kleingedruckte gelesen und die Website aufge­rufen: deinbecks​.de.

Immer wieder mal ruft Beck’s visu­elle Gestalter dazu auf, der Marke unter die Arme zu greifen. Hier im Fontblog haben wir das aufmerksam beob­achtet, zum Beispiel den Wettbewerb 2007: Volle Pulle daneben. Das Ergebnis dieser unglück­lich orga­ni­sierten Competition (Designverbände kriti­sierten) war ein Frauen-Six-Bag, entworfen von Oliver H. aus Gütersloh, hono­riert mit 5000 € und 100 Sixpacks des selbst gestal­teten Biers. Im Fontblog-Beitrag von 2017 sind zwar noch alle 60 Kommentare zu lesen, aber die verlinkten Abbildungen hat Beck’s inzwi­schen in den Giftschrank verbannt.

Die aktu­elle Werbe-Initiative »Mach’s zu deinem Beck’s« ist anders, weil … es sind 11 (!) Jahre vergangen. Wir haben soziale Netze und unser Designtool tragen wir in der Hosentasche. Und so fordert die Biermarke ihre Fans auf, mal eben am Smartphone – und nur dort – ein eigenes Flaschenlabel zu gestalten, auf deinbecks​.de. Hier kann man dann mit einer Vielzahl von Hintergründen und Icons ein indi­vi­du­elles Etikett zusam­men­bauen. Alternativ lässt sich ein eigenes Bild hoch­laden und Text hinzu­fügen. Was mir sofort gefiel: Die verwen­dete Handschrift bietet Alternativzeichen an, wirkt echt authentisch.

Als Hintergrund für mein Etikett habe ich das Key-visual unseres kommenden CreativeMornings Berlin gewählt: Motto »Chaos«. Dann noch drei Zeilen Text mit Berlin-Bezug, ein Icon dazu, fertig. Hat Spaß gemacht. Danke Beck’s.


Aretha Franklin Font Project

Der chile­ni­sche Designer Nico Rubio schreibt auf Behance: „Aretha Franklin, eine meiner Lieblingskünstlerinnen, starb im August 2018. Aus Respekt, und damit sie noch lange bei uns ist, habe ich ihre Handschrift aus Briefen und Songtext-Notizen in einen Font verwan­delt.« Als Dankeschön empfiehlt er eine kleine Spende an Aretha’s Krebsstiftung. Mehr zum Aretha Font Projekt…


Warsteiner setzt auf erfrischende Wahrheit

Diese Woche star­tete die neue Kampagne für Warsteiner Premium Pilsener, der Kernmarke des nord­rhein-west­fä­li­schen Großbrauerei. Entwickelt wurde sie von der Hamburger Agentur Freunde des Hauses. Kern der Kampagne seien erfri­schende Momente, die auf humor­volle Weise über­ra­schende Bierwahrheiten in Szene setzen.

Zur stra­te­gi­schen und krea­tiven Schärfung des Markenprofils setzt Warsteiner auf die Verbindung zweier Kernwerte: Erfrischung und Wahrheit. Die Leitidee „Nichts ist erfri­schender als die Wahrheit“ wurde von der Agentur mit dem Markenclaim „Das einzig Wahre. Warsteiner“ verkettet, um den Grundstein für die neue Kommunikation zu legen (alle 5 Spots auf dem YouTube-Kanal von Warsteiner).

Wie trag­fähig ist das Eis, mit dem die neuen TV-Spots beginnen? Früher war »Wahrheit« so etwas wie der Goldbarren unter den Markenwerten. Doch in Zeiten von Fake News, alter­na­tiven Fakten und Framing asso­zi­iert man in unserem Land gerade ganz andere Dinge mit Wahrheit. Ich denke an Chemnitz, Brexit und den nächsten Tweet von Donald Trump, wenn ich das Wort höre. Die Wahrheit ist relativ geworden. Am Stammtisch würde man sagen: Du kannst keinem mehr glauben.

Die Menschen trauen den Medien nicht mehr, die Medien trauen der Politik nicht mehr, die Politik traut sich selbst nicht mehr. Werden die Verbraucher einem Bier trauen, dass seit Jahrzehnten das (unver­bind­liche) »einzig Wahre« für sich bean­sprucht, und jetzt die Wahrheit als Erfrischungsgetränk in Flaschen anpreist? Ich habe meine Zweifel … wünsche aber meinem Lieblingsbier trotzdem viel Erfolg, seine Glaubwürdigkeit zu festigen.

Es wäre sogar ganz wunderbar für unsere Debattenkultur, wenn der Wahrheit mit Hilfe eines für jeder­mann verständ­li­chen Sachverhalts – nämlich das Biertrinken – der Rücken gestärkt würde.


Die 3 überflüssigsten Produkte auf der IFA

1. Der flie­gende Luftreiniger (Ataraina)

Das japa­ni­sche Unternehmen Creative Technology (Halle 7.1c) bietet unter dem Markennamen Ataraina den »welt­weit ersten« Flying Magic Cleaner an. Dabei handelt es sich um einen Luftreiniger, der – auf eine Drohne montiert  – dröh­nend durchs Wohnzimmer schweben und Staub einfangen soll. Der Ataraina-Stand war gut besucht, vor allem weil viele Besucher wissen wollten, wo der Lärm herkommt … es war der Luftreiniger in seinem Käfig.

Auch die beiden anderen Produkte von Ataraina haben sich einen Platz im Bestseller »Chindogu oder 99 unsin­nige Erfindungen« verdient: Der Schuhgeruchstopper Deodorant One und das elek­tro­ma­gne­ti­sche Flipboard Esclip.

2. Dir virtu­elle Herdflamme (Samsung)

Samsung hat die viel­leicht beein­dru­ckendste Ausstellungsfläche … und die größte: 2 Etagen im CityCube am Südeingang. Im Bereich Küche ziehen die Induktionskochfelder mit der Komfortfunktion Virtual Flame die Besucher wie magisch an. Die virtu­elle Flammen werden per LED an die Außenseite von Töpfen oder Pfannen proji­ziert. Je nach einge­stellter Leistungsstufe verän­dern sich deren Farbe und Intensität. »So haben Sie die Leistung Ihres Kochfeldes immer im Blick. Dies sorgt für sichtbar mehr Sicherheit.« meint Samsung.

3. Die Selfie-Riesenwaschmaschinen (San Giorgio)

Der neapo­li­ta­ni­sche Waschmaschinenhersteller IT Wash zeigt auf seinem Stand Neuheiten seiner Marke San Giorgio. Als Blickfang haben die Italiener eine Riesenwaschmaschine im Verhältnis 1:2 ins Zentrum gestellt, mit rotie­render Waschtrommel, aber funk­ti­ons­un­fähig. Gegenüber befindet sich eine Hostess mit Stehtisch, Laptop und Fotodrucker, die Besuchern ohne Smartphone ein Waschmaschinen-Selfie mit auf den Heimweg gibt.