Fontblog Artikel im November 2014

Jubiläum – FF Scala von Martin Majoor wird 25

FontShop: FF Scala Jewel Er brachte die Buchschrift-Tradition mit der Welt der digi­ta­li­sierten Schriften in Einklang: Martin Majoor. Seine FF Scala Familie wurde in dieser Woche 25 Jahre alt. Wir gratulieren!

Martin Majoor erin­nert sich: »Dank der Möglichkeiten der neuen digi­talen Design-Technologien genoss ich bei der Gestaltung von Scala große Freiheit und konnte ein verbin­dendes Konzept für Serif- und [1993] die Sans-Version entwi­ckeln. Viele der allge­mein akzep­tierten Ideen erscheinen mir nicht logisch. Als unab­hän­giger Designer war ich zum Glück nicht verpflichtet, ihnen zu folgen.« 

FF-Scala-Oneliner

Obwohl sichtbar durch Elemente ihrer Antiqua-Vorgänger beein­flusst, ist es FF Scala gelungen, ihren unver­wech­sel­baren Stil zu finden

Benannt nach der Mailänder Scala aus dem späten 18. Jahrhundert  wurde FF Scala ursprüng­lich für das Corporate Design des Vredenburg-Konzertgebäudes in Utrecht entworfen. Auch gestal­te­risch reichen die Scala-Wurzeln zurück zu den frühen vertikal-betonten Schriften des fran­zö­si­schen Typografen Pierre Simon Fournier, der 1737 den Punkt als Einheit für die Schriftgröße einge­führt hatte, und der sich an der huma­nis­ti­schen Form von Bembo orientierte.

In den späten 80er Jahren, als die ersten Scala-Schnitte entstanden, schlug das Pendel typo­gra­fi­scher Trends gerade in das andere Extrem: »The Grafic Language of Neville Brody« war 1988 erschienen und hatte die Welt der Gestaltung revolutioniert

FontShop: FUSE 1: 'State', poster and fonts by Neville BrodyDas neue Schriftenhaus, das Erik Spiekermann mit Neville Brody grün­dete, sollte typo­gra­fi­sche Grenzen ausloten und biegen, um eine moderne, digi­tale Schriften-Bibliothek aufzu­bauen: Schriften verschie­denster Stile und für unter­schied­lichste Zwecke – zeit­ge­nös­sisch, expe­ri­men­tell, unor­thodox und radikal.

←Scala-Zeitgenosse: Poster aus FUSE 1 ‘State’, Neville Brody (Hrsg.), 1991, zur FUSE-Anthologie …

Die FontFont-Bibliothek entstand. Ausgerechnet Martin Major stieß hinzu. Dem FontFont-Schriftenzauber setzte er seine Buchschrift entgegen, die sich an der 500-jährigen Tradition der Renaissance Antiqua orien­tierte. Elegante Lettern mit hoher Wiedererkennbarkeit und belast­barer Satz kenn­zeichnen die FF Scala Schriftart und machte sie zu einem der bis heute belieb­testen FontFonts.

FontShop: FF Scala EntwicklungEntwicklung der FF Scala aus der Renaissance-Bembo über die Form von Fournier aus dem 18. Jahrhundert bis zur FF Scala von 1990

Scala bedeutet auch »Spektrum«, ein weiteres Merkmal der FF Scala, die als eine der ersten Sippen dem Serif-Stamm eine Sans-Familie mit iden­ti­schen Laufeigenschaften hinzufügt.

Von Light bis Black, der förm­li­chen bis zur deko­ra­tiven Typografie, bauen alle FF Scala-Schnitte auf dem glei­chen Formprinzip auf.

Aus der Serif-Version entstand durch das Abtrennen der Endstriche und aufwän­diges Anpassen des Kontrasts die Form der Sans-Variante. Die »Knochengerüste« beider Schriften sind absolut iden­tisch, so dass sie sich wunderbar kombi­niert einsetzen lassen.

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Als eine der ersten Schriftenfamilien erhielt die FF Scala einen korre­spon­die­renden Sans-Vertreter, der perfekt mit den Serif-Verandten harmo­niert, ohne die Harmonie des Textes zu beeinträchtigen

Die ausger­prägten Serifen wurden ursprüng­lich für den zacken­freien 300 dpi Laser-Ausdruck entwi­ckelt. Auch kräf­tige Konturen und geringer Kontrast verhin­dern das Aufbrechen dünner Teile.

Robust meis­tert FF Scala schwie­rige Satzumgebungen wie den Druck auf minder­wer­tigem Papier.

Aus dem glei­chen Grund hat auch der Kursiv-Schnitt starke Serifen, die der Scala Italic einen eigenen »Klang« verleihen.

Der ausge­feilten Konstruktion der Zeichen fügte Martin Majoor einen enormen Zeichenvorrat hinzu, der großen Zeichenumfang des OpenType-Formats vorweg nahm. So verfügt FF Scala über vier Ziffernarten: Versalziffern für Tabellen, propor­tio­nale Versalziffern, Mediävalziffern für Tabellen und propor­tio­nale Mediävalziffern. Ziffern, Ligaturen, bedingte Ligaturen, Ordinalzeichen und Hochstellungen lassen sich heute komfor­tabel über das OpenType-Menü steuern.

FF_Scala_Sans_and_FF_Scala-Specimen2

Eine tradi­tio­nelle Antiqua und die perfekt harmo­nie­rende Sans-Variante: Die Scala-Familie berei­chert die FontFont-Bibliothek um einen Buchsatz-Klassiker

Weitere Zeichen – die die Scala zu einer zeit­ge­mäßen Schrift für alle gestal­te­ri­schen Lebenslagen machen – sind Sterne, Rahmenelemente und geome­tri­sche Formen, mit denen man Formulare bauen kann oder die in einer Präsentation als Aufzählpunkt (Bullet) dienen. Eine Kuriosität sind rund 40 Zeigehände, die zu PostScript-Zeiten als sepa­rater Font ange­boten wurden. Seit der OpenType-Ära gehören sie zum Schnitt FF Scala Sans Regular. Zum Auswählen bzw. Aufrufen einer bestimmten Zeigehand leistet in Adobes InDesign das »Glyphen«-Fenster im Schriftmenü beste Dienste.

FontShop: FontFont-Focus No. 1 FF Scala

FF Scala-Pakete: Alle sech­zehn Schriftschnitte der Scala-Familie finden sich im  FF Scala OT Complete Suite Paket oder mit erwei­tertem Zeichenvorrat mit Fremdsprachen-Unterstützung in der FF Scala Pro Complete Suite. Weitere Pakete mit Grundschnitten oder Webfonts zeigt die FF Scala-Übersichtsseite.

Eine ausführ­liche Übersicht bietet die FF Scala FontFont Focus Broschüre (5,1 MB, 50 Seiten).

Scalas Lesbarkeit, ihr Konstruktionsprinzip und ihr Zeichenumfang machen sie zu einer belibten Satzschrift für Bücher und Zeitschriften, mühelos gelingen ihr Corporate-Aufgaben und sie ist sogar als Leitsystem (für die Metro in Los Angeles) im Einsatz. Im Schriftenranking der 100 besten Schriften aller Zeiten belegt FF Scala Platz 34.

FF Scala_handshake–M. Majoor

 

Über den Entwerfer: Seit Mitte der 1980er Jahre entwirft Martin Majoor Schriften. Nach einem studen­ti­schen Praktikum bei URW in Hamburg wech­selte er 1986 als typo­gra­fi­scher Gestalter in die F&E-Abteilung von Océ-Netherlands. Ab 1988 arbei­tete er als Grafikdesigner für das Vredenburg Music Centre in Utrecht, für das er die Schrift Scala für CI-Material entwarf. Zwei Jahre später veröf­fent­lichte FontShop International FF Scala als erste Textschrift in der neu gegrün­deten FontFont-Library.

1994 über­nahm Majoor die typo­gra­fi­sche Gestaltung des hollän­di­schen Telefonbuchs. Er entwarf eigens eine neue Schrift: Telefont. 2000 folgten FF Seria und FF Seria Sans, 2004 FF Nexus in den Versionen Sans, Serif, Mix und Typewriter.


OpenType erobert das Netz

Webtypografie erfährt jetzt durch alle aktu­ellen Browser-Versionen (ausser Safari) OpenType-Unterstützung. Endlich können raffi­nierte OT-Features wie Ligaturen, Schwungbuchstaben, Alternatezeichen und vieles mehr per CSS-Befehl umge­setzt werden. Dazu erscheinen eine Reihe passender Web FontFonts: FF Mister K. Web, FF DIN und FF Duper.

Gleichzeitig online geht der komplett über­ar­bei­tete FontFont-Subsetter, der Web FontFonts auf die Glyphen redu­ziert, die wirk­lich benö­tigt werden. Das sorgt für schlanke Fontdateien, die schnell laden.

Wir feiern diese Entwicklung zur neuen Schriftenvielfalt in online Layouts mit diesem Film, den die FontFont-Bibliothek gemeinsam mit Stark Films entwi­ckelt hat. Mit Mäusen, Ameisen und faulen Hunden.

Wie die OpenType Layout Features der einzelnen Web FontFonts aussehen und welches Kommando welches Feature akti­viert, zeigt die Web FontFont Microsite.


Mit Schriften Geld verdienen? Das geht.

HVD-Fonts-CoverHannes von Döhren weiß wie man’s macht. Er entwirft Schriften, vertreibt Schriften, managed Schriften und admi­nis­triert Schriften. Seine Entwürfe erfreuen sich in Web- und Print- Publikationen großer Beliebtheit. Brandon Grotesk ist Headlinefont von Wired Online oder Textfont in Skype Kampagnen. Pluto ziert das Elle Decor Magazin und das Computer Arts Magazin.

Hannes gehört zu den »Charakterdarstellern« einer jungen Generation von Schriftenentwerfern, wie Jan Middendorp im Vorwort zu Hannes von Döhrens gerade erschie­nenem HVD Fonts Type Book beschreibt. Er meis­tert die zwei so unter­schied­li­chen wie wesent­li­chen Disziplinen Entwurf und Vermarktung.

Eine Schrift,  die über­zeugen (und gekauft werden) will, so Middendorp, muss heute mehr sein als eine Sammlung smarter Ideen und ansehn­li­cher Glyphen. Ihr einziges Ziel, als Schrift ein nütz­li­ches Werkzeug, zu werden, fußt auf der Fähigkeit typo­gra­fi­sche Lücken auszu­ma­chen und der Fertigkeit diese zu schließen.

Ein weiteres Pfund ist Hannes von Döhrens Produktivität, seine Besessenheit die Familien, die er entwirft Schnitt für Schnitt anwachsen zu lassen und die Begeisterung, zu beob­achten, wie der Zuwachs Form annimmt, »sich rundet«, wie er es beschreibt.

I-look-at-type-HVD

So ist HVD Fonts Type Book zunächst eine Übersicht der auf inzwi­schen 358 Fonts ange­wach­senen HVD Schriftenbibliothek: 130 Seiten umfasst der Katalog der Text-Schriften, 100 weitere Seiten zeigen von Döhrens Display-Fonts. 

Der Schriftenkatalog findet sich einge­bettet in die Kapitel zur zweiten wesent­li­chen Disziplin des Schriftenentwerfens: der Schriftenvermarktung. Wie Erik Spiekermann in seinem Intro launig bemerkt:

Allein in Berlin gibt es inzwi­schen mehr Schriftenentwerfer als Polizisten.

Jenseits aller typo­gra­fi­sche Trends und Stilfragen bricht Hannes sein Rezept für den Erfolg als Schriftenentwerfer, Schriftvermarkter und Foundry in hand­liche Tipps auf. 10 steps to become a type desi­gner enthält die Essenz der gesam­melten Versuch-und-Irrtum-Erfahrungen in einer Liste, ange­fangen bei »Find an Idea«, über »Type Foundry vs. Self Publishing« bis »Action on the web«.

Schließlich erhält jeder Käufer des Buchs eine Font-Kostprobe der HVD Fonts Bestseller. Pluto Medium, Brandon Groteque Thin, Supria Sans Bold Italic, Niveau Grotesk Regular und Niveau Serif Medium Small Caps können mithilfe des perso­na­li­sierten Codes auf der letzten Seite kostenlos herun­ter­ge­laden werden.

Brandon-Grotesque-Sample

Wir verlosen unser Rezensionsexemplar. Da es Zeit für Weihnachtskarten ist: Welche Schrift kommt dieses Jahr auf die Karte? Und warum? Stichtag ist Montag, der 24. November, 12:00 Uhr Mittag. Mehr über Hannes von Döhren: im Fontblog-Interview, das wir führten, als seine Foundry HVD Fonts in das FontShop-Angebot aufge­nommen wurde.

Hannes von Döhren: Every Day I Draw at Least One Letter. The HVD Fonts TYPE BOOK | Text englisch, 296 Seiten, davon 24 Seiten auf Zeitungspapier mit 31 Font-Familien mit insge­samt 358 Einzelfonts, Format 17 x 24 cm, inklu­sive 5 Fonts im Wert über 70 Euro zur freien Nutzung | 39,80 € – beim Verlag Hermann Schmidt Mainz bestellen.

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Fotos: Cover ©Verlag Hermann Schmidt Mainz, Innenseiten © Hannes von Döhren


Der 100 beste Plakate 14 Wettbewerb startet

100bp14_logo_web_lila-800pxAm 15. Dezember  schreibt der 100 Beste Plakate e.V. wieder den inter­na­tio­nalen Designwettbewerb »100 beste Plakate des Jahres Deutschland Österreich Schweiz« aus. Plakatgestalter, Auftraggeber und Druckereien aus den drei Ländern sind aufge­rufen, bis 25. Januar 2015 Plakate aller Genres und Gestaltungsmittel einzu­rei­chen, die im Jahr 2014 gedruckt und veröf­fent­licht worden sind.

Der Wettbewerb finan­ziert sich aus den Gebühren der Teilnahme: für ein Plakat 50, bis drei Plakate 90, bis fünf Plakate 130, bis 9 Plakate 150, ab 10 Plakate 200 €. Studierende und Mitglieder des Vereins 100 Beste Plakate e. V. entrichten jeweils die Hälfte.

Die Auswahl erfolgt Ende Februar 2014 in Berlin durch eine vom Vorstand des 100 Beste Plakate e.V. beru­fene inter­na­tio­nale Jury mit Philippe Apeloig (F Paris), Christof Nardin (A Wien), Jiri Oplatek (CH Basel), Ariane Spanier (D Berlin) und Richard van der Laken (NL Amsterdam). Weitere Informationen: www​.100​-beste​-plakate​.de.


Läuft aus! TYPO Berlin 2015 zu dritt für nur je 333 Euro

TYPO voraus. Vom 21. bis 23. Mai 2015 sagt TYPO Berlin der Oberflächlichkeit den Kampf an. Es geht um Charakter. In einer Welt eiliger Produktions-Zyklen und visu­eller Austauschbarkeit zeigen wir Wege zur Erkennbarkeit. Und feiern Haltung. Gemeinsam mit Sprechern und Publikum beleuchtet die 20. FontShop Konferenz das gewisse Etwas in Inhalt, Form, Farbe und dem Buchstäblichen Ganzen (engl. Character) im Design.

Unser  ★ dieser Woche sichert ein güns­tiges Gruppenticket für die Konferenz und gilt nur bis 30. November:TYPO-B15-3er_Fontblog

Als TYPO Sprecher haben wir Persönlichkeiten einge­laden, deren Arbeiten über die inter­na­tio­nale Designszene hinaus Bekanntheit erlangten: Emory Douglas, der die Black Panther Bewegung visuell beglei­tete, nachdem er sein Handwerk  in der Druckerei eines Jugendgefängnisses in Ontario gelernt hatte und dessen Arbeiten inzwi­schen inter­na­tio­nale Museen bevöl­kern. Gemma O’Brien, die auf der TYPO 2008 mit einer kalli­gra­fi­schen Ganzkörper-Inszenierung für Aufsehen sorgte und deren grafi­sche Arbeiten welt­weit für ihren Charme, Witz und ihre Energie gefragt sind. Aaron Draplin, der der Snowboarding-Szene entsprang. Seine Arbeiten versprühen knal­lige Selbstironie voller Leidenschaft. Sein Motto: »Arbeite hart und mach gute Arbeit für gute Leute.«

Ein Sprecherpaar, das beson­deren Aufschluss über die Essenz von Charakter verspricht, sind Manfred Hild und sein huma­no­ider Begleiter Myon, entwi­ckelt am Forschungslabor für Neurorobotik der Berliner Beuth-Hochschule. Die senso­mo­to­ri­schen Regelkreise des Roboters bilden die Strukturen und Neurodynamiken des Gehirns nach. Zur Zeit lernt Myon, was es heißt, mensch­liche Gefühle zu verstehen und sie darzu­stellen. In wenigen Monaten soll er zusammen mit dem deutsch-briti­schen Performancekollektiv Gob Squad auf der Bühne der Komischen Oper Berlin stehen.

TYPO-2014-Foto--Sebastian-WeissIm Haus der Kulturen der Welt dreht sich vom 20. – 23. Mai nächsten Jahres alles um das Thema Character. Das ist noch eine Weile hin, Schnellanmelder können die Zeit nutzen und kräftig sparen. (Foto: Sebastian Weiß, TYPO 2014 – David Carson).

Weitere Sprecher: Tina Roth Eisenberg (Creative Mornings), Josh Higgins (Facebook Front End) , Erik Kessels (Found Footage) , Jon Burgerman (Doodle Kunst), Francesco Franchi (Designing News), Oliver Reichenstein (Information Architect), Luc(as) de Groot (ARD Corporate Font), Johannes Bergerhausen (Digitale Keilschrift) und ständig erhalten wir neue Zusagen.

Moderatoren: Erik Spiekermann @spiekermann, Stephen Coles @stewf, Indra Kupferschmid @kupfers und Sonja Knecht @sk_txet.

Jetzt Kollegen, Weggefährten oder alte Studienfreunde einsam­meln, als 3er-Gruppe für nur 333 Euro pro Person (zzgl. MwSt.) anmelden und bis zu 316 Euro pro Ticket sparen!  Zur Buchung …


Monotype legt Recorder Magazin neu auf

Monotype-Recorder-CoverVor über 110 Jahren, 1902, veröf­fent­lichte Monotype die erste Ausgabe des Recorder-Magazins. Was als Fachpublikation zu den eigenen Druckmaschinen begann, entwi­ckelte sich in den gut 70 Jahren seines Bestehens zu einer festen Magazingröße.

Die Inhalte, breit­ge­fä­chert: Über die Darstellung des mecha­ni­schen Satzes und seiner stän­digen Fortentwicklung bei Monotype- und Linotype- Druckmaschinen. Oder die Veröffentlichung neuer Schriften von Entwerfern wie Stanley Morison oder Eric Gill. Auch der Dokumenation und Bewahrung histo­ri­scher Druck-Fertigkeiten verschrieb sich das Magazin, das beson­ders unter der über 30 Jahre währenden Redaktion von Beatrice Ward als geschätzte Informationsquelle für die Druckindustrie und die entste­hende Grafikbranche galt.

Seinen Lesern war das Magazin ein verläss­li­cher Begleiter durch die wech­sel­hafte Zeit der klas­si­schen Moderne. In der Postmoderne erreicht die Vielfalt an (typo-) grafisch aufbe­rei­teter Information nie gekannte Dimensionen. Und der Monotype Recorder kehrt zurück.

Die Neuauflage des Magazins widmet sich Monotypes heutigem Gut, den Schriften. Die erste neue Ausgabe knüpft am redak­tio­nellen Faden des Vorgängers an: Chefredakteurin Emma Tucker beleuchtet das aktu­elle Schriftengeschehen ebenso wie die Geschichte der Schriften der letzten 100 Jahre.Monotype-Recorder-Innenseite-1696

Sie besucht die AIGA Ausstellung „100 Years of Type in Design“ in New York, spricht mit Bärbel Bold und Ingo Italic von „Letters are my Friends“ dem ersten typo­gra­fi­schen Concept Store in Berlin und sie sucht gemeinsam mit Schriftenentwerfer Gunnar Viljálmsson im Ottomanischen Reich nach den Wurzeln arabi­scher Zeichen.

Traditionelle Wege mit Schrift zu arbeiten, wie Allan Kitchings Poster-Tribut an fünf Grafik-Ikonen, feiert der Recorder ebenso wie  die Vielfalt exis­tie­render Fonts mit einer Tafel aus mehreren 100 Satzpunkten, die Abott Miller für die Wandgestaltung der AIGA-Ausstellung entstehen ließ.

Der Recorder liefert, wie sein Vorbild, eine gut recher­chierte Bestandsaufnahme aus der Welt der Schriften, deren unter­schied­liche Strömungen er liebe­voll illus­triert aufnimmt.

 

Das mit aufwän­diger Goldprägung, Sonderfarben und Centerfold  auf Mohawk Superfine Papier gedruckte Magazin hat 120 Seiten. Gestaltet wurde The Recorder von Luke Tonge und kann für 13,64 Euro, inklu­sive Verpackung und Versand, hier bestellt werden: www​.recor​der​shop​.mono​type​.com.

Die Auflage ist limitiert.


Typografische Termine in Mainz

In der kommenden Woche finden in Mainz gleich zwei Termine für Freunde von Fonts und Typografie statt:

am Mittwoch, 19. November um 19:00 Uhr stellt Johannes Bergerhausen (deco­de­u­ni­code,  Designlabor Gutenberg, FH Mainz) die Publikation »Digitale Keilschrift / Digital Cuneiform« mit einem Vortrag im Gutenberg-Museum vor. Anschließend gibt es einen Umtrunk.

Digitale Keilschrift Bergerhausen

U+12117: Sumerisches Zeichen für Verwirrung aus dem Digitalen Keilschrift Projekt, an dem Johannes Bergerhausen seit 2007  arbeitet.

Für alle, die tiefer eintau­chen möchten: Am Donnerstag, 20. November um 18:00 Uhr ist das Atelier National de Recherche Typographique (ANRT) aus Nancy, Frankreich, zu Gast im Designlabor Gutenberg (IDG) an der Hochschule Mainz. Sowohl Direktor Thomas Huot-Marchand als auch Studenten des ANRT stellen ihre Projekte auf Englisch aus dem Post-Master Studiengang des ANRT vor, in dem fach­über­grei­fend Schriften für wissen­schaft­liche Zwecke gemeinsam mit den Wissenschaftlern gestaltet werden. Pro Jahr werden nur sechs Studierende in diesen Kurs aufgenommen.

Der  Eintritt zu beiden Veranstaltungen ist frei. Ort ist der Liebfrauenplatz 5 in Mainz.


Fünf Fragen an Jens Kutilek, FF Font-Techniker

Vermutlich ist Azuro die erste Schriftfamilie, deren Bildschirmverhalten bereits in der Entwurfsphase unter Windows, Mac-OS und Apple iOS uner­müd­lich getestet wurde, Rückwirkung auf den Designprozess inbe­griffen. Daher ist Azuro am Bildschirm und auf Papier in hohem Maße leser­lich (zum Beweis: Azuro als Webfont für diesen Blog oben auswählen). 2011 bei FontShop erschienen, wurde Azuro von Georg Seifert entworfen und von Jens Kutilek gemastert.

Jens_Kutilek-FontShop

Neben seiner Arbeit an vielen FontFonts hat Jens auch dafür gesorgt, daß die Webfonts der Süddeutschen Zeitung am Bildschirm gut aussehen, ebenso wie der Schriftschnitt der Real Text, der Erik Spiekermanns Buch „Hallo, ich bin Erik“ beiliegt

Kommenden Freitag (14. November) spricht Jens  auf dem TYPO Day München darüber, wie sich sorg­sames Mastering auf die Qualität einer Schrift auswirkt. Jens Kutilek studierte Kommunikationsdesign in Braunschweig, grün­dete nach dem Studium mit zwei Freunden das Webdesign-Büro Netzallee und arbeitet seit 2007 als Fonttechniker bei FontShop.

1. Was hat Dich bewogen, Dein Augenmerk auf die tech­ni­sche Seite des Schriftenentwurfs zu legen?

Meine Interessen haben sich schon immer zwischen den tech­ni­schen und künst­le­ri­schen Feldern bewegt. Als Jugendlicher habe ich am C64 program­miert und gepi­xelt, und in der Schule meine Lehrer zum Verzweifeln gebracht, weil ich die Schulstunden damit verbracht habe, in mein Notizbuch zu zeichnen. Ich habe dann, weil ich an der Kunsthochschule nicht genommen wurde, ein Ingenieursstudium begonnen, was eigent­lich von vorn­herein zum Scheitern verur­teilt war. In den vier Semestern begann ich, mich für Serveradministration und Webdesign zu inter­es­sieren, und nicht zuletzt haben die Vorlesungsskripte für Mathematik mit all ihren Formeln mein Interesse für Typografie am Computer entfacht. Die waren offen­sicht­lich nicht mit Word gesetzt, sondern es gab (für mich) geheime, viel mäch­ti­gere Textsatzsysteme.

FF-Comic-Jens

Als Alternative zur allge­gen­wär­tigen Comic Sans veröf­fent­lichte Jens 2008 für den Einsatz in Kindergärten, Vereinen, im Büro und zu Hause  – Comic Jens. Inzwischen erfreut der Creative-Commons Font sich großer Beliebtheit und erhält im kommenden Jahr einen kommer­zi­ellen Nachfolger.

Beim zweiten Versuch bin ich dann an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig gelandet und habe dort Kommunikationsdesign studiert. Dort enteckte ich Typedesign – meine Professoren befassten sich jedoch mehr mit der Anwendung von Schrift. Diese Richtung habe ich nicht konse­quent weiter­ver­folgt und mich auf Webdesign konzen­triert. Die Erkenntnis, daß sich meine Interessen in der Schrifttechnik fast ideal vereinen lassen, entstand nach dem Studium, und ich hatte das Glück, dies zu meinem Hauptberuf machen zu können.

2. Berlin gilt zur Zeit als Hochburg für Typedesigner. Wo findet man die typo­gra­fi­schen Techniker? Bei GitHub?

Viele span­nende Tools werden aber auch als Auftragsarbeiten für Kunden entwi­ckelt und errei­chen die Öffentlichkeit nicht. Man sieht höchs­tens mal einen Screenshot davon.

Ja, auf GitHub stellen viele aus der neuen Generation der „program­mie­renden Typedesigner“ ihre selbst­pro­gram­mierten Tools freund­li­cher­weise der Allgemeinheit zur Verfügung.

Persönlich treffen kann man viele der im norma­ler­weise im Verborgenen arbei­tenden Fonttechniker aus aller Welt auf Konferenzen wie der Robothon in Den Haag, oder der jähr­li­chen ATypI-Konferenz.

3. Welche tech­ni­schen Anforderungen sollte eine moderne Schriftenfamilie erfüllen?

Zeitgemäße Font-Familien sollten in allen Umgebungen gut funk­tio­nieren, sei es als OpenType-, als Office-, Web- oder App-Font. Das hört sich selbst­ver­ständ­lich an, ist aber nicht ganz einfach zu errei­chen. Bei FontShop haben wir es gut, da wir durch die Automatisierung und unsere eigenen, ständig weiter­ent­wi­ckelten Produktionsstandards viele Klippen ganz auto­ma­tisch umschiffen.

Als „Einzelkämpfer“ ist man da im Nachteil, weil man nie so viele Testsysteme, sowohl hard­ware- als auch soft­ware­seitig, auf aktu­ellem und auch älterem Stand, vorhalten kann, und die Fontproduktion mit viel mehr Handarbeit verbunden ist.

FF-Hertz

Schmale Zeichen und hervor­ra­gende Lesbarkeit, vor allem am Bildschirm – die heraus­ste­chenden Eigenschaften der FF Hertz Textfamilie von Jens Kutilek, die sich zur Zeit im finalen Mastering befindet und Anfang 2015 als FontFont erscheint 

Immer noch wichtig ist auch die Bildschirmoptimierung, trotz ständig stei­gender Bildschirmauflösungen. Da ist die Handarbeit der Automatik immer noch über­legen, und wird es auch in den kommenden Jahren sein.

4. Deine Font-Technik-Tool Top 5?

Mein Schweizer Messer sind sicher­lich die Python-FontTools, mit denen man prak­tisch jedes Bit einer Fontdatei einzeln modi­fi­zieren kann. AnchorOverlayTool-RobofontUnd wenn es eine Funktion nicht gibt, kann man sie sich selbst dazu­pro­gram­mieren. Python hat sich als Programmiersprache der Wahl für alles, was mit Fonts zu tun hat, etabliert.

Ein ähnli­ches Tool, ohne Erweiterbarkeit, dafür mit grafi­scher Oberfläche, ist DTL OTMaster.

Glyphs und RoboFont sind zwei moderne Fonteditoren mit unter­schied­li­chem Konzept. Glyphs nimmt einem viel Arbeit und tech­ni­sche Entscheidungen ab und läßt einen so schnell zum Ziel kommen, RoboFont ist mehr eine Plattform, auf der man sich ein Schriftentwurfs- und -produk­ti­ons­system nach eigenen Vorstellungen detail­liert selbst bauen kann.

ToGA-Animation

Für die Bildschirmoptimierung von Fonts benutze ich immer noch FontLab Studio. Es gibt zwar Programme, die in dem Bereich mehr können, aber das beste Tool ist immer das, was man beherrscht.

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Abb. links: AnchorOverlayTool ist ein Tool, das Jens für RoboFont selbst program­miert hatt, um die Positionen der Akzente als Vorschau sehen zu können. Glyphs enthält diese funk­tion bereits, in RoboFont muss man sie selber program­mieren. Abb. rechts: ToGA (Topographic Glyph Analyzer) ist eines der so genannten „geheimen“ Tools, das charak­te­ris­ti­sche Punkte in nicht inter­po­lier­baren Glyphen iden­ti­fi­zieren kann. Der links ange­klickte gelbe Punkt wird vom Programm im rechten Buchstaben gesucht und dort mit einem blauen Kreis markiert.

5. Welche Deiner gemas­terten Schriften ist Dein persön­li­cher Liebling?

Technisch am span­nendsten sind Schriften, die an die Grenzen der Fonteditoren und Tools gehen, wie etwa Schriften mit mehreren Schreibsystemen. Die Superfamilie FF Amman von Yanone vereint zum Beispiel latei­ni­sche und arabi­sche Buchstaben in sich.

Dort ist man mit FontLab schnell am Ende, und muß sich andere Tools suchen, mit denen man arbeiten kann, oder, wenn es nichts passendes gibt, selbst anfangen zu program­mieren. Die Tools im Dialog mit den zu bear­bei­tenden Schriften weiter­zu­ent­wi­ckeln bringt das tech­ni­sche Know-How in unserem Type Department am meisten voran, glaube ich.

Bei den Webfonts für die Süddeutsche Zeitung, die ich für den Bildschirm opti­miert habe, bin ich stolz auf einen kleinen Hinting-„Trick“: Nachdem die neuen Fonts bei Lesern mit älteren Windowssystemen nicht gut ankamen, habe ich sie so gehintet, daß sie auf den alten Systemen fast nicht von der vorher benutzten Georgia zu unter­scheiden sind.

Auf neuen Systemen sieht die Schrift dagegen deut­lich unter­schied­lich aus, was ja auch der Sinn einer eigenen Hausschrift ist.

Das Mastern der FF Quixo von Frank Grießhammer hat mir großen Spaß gemacht. Vielleicht liegt es nur daran, daß ich Frank persön­lich kenne, aber ich habe in vielen Details der Buchstabenzeichnungen Franks Persönlichkeit und Humor erkannt. Außerdem hat er sehr gute und voll­stän­dige Arbeit gelie­fert, so daß ich nicht mehr viel zu tun hatte und nur noch ein wenig tech­ni­schen Feinschliff anbringen mußte …

Weil Jens nicht nur an den Schriften anderer Leute arbeiten wollte, hat er über die letzten Jahre konti­nu­ier­lich an einer eigenen Handschrift- und einer Textschriftfamilie gear­beitet. Die Familien FF Comic Jens und FF Hertz werden 2015 in der FontFont-Bibliothek erscheinen.