Jubiläum – FF Scala von Martin Majoor wird 25
r brachte die Buchschrift-Tradition mit der Welt der digitalisierten Schriften in Einklang: Martin Majoor. Seine FF Scala Familie wurde in dieser Woche 25 Jahre alt. Wir gratulieren!
Martin Majoor erinnert sich: »Dank der Möglichkeiten der neuen digitalen Design-Technologien genoss ich bei der Gestaltung von Scala große Freiheit und konnte ein verbindendes Konzept für Serif- und [1993] die Sans-Version entwickeln. Viele der allgemein akzeptierten Ideen erscheinen mir nicht logisch. Als unabhängiger Designer war ich zum Glück nicht verpflichtet, ihnen zu folgen.«
Obwohl sichtbar durch Elemente ihrer Antiqua-Vorgänger beeinflusst, ist es FF Scala gelungen, ihren unverwechselbaren Stil zu finden
Benannt nach der Mailänder Scala aus dem späten 18. Jahrhundert wurde FF Scala ursprünglich für das Corporate Design des Vredenburg-Konzertgebäudes in Utrecht entworfen. Auch gestalterisch reichen die Scala-Wurzeln zurück zu den frühen vertikal-betonten Schriften des französischen Typografen Pierre Simon Fournier, der 1737 den Punkt als Einheit für die Schriftgröße eingeführt hatte, und der sich an der humanistischen Form von Bembo orientierte.
In den späten 80er Jahren, als die ersten Scala-Schnitte entstanden, schlug das Pendel typografischer Trends gerade in das andere Extrem: »The Grafic Language of Neville Brody« war 1988 erschienen und hatte die Welt der Gestaltung revolutioniert
Das neue Schriftenhaus, das Erik Spiekermann mit Neville Brody gründete, sollte typografische Grenzen ausloten und biegen, um eine moderne, digitale Schriften-Bibliothek aufzubauen: Schriften verschiedenster Stile und für unterschiedlichste Zwecke – zeitgenössisch, experimentell, unorthodox und radikal.
←Scala-Zeitgenosse: Poster aus FUSE 1 ‘State’, Neville Brody (Hrsg.), 1991, zur FUSE-Anthologie …
Die FontFont-Bibliothek entstand. Ausgerechnet Martin Major stieß hinzu. Dem FontFont-Schriftenzauber setzte er seine Buchschrift entgegen, die sich an der 500-jährigen Tradition der Renaissance Antiqua orientierte. Elegante Lettern mit hoher Wiedererkennbarkeit und belastbarer Satz kennzeichnen die FF Scala Schriftart und machte sie zu einem der bis heute beliebtesten FontFonts.
Entwicklung der FF Scala aus der Renaissance-Bembo über die Form von Fournier aus dem 18. Jahrhundert bis zur FF Scala von 1990
Scala bedeutet auch »Spektrum«, ein weiteres Merkmal der FF Scala, die als eine der ersten Sippen dem Serif-Stamm eine Sans-Familie mit identischen Laufeigenschaften hinzufügt.
Von Light bis Black, der förmlichen bis zur dekorativen Typografie, bauen alle FF Scala-Schnitte auf dem gleichen Formprinzip auf.
Aus der Serif-Version entstand durch das Abtrennen der Endstriche und aufwändiges Anpassen des Kontrasts die Form der Sans-Variante. Die »Knochengerüste« beider Schriften sind absolut identisch, so dass sie sich wunderbar kombiniert einsetzen lassen.
Als eine der ersten Schriftenfamilien erhielt die FF Scala einen korrespondierenden Sans-Vertreter, der perfekt mit den Serif-Verandten harmoniert, ohne die Harmonie des Textes zu beeinträchtigen
Die ausgerprägten Serifen wurden ursprünglich für den zackenfreien 300 dpi Laser-Ausdruck entwickelt. Auch kräftige Konturen und geringer Kontrast verhindern das Aufbrechen dünner Teile.
Robust meistert FF Scala schwierige Satzumgebungen wie den Druck auf minderwertigem Papier.
Aus dem gleichen Grund hat auch der Kursiv-Schnitt starke Serifen, die der Scala Italic einen eigenen »Klang« verleihen.
Der ausgefeilten Konstruktion der Zeichen fügte Martin Majoor einen enormen Zeichenvorrat hinzu, der großen Zeichenumfang des OpenType-Formats vorweg nahm. So verfügt FF Scala über vier Ziffernarten: Versalziffern für Tabellen, proportionale Versalziffern, Mediävalziffern für Tabellen und proportionale Mediävalziffern. Ziffern, Ligaturen, bedingte Ligaturen, Ordinalzeichen und Hochstellungen lassen sich heute komfortabel über das OpenType-Menü steuern.
Eine traditionelle Antiqua und die perfekt harmonierende Sans-Variante: Die Scala-Familie bereichert die FontFont-Bibliothek um einen Buchsatz-Klassiker
Weitere Zeichen – die die Scala zu einer zeitgemäßen Schrift für alle gestalterischen Lebenslagen machen – sind Sterne, Rahmenelemente und geometrische Formen, mit denen man Formulare bauen kann oder die in einer Präsentation als Aufzählpunkt (Bullet) dienen. Eine Kuriosität sind rund 40 Zeigehände, die zu PostScript-Zeiten als separater Font angeboten wurden. Seit der OpenType-Ära gehören sie zum Schnitt FF Scala Sans Regular. Zum Auswählen bzw. Aufrufen einer bestimmten Zeigehand leistet in Adobes InDesign das »Glyphen«-Fenster im Schriftmenü beste Dienste.
FF Scala-Pakete: Alle sechzehn Schriftschnitte der Scala-Familie finden sich im FF Scala OT Complete Suite Paket oder mit erweitertem Zeichenvorrat mit Fremdsprachen-Unterstützung in der FF Scala Pro Complete Suite. Weitere Pakete mit Grundschnitten oder Webfonts zeigt die FF Scala-Übersichtsseite.
Eine ausführliche Übersicht bietet die FF Scala FontFont Focus Broschüre (5,1 MB, 50 Seiten).
Scalas Lesbarkeit, ihr Konstruktionsprinzip und ihr Zeichenumfang machen sie zu einer belibten Satzschrift für Bücher und Zeitschriften, mühelos gelingen ihr Corporate-Aufgaben und sie ist sogar als Leitsystem (für die Metro in Los Angeles) im Einsatz. Im Schriftenranking der 100 besten Schriften aller Zeiten belegt FF Scala Platz 34.
Über den Entwerfer: Seit Mitte der 1980er Jahre entwirft Martin Majoor Schriften. Nach einem studentischen Praktikum bei URW in Hamburg wechselte er 1986 als typografischer Gestalter in die F&E-Abteilung von Océ-Netherlands. Ab 1988 arbeitete er als Grafikdesigner für das Vredenburg Music Centre in Utrecht, für das er die Schrift Scala für CI-Material entwarf. Zwei Jahre später veröffentlichte FontShop International FF Scala als erste Textschrift in der neu gegründeten FontFont-Library.
1994 übernahm Majoor die typografische Gestaltung des holländischen Telefonbuchs. Er entwarf eigens eine neue Schrift: Telefont. 2000 folgten FF Seria und FF Seria Sans, 2004 FF Nexus in den Versionen Sans, Serif, Mix und Typewriter.
OpenType erobert das Netz
Webtypografie erfährt jetzt durch alle aktuellen Browser-Versionen (ausser Safari) OpenType-Unterstützung. Endlich können raffinierte OT-Features wie Ligaturen, Schwungbuchstaben, Alternatezeichen und vieles mehr per CSS-Befehl umgesetzt werden. Dazu erscheinen eine Reihe passender Web FontFonts: FF Mister K. Web, FF DIN und FF Duper.
Gleichzeitig online geht der komplett überarbeitete FontFont-Subsetter, der Web FontFonts auf die Glyphen reduziert, die wirklich benötigt werden. Das sorgt für schlanke Fontdateien, die schnell laden.
Wir feiern diese Entwicklung zur neuen Schriftenvielfalt in online Layouts mit diesem Film, den die FontFont-Bibliothek gemeinsam mit Stark Films entwickelt hat. Mit Mäusen, Ameisen und faulen Hunden.
Wie die OpenType Layout Features der einzelnen Web FontFonts aussehen und welches Kommando welches Feature aktiviert, zeigt die Web FontFont Microsite.
Mit Schriften Geld verdienen? Das geht.
Hannes von Döhren weiß wie man’s macht. Er entwirft Schriften, vertreibt Schriften, managed Schriften und administriert Schriften. Seine Entwürfe erfreuen sich in Web- und Print- Publikationen großer Beliebtheit. Brandon Grotesk ist Headlinefont von Wired Online oder Textfont in Skype Kampagnen. Pluto ziert das Elle Decor Magazin und das Computer Arts Magazin.
Hannes gehört zu den »Charakterdarstellern« einer jungen Generation von Schriftenentwerfern, wie Jan Middendorp im Vorwort zu Hannes von Döhrens gerade erschienenem HVD Fonts Type Book beschreibt. Er meistert die zwei so unterschiedlichen wie wesentlichen Disziplinen Entwurf und Vermarktung.
Eine Schrift, die überzeugen (und gekauft werden) will, so Middendorp, muss heute mehr sein als eine Sammlung smarter Ideen und ansehnlicher Glyphen. Ihr einziges Ziel, als Schrift ein nützliches Werkzeug, zu werden, fußt auf der Fähigkeit typografische Lücken auszumachen und der Fertigkeit diese zu schließen.
Ein weiteres Pfund ist Hannes von Döhrens Produktivität, seine Besessenheit die Familien, die er entwirft Schnitt für Schnitt anwachsen zu lassen und die Begeisterung, zu beobachten, wie der Zuwachs Form annimmt, »sich rundet«, wie er es beschreibt.
So ist HVD Fonts Type Book zunächst eine Übersicht der auf inzwischen 358 Fonts angewachsenen HVD Schriftenbibliothek: 130 Seiten umfasst der Katalog der Text-Schriften, 100 weitere Seiten zeigen von Döhrens Display-Fonts.
Der Schriftenkatalog findet sich eingebettet in die Kapitel zur zweiten wesentlichen Disziplin des Schriftenentwerfens: der Schriftenvermarktung. Wie Erik Spiekermann in seinem Intro launig bemerkt:
Allein in Berlin gibt es inzwischen mehr Schriftenentwerfer als Polizisten.
Jenseits aller typografische Trends und Stilfragen bricht Hannes sein Rezept für den Erfolg als Schriftenentwerfer, Schriftvermarkter und Foundry in handliche Tipps auf. 10 steps to become a type designer enthält die Essenz der gesammelten Versuch-und-Irrtum-Erfahrungen in einer Liste, angefangen bei »Find an Idea«, über »Type Foundry vs. Self Publishing« bis »Action on the web«.
Schließlich erhält jeder Käufer des Buchs eine Font-Kostprobe der HVD Fonts Bestseller. Pluto Medium, Brandon Groteque Thin, Supria Sans Bold Italic, Niveau Grotesk Regular und Niveau Serif Medium Small Caps können mithilfe des personalisierten Codes auf der letzten Seite kostenlos heruntergeladen werden.
Wir verlosen unser Rezensionsexemplar. Da es Zeit für Weihnachtskarten ist: Welche Schrift kommt dieses Jahr auf die Karte? Und warum? Stichtag ist Montag, der 24. November, 12:00 Uhr Mittag. Mehr über Hannes von Döhren: im Fontblog-Interview, das wir führten, als seine Foundry HVD Fonts in das FontShop-Angebot aufgenommen wurde.
Hannes von Döhren: Every Day I Draw at Least One Letter. The HVD Fonts TYPE BOOK | Text englisch, 296 Seiten, davon 24 Seiten auf Zeitungspapier mit 31 Font-Familien mit insgesamt 358 Einzelfonts, Format 17 x 24 cm, inklusive 5 Fonts im Wert über 70 Euro zur freien Nutzung | 39,80 € – beim Verlag Hermann Schmidt Mainz bestellen.
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Fotos: Cover ©Verlag Hermann Schmidt Mainz, Innenseiten © Hannes von Döhren
Der 100 beste Plakate 14 Wettbewerb startet
Am 15. Dezember schreibt der 100 Beste Plakate e.V. wieder den internationalen Designwettbewerb »100 beste Plakate des Jahres Deutschland Österreich Schweiz« aus. Plakatgestalter, Auftraggeber und Druckereien aus den drei Ländern sind aufgerufen, bis 25. Januar 2015 Plakate aller Genres und Gestaltungsmittel einzureichen, die im Jahr 2014 gedruckt und veröffentlicht worden sind.
Der Wettbewerb finanziert sich aus den Gebühren der Teilnahme: für ein Plakat 50, bis drei Plakate 90, bis fünf Plakate 130, bis 9 Plakate 150, ab 10 Plakate 200 €. Studierende und Mitglieder des Vereins 100 Beste Plakate e. V. entrichten jeweils die Hälfte.
Die Auswahl erfolgt Ende Februar 2014 in Berlin durch eine vom Vorstand des 100 Beste Plakate e.V. berufene internationale Jury mit Philippe Apeloig (F Paris), Christof Nardin (A Wien), Jiri Oplatek (CH Basel), Ariane Spanier (D Berlin) und Richard van der Laken (NL Amsterdam). Weitere Informationen: www.100-beste-plakate.de.
Läuft aus! TYPO Berlin 2015 zu dritt für nur je 333 Euro
TYPO voraus. Vom 21. bis 23. Mai 2015 sagt TYPO Berlin der Oberflächlichkeit den Kampf an. Es geht um Charakter. In einer Welt eiliger Produktions-Zyklen und visueller Austauschbarkeit zeigen wir Wege zur Erkennbarkeit. Und feiern Haltung. Gemeinsam mit Sprechern und Publikum beleuchtet die 20. FontShop Konferenz das gewisse Etwas in Inhalt, Form, Farbe und dem Buchstäblichen Ganzen (engl. Character) im Design.
Unser ★ dieser Woche sichert ein günstiges Gruppenticket für die Konferenz und gilt nur bis 30. November:
Als TYPO Sprecher haben wir Persönlichkeiten eingeladen, deren Arbeiten über die internationale Designszene hinaus Bekanntheit erlangten: Emory Douglas, der die Black Panther Bewegung visuell begleitete, nachdem er sein Handwerk in der Druckerei eines Jugendgefängnisses in Ontario gelernt hatte und dessen Arbeiten inzwischen internationale Museen bevölkern. Gemma O’Brien, die auf der TYPO 2008 mit einer kalligrafischen Ganzkörper-Inszenierung für Aufsehen sorgte und deren grafische Arbeiten weltweit für ihren Charme, Witz und ihre Energie gefragt sind. Aaron Draplin, der der Snowboarding-Szene entsprang. Seine Arbeiten versprühen knallige Selbstironie voller Leidenschaft. Sein Motto: »Arbeite hart und mach gute Arbeit für gute Leute.«
Ein Sprecherpaar, das besonderen Aufschluss über die Essenz von Charakter verspricht, sind Manfred Hild und sein humanoider Begleiter Myon, entwickelt am Forschungslabor für Neurorobotik der Berliner Beuth-Hochschule. Die sensomotorischen Regelkreise des Roboters bilden die Strukturen und Neurodynamiken des Gehirns nach. Zur Zeit lernt Myon, was es heißt, menschliche Gefühle zu verstehen und sie darzustellen. In wenigen Monaten soll er zusammen mit dem deutsch-britischen Performancekollektiv Gob Squad auf der Bühne der Komischen Oper Berlin stehen.
Im Haus der Kulturen der Welt dreht sich vom 20. – 23. Mai nächsten Jahres alles um das Thema Character. Das ist noch eine Weile hin, Schnellanmelder können die Zeit nutzen und kräftig sparen. (Foto: Sebastian Weiß, TYPO 2014 – David Carson).
Weitere Sprecher: Tina Roth Eisenberg (Creative Mornings), Josh Higgins (Facebook Front End) , Erik Kessels (Found Footage) , Jon Burgerman (Doodle Kunst), Francesco Franchi (Designing News), Oliver Reichenstein (Information Architect), Luc(as) de Groot (ARD Corporate Font), Johannes Bergerhausen (Digitale Keilschrift) und ständig erhalten wir neue Zusagen.
Moderatoren: Erik Spiekermann @spiekermann, Stephen Coles @stewf, Indra Kupferschmid @kupfers und Sonja Knecht @sk_txet.
Jetzt Kollegen, Weggefährten oder alte Studienfreunde einsammeln, als 3er-Gruppe für nur 333 Euro pro Person (zzgl. MwSt.) anmelden und bis zu 316 Euro pro Ticket sparen! Zur Buchung …
Monotype legt Recorder Magazin neu auf
Vor über 110 Jahren, 1902, veröffentlichte Monotype die erste Ausgabe des Recorder-Magazins. Was als Fachpublikation zu den eigenen Druckmaschinen begann, entwickelte sich in den gut 70 Jahren seines Bestehens zu einer festen Magazingröße.
Die Inhalte, breitgefächert: Über die Darstellung des mechanischen Satzes und seiner ständigen Fortentwicklung bei Monotype- und Linotype- Druckmaschinen. Oder die Veröffentlichung neuer Schriften von Entwerfern wie Stanley Morison oder Eric Gill. Auch der Dokumenation und Bewahrung historischer Druck-Fertigkeiten verschrieb sich das Magazin, das besonders unter der über 30 Jahre währenden Redaktion von Beatrice Ward als geschätzte Informationsquelle für die Druckindustrie und die entstehende Grafikbranche galt.
Seinen Lesern war das Magazin ein verlässlicher Begleiter durch die wechselhafte Zeit der klassischen Moderne. In der Postmoderne erreicht die Vielfalt an (typo-) grafisch aufbereiteter Information nie gekannte Dimensionen. Und der Monotype Recorder kehrt zurück.
Die Neuauflage des Magazins widmet sich Monotypes heutigem Gut, den Schriften. Die erste neue Ausgabe knüpft am redaktionellen Faden des Vorgängers an: Chefredakteurin Emma Tucker beleuchtet das aktuelle Schriftengeschehen ebenso wie die Geschichte der Schriften der letzten 100 Jahre.
Sie besucht die AIGA Ausstellung „100 Years of Type in Design“ in New York, spricht mit Bärbel Bold und Ingo Italic von „Letters are my Friends“ dem ersten typografischen Concept Store in Berlin und sie sucht gemeinsam mit Schriftenentwerfer Gunnar Viljálmsson im Ottomanischen Reich nach den Wurzeln arabischer Zeichen.
Traditionelle Wege mit Schrift zu arbeiten, wie Allan Kitchings Poster-Tribut an fünf Grafik-Ikonen, feiert der Recorder ebenso wie die Vielfalt existierender Fonts mit einer Tafel aus mehreren 100 Satzpunkten, die Abott Miller für die Wandgestaltung der AIGA-Ausstellung entstehen ließ.
Der Recorder liefert, wie sein Vorbild, eine gut recherchierte Bestandsaufnahme aus der Welt der Schriften, deren unterschiedliche Strömungen er liebevoll illustriert aufnimmt.
Das mit aufwändiger Goldprägung, Sonderfarben und Centerfold auf Mohawk Superfine Papier gedruckte Magazin hat 120 Seiten. Gestaltet wurde The Recorder von Luke Tonge und kann für 13,64 Euro, inklusive Verpackung und Versand, hier bestellt werden: www.recordershop.monotype.com.
Die Auflage ist limitiert.
Typografische Termine in Mainz
In der kommenden Woche finden in Mainz gleich zwei Termine für Freunde von Fonts und Typografie statt:
am Mittwoch, 19. November um 19:00 Uhr stellt Johannes Bergerhausen (decodeunicode, Designlabor Gutenberg, FH Mainz) die Publikation »Digitale Keilschrift / Digital Cuneiform« mit einem Vortrag im Gutenberg-Museum vor. Anschließend gibt es einen Umtrunk.
U+12117: Sumerisches Zeichen für Verwirrung aus dem Digitalen Keilschrift Projekt, an dem Johannes Bergerhausen seit 2007 arbeitet.
Für alle, die tiefer eintauchen möchten: Am Donnerstag, 20. November um 18:00 Uhr ist das Atelier National de Recherche Typographique (ANRT) aus Nancy, Frankreich, zu Gast im Designlabor Gutenberg (IDG) an der Hochschule Mainz. Sowohl Direktor Thomas Huot-Marchand als auch Studenten des ANRT stellen ihre Projekte auf Englisch aus dem Post-Master Studiengang des ANRT vor, in dem fachübergreifend Schriften für wissenschaftliche Zwecke gemeinsam mit den Wissenschaftlern gestaltet werden. Pro Jahr werden nur sechs Studierende in diesen Kurs aufgenommen.
Der Eintritt zu beiden Veranstaltungen ist frei. Ort ist der Liebfrauenplatz 5 in Mainz.
Fünf Fragen an Jens Kutilek, FF Font-Techniker
Vermutlich ist Azuro die erste Schriftfamilie, deren Bildschirmverhalten bereits in der Entwurfsphase unter Windows, Mac-OS und Apple iOS unermüdlich getestet wurde, Rückwirkung auf den Designprozess inbegriffen. Daher ist Azuro am Bildschirm und auf Papier in hohem Maße leserlich (zum Beweis: Azuro als Webfont für diesen Blog oben auswählen). 2011 bei FontShop erschienen, wurde Azuro von Georg Seifert entworfen und von Jens Kutilek gemastert.
Neben seiner Arbeit an vielen FontFonts hat Jens auch dafür gesorgt, daß die Webfonts der Süddeutschen Zeitung am Bildschirm gut aussehen, ebenso wie der Schriftschnitt der Real Text, der Erik Spiekermanns Buch „Hallo, ich bin Erik“ beiliegt
Kommenden Freitag (14. November) spricht Jens auf dem TYPO Day München darüber, wie sich sorgsames Mastering auf die Qualität einer Schrift auswirkt. Jens Kutilek studierte Kommunikationsdesign in Braunschweig, gründete nach dem Studium mit zwei Freunden das Webdesign-Büro Netzallee und arbeitet seit 2007 als Fonttechniker bei FontShop.
1. Was hat Dich bewogen, Dein Augenmerk auf die technische Seite des Schriftenentwurfs zu legen?
Meine Interessen haben sich schon immer zwischen den technischen und künstlerischen Feldern bewegt. Als Jugendlicher habe ich am C64 programmiert und gepixelt, und in der Schule meine Lehrer zum Verzweifeln gebracht, weil ich die Schulstunden damit verbracht habe, in mein Notizbuch zu zeichnen. Ich habe dann, weil ich an der Kunsthochschule nicht genommen wurde, ein Ingenieursstudium begonnen, was eigentlich von vornherein zum Scheitern verurteilt war. In den vier Semestern begann ich, mich für Serveradministration und Webdesign zu interessieren, und nicht zuletzt haben die Vorlesungsskripte für Mathematik mit all ihren Formeln mein Interesse für Typografie am Computer entfacht. Die waren offensichtlich nicht mit Word gesetzt, sondern es gab (für mich) geheime, viel mächtigere Textsatzsysteme.
Als Alternative zur allgegenwärtigen Comic Sans veröffentlichte Jens 2008 für den Einsatz in Kindergärten, Vereinen, im Büro und zu Hause – Comic Jens. Inzwischen erfreut der Creative-Commons Font sich großer Beliebtheit und erhält im kommenden Jahr einen kommerziellen Nachfolger.
Beim zweiten Versuch bin ich dann an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig gelandet und habe dort Kommunikationsdesign studiert. Dort enteckte ich Typedesign – meine Professoren befassten sich jedoch mehr mit der Anwendung von Schrift. Diese Richtung habe ich nicht konsequent weiterverfolgt und mich auf Webdesign konzentriert. Die Erkenntnis, daß sich meine Interessen in der Schrifttechnik fast ideal vereinen lassen, entstand nach dem Studium, und ich hatte das Glück, dies zu meinem Hauptberuf machen zu können.
2. Berlin gilt zur Zeit als Hochburg für Typedesigner. Wo findet man die typografischen Techniker? Bei GitHub?
Viele spannende Tools werden aber auch als Auftragsarbeiten für Kunden entwickelt und erreichen die Öffentlichkeit nicht. Man sieht höchstens mal einen Screenshot davon.
Ja, auf GitHub stellen viele aus der neuen Generation der „programmierenden Typedesigner“ ihre selbstprogrammierten Tools freundlicherweise der Allgemeinheit zur Verfügung.
Persönlich treffen kann man viele der im normalerweise im Verborgenen arbeitenden Fonttechniker aus aller Welt auf Konferenzen wie der Robothon in Den Haag, oder der jährlichen ATypI-Konferenz.
3. Welche technischen Anforderungen sollte eine moderne Schriftenfamilie erfüllen?
Zeitgemäße Font-Familien sollten in allen Umgebungen gut funktionieren, sei es als OpenType-, als Office-, Web- oder App-Font. Das hört sich selbstverständlich an, ist aber nicht ganz einfach zu erreichen. Bei FontShop haben wir es gut, da wir durch die Automatisierung und unsere eigenen, ständig weiterentwickelten Produktionsstandards viele Klippen ganz automatisch umschiffen.
Als „Einzelkämpfer“ ist man da im Nachteil, weil man nie so viele Testsysteme, sowohl hardware- als auch softwareseitig, auf aktuellem und auch älterem Stand, vorhalten kann, und die Fontproduktion mit viel mehr Handarbeit verbunden ist.
Schmale Zeichen und hervorragende Lesbarkeit, vor allem am Bildschirm – die herausstechenden Eigenschaften der FF Hertz Textfamilie von Jens Kutilek, die sich zur Zeit im finalen Mastering befindet und Anfang 2015 als FontFont erscheint
Immer noch wichtig ist auch die Bildschirmoptimierung, trotz ständig steigender Bildschirmauflösungen. Da ist die Handarbeit der Automatik immer noch überlegen, und wird es auch in den kommenden Jahren sein.
4. Deine Font-Technik-Tool Top 5?
Mein Schweizer Messer sind sicherlich die Python-FontTools, mit denen man praktisch jedes Bit einer Fontdatei einzeln modifizieren kann. Und wenn es eine Funktion nicht gibt, kann man sie sich selbst dazuprogrammieren. Python hat sich als Programmiersprache der Wahl für alles, was mit Fonts zu tun hat, etabliert.
Ein ähnliches Tool, ohne Erweiterbarkeit, dafür mit grafischer Oberfläche, ist DTL OTMaster.
Glyphs und RoboFont sind zwei moderne Fonteditoren mit unterschiedlichem Konzept. Glyphs nimmt einem viel Arbeit und technische Entscheidungen ab und läßt einen so schnell zum Ziel kommen, RoboFont ist mehr eine Plattform, auf der man sich ein Schriftentwurfs- und -produktionssystem nach eigenen Vorstellungen detailliert selbst bauen kann.
Für die Bildschirmoptimierung von Fonts benutze ich immer noch FontLab Studio. Es gibt zwar Programme, die in dem Bereich mehr können, aber das beste Tool ist immer das, was man beherrscht.
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Abb. links: AnchorOverlayTool ist ein Tool, das Jens für RoboFont selbst programmiert hatt, um die Positionen der Akzente als Vorschau sehen zu können. Glyphs enthält diese funktion bereits, in RoboFont muss man sie selber programmieren. Abb. rechts: ToGA (Topographic Glyph Analyzer) ist eines der so genannten „geheimen“ Tools, das charakteristische Punkte in nicht interpolierbaren Glyphen identifizieren kann. Der links angeklickte gelbe Punkt wird vom Programm im rechten Buchstaben gesucht und dort mit einem blauen Kreis markiert.
5. Welche Deiner gemasterten Schriften ist Dein persönlicher Liebling?
Technisch am spannendsten sind Schriften, die an die Grenzen der Fonteditoren und Tools gehen, wie etwa Schriften mit mehreren Schreibsystemen. Die Superfamilie FF Amman von Yanone vereint zum Beispiel lateinische und arabische Buchstaben in sich.
Dort ist man mit FontLab schnell am Ende, und muß sich andere Tools suchen, mit denen man arbeiten kann, oder, wenn es nichts passendes gibt, selbst anfangen zu programmieren. Die Tools im Dialog mit den zu bearbeitenden Schriften weiterzuentwickeln bringt das technische Know-How in unserem Type Department am meisten voran, glaube ich.
Bei den Webfonts für die Süddeutsche Zeitung, die ich für den Bildschirm optimiert habe, bin ich stolz auf einen kleinen Hinting-„Trick“: Nachdem die neuen Fonts bei Lesern mit älteren Windowssystemen nicht gut ankamen, habe ich sie so gehintet, daß sie auf den alten Systemen fast nicht von der vorher benutzten Georgia zu unterscheiden sind.
Auf neuen Systemen sieht die Schrift dagegen deutlich unterschiedlich aus, was ja auch der Sinn einer eigenen Hausschrift ist.
Das Mastern der FF Quixo von Frank Grießhammer hat mir großen Spaß gemacht. Vielleicht liegt es nur daran, daß ich Frank persönlich kenne, aber ich habe in vielen Details der Buchstabenzeichnungen Franks Persönlichkeit und Humor erkannt. Außerdem hat er sehr gute und vollständige Arbeit geliefert, so daß ich nicht mehr viel zu tun hatte und nur noch ein wenig technischen Feinschliff anbringen mußte …
Weil Jens nicht nur an den Schriften anderer Leute arbeiten wollte, hat er über die letzten Jahre kontinuierlich an einer eigenen Handschrift- und einer Textschriftfamilie gearbeitet. Die Familien FF Comic Jens und FF Hertz werden 2015 in der FontFont-Bibliothek erscheinen.