Fontblog Artikel im September 2013

Interaktive FF-Mark-Schriftporträt-Website

Seit 23 Jahren arbeite ich im Font-Business. Davor habe ich 5 Jahre lang als PAGE-Chefredakteur die Premieren wegweisender Schriftfamilien verfolgt, zum Beispiel von Avenir, Rotis und ITC Officina.

In alle diesen Jahren (und viel­leicht auch in den Jahrzehnten davor), feierte meines Wissens noch keine Schriftfamilie eine ähnlich ausge­tüf­telte Premiere wie die neue FF Mark von FontFont.

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Hannes von Döhren und Erik Spiekermann bei der finalen Kontrolle der FF-Mark-Probedrucke

Klar, es gab damals große Empfänge, Pressekonferenzen in Paris, ganze Bücher oder Zeitungen zu einer neuen Schrift wurden gedruckt und teils kostenlos verteilt. Doch welchem Zweck dienten sie? Bis Anfang der 1990er Jahre wurden neue Schriften häufig dazu entwi­ckelt, um die Investitionen in teure Satzmaschinen zu legi­ti­mieren, den Wettbewerb aufzu­mi­schen, Konkurrenten zu kopieren und manchmal auch, um eine neue ästhe­ti­sche Qualität zu defi­nieren. Daher rich­teten sich die Premieren vor allem an die Industrie, an Investoren und an Dienstleister. Danach kamen die Kreativen, also Typografen und Designer.

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Nach einem einstim­menden Intro mit Hintergrund-Video, das das Entwickler-Team bei der Arbeit an FF Mark zeigt, lassen sich alle 20 Schnitte der Schrift mit eigenen Texten auspro­bieren, und zwar in echt, also mit Webfonts, deren Schriftgröße, Zeilenabstand, Ausrichtung, Farbe indi­vi­duell justierbar sind

Seit der Befreiung der Schrift von der Maschine durch das Desktop Publishing werden neue Schriften endlich für deren Benutzer auf den Markt gebracht. Diese wollen bei einer Neuheit ganz genau wissen, was eine Schrift kann, wie sie gedruckt aussieht und wie sie am Bildschirm besteht. Und wenn ein neues Design auf einer Tradition aufbaut, dann möchten die zukünf­tigen Anwender mehr über die histo­ri­schen Hintergründe erfahren. Schließlich wollen sie verzau­bert werden, mit schönen Kurven, über­ra­schenden Details, einem Übermaß an Beispielen und Anregungen. All dies leisten die heute frei­ge­schal­tete Schriftporträt-Website der FF Mark und das 136-seitige PDF FF Mark-Infoguide … auch wenn die Smartphone-Performance von www​.ffmark​.com noch nicht ausge­reift ist.

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Eine inter­ak­tive Weltzeituhr präsen­tiert vier von neun (!) Ziffernsätze der FF Mark, zusammen mit verball­hornten Zeitzonen-Metropolen … eine Anspielung auf die Bauhaus-Tradition der Schrift

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Alle zehn Schnitte der FF Mark im Strichstärken-Fächer: Man tippe ein Schriftzeichen auf der Tastatur, um dieses (1) in unter­schied­li­chen Stärken zu sehen, oder (2) es mit einer anderen Strichstärke zu verglei­chen, oder (3) …

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… alle Strichstärken trans­pa­rent über­ein­ander gelegt auf einem Leuchtkasten zu sehen

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In der Layout-Box lässt sich die Wirkung von FF Mark für verschie­dene Einsatzbereiche testen, zum Beispiel Zeitungen, Buchcover, Tablet-Screen oder Computermonitor

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Ausführliche histo­ri­sche Betrachtung zu den Wurzeln der FF Mark, recher­chiert und verfasst vom jungen Schrifthistoriker Ferdinand Ulrich


Premiere: FF Mark, geometrische Sans für unsere Zeit

FF Mark – eine geometrische Sans mit deutscher Tradition

FF Mark ist eine neue geome­tri­sche Sans, entworfen für die typo­gra­fi­schen Herausforderungen von heute. Sie entstand in den vergan­genen zwei Jahren als Gemeinschaftsprojekt zwischen Hannes von Döhren, Christoph Koeberlin und dem FontFont-Technik-Team, begleitet von Erik Spiekermann. Die Großfamilie bietet 10 Strichstärken (von Hairline bis Black) und die dazu­ge­hö­rigen Kursiven (= 20 Fonts), wobei die extremen Schnitte für den Einsatz in Headlines opti­miert, und die mitt­leren auf Textleserlichkeit getrimmt wurden.

FF Mark: Schriftschnitt-Übersicht

Weil es ziem­lich viel über die Tradition und die Flexibilität dieser Neuheit zu erzählen gibt, hat FontShop die Font-Info- und -Test-Website www​.ffmark​.com einge­richtet, einen FF Mark Pro Testfont zum Download bereit gestellt und ein ausführ­li­ches, 136-seitiges Schriftmuster-PDF angefertigt.

Wer direkt zu den liefer­baren Paketen möchte, folge diesen Links

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Am Anfang stand die Idee, eine zeit­ge­mäße Schriftfamilie zu entwerfen, deren Wurzeln in den geome­tri­schen Serifenlosen unseres Landes liegen. Für dieses Projekt haben sich die Schriftentwerfer Hannes von Döhren (HvD), Christoph Koeberlin (FontFont) und das FontFont-Technik-Team (Andreas Frohloff, Jens Kutilek, Inka Strotmann, und weitere) zusam­men­ge­schlossen. Initiator des Projekts war Erik Spiekermann, der auch die künst­le­ri­sche Beratung übernahm.

Auf den ersten Blick mag sich FF Mark zwischen die berühmten Ahnen einreihen, zum Beispiel Erbar Grotesk, Lucina, Futura, Kabel oder Berthold Grotesk. Tatsächlich ragt sie heraus. Gravierende Unterschiede zu den 1930er-Jahre-Schriften sind FF Marks große Mittellänge (x-Höhe), die für eine bessere Leserlichkeit sorgt, brei­tere Versalien, offene Formen, besser ausba­lan­cierte Glyphen und mit über 1000 Zeichen/Font ein zeit­ge­mäßer Ausbau für die Kommunikationskanäle von heute. Insgesamt unter­stützt FF Mark Pro rund 80 Sprachräume.

FF-Mark-Entwerfer Hannes von Döhren, Christoph Koeberlin und das FontFont-Tech-Team

In allen Etappen ihrer Entstehung wurde FF Mark eng vom FontFont-Type-Department begleitet, was Fehler und Korrekturschleifen verhin­derte. Um die Familie für alle Einsatzgebiete zu rüsten, wurde sie üppig mit sorg­fältig abge­stimmten Akzentbuchstaben ausge­stattet, aufwändig metrisch zuge­richtet (inklu­sive Kerning), alle Zeichen mit konsis­tentem Abstrich versehen und jeder Font mit mehreren hundert strich­stärken-abhän­gigen Sonderzeichen versehen, darunter Pfeile, Bullets, diverse Ziffernsätze einschließ­lich numme­rierten Bullets, Währungszeichen und typisch deut­schen Spezialitäten, wie einer 7 mit Querstrich und dem Versal-ß in zwei Größen. Auch die Großbuchstaben K, R und Q weisen Lokalkolorit auf.

Siehe auch: Die FF Mark Portrait-Website …


❤ der Woche: CMYK-Farbfächerkalender, 39,90 €

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Neu und typisch für den Hermann-Schmidt-Verlag: Ein schön gestal­teter Kalender mit Zusatznutzen. Für den CMYK-Farnfächerkalender 2014 hat Peter von Freyhold ein »Farb-Septett« pro Woche gestaltet, das durch tägli­ches Abreißen eines Farbstreifens mit den darunter liegenden Farben in Dialog tritt. Jeder Farbstreifen zeigt die Wirkung seiner Farbe auf zwei­sei­tigem Chromokarton (coated/uncoated) und verrät die exakten Prozentwerte von Cyan, Magenta, Yellow und Black.

cmyk03Mittels der im Kalenderkopf einge­bauten Buchschraube lassen sich eigenen Farbwelten zusam­men­stellen: beim Entwurfsprozess, im Kundenmeeting, während der Plaungsphase. Und während die Kalenderblätter fallen, füllt sich das private Farbschatzkästchen von Tag zu Tag.Selbstverständlich lassen sich die Farbstreifen auch als Lesezeichen, Notizzettel oder für analoge Short Messages verwenden.

Peter von Freyhold:
CMYK-Farbfächer-Kalender 2014
, coated/uncoated. Wochenkalender zum Aufhängen oder Aufstellen mit 371 Tages-Farbstreifen, beid­seitig bedruckt auf zwei­sei­tigem Chromokarton, Format 11 x 24 cm, Euro 39,80. Hier bei FontShop bestellen …

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Zweijahreskurs »Typografie intensiv«

Rudolf Paulus Gorbach

Der vier­se­mes­trige Kurs »Typografie intensiv« ist eine einzig­ar­tige berufs­be­glei­tende Ausbildung im Bereich Typografie und Gestaltung, ideal für Kommunikations- und Grafik-Designer, Mediengestalter, gestal­tende Redakteure, Hersteller, Schriftsetzer und alle Quereinsteiger. Rudolf Paulus Gorbach leitet die basis­ori­en­tierte Aus- und Fortbildung seit 20 Jahren, in den letzten 6 Jahren in Kooperation mit der Typographischen Gesellschaft München (tgm). Das maßge­schnei­derte Konzept wird stetig weiter entwi­ckelt, und die Teilnehmer profi­tieren von dieser Erfahrung.

Der Kurs beginnt mit den heutigen Grundlagen für Typografie und Gestaltung und beant­wortet alle Fragen, die für Kultur und Wirtschaft wesent­lich sind. Aufbauend auf Grundlagenübungen werden anschlie­ßend die kompo­si­tio­nellen Möglichkeiten der typo­gra­fi­schen Gestaltung beleuchtet. Der Lesbarkeit von Schrift und Typografie und deren Theorien ist ein aktu­eller Abschnitt gewidmet. Praktische Workshops widmen sich der Buchgestaltung, Bild und Typografie, Corporate Design, Screendesign und anderen Disziplinen.

Das 10. Seminar beginnt am 18. Oktober 2013. Weiter Informationen sowie ein ausführ­li­ches Programm-PDF gibt es hier: gorbach​-gestal​tung​.de

Fresh Fonts 13 | 37 – Kumla und Kumla CE

FontShop-LettersFromSwedenGöran Söderströms Retro-Displayschrift Kumla erhält eine Osteuropa-Erweiterung. Damit unter­stützt die schwe­di­sche Familie für Print- und Websatz zusätz­lich Russisch, Türkisch, Rumänisch und die balti­schen Sprachen.

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Die Kumla Skofabrik entstand 1912 in Kumla, einer Kleinstadt gut 200 km west­lich von Stockholm. 140 Schuhfabriken produ­zierten seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts dort Schuhwerk für Skandinavien und Europa.

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Neue Kennzeichnung für Produkte der Region

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Ab Januar 2014 können Verbraucher mit dem »Regionalfenster« auf einen Blick erkennen, welche Lebensmittel tatsäch­lich aus der Region kommen. Laut Bundesverbraucherministerium erhielten die Kunden damit erst­mals eine bundes­weit einheit­liche und verläss­liche Kennzeichnung der Herkunft. Vorausgegangen war eine Testphase im ersten Halbjahr 2013.

Der Trägerverein Regionalfenster war im August 2012 auf Initiative von Bundesministerin Ilse Aigner gegründet worden. Seine Mitglieder reprä­sen­tieren die gesamte Wertschöpfungskette und vergeben das Regionalfenster nach fest­ge­legten Kriterien. Erste Lizenznehmer sind Edeka, Rewe und Tegut. In Deutschland gibt es bereits mehrere Siegel für die Regionalität von Lebensmitteln, für die aber keine einheit­li­chen Kriterien gelten. Die Spielregeln für das neue Regionalfenster sind hier fest­ge­halten.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch kriti­sierte das frei­wil­lige Signet. Es werde an flächen­de­ckender Täuschung mit falschen Regionalversprechen nichts ändern. »Nur eine verpflich­tende Herkunftskennzeichnung kann den Regionalschwindel beenden«, sagte die Foodwatch-Expertin für Lebensmittelwerbung, Anne Markwardt gegen­über der Rhein-Zeitung.



Vom Preisschild bis zum Textilpflege-Symbol: Wie die dm-Drogerie-Exklusivschrift entstand

Ein Gespräch mit den Markenexperten Claus Koch und Jörg Hemker

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Kein Handelsunternehmen in Deutschland ist so häufig an Spitzenpositionen in Rankings zu finden wie dm-drogerie markt. Jüngere Auszeichnungen wie »Beliebtester über­re­gio­naler Drogeriemarkt Deutschlands« und »Service Champion« sind nur zwei Beispiele. Zum 40 Geburtstag beschert sich das Unternehmen erst­mals in seiner Geschichte eine starke visu­elle Identität, basie­rend auf einer maßge­schnei­derten Schrift-Großfamilie (»dmSoft«), einer über­ar­bei­teten Farbpalette und einem ganz­heit­li­chen Konzept, mit dem bereits der Gründer Prof. Götz Werner das Unternehmen zum Erfolg führte. Fontblog sprach mit dem Hamburger Markenexperten und Unternehmer Claus Koch und seinem Partner für Schriftentwurf Jörg Hemker über die Rolle der Schrift im neuen Erscheinungsbild von dm.

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Kurz noch ein paar Zahlen. 1973 eröff­nete der erste dm-Markt in Karlsruhe. Heute ist dm in 12 Ländern aktiv und Deutschlands umsatz­stärkster Drogeriemarkt, mit 1417 Filialen (2802 Filialen im Ausland). Fast 32.000 Mitarbeiter erwirt­schaf­teten im ersten Halbjahr 2013 in Deutschland einen Umsatz von 2,8 Milliarden Euro (im Ausland 0,9 Milliarden Euro), ein Plus von 16,2 Prozent (5,4 Prozent) gegen­über dem Vorjahreshalbjahr.

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Fontblog: Viele Menschen lieben die dm-Drogeriemärkte. In Umfragen verzeichnet das Handelsunternehmen gegen­über seinen Mitbewerbern  einen Vorsprung in Sachen Transparenz, Ausbildung der Mitarbeiter, Kundenzufriedenheit und Preisstabilität. Gerade stärkt die Drogeriekette – im laufenden Betrieb – ihren visu­ellen Auftritt, wobei der von Ihnen konzi­pierten Exklusivschrift eine wich­tige Rolle zukommt. Welchen Markenwerte standen am Beginn des Projekts?

Claus Koch: Der Ausgangspunkt für die Entwicklung waren die dm-Markenwerte mensch­lich, ehrlich, ästhe­tisch, offen, authen­tisch, zurück­hal­tend, verläss­lich. Die Schrift musste diese Haltung umsetzen.

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F: Wann ist eine Schrift mensch­lich, ehrlich und authentisch?

Koch: Grundlagen für den Entwurf waren die Formen einer huma­nis­ti­schen Grotesk … da ist der Begriff ›mensch­lich‹ bereits enthalten. Offene, orga­ni­sche Figuren und eine echte Kursive spie­geln die Markenwerten ›ästhe­tisch‹ und ›authen­tisch‹ wider. Die Zeichenformen sind geschrieben, nicht konstru­iert wie bei stati­schen Groteskschriften. Die Offenheit und Differenzierbarkeit der Ziffern war eine weitere Anforderung. Wir haben die Kernwerte der Marke in Typografie rele­vante Kriterien über­setzt. Die dmSoft ist zeitlos, schnör­kellos in den Formen, klar und unter­scheidbar für die Lesbarkeit mit einem ökono­mi­schen, ausge­gli­chenen Schriftbild.

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F: Neben den emotio­nalen Werten der Marke dm, welche sach­li­chen und tech­ni­schen Voraussetzungen musste die Schrift erfüllen?

Jörg Hemker: Die beiden wich­tigste Kriterien einer Corporate-Schrift sind natür­lich die Lesbarkeit und ihr Charakter. Extravagante Display- und Schmuckschriften besitzen in der Regel zwar eine große Plakativität, meist jedoch zu Ungunsten der Leserlichkeit. Beim dm-Projekt war es von großer Bedeutung, beide Merkmale unge­stört zuein­ander und positiv zu entwickeln.

F: Welche Bedeutung spielt die Internationalität der Schrift, also ihr Sprachausbau?

Koch: dm ist inner­halb Europas in 11 Ländern vertreten. Neben dem latei­ni­schen Alphabet musste auch das kyril­li­sche entwi­ckelt werden, sogar in seinen indi­vi­du­ellen Ausprägungen für Bulgarien und Serbien. Wichtig war uns dabei, dass die Schrift auch im Kyrillischen ihren Charakter beibe­hält und dm stets als Absender erkennbar ist.

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F: Wie kamen Sie auf die Idee der abge­run­deten Strichenden

Koch: Wir rundeten die Schrift ab, um das Schriftbild möglichst eigen­ständig zu halten und den Werten mensch­lich und verläss­lich zu entsprechen …

Hemker: … dabei war für mich die Definition der Radien von großer Bedeutung. Perfekt halb­rund sollten die Enden keinen­falls werden, zumal dies auch nicht zur Grundform der Schrift passen würde. Die Lösung lag in einer weichen Form. Die Rundungen sind keine aufge­setzte Formalität sondern verschmelzen harmo­nisch und unter­strei­chen in jedem Zeichen auf passende Art den Schriftcharakter.

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F: Ich wusste gar nicht, dass es böse und gute Rundungen gibt

Hemker: Ich wollte unbe­dingt vermeiden, dass die Rundungen an kriti­schen Positionen zur Tropfenbildung neigen. Die hohe Auflösung in FontLab war dabei sehr hilf­reich, vor allem als es darum ging, die hoch­ge­stellten Zeichen umzusetzen.

F: Stichwort »hoch­ge­stellt«. Bei der Preisauszeichnung arbeiten die dm Märkte sehr gerne mit hoch­ge­stellten Cent-Beträgen. Wurde daraus im Font reagiert?

Hemker: Ganz klar: Am Point of Sale spielen die Ziffern die Hauptrolle. Daher habe ich mich auch sehr intensiv mit der Gestaltung der Ziffern ausein­an­der­ge­setzt. Preis- und Mengenangaben müssen für die Kunden sowohl unter verschie­densten Bedingungen verläss­lich lesbar sein, aber auch in kultu­reller Hinsicht und in Bezug auf die Bildungserfahrung darf das Aussehen der Zahlen keine Missverständnisse provo­zieren. Dies alles haben wir bei deren Gestaltung bedacht. Und natür­lich enthalten alle dmSoft Fonts diverse Ziffernsätze, einschließ­lich der verklei­nert-hoch­ge­stellten, natür­lich in der rich­tigen Strichstärke.

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F: Bei den verschie­denen euro­päi­schen Währungszeichen haben sie sich einen font-tech­ni­schen Kniff einfallen lassen …

Hemker: Richtig, wir haben die Abkürzungen für die osteu­ro­päi­schen Währungen als OpenType-Feature in die Fonts einprogrammiert.

F: Von welchen Währungen spre­chen wir jetzt, haben die nicht alle den Euro?

Koch: Vonwegen. dm ist über­wie­gend in Nicht-Euro-Ländern präsent. Ganz konkret geht es um die tsche­chi­sche Krone, den unga­ri­schen Forint, kroa­ti­sche Kuna, bulga­ri­scher Lev, maze­do­ni­scher Denar, den weiß­rus­si­schen Rubel und die tsche­chi­sche Krone …

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Hemker: Für alle diese Währungen gibt es kein spezi­elles Zeichen, aber Abkürzungen mit einer bestimmten Schreibweise – z. B. Ft, Br, KM – mit denen die Kunden in diesen Ländern vertraut sind. Und damit nicht jeder Benutzer der dmSoft die Währung anders abkürzt oder even­tuell ausschreibt, haben wir die kompletten Abkürzungen als je ein Zeichen im Font abge­legt, also prak­tisch Währungsligaturen erzeugt.

F: Und wo liegen die, wie tippt man ein solches selbst­ge­machtes Zeichen auf der Tastatur?

Hemker: Ganz einfach: Man schreibt das drei­stel­lige ISO-Kürzel der jewei­ligen Währung mit einem $-Zeichen davor, also zum Beispiel $HUF für die unga­ri­sche oder $CZK für die tsche­chi­sche Währung. Dank des OpenType-Features der bedingten Ligaturen werden diese Abkürzungen vom dmSoft-Font auto­ma­tisch durch das Währungszeichen ersetzt.

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F: Zurück zu den Buchstaben. Welche Aufgaben – außer der Preisauszeichnung – muss eine dm-Schrift noch erfüllen.

Koch: Wir haben das sorg­fältig analy­siert und die folgenden typo­gra­fi­schen Anforderungen heraus­ge­ar­beitet: Headlines, Mengentexte, Preise und Pflichttexte, die unter beson­ders schwie­rigen Druckbedingungen wieder­ge­geben werden müssen. Dieses Spektrum kann nicht alleine von einer Schriftart abge­deckt werden. Und so haben wir die dmSoft in drei Untergruppen aufge­teilt, deren Name das jewei­lige Einsatzgebiet beschreiben …

Hemker: Die dmBrand ist die Marken- und Headlineschrift. Sie prägt das Bild der Marke. Mit ihr werden alle plaka­tiven Informationen umge­setzt. Das sind Regalbeschriftungen, Preise, Claims etc. Die dmSupport ist für Mengentexte gedacht. Die Zeichenformen sind gegen­über der Brand breiter gehalten, die Ober- und Unterlängen ausge­prägter. Die Support besitzt einen ausge­gli­chenen Grauwert im Mengensatz. Eine Kursive ergänzt die typo­gra­fi­schen Möglichkeiten.

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Und schließ­lich die dmIntelligence. Auch wenn die Formen der Intelligence sicher sehr inter­es­sant sind, ist diese Schrift nicht für einen Einsatz jenseits von 8 oder 10 Punkt gedacht. Sie läuft schmaler als die Brand was durch eine große x-Höhe kompen­siert wird. Inktraps steuern dem Zulaufen der Binnenräume unter schlechten Druckbedingungen entgegen. Drei Fetten reichen aus, um allen typo­gra­fi­schen Eventualitäten zu begegnen.

Koch: Gerade haben wir noch eine spezi­elle, extrasch­male Form der Intelligence entwi­ckelt. Wir nennen sie dmLegal, und sie wird nur für die Preisetiketten in Österreich genutzt, da die dort bestehenden Rechtsvorschriften eine Mindestschriftgröße für Vergleichspreise vorschreiben.

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F: Sie über­lassen aber auch nichts dem Zufall …

Hemker: So ist es, und darum gibt es sogar noch einen Symbolzeichensatz, der die wich­tigsten Textilpflegezeichen beinhaltet.

F: Abschließend darf ich noch verraten, dass FontShops Corporate-Font-Abteilung für die tech­ni­sche Umsetzung der dmSoft-Familie verant­wort­lich war, also Sprach-Encoding, OpenType-Programmierung, Hinting, Font-Produktion … hab’ ich was vergessen?

Koch: Vielleicht, dass wir das Projekt immer noch weiter voran­treiben. Dank der ausge­zeich­neten Umsetzung durch FontShop macht die Schrift ja bereits im Druck und auf Bildschirmen eine hervor­ra­gende Figur. Brand und Support liegen komplett als gehin­tete Webfonts vor. Nun werden wir noch drei Schnitte der Support als Office-Fonts im TrueType-Format reali­sieren, damit die dm-Mitarbeiter auch in der internen Kommunikation mit der eigenen Schrift Texte erstellen und lesen können.

F: Herr Koch, Herr Hemker, vielen Dank für das Gespräch.

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