Samstag, Berlin: Raban Ruddigkeit Remix
Der Berliner Designer, Freistil– und Typodarium-Herausgeber Raban Ruddigkeit hat soeben eine Monografie mit seinen Arbeiten aus den Jahren 1988 bis 2013 veröffentlicht. Kurz vor der Wende gestaltete Ruddigkeit mit »Messitsch« das erste und letzte Fanzine der DDR. Danach war er zehn Jahre als Grafiker für Zeitschriften, Verlage und Kultureinrichtungen tätig. Nach weiteren zehn Jahren als Art Director in der klassischen Werbung (u.a. Scholz & Friends, Jung von Matt) eröffnete er 2009 sein eigenes Büro.
Anlässlich der Buchveröffentlichung findet im Weddinger Supermarkt die Ausstellung »Ramix« statt. Hier remixen zur Vernissage am kommenden Samstag ein Dutzend Designer Raban Ruddigkeits Arbeiten und interpretieren sie neu. Mit dabei sind u.a. Lea Brousse, Emilia Forstreuther, Alexander Branczyk, Mario Lombardo, Lars Harmsen, Boris Bonev, Michael Schirner, Fredrik Skatar, Boris Hoppek und Rocket & Wink. Das Event startet um 19 Uhr und geht bis 23 Uhr; mit Live Act Barnaby Tree und einer Filmpremiere!
Zur Ausstellung gibt es seit heute einen kleinen digitalen Katalog (www.rabanruddigkeit.de), der die Teilnehmer vorstellt. Ab Samstag werden die ersten Remixes und mehr gezeigt.
bukowskigutentag 14/13: Ach, Werbung …
Vorab folgende Fakten: Ich wurde in diesem Monat 45 Jahre alt. Seit etwa zwei Jahren habe ich nicht mehr getextet, sondern vergnüge mich seitdem mit Social-Media-Redaktion, bloggen, twittern, habe zwischendurch zum ersten Mal ein Roman-Manuskript zusammengelötet und dann war ich bei all dem Trubel sogar mal’n Eis essen … So weit also alles hübsch.
Plötzlich aber, ohne Zutun meinerseits, meldeten sich neulich verschiedene Kollegen, Kunden und Agenturen mit der Bitte, ob ich nicht mal wieder texten wollte. Alle auf einmal, als hätten die sich abgesprochen. Das ehrt mich natürlich und vielen Dank dafür. Trotzdem wundert es mich. Ich habe allesamt gefragt, was da eigentlich los sei. Nach meinen Berechnungen müsste ich in meinem vorgerückten Alter seit mindestens zehn Jahren zum alten Eisen gehören. Man fühlt sich ja fast um seinen verdienten Vorruhestand gebracht. Wo steckt denn bitte der Nachwuchs? Wo sind die jungen Wilden? … Keine Ahnung, sagten mir die Leute. »Wir finden irgendwie keine Texter mehr, schon gar keine jungen«, erklärte man mir. Na dann, denke ich, drehen wir mal wieder die eine Runde. Man ist ja auch neugierig zu sehen, ob der alte Motor wieder anspringt. Und immerhin dieses Genre des Schreibens habe ich bestimmt nicht verlernt:
"Und was schreiben Sie als freier Texter am liebsten?" – "Rechnungen."
— Michael Bukowski (@mbukowski) October 23, 2009
Warum fehlt denn nun der Nachwuchs? Einen schönen Beitrag dazu lieferte kürzlich mal wieder die Werbeagentur Jung von Matt. Mit ihrem Sixt-Mollath-Motiv haben die allseits beliebten »Kreativen« gerade ein neues, noch tieferes Kellergeschoss ihres Niveau-Untertagebaus erschlossen. (Ein beeindruckendes Worst-of Jung von Matt finden Sie hier bei Stefan Niggemeier.) Das Image der Werber in der Öffentlichkeit rangiert, so liest man, längst unter dem von Politikern und gerade noch vorm Versicherungsvertreter. Dementsprechend braucht man sich über ausbleibenden Nachwuchs keine Sorgen zu machen. Mir liegen natürlich keine Statistiken dazu vor, weswegen ich zu einem kleinen Trick greife. Nennen wir es mal: bloße Behauptung.
Aber lassen wir mal diese fürs Spektakel sorgenden Agenturen bei Seite. Die sind nämlich weder besonders interessant noch repräsentativ. Tatsächlich kenne ich viele fähige und intelligente Leute, die in der Werbung arbeiten. Diese Kollegen sind in der Regel weniger mit der eigenen Selbstbeweihräucherung beschäftigt als mit dem leidlich bekannten Problem, dass es einfach viel zu viele austauschbare und überflüssige Angebote und Produkte gibt, die zu bewerben der Quadratur des Kreises sehr nahekommt, weil es meist einfach nichts gibt, für das man werben könnte.
Etwas Hübsches mag man mittels Werbung noch etwas aufhübschen können. Aber eine Tüte heiße Luft bleibt eine Tüte heiße Luft, da hilft auch keine Werbung. Bemüht man sie trotzdem, sind die Ergebnisse bekanntlich oft einfach nur hilflos. (Ein Beispiel: Kürzlich habe ich ein paar Minuten über diese Anzeige von Blackberry gebrütet. Ich komme beim besten Willen nicht dahinter, womit und wie mich dieses Motiv für die beworbenen Produkte begeistern möchte.)
So weit, so bekannt. Aber deswegen muss es ja nicht so bleiben. Während ich also mal wieder eine Runde texte, schraube ich parallel an einem Plan, wie man es ganz anders und besser machen kann. Damit werde ich mich demnächst aus der Deckung wagen. Als Andeutung dazu diese Gesprächsnotiz: Ich hatte kürzlich einem Freund von meinem Plan erzählt. Der antwortete daraufhin, ich würde mich wie ein 20-Jähriger anhören, der auf Punk macht. “Mag sein”, sagte ich. »Der Unterschied ist nur, dass ich nicht 20, sondern 45 bin, das Business inzwischen kenne und trotzdem oder jetzt erst recht Lust auf Punk habe.« Mehr dazu demnächst.
Ach ja, natürlich gibt es auch Beispiele für gelungene Werbung. Über eine charmante Guerilla-Kampagne berichtete kürzlich hier der Postillon.
P.S.: Autoren, die diesen Beitrag geschrieben haben, haben auch diese Beiträge geschrieben.
Fresh Fonts: Neue Schriften dieser Woche 13 | 34
Trotz Auspackens von 26 Trucks voller amerikanischer Holzletter-Exponate in den neuen Räumlichkeiten des Hamilton Wood Type Museums in Two Rivers, Wisconsin, digitalisiert die angeschlossene Foundry unablässig weiter. (FontShop Aktuell berichtete über den Verkauf der Museumsräume, Spenden und Mitarbeit sind nach wie vor sehr willkommen).
Die Neuerscheinungen dieser Woche nehmen sich der Einflüsse der holländischen Konstruktivisten und der frühen amerikanischen Schildermaler des 20. Jahrhunderts an.
HWT-Geometric: Ab Ende des 19. Jahrhunderts überqueren Einflüsse der holländischen DeStijl Typografie den Atlantik: die strikte Einhaltung rechter Winkeln bei minimaler Strich-Modulation erobert den amerikanischen Satz
WeiterlesenTYPO Day Essen: Industrie, Kultur und Typgrafie
Am 20. September findet das TYPO Day Kompakt-Seminar in Essen statt. Font- und Typografie-Experten stellen geballtes Know-how einen Tag lang den Seminarteilnehmern zur Verfügung.
Verschaffen Sie sich einen Überblick zum aktuellen Stand der digitalen schriftlichen Kommunikation, mit über 50 Fallbeispielen: Corporate-Design-Projekte, Web-Trends, Font-Techniken, mobile Kommunikation und programmierte Fonts.
• Erik Spiekermann: Keynote »Schrift und Marke«
• Jürgen Siebert: Corporate Font – eine Einführung
• Indra Kupferschmid: Über Schriftwahl und -kombination
• Tim Ahrens: Neue Medien, neue Font-Techniken
• Helmut Ness: Auftraggeber und Designer
• Albert-Jan Pool: Leserlichkeit nach DIN 1450
• Dirk Uhlenbrock: Typornografisch
Indra Kupferschmids berufliche Leidenschaft ist die Schrift-Klassifikation. Ihr Know-how wird bei der Entwicklung von Produkten (FontBook-App) und in Ausschüssen (DIN) geschätzt. Auf dem TYPO Day ihre Strategien und Erfahrungen zum Kombinieren von Schriften …
WeiterlesenScriptfonts – Bewegung in der Schnörkelwelt
ie Script-Welle wogt. Ob für die handverfasste Botschaft, den festlichen Einladungs-Schwung oder den das Kindermund-Zitat – wenn eine Mitteilung persönlich wirken soll, geht der Griff zum Handgeschriebenen.
Aus den Script-Neuveröffentlichungen der letzten Zeit zeigen wir drei sehr unterschiedliche Beispiele für die aktuellen Trends:
• Bery Script Normal OT, entworfen von Fred Smeijers 2012, herausgegeben von OurType, 1 Font 20 Euro*, verwandt: Bery Roman und Bery Tuscan
Der französische Stempelvirtuose Jean Gabriel Bery schuf einen Satz dekorativer Stempel-Schriften der 1781 von Benjamin Franklin erworben wurde, Schriftmuster: Michael Reindl
Geschenktipp: limitierter Abreißkalender [Update]
Gestern schrieb mir Marco Land: »Ich studiere zur Zeit im 5. Semester an der HTW Berlin Kommunikationsdesign. Im letzten Semester habe ich ein konzeptionelles Kurzzeitprojekt bei Prof. Jürgen Huber besucht, in dem die Aufgabe gestellt wurde, einen Abreißkalender ohne Computer-Hilfe zu erstellen. Also habe ich über einen Zeitraum von drei Monaten Dokumente mit Datum gesammelt, um für alle 365 Tage eines Jahres eine Visualisierung zu finden. So entstand eine Sammlung von über 300 Bons und Tickets, die ich reproduziert und zu einem Abreisskalender verarbeitet habe.
Am Ende habe ich den Kalender in einer handgefertigten und nummerierten Kleinauflage von 10 Exemplaren hergestellt, die für 40 Euro pro Exemplar bei mir bestellt werden können.«
Ich korrigiere: Es sind nur noch 9 Exemplare.
[Update] Nun liegt der Kalender auf meinem Schreibtisch. Was ich noch erwähnen sollte: er hat A4-Format und ist komplett am Fotokopierer entstanden, mit verschiedenen Papiersorten.
★ der Woche: − 30 % auf drei Retype-Bestseller
Noch bis zum 30. August bietet FontShop die drei vielfältigen Retype-Schriftfamilien Medusa (Script), Lavigne (Serif) und Winco (Sans) zum einmaligen Sonderpreis an, minus 30 % im Download auf www.fontblog.de. Alle drei Schriften stammen aus der Feder des argentinischen Designers Ramiro Espinoza. Bereits während seines Grundstudiums nahm an der Universidad Nacional del Litoral im argentinischen Santa Fe widmete er sich intensiv de, Type-design. Nach seinem Abschluss lehrte er Typografie an der Universidad de Buenos Aires. Im Jahr 2003 zog er in die Niederlande, um an der Königlichen Akademie von Den Haag ein Aufbaustudium anzutreten. Daneben schrieb er Beiträge für die Magazine Tipográfica und Tiypo, und erforschte die holländische Schriftkultur. 2007 gründete Espinoza seine eigene Foundry Retype, wo er inzwischen elf Schriftfamilien veröffentlichte.
Medusa ist Ramiro Espinozas Hommage an einen der bekanntesten spanischen Kalligrafen, Ramón Stirling, der im 19. Jahrhundert in Barcelona wirkte. Er pflegte die Technik der englischen Schreibschrift, mit der sich Espinoza zunächst grundlegend beschäftigte. Mit diesem Wissen entwickelte er eine reichhaltige digitalisierte Script, die nicht nur durch ihre ausladenden Versalien und Verzierungen auffällt, sondern vor allem mit einem maßgeschneiderten Kapitälchen-Schnitt, so dass sich mit Medusa – ungewöhnlich für eine Schreibschrift – auch versale Texte setzen lassen. Weitere ausführliche Informationen im Medusa-Schriftmuster-Magazin, A3, 17 Seiten, 6,8 MB. Zur Bestellung auf fontshop.de …
Bei der Entwicklung von Lavigne (Text/Headline) hatte Ramiro Espinozas ein klar definiertes Einsatzgebiet vor Augen: Editorial Design, genauer Mode-, Architektur- und Style-Magazine. Seiner Ansicht nach kommen gerade in den Hochglanzmagazinen viel zu oft die immer gleichen (»alten«) Schriften zum Einsatz, was eigentlich gar nicht ihrem Anspruch entspricht, das Besondere zu pflegen. Lavigne erfüllt diesen Auftrag mit großer Rafinesse. Es ist eine moderne Serif, mit wenig Anleihen aus der Schriftgeschichte. Sie ist vorzüglich ausgestattet, mit einer Text- und einer Headline-Subfamilie, echten Kursiven und Kapitälchen. Weitere ausführliche Informationen im Lavigne-Schriftmuster-Magazin, A3, 34 Seiten, 5,2 MB. Zur Bestellung auf fontshop.de …
Bei den Planungen für die humanistische Sans Winco beschäftigte sich Ramiro Espinoza mit den Meistern der europäischen Buchgestaltung nach dem 2. Weltkrieg, unter anderem Boudewijn Ietswaart, Helmut Salden und Berthold Wolpe. Auch die Einflüsse der tschechischen Buchtypografie interessierten ihn. Nachdem er sich ein stilistisches Gerüst definiert hatte, begann Espinoza mit einem kompletten Neuentwurf. Daraus entwickelte sich am Computer eine gut lesbare, serifenlose Textschrift, deren Ausdrucksstärke und Eigenwilligkeiten aus den frühen Skizzen herrühren und in der Digitalisierung erhalten blieben. Winco ist vielseitig, mit extremen Strichstärken (Light … Ultra Black), die sich in Headlines gut machen. Alle Schnitte sind mit Kapitälchen, diverse Ziffernsätze, Alternativzeichen und Ligaturen ausgestattet. Weitere ausführliche Informationen zur Winco-Familie im Winco-Schriftmuster-Magazin, A3, 32 Seiten, 2,1 MB. Zur Bestellung auf fontshop.de …