Ausstellung und Diskussion: Die Polizei gestalten
Die Polizei erfüllt in jedem europäischen Staat dieselben Aufgaben, trotzdem sehen Polizisten in jedem Land anders aus: die englischen Bobbies mit Ihren Helmen, die italienischen Carabinieri mit ihren roten Streifen auf den Hosen, die deutsche Polizei, die bis vor kurzem mit grünen Uniformen »aus der europäischen Reihe tanzte« und sich gerade mitten im optischen Wandel befindet. Wie wir das Erscheinungsbild der Polizei wahrnehmen, ist durch unseren kulturellen Hintergrund bestimmt. Entscheidet sich eine Regierung für ein Bild der Autorität oder der Zugänglichkeit?
Aus dem Blickwinkel des Designs ist es interessant, einen eingehenden Blick auf die Diversität von Polizeiuniformen in Europa zu werfen. Die Ausstellung Politie – Polizei – Carabi…, die das IDZ Berlin in Zusammenarbeit mit Design Den Haag vom 11. bis zum 22. Oktober 2010 zeigt, illustriert Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Polizeiuniformen in ganz Europa.
Eröffnet wird die Ausstellung mit einer Podiumsdiskussion am 8. Oktober um 19:00 Uhr. Lucas Verweij (Publizist) diskutiert mit Cornelia Horsch (IDZ Berlin), Karsten Henze (Deutsche Bahn), Jerszy Seymour (Designer) und Erik Spiekermann (EdenSpiekermann) über die Frage, ob ein einheitliches Corporate Design für eine »Europäische Polizei« wünschenswert sei. Anmeldung zur Diskussion hier …
Die Präsentation von Politie-Polizei-Carabi… wurde durch das Generalkonsulat der Niederlande ermöglicht. Design Den Haag setzt den Fokus auf die Beziehungen zwischen Design und Regierung in den Bereichen Public Design, Architektur und visuelle Kommunikation. Mehr zu der Ausstellung unter: www.designdenhaag.eu/en/node/4873
Bessere Typografie in Präsentationen
Liebe Designer, natürlich ist uns allen bewusst, dass schwer ’ranzukommen ist, an die Wirtschaftskapitäne, die ihre Powerpoint-Präsentationen unbedingt selbst zusammenfriemeln müssen. Doch die Gestaltung solcher Folien ist euer Revier, da gibt es nix zu rütteln.
Vielleicht versucht ihr sie mal mit wirtschaftlichen Argumenten zu packen. In Management-Seminaren haben sie garantiert schon mal das Phänomen der kognitiven Dissonanz aufgeschnappt. Im Marketing (bei einer Präsentation) versteht man darunter den als unangenehm empfundenen Gefühlszustand, dass ein Empfänger (Zuschauer) mehrere Kognitionen hat – Wahrnehmungen, Worte, Bilder, Meinungen, Einstellungen – die nicht miteinander vereinbar sind (Störgefühl). Anders ausgedrückt: Wenn der visuell negative Auftritt der Folien eines Managers den (positiven) Inhalten widerspricht, schalten die Zuhörer ab, der Vortrag ist unglaubwürdig, verschwendete Zeit. Westerwelle!
Ein positive Beispiel sind die Keynotes eines kalifornischen Top-Managers, die sich Hunderttausende Fans freiwillig im Internet ’reinziehen. Sein Unternehmen spart sich auf diese Art teure Einführungskampagnen und verkauft regelmäßig die Erstproduktion selbst nutzloser Elektronikartikel komplett ab.
Wenn diese Argumente nicht ziehen, oder euer Auftraggeber zu knickrig ist, einen Etat für die Gestaltung von PowerPoint-Templates frei zu geben, dann solltet ihr – vielleicht mit einer großzügigen Geste (z. B. einem Strauß von Blume 2000) – den Link zum Beitrag In 10 Schritten zu besserer Typografie in Präsentationen überreichen. Die kostenlosen Tipps von @typefacts sind gerade auf Twitter der Hit des Tages. Hinter typefacts.de steht Christoph Koeberlin (nicht im Bild) von FSI, den ihr aus dem gestern veröffentlichten Video kennt.
Morgen: Abschied von »Otto Ebeling Zeichenbedarf«
Der Berliner Designer Florian Fischer hat gerade eine E-Mail an alle Kolleginnen und Kollegen geschickt, in der er auf das Ende des traditionellen Berliner Ladengeschäfts »Otto Ebeling Zeichenbedarf« aufmerksam macht:
»Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen in der Welt des Design und der Kunst, liebe Freundinnen und Freunde ehrwürdiger Berliner Geschäftstradition!
Ich habe es heute morgen zufällig erfahren: Bei »otto ebeling zeichenbedarf« in der Fugger-/Ansbacher-Straße ist morgen letzter Verkaufstag, dann geht um 19:00 endgültig das Licht aus. Das Ende einer Berliner Institution nach fast 125 Jahren: http://www.otto-ebeling.de
Ein Fachgeschäft der besonderen Klasse! Aus. Ein Sortiment sondergleichen! Aus. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von bester Kompetenz seit Jahrzehnten als das gleiche Team! Aus. Der Chef selbst stets vor Ort, seit dem Tod von Jochen Ebeling: der Sohn Benjamin … und jetzt das Ende! Aus.
Mein Vorschlag (nicht vorher mit der Firma oder Benjamin besprochen, aber diese Mail sende ich auch dorthin.):
Wer irgend kann, kommt morgen in der Mittagszeit gegen 13:00 – 14:30 Uhr zum Abschied in und vor den Laden Fugger-Ecke-Ansbacher-Straße. Wer will und mag, bringt was zu trinken und eigenes Trinkgefäß mit, wer mag, bringt was zu knabbern mit. Selbstversorgung. Und falls Musiker kommen, …
Ich versuche auch beim Sender rbb zu erreichen, dass berichtet wird. So ein Laden soll nicht so einfach sang- und klanglos enden!
Kommt! Sendet gern auch weiter an weitere Menschen, die ebeling vermissen werden.
Mit herzlichem Gruß
Florian Fischer«
Die Technikexperten hinter den FontFonts
Es war 1989, ich war Chefredakteur bei PAGE, als mir die große Ehre zuteil wurde, das Font-Department der damaligen Linotype AG in Eschborn besichtigen zu dürfen. Ihr Leiter Otmar Hoefer führte mich durch einen Saal mit Großbildschirm-Arbeitsplätzen, an denen rund ein Dutzend Mitarbeiter damit beschäftigt war, mit den streng geheimen Tools der Adobe-Labore Original-PostScript-Schriften herzustellen. Ich fragte Hoefer, ob ich diesen Moment fotografisch festhalten dürfe, worauf er nach kurzem Überlegen ein OK gab. Als ich mich einem Arbeitsplatz näherte, stand dort ein Mitarbeiter empört auf – sicherlich ein Kollege der Jahre zuvor übernommenen Frankfurter Stempel AG –, mit den Worten: »Eisch hunn bei Ädobie ’en Vertrach unnerschriwwe, dess so was net läuft …«
Ich erzähle diese Geschichte, weil sich FSI FontShop International, der Hersteller der FontFonts, im obigen Video ziemlich tief in die Karten schauen lässt. Freimütig erzählen die Techniker Andreas Frohloff, Inka Strotmann, Christoph Koeberlin und Jens Kutilek, wie sie die Schriften der angesehenen Library auf ein technisches Niveau bringen, das weltweit geschätzt wird und für viele Wettbewerber Referenz-Charakter hat. Ich darf daran erinnern, dass die Qualität digitaler Schriften (Fonts), durchaus vergleichbar mit modernen Automobilen, auf zwei Säulen ruht: Design und Technik. Sehr oft wird über das erste gesprochen, doch fast nie über die Technik hinter den Schriften.
Ein großes Kompliment und Dankeschön daher an FSI, das sich in die Trickkiste schauen lässt … und dies auch noch in HD-Qualität.
Endlich eine Tasche nur für Männer
Adieu Brustbeutel: Jetzt gibt es die Holstertasche Y01, nur für Männer. Ihr Designer Chris Apitius machte mich heute per Mail auf sein jüngstes Produkt aufmerksam. Als er sich vor zwei Jahren an den Entwurf einer kleinen, praktischen Herrentasche wagte, ließ er sich unter anderem von Angelina Jolies Beinkleiderordnung in »Tomb Raider« inspirieren (es könnte natürlich auch John Wayne gewesen sein). »Es gab keine ästhetisch ansprechende Ledertasche nur für Männer, die man sich nicht umhängen oder auf den Rücken schnallen musste. Auch Gürteltaschen fand ich nie ansprechend.« Und so entstand, nach ungezählten Prototypen, die handgefertigte Y01; Y steht für das männliche Chromosom, 01 für »die erste ihrer Art«.
Die Tasche ist sowohl am Gürtel als auch am Bein über Riemen befestigt ist, so dass sie immer dort bleibt, wo sie hingehört – am Oberschenkel. Das Design in Holsterform greift ein archaisches, männliche Symbol auf und macht sie zu einem mutigen Accessoire. Ihr Innenleben aus feinstem Kalbsleder bietet geordneten Platz für ein Smartphone, vier Kreditkarten, Schlüssel, Bargeld, Stift, Zigaretten, Feuerzeug und Kopfhörerkabel, die wie ein Lasso am Riemen eingehängt sind.
Y01 ist Designed in Berlin (Label: Dayne Jewell), gefertigt aus rein vegetabil gegerbten, kräftigem Geschirrleder aus einer norddeutschen Familiengerberei. Kostenpunkt: 179 €. Mehr Infos …
Warum FontShop (wieder) Google Analytics einsetzt
Anfang des Jahres habe ich an dieser Stelle verkündet: »Nur mal so am Rande … … www.fontblog.de nutzt kein Google Analytics! (Und auch keine andere Technik, um benutzerbezogene Daten seiner Kunden zu erfassen, zu speichern, zu analysieren).« Der Grund damals: Datenschutzrechtlich gesehen war Google Analytics problematisch, weil sich theoretisch aus den von Google gespeicherten Daten (z. B. IP-Adresse) ein umfassendes Nutzerprofil von Webseiten-Besuchern anlegen ließe. Ich schreibe »theoretisch«, weil ich zumindest für FontShop versichern kann, dass wie daran kein Interesse haben.
Inzwischen kommt Google Analytics auf www.fontblog.de wieder zum Einsatz, auch das soll hier erwähnt werden. Google hat im Frühjahr auf die Kritik aus Deutschland reagiert und Webseiten-Betreibern die Möglichkeit eingeräumt, den Google-Analytics-Code um die Funktion _anonymizeIp() zu erweitern. Durch Installation dieses Zusatz-Codes werden vor jeder weiteren Verarbeitung einer anfragenden IP-Adresse deren letzten 8 Bit gelöscht. Damit wurde eine zentrale Forderung der Datenschutz-Aufsichtsbehörden erfüllt, nämlich die Identifizierung des Webseiten-Besucher auszuschließen.
Wofür nutzt FontShop Google Analytics? Der aufmerksame FontShop-Kunde Johannes S. schrieb mir zu diesem Thema während unserer Testphase letzte Woche: »Es geht keinen was an, wer ich bin, aus welchem Postleitzahlenbereich, aus welcher Stadt oder auch nur aus welchem Land ich komme, wann ich seine Zeitung lese, in sein Schaufenster schaue, mich in seinem Laden umgucke oder auch etwas kaufe — ob das alles nun analog oder digital ist. Kurz und gut: ich bin strikt dagegen.« Das ist sein gutes Recht. Am Ende dieses Beitrags steht deshalb auch, wie man sich der Google-Analyse komplett entziehen kann.
Tatsächlich interessiert uns das individuelle Verhalten eines FontShop-Kunden genau so wenig, wie die Verkehrsleitzentrale bei der Überwachung eines Verkehrsraums die Route eines einzelnen Fahrzeugs interessiert: Es geht alleine um den statistischen Fluss, um quantitative Schwankungen. Auch wir wollen Staus und Engpässe verhindern, darüber hinaus Schlangen vor unserer Kasse vermeiden, Fehlbestellungen minimieren, misslungene Downloads verhindern, tote Links, Sackgassen, Browser-Inkompatibilitäten und dergleichen mehr. Wenn uns Google, quasi als Abfallprodukt, so unterhaltsame Dinge wie Font-Hitparaden liefert, so ist das für FontShop-Kunden auch nichts neues (100 Beste Schriften aller Zeiten), es geht aber schneller und niemand bei uns im Haus muss Lieferscheine zählen (ich übertreibe).
Wer sich diesen Statistiken entziehen möchte – nicht nur auf www.fontblog.de –, kann das Laden und Ausführen des Google-Analytics-Scripts in seinem Browser verhindern, beispielsweise durch das Blockieren von JavaScript (zum Beispiel durch die Firefox-Erweiterungen NoScript, Ghostery oder durch Werbeblocker). Es ist auch möglich, den Zugriff auf die Google-Analytics-Domain google-analytics.com insgesamt zu sperren (zum Beispiel durch Werbeblocker oder durch die Verwendung der Hosts-Dateien).
Im Mai 2010 veröffentlichte Google eine Betaversion des Google Analytics Opt-out Browser Add-ons für Internet Explorer (7 und 8), Google Chrome (4.x und höher) und Mozilla Firefox (3.5 und höher). Das Add-on deaktiviert nach Angaben von Google jede Datenübertragung über das Google Analytics Javascript. Über diese Tatsachen und mehr informiert auch unsere Informationsseite https://www.fontblog.de/Datenschutz.
Useletter Nº 7 von Wehr & Weissweiler ist da
Im Internet finden man auf alle Fragen eine Antwort … auch darauf, wie viele Bogen Briefpapier noch mit 55 Cent versendet werden dürfen. Richtig schön gestaltet sind solche Informationen nur im regelmäßig erscheinenden Useletter von Wehr & Weissweiler. Die aktuelle Ausgabe liegt hier zum Download bereit …
Wer jedoch nicht suchen will, der schaut auf den Spickzettel von Wehr & Weissweiler und rexerundroth.
Auf diese Steine können wir bauen …
OK, verstanden: Fontblog nervt nicht. Danke für die vielen Anregungen. Sie helfen mir bei Kurskorrekturen … das Fundament scheint stabil zu sein.
Bleibt eine Behauptung im Raum stehen, von Chrs: … zu viele Apple-Jubelpostings. Ich bin dem mal nachgegangen und konnte das nicht nachvollziehen. Also habe ich gestern eine Belohnung im Wert von drei mal 99 € ausgesetzt für maximal drei Fontblog-Leser, die mir ein Apple-Jubelposting nachweisen.
Das erste Zitat kam von Dave, der über den folgenden Satz im Beitrag FontShuffle 1.3: hochaufgelöst für iPhone 4 stolperte: »Wer das Programm auf einem iPhone 4 live erleben darf, wird sich dem Gefühl nicht entziehen können, vor einem Leuchttisch zu sitzen und auf einen Satzfilm zu blicken.« Ähem … das einzige, was ich mir beim nochmaligen Lesen vorwerfen muss: wie emotionslos ich unser eigenes Produkt – die App FontShuffle 1.3 – hier anpreise. Von wegen Jubelpost … wenn es mal einer wäre. Darüber hinaus fällt mir keine Lösung ein, wie ich über das neue Feature unserer eigenen App – die bessere Auflösung – emotionsloser hätte schreiben könnten.
Flo sieht im Beitrag »Die Unhandlichkeit des iPads« einen Jubelpost, ist sich aber nicht ganz sicher. Mal abgesehen davon, das die Überschrift das Gegenteil impliziert, verrate ich gerne »den tieferen Sinn« dieses Beitrags. Ich mokiere mich über eine These der Printmedien (in diesem Fall Frankfurter Rundschau), dass nur der gedruckte Journalismus echte Qualität biete. In diesem Beispiel war es umgedreht: Aus Platzgründen hat ein Schlussredakteur in der Printausgabe einfach einen Satz weggestrichen (der Online jedoch nachzulesen war), und so den Sinn des gedruckten Textes entstellt. Dass es sich um einen Technikartikel handelt liegt schlicht daran, dass mich digitale Themen mehr interessieren als Sport und ich sie bisweilen sogar so gut verstehe, dass ich mir ein Urteil dazu erlaube.
Ganzunten stößt sich an der Illustration im Beitrag Edenspiekermann startet Design-Kolloquium – Moses mit iPad –, denn für ihn sei »keine mögliche Steigerung einer Huldigung denkbar«. Vielleicht hätte ich dazuschreiben sollen, dass die Illustration nicht von Fontblog ist, sondern ein Zitat aus der Ankündigung von Edenspiekermann … ein Klick auf »Mehr Informationen …« im selben Beitrag hätte dies offenbart. Im übrigen ist die Steigerung der Realität der Humor, und als solcher will die Abbildung mit Sicherheit verstanden werden.
Bleiben wir beim Humor, den ich hier im Blog auch gerne mit der Kapitelkennzeichnung »Spaß« markiere. So auch beim Beitrag (kostenlos) Telefonieren mit dem iPad. Wenn Phil dort über den (blödsinnigen) Satz stolpert »Seit ich hier im Fontblog über mein Lieblingsspielzeug schreibe, hat sich die Besucherzahl verdoppelt und die Trolle haben die Flucht ergriffen.« und dies als Jubelpost interpretiert, ignoriert er entweder die Vorgeschichte oder das Ironie-Etikett.
Bleibt Robert, der »die Masse der Beiträge zu diversen Obstprodukten« dafür verantwortlich macht, dass »manchem Leser eine Gewisse Affinität zum Hersteller Apple« aufgestoßen sein mag. Er hat 6 Beiträge über das iPad gezählt, die in den vergangenen 5 Monaten erschienen sind. Darunter befinden sich ausführliche Kritiken über misslungene Applikationen vom SPIEGEL und ZEIT, eine Rezension der iWriter-App und andere Einschätzungen, mit denen sich Designer auseinandersetzen (sollten). Von Jubelposts keine Spur … aber, wie Robert richtig vermutet, geht es gar nicht um Inhalte, sondern manche Fontblog-Leser stört alleine das Erwähnen eines Apple-Produkts. Das wird sich in einem grafischen Blog nicht vermeiden lassen.
Fazit: Ich sehe noch keine Veranlassung, einen Belohnung auszuhändigen. Einsprüche bitte per Kommentar. Im übrigen erkläre ich die Jagd – nach 24 Stunden – für beendet. Und jetzt alle wieder an die Arbeit …