Edenspiekermann stärkt den Standort Deutschland
Das Amsterdamer Büro von Edenspiekermann bereitet sich auf einen Durchstart in reduzierter Form vor. »Die Wirtschaftskrise hat unseren holländischen Standort hart getroffen und zwingt uns, das Büro in Amsterdam neu zu strukturieren«, sagt Erik Spiekermann, Vorstand von Edenspiekermann in Berlin. »Wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass nur ein schlankeres Büro mit flexiblen Strukturen – vergleichbar unserer Berliner Niederlassung – den dortigen wirtschaftlichen Anforderungen gewachsen ist«.
Eine gute Nachricht: Im April eröffnet das Designbüro eine Dependance in Stuttgart. »Wir freuen uns, dass wir bereits ein Jahr nach dem Merger der beiden Agenturen SpiekermannPartners und Eden Design & Communication an einem weiteren Standort in Deutschland präsent sind,« erklärt Oliver Schmidthals, Vorstand von Edenspiekermann in Berlin. »Wir wollen damit unserem wichtigen Auftraggeber, der Bosch Gruppe, näher sein, die wir seit 2004 betreuen«. Das Stuttgarter Büro wird Kristin Laufer leiten, bislang Account Manager im Berliner Standort von Edenspiekermann. Zuvor war sie acht Jahre lang für die Bosch Gruppe tätig.
Eine weitere Veränderung gibt es im Aufsichtsrat: René Repko wird neben Göran Lagerström und Dirk Große-Leege neues Mitglied des Aufsichtsrates bei Edenspiekermann. René Repko ist Marketingchef von HEMA, der niederländischen Kaufhauskette mit Filialen in den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Frankreich und Deutschland.
Große Unternehmensbefragung zum Thema Design
Der Rat für Formgebung, der Markenverband und die Werbeagentur Scholz & Friends haben soeben die Studie »Die Schönheit des Mehrwertes« veröffentlicht. Nach Aussage der Herausgebe ist es die größte Befragung unter deutschen Unternehmen zum Thema Design. Die Studie belege umfassend die wirtschaftliche Bedeutung von Design, zeige aber auch kaum genutzte Potenziale auf.
Die Studie beruht auf Angaben von Mitgliedern des Markenverbandes. Als Spitzenorganisation der Markenwirtschaft in Deutschland vertritt er rund 400 namhafte Unternehmen, die insgesamt einen Markenumsatz von über 500 Mrd. Euro repräsentieren. Eine deutliche Mehrheit der Befragten hat ihre Investitionen im Bereich Design in den letzten Jahren erkennbar gesteigert. 70 Prozent von ihnen geben an, dass Design einen großen Einfluss auf die Gesamtrendite ihres Unternehmens habe. Zudem spiele Design als Erfolgsfaktor für verschiedene Unternehmensbereiche eine immer größere Rolle. Den Mehrwert von Design sehen die Unternehmen vor allem bei der Einführung neuer Produkte (95 Prozent), bei der Gewinnung von Marktanteilen (87 Prozent) sowie bei der Preisgestaltung (84 Prozent).
Die Herausgeber verdichten das Fazit der Studie auf 4 Punkte:
- Design wird immer mehr zum Schlüssel des wirtschaftlichen Erfolgs eines Unternehmens
- Viele Unternehmen haben den Trend erkannt und die Investitionen in diesem Bereich erhöht
- Unternehmen lagern Aufgaben im Bereich Design zunehmend an Agenturen aus. Von diesen erwarten sie an erster Stelle Kreativität
- Potenziale von Design werden weitgehend verschenkt, sowohl im Bereich der Kostenreduktion als auch in der Optimierung von Prozessen
Download der Studie (PDF, 80 Seiten): www.designstudie-downloadseite
Neville Brody ans Royal College of Art berufen
Der weltweit angesehen britische Designer Neville Brody, unter anderem Mitbegründer von FontShop International, der FontFont-Schriftbibliothek und der TYPO Berlin, wurde als Leiter des Fachbereichs Communication Art & Design ans Londoner Royal College of Art (RCA) berufen. Er wird diese Position zum 1. Januar 2011 antreten.
Es gab im Netz wilde Spekulationen während der letzten Woche zu dieser Personalie. Am Montag schließlich wendete sich der Rektor des RCA, Dr. Paul Thompson, mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit. Brodys Berufung bestätige die Verpflichtung seiner Hochschule, die Chancen und Herausforderungen der sich rasend schnell entwickelnden Disziplin des Kommunikationsdesigns im 21. Jahrhundert anzunehmen.
»Neville Brody ist sowohl ein eloquenter Fürsprecher als auch ein glänzender Praktiker.« begründet Thompson die Entscheidung für den neuen Leiter. »Sein Talent erstreckt sich über viele Disziplinen – von den klassischen Drucksachen und der Typografie über Online-Medien und Motion-Graphics bis hin zu Packaging und Corporate Design. Er ist einer der einflussreichsten Designer seiner Generation und verkörpert auf perfekte Weise den interdisziplinären Ethos unseres Fachbereichs Communication Art & Design.«
Obwohl ihn sein Designbüro Research Studios voll in Anspruch nimmt, hatte Brody stets großes Interesse an der Designausbildung und dem Nachwuchs. Davon zeugen zum Beispiel seiner Unterstützung des Student-FUSE-Projekts Anfang der 90er Jahre, die FUSE-Konferenzen (inkl. FUSElab) und die vielen Vorträge, die er an Hochschulen in aller Welt hielt. Auch die Idee, ein Drittel der TYPO-Konferenzkarten vergünstigt an Studenten abzugeben, stammt von Brody, denn die TYPO basiert auf dem Grundstein, den er mit seiner legendären FUSE 1995 in Berlin legte.
»Die Berufung ans RCA ist eine Ehre und eine große Herausforderung für mich.« sagt der Designer über seinen neuen Job. »Das Royal College ist ein Qualitätszentrum für Kunst und Design, die Geburtsstätte für alle Disziplinen der visuellen Kommunikation. Ich freue mich darauf, das tiefe Verständnis des RCA für Geschichte, Handwerk und Sachkenntnis mit einer dynamischen, aktuellen und forschenden Herangehensweise zu verknüpfen, um Kunst und Kommunikation weiter zu bringen.«
Was können wir in Deutschland von London lernen? Ich habe Johannes Erler gefragt, Gründer von Factor Design in Hamburg und Professor an der Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur. Er bewertet die Nachricht aus dem Royal College so: »Eine bedeutende Hochschule wirbt mit der Ernennung eines bedeutenden Designers und stellt damit einen direkten Zusammenhang zwischen fundierter Ausbildung und Relevanz von Design in unserer Zeit her!« Er wisse zwar nicht, welches Verfahren zu dieser Entscheidung geführt habe, aber allein das Ergebnis sei erfrischend konsequent und logisch. Die Meldung mache ihm Mut, aber kann sie ein Vorbild für Deutschland sein? »Ein Zeichen, ein Symbol dieser Art kann ich hier nicht erkennen. Jedenfalls erinnere ich mich nicht an eine vergleichbare Meldung. Die Auswahlverfahren bei uns sind gruselig. Und die Arbeitsbedingungen für Professoren verschlechtern sich zusehends.« (Abbildungen: Marc Eckardt, Research Studios)
Neuer Verband übernimmt ›Ohne-Gentechnik‹-Logo
Das bundesweit einheitliche Logo »Ohne Gentechnik« wird künftig von der Wirtschaft vergeben. 31 Unternehmen und Verbände der Lebensmittelindustrie gründeten heute in Berlin einen entsprechenden Verband, der die Nutzungsrechte von der Bundesregierung übernimmt. »Der Verein ist künftig für die Vergabe und die Verwaltung des Logos zuständig«, erklärte die Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Zu den Gründungsmitgliedern zählen verschiedenste Branchen der Lebensmittelkette – von Erzeugern wie der Upländer Bauernmolkerei bis zu Einzelhandelsunternehmen wie Tegut. (Quelle: agrarheute)
Im August 2009 wurde hier im Fontblog die angeblich reprofähige Vorlage des Ministeriums heftig kritisiert (»miserabel ausgeführt«; Abbildung oben). Einen Tag später lieferte Ralph du Carrois eine ordentliche Reinzeichnung für den kostenlosen Download, die auch in kleinen Größen nicht »zuläuft« (Abb. unten, verlinkt zum direkten Download).
Reprofähige Version in Farbe und schwarzweiß (PDF, 1,8 MB; Herstellung: carrois.com): auf das Logo klicken …
Wahl zum Goldenen Windbeutel 2010 ist eröffnet
Foodwatch wird dieses Jahr zum 2. Mal den »Goldenen Windbeutel« für die dreisteste Food-Werbelüge verleihen (Fontblog über die Wahl 2009 Wer verdient den Goldenen Windbeutel? und den damaligen Gewinner). Eine prominente Jury hat aus elf Produkten, die seit dem Goldenen Windbeutel 2009 auf www.abgespeist.de neu hinzugekommen sind, fünf nominiert. Nun entscheiden die Verbraucher, wer die unrühmliche Trophäe überreicht bekommt. Zur Auswahl stehen:
- Beo Heimat Apfel-Birne von Carlsberg
- Bertolli Gegrilltes Gemüse von Unilever
- Der Gelbe Zitrone-Physalis von Pfanner
- Duett Champignon Creme-Suppe von Escoffier
- Monte Drink von Zott
Weiter Informationen über die 5 Produkte und warum sie nominiert wurden auf Page online. Fast interessanter als die 5 Nominierten ist ein Blick in die komplette Liste der Lebensmittel, die so gesund sein wollen, es aber meist nicht sind. Das 3-seitige PDF (Abb. oben links) mit den 24 Produkten liegt hier zum Download bereit.
✪ Die TYPO-Tasche 2009, für 12 statt 25 €
Neu im Fontblog: der Stern der Woche, immer dienstags. Er löst das Produkt der Woche (PdW) ab. Heute ist unser ★ die TYPO-Tasche 2009. Eigentlich sind es zwei Taschen, denn im Inneren der »Space«-Tasche steckt die kleiner Krimskrams-Tasche. Wie jede unserer Konferenztaschen wurde auch diese eigens für die TYPO entworfen und angefertigt (Design: Studio Adhoc). Das heißt: Es gibt nicht viele davon. Und wer sie trägt, ist ein ★.
Die äußeren Werte: 38 x 29 cm (kleine Tasche 25 x 22 cm), Nylon, anthrazit/grau, mit abgesetzten blauen Rand und blauer Innenseite. Statt 25 € kostet die »Space«-Tasche für die kommenden sieben Tage nur 12 € (keine Versandkosten). Zur Bestellung auf www.fontblog.de …
Neuer Wettbewerb: SOTA Catalyst Award
Die Society of Typographic Aficionados (SOTA), Veranstalter der jährlichen Typografie-Konferenz TypeCon, hat einen neuen Wettbewerb ins Leben gerufen. Der Catalyst Award wendet sich an junge Designer unter 30, die Außergewöhnliches in den Bereichen Schriftentwurf, Schriftgeschichte oder anderen typografischen Gebieten geleistet haben. Der Empfänger des Cataylst-Awards erhält eine Einladung zur kommenden TypeCon nach Los Angeles (17. – 22. August 2010), wo er seine Arbeit vor einem Fachpublikum präsentieren kann. Darüber hinaus winkt ein Taschengeld zur Deckung der Reisekosten von 1500 US-Dollar.
Einsendeschluss ist der 30. April 2010, am 21. Mai wird der Gewinner bekanntgegeben. Die Einsendung (< 12 MB) an catalyst@typesociety.org sollte folgendes enthalten:
- ein PDF der Arbeit bzw. Abbildungen der Arbeit
- eine Beschreibung der Arbeit und ihrer Präsentation (max. 100 Wörter)
- eine Brief mit dem beruflichen Werdegang (max. 300 Wörter)
- Optional: Link zu einer Website mit anderen eigenen Arbeiten
Kontaktinformationen nicht vergessen.
MoMA »kauft« @-Zeichen
Wie das New Yorker Museum of Modern Art heute in seinen Hausmitteilungen Inside/Out berichtet, hat die Abteilung Architecture and Design das @-Zeichen in seine Sammlung aufgenommen. »Es ist ein bedeutsamer und ermutigender Erwerb, der uns alle stolz macht.« heißt es auf der Internetseite des Museums. Doch was bedeutet die Anschaffung eines Schriftzeichens überhaupt, sowohl konzeptionell als auch praktisch?
Das MoMA erläutert seine historische Entscheidung so: »Der Erwerb des @-Zeichens geht einen Schritt weiter als alle Akquisitionen der jüngeren Zeit. Er fußt auf der Annahme, dass der physische Besitz eines Objekts keine Voraussetzung mehr für seine Anschaffung ist. Dies ebnet uns Kuratoren einen völlig neuen Weg zum Taxieren der Welt und erlaubt uns Dinge anzuerkennen, die eigentlich ›nicht zu haben‹ sind – weil sie entweder zu groß sind (Gebäude, eine Boeing 747, Satelliten, …) oder weil sie einfach nur da sind und allen und niemandem gehören, wie das @. Solche Exponate müssen sich den gleichen Kriterien von Qualität, Relevanz und Einzigartigkeit stellen wie die übrigen Objekte der MoMA-Kollektion.«
Um zu verstehen, warum da MoMA das @-Zeichen in seine Sammlung aufgenommen hat, hilft ein Blick in die Geschichte des Symbols. Die meisten von uns kannten es als Affenschaukel, Klammeraffe oder Elefantenohr, bevor es als essenzieller Bestandteil von E-Mail-Adressen »lebensnotwendig« wurde. In dieser (neuen) Rolle trennt es den Benutzer- vom Domainname.
Es gibt mehrere Theorien über die Entstehung des @. Zwei davon sind im Mittelalter angesiedelt, wo es entweder als handschriftliche Verschmelzung (Ligatur) der Buchstaben a und d des lateinischen Wortes »ad« (deutsch »zu«, »zu etwas hin«) diente, oder aber als Abkürzungszeichen, beispielsweise nach einem Brief eines römischen Kaufmannes über Schiffsladungen als Abkürzung für das Wort »Amphore«.
Nach gängiger Typografen-Meinung ist das @ eine Ligatur, die schon zu Bleisatzzeiten in der Monotype-Bibliothek Mitte des 19. Jahrhunderts auftauchte. Seit den 1880er Jahren ist es auf englischen Schreibmaschinen nachgewiesen. Dabei handelte es sich um ein angelsächsisches kaufmännisches Wertzeichen, dessen Bedeutung aus der Preisangabe »five apples at 10 pence« = »5 apples @ 10 p« hervorging. In den deutschen Sprachraum wurde parallel dazu das französische à eingeführt, zum Beispiel für »5 Brötchen à 10 Pfennig«.
Da es zunehmend im Handel zum Einsatz kam, gelangte es sehr bald auf hiesige Schreibmaschinen und so letztlich auch auf unsere Computertastaturen. Im Englischen wird durchgängig die Aussprache »at« (wie in »I’m at home«) benutzt, und das Zeichen heißt »„commercial at«, früher »commercial a«. Im Deutschen wird das @ entweder »ät«, analog zum englischen Ausdruck, teilweise auch als »à« ausgesprochen.
Bei der Erfindung der E-Mail 1972 wurde nach einer weitgehend ungenutzten Glyphe im Zeichensatz amerikanischer Fernschreiber (ASCII) gesucht, das – zwischen Benutzer- und Rechnername gesetzt – die beiden Adressbestandteile eindeutig trennen sollte. Dabei stieß der Elektroingenieur Ray Tomlinson auf das @. Es passte auch von der Benennung her (at = bei), weil der Name vor dem @ einen Benutzer und der Rechnername (Domain) hinter dem @ den Großrechner des Betriebs oder Instituts bezeichnete, bei dem er arbeitete.
Zurück zum MoMA. Was hat das Museum nun wirklich »gekauft«, fragt es sich selbst in seiner Ankündigung. Die Antwort böte Raum für Interpretationen, heißt es. Das @ ist weder Kunst, noch ein Designobjekt, selbst seine Form ist nicht eindeutig festgelegt, wie wir als Typografen alle wissen. Seine Bedeutung liegt in der weltweiten Benutzung. Es ist immateriell und künstlich, und trotzdem verfügt es über eine allgegenwärtige Kraft. Es ist kein Kunstwerk, was man schon alleine daran sieht, das es – auch das MoMA – keinen Cent gekostet hat.
Obwohl das @ nur schwer zu greifen ist, kommt auch das bedeutende Museum nicht umhin, es zu zeigen. Auf der Website entschied man sich für ein @-Zeichen aus der Schrift ITC American Typewriter Medium (Abbildung oben), die 1974 von Joel Kaden, Tony Stan und Ed Benguiat gezeichnet wurde und der Schrift des Fernschreibers Modells Teletype 33, auf dem die erste E-Mail verfasst wurde, am nächsten kommt.