Wo ist unser IT-Administrator?
Heute Morgen lag diese Meldung auf meinem Schreibtisch: »Unlizenzierte Software: IT-Administrator zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.« Meist legt man mir Nachrichten ins Fach, die ich im Blog verbraten soll. Da es um IT geht, versuche ich mal bei Arne oder Henning nachzufragen. Beide nicht da … ich erschrecke. Wir haben dich sicher keine unlizenzierte Software im Einsatz. Unser Anwesenheitsplan gibt Entwarnung: Arne ist auf Dienstreise, Jochen im Urlaub.
Ich konnte bis eben nicht herausfinden, wer mir die Meldung hingelegt hat. Wenn die Person glaubt, ich würde jetzt hier im Fontblog schreiben, dass »Fonts auch Software« seien … vielleicht mit der Intention, einigen Lesern einen Schrecken einzujagen … dann hat sie sich aber geschnitten. Außerdem lesen IT-Administratoren keinen Fontblog.
FontFont 45: Expertenübersicht und Satzproben
Wegen der großen Beliebtheit, führe ich die Veröffentlichung unserer internen FontFont-Neuheiten-Übersicht fort. Bereits vor mehreren Wochen erschien FontFont-Release 45, der zur Hälfte aus neuen Schriften besteht sowie zur anderen Hälfte aus OpenType-Updates diverser FontFont-Klassiker.
Neu ist die lang erwartete Ergänzung zur Großfamilie FF Clan, die FF Clan Italics. Lukasz Dziedzic und die Techniker von FSI haben ganze Arbeit geleistet. Das gesamte Konvolut umfasst 36 Pakete, denn auch die Italics werden als PostScript, OpenType Std und OpenType Pro angeboten. Wer sich für maximalen Inhalt, maximale Übersicht und minimale Kosten entscheidet, greift zur FF Clan Italic Pro: das sind maximal 6 Pakete (ein Beispiel) mit insgesamt 43 kursiven Clan-Schnitten, von Compressed bis Extended, jeweils in 7 Strichstärken.
Der talentierte Warschauer Designer Lukasz Dziedzic ist gleich mit einer weiteren Neuheit vertreten, der kalligrafischen FF Pitu, die er bereits 2002 zu entwerfen begann. Vergleicht man sie mit seiner Sansserif FF Clan – einen größeren Kontrast kann man sich nicht vorstellen: Dziedzic ist ein 360°-Talent! Pitu besteht aus versalen Schwungbuchstaben, denen er kursive Gemeine hinzufügte, deren Stil zwischen einer Didone Italic und einer Copperplate Script oszilliert. Er sagt selbst über die Schrift: »Pitus klingenförmige Enden sind mit eleganten kalligrafischen Schwüngen veredelt, die bisweilen in flauschige Fuchsschwänze münden«. Das polnische Wochenmagazin »Europa« setzte Pitu als Auszeichnungsschrift ein, bevor es sich einem Redesign unterzog. Dziedzic baute die Schrift zu einer drei-schnittigen Familie aus und fügte ein komplettes Set zugerichteter Didone-Versalien hinzu sowie Kapitälchen. FF Pitu unterstützt 85 (!) Sprachen (OpenType-Pro-Version, hier im FontShop für nur 149 € alle 3 Schnitte).
Zur neuen schrift FF Nuvo von Siegfried Rückel hat FontFont-Herausgeber FSI wieder mal einen kostenlosesn Testfont freigegeben: zur Nuvo-Medium-Download-Seite. Siegfried Rückel wurde mit der geometrischen FF Alega erstmals einem größeren Anwenderkreis bekannt. Er studierte an der FH Potsdam bei Luc(as) de Groot und Lex Drewinski. Die extravagante Typografie französischer Zeitschriften inspirierten ihn zur Nuvo. Rückel wollte eine gerundete Schrift schaffen, aber mit einer neuen Formgebung. Er zeichnete die Buchstaben mit der Erkenntnis im Hinterkopf, dass das menschliche Auge aus der Entfernung die Abschlüsse der Buchstaben automatisch weichzeichnet. Erst beim näheren Betrachten offenbaren sich die soften Abschlüsse der FF Novo. Diese sorgen in groß gesetzten Überschriften für Charakter, beim Lesen klein gesetzter Texte jedoch beeinflussen sie nicht die Leserlichkeit. Die FF-Nuvo-Familie wird in 5 Strichstärken angeboten, einschließlich Italics und Kapitälchen. Auch hier wieder meine Empfehlung: OpenType-Version lizenzieren, zum Beispiel dieses Pro-Paket mit den Strichstärken Regular, Medium und Bold.
Abschließend ein Blick auf zwei FontFont-Klassiker, die jetzt im OpenType-Format lieferbar sind. Das ist zum einen die auf der Frutiger basierende FF Transit OT. Bei der neuen Version der Schriftfamilie werden die sog. Bonus-Icons nicht mehr separat geliefert, sondern sie sind in allen Schnitten standardmäßig vorhanden. Dabei handelt es sich um Etikette für Nahverkehrslinien, wie man für die gestaltung von Leitsystemen, Fahrplänen und den sog. Spinnen verwendet.
Eine neu veröffentlichte Grafik von FSI erläutert anschaulich, was es mit den verschiedenen Schnitten der FF Transit auf sich hat. Keine andere Beschilderungsschrift ist so fein angestimmt wie die von MetaDesign entwickelte Transit. Die Strichstärken wurden so entwickelt, dass sie bei jeder Transparent-Technik gleich wahr genommen werden: positiv oder negativ, Auflicht oder Rücklicht.
Seit kurzem ebenfalls im OpenType-Format lieferbar: FF Cartonnage von Yanek Iontef. Die Familie setzt sich aus einem Alphabet mit typischen Karton-Schablonenbuchstaben zusammen, rau konturiert, und einer Serie von Piktogrammen aus dem Logistik-Bereich. Ein echter Hingucker.
Neu: FF Trixie OT, von Erik van Blokland
Ich hatte es in diesem Fontblog-Beitrag schon mal angedeutet: Erik van Blokland hat seiner legendären Schreibmaschinen-Type FF Trixie mittels OpenType neues Leben eingehaucht. Die Original-Trixie erschien 1991 im PostScript-Type-1-Format und sogar – für Mac-User – mit Ton. Um damals sicher mit den zerklüfteten Buchstaben drucken zu können, war die Zahl der Stützpunkte begrenzt. Dabei enthielt Trixie Text gegenüber der Plain-Version noch mal weniger Stützpunkte, so dass auch eine vollgeschriebene DIN-A4-Seite, gesetzt aus Trixie Text, in akzeptabler Zeit aus dem Laserdrucker kam. Ihr kantiger Charme war ein technischer Kompromiss, verhinderte aber nicht den Erfolg der Schriftfamilie.
Heute gibt es diese technische Einschränkung nicht mehr, so dass Erik van Blokland seine Trixie jüngst komplett überarbeitete und mit intelligenter OpenType-Technik verknüpfte. Die neue Familie gliedert sich in drei Pakete: FF Trixie OT/Pro basiert auf den alten Konturen, ist die Brücke zur Vergangenheit und der Garant für Kontinuität und Kompatibilität (zum Beispiel beim Aktualisieren alter Dokumente bzw. Templates). FF Trixie Rough basiert ebenfalls auf den altbekannten Formen, weist jedoch ein Vielfaches an Details auf, so dass sie auch auf Plakaten und in Headlines authentisch »wie Schreibmaschine« wirkt.
Ein optischer und technischer Leckerbissen ist FF Trixie HD (eingesetzt im rechts abgebildeten Musterblatt; auf Klick auch als PDF downloadbar), die komplett neu gezeichnet ist. Auffälligstes visuelles Erkennungszeichen ist die Farbbandstruktur der Buchstaben. Das ist nicht wirklich neu … doch bei Trixie gibt es für jedes Zeichen 7 alternative Glyphen, so dass Headlines und -Texte heute noch lebendiger aussehen können als vor 17 Jahren. In Adobe InDesign werden die Alternativen automatisch über die OT-Funktion »kontextbedingte Variante« durchgespielt. Weitere zuschaltbare Effekte sind Grundlinienversatz, historische Formen sowie »Zensur«- und »Schmier«-Schnitte.
Die HD-Pro-Version bietet neben den reinen kyrillischen und griechischen Glyphen noch die Spaßvarianten Fake-Kyrillisch und Fake-Griechisch, in denen die fremdsprachigen Formen »lateinisch lesbar« eingebaut sind.
Weitere Informationen bietet das 6-seitige Trixie-OT-Musterheft (PDF, 6 S, 1 MB).
Berechtigte Abschlussfrage, angesichts der Aufmacherabbildung: Enthält FF Trixie OT ein versales Eszett? Im Prinzip ja, allerdings kam mir die Idee etwas zu spät. Die Fontdaten der doch etwas komplizierteren Schrift (ein HD-Schnitt enthält über 4.000 Zeichen und wiegt 12 – 15 MB) waren bereits seit einigen Wochen bei FSI geschnürt. Also habe ich mir mit Erik van Blokland einen Work-around ausgedacht. Die 18 Versaleszetts liefert FontShop Deutschland in einem kostenlosen Extrafont (.otf-Download). Der Font wird wie eine Symbolschrift eingesetzt, das heißt: Das Versaleszett liegt auf »fremden« Tasten, nur nicht auf der
ß-Taste. Mit den folgenden – nebeneinander liegenden – Tasten werden die Versaleszetts abgerufen:
1 und 2 = Versaleszetts zu Trixie OT/Pro Light und Heavy
3 und 4 = Versaleszetts zu Trixie Rough OT/Pro Light und Heavy
q, w, e, r, t, z, u = 7 Versaleszetts zu Trixie HD/Pro OT Light
a, s, d, f, g, h, j = 7 Versaleszetts zu Trixie HD/Pro OT Heavy
Font-Konferenz (mit Übersetzung)
Übersetzung
Times New Roman: »Willkommen zurück, Schriften. Ich sehe einige vertraute Gesichter, und einige neue. Heute sprechen wir über die Aufnahme von Zapf Dingbats.«
Arial Narrow: »Ohhah… Wingdings ist schon Schrott genug … Ich habe keinen Bock mehr auf diese Klugscheißer-Schriften.«
Times New Roman: »Sie sollten ihr Weltsicht überdenken, Arial Narrow.«
Arial Black: »Was glaubt ihr, wie der mich ständig behandelt …«
French Script: »Genau. Wir müssen unsere Kultur schützen, anstatt sie von diesen kindischen Comicschriften untergraben zu lassen.«
WeiterlesenBe Belfast, be herzlich, be besser
Während die Be-Berlin-Kampagne als Provinzposse im Sande verläuft, scheinen die Belfaster Stadtentwickler eine ähnliche Idee überzeugender umzusetzen. Und es geht immer noch mit Herz, trotz New York und Slowenien. Vielleicht hat die Londoner Agentur Lloyd Northover einfach ein bisschen länger gebrütet als die beiden Berliner Agenturen, oder ihnen wurde weniger dazwischengequatscht.
Kernelement des neuen Corporate Design von Belfast ist ein Herz, das die Form des Buchstabens B aufnimmt – klingt einfach, muss man aber erst mal drauf kommen. Gleichzeitig liest sich dieses B im Englischen wie »Be«, also auf deutsch »Sei«, und so wird es auch eingesetzt: Be part of it, be confident, be dynamic, be inspired, be optimistic und so weiter. Wie in Berlin, nur schlagkräftiger, weil man sich keinen komplizierten »Dreiklang« ausgedacht hat; auch leere Sprechblasen sucht man vergeblich in der nordirischen Hauptstadt. Dafür sind die Belfaster Markenrichtlinien (PDF) zu 100 % ausgearbeitet, schön anzusehen und haben wahrscheinlich nur einen Bruchteil der Berliner Entwicklungsetats gekostet.
Doch die Schrift: Da hat Berlin eindeutig die Nase vorn, mit einem Entwurf von Alessio Leonardi. Die Belfaster Kampagnenschrift heißt »Moment« und soll exklusiv sein – für mich ist es eine schlechte Chalet-London-Imitation (House Industries). (Via: Brand New)
PAGE sucht Verstärkung
PAGE, das Magazin für kreatives Mediendesign, sucht für den Standort Hamburg zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine/n Redakteur/in. Gabriele Günder schrieb mir eben: »Sie oder er sollte stilsicher und sowohl design- als auch technikaffin sein. Vielleicht kennst Du jemanden, der in unser Profil passt und schon immer gern für PAGE schreiben wollte.«
Leider kenne ich niemanden. Aber dafür gibt es ja das Fontblog mit vielen tausend Lesern am Tag. Ein Klick auf die nebenstehende Anzeige vergrößert diese wie von Zauberhand. Dann ist zu lesen, was zu den Aufgaben gehört:
• Recherchieren relevanter Design- und Medienthemen
• Verfassen und redigieren von Meldungen und Artikeln
• Online-Redaktion und Community-Pflege
• Crossmediale Content-Verwertung Print/Online/E-Mail
Find’ ich gut, kann ich nur empfehlen. Weitersagen!
Endlich mal ein gutes Plakat in Deutschland [Update]
Barack Obama, Berlin-Tiergarten, Siegessäule, 24. Juli 2008. PDF auf barackobama.com …
[Update] Auf dem Download-Server haben sich noch zwei verworfene Versionen des Plakats versteckt:
Neue FontShop-Drucksache FontBooklet Nr. 1
Gestern meldeten sich bereits die ersten überraschten Empfänger unseres FontBooklets Nr. 1 … warum das Heftchen noch nicht im Fontblog erwähnt hätte sei und wo man es downloaden könne. Also hole ich meine Meldung mal ganz schnell nach.
Das FontBooklet ist eine 20-seitige Broschüre, die sich unsere Kollegen bei FontShop San Francisco ausgedacht haben. Wir ließen es in Berlin nachdrucken und mit einer deutschsprachigen Einleitung versehen. Sie beschreibt den Zweck der Drucksache wie folgt: »Eine neue Schrift auszuwählen gehört zu den schönsten Aufgaben im Grafikdesign. Nur: Wie findet man die geeignete Schrift für eine Drucksache? Sicher ist das Internet ein effektives Suchwerkzeug. Allein bei der Beurteilung eines Druckergebnisses hilft es nicht weiter: Typografen wollen die Schrift ›live‹ auf Papier erleben.«
Das FontBooklet stellt eine Auswahl hochwertiger Satzschriften so dar, dass man sie beurteilen und vergleichen kann. Hierfür sind die Seiten im Innenteil horizontal perforiert. Dadurch lassen sich Schriftmuster aus unterschiedlichen Heftteilen gegenüberstellen, zum Vergleichen oder um eine Kombination zu erwägen. Gezeigt werden die Familien Arnhem, FF Clifford, Corpid, FP Dancer, Lisboa Sans, FF Maiola, ITC Mendoza, FF Meta Serif, Pragma ND, Proxima Nova, FF Quadraat, Sansa und Whitman.
Das FontBooklet Nr. 1 kann hier direkt downgeloaded werden (PDF, 20 Seiten, 5,3 MB). Wer sein gedrucktes FontBooklet aufgetrennt hat und ein zweites Exemplar wünscht, ruft einfach die 030 69596-333 an.