Fontblog Artikel im April 2008

TypograVieh lebt … die Fünfte

Das 5. Sommer-Typosium der Studierenden der Bauhaus-Universität Weimar ist »komplett«. Unter den Sprecherinnen und Sprechern: Andrea Tinnes, Tina Frank (A), Friedrich Forssman, Hubert Jocham, Lars/slanted/Harmsen, Katharina Hölzl und Johannes Bergerhausen. Also schon mal in die Kalender eintragen: Am 7. Juni großes TypograVieh-Theater im Weimarer E-Werk.


Neue Broschüren: FontFont-Designerportraits

Types & Characters 1 und 2
Mit einer neuen Serie von (PDF)-Broschüren möchte FontShop die »Stars« der FontFont-Schriftenbibliothek vorstellen. Anders als bei den seit Jahren beliebten »FontFontFocus«-Heften (zum Beispiel für die Schrift FF Fago … hier ein Beitrag plus Download-Link; siehe auch unten) stehen bei »Types & Characters« die Entwerfer der Schriften im Mittelpunkt. Die soeben erschie­nenen Ausgaben 1 und 2 widmen sich den FontFont-Designern Xavier Dupré und Martin Majoor.

Das Konzept, die Redaktion und und die Gestaltung der Hefte wurde am Fachbereich Design Informatik Medien (Studiengang Kommunikationsdesign) der Fachhochschule Wiesbaden entwi­ckelt, unter der Leitung von Prof. Christine Wagner, die einst bei der H. Berthold AG in Berlin ihr Liebe für die Schrift entdeckte. Die Broschüre über Xavier Dupré recher­chierten und gestal­teten die Studenten Florian Lübke, Kaspar Schneider und Jakob Weiß. Auf 7 Doppelseiten geben sie eine Einblick in die Arbeitsweise des fran­zö­si­schen Typedesigners und stellen seine FontFonts FF Absara Sans, FF Absara FF Angkoon, FF Jambono, FF Reminga, FF Megano, FF Tartine Script, FF Parango und FF Sanuk vor.

Autorin und Gestalterin der zweiten Broschüre (Martin Majoor) ist Nina Völlink. Sie führte ein großes Interview mit dem lang­jäh­rigen FontFont-Designer, der mit den Schriften FF Scala, FF Scala Sans, FF Seria, FF Seria Sans, FF Nexus Serif, FF Nexus Sans und FF Nexus Mix Typografie-Geschichte schrieb.

Hier geht es zu den Downloads:
Types & Characters, Xavier Dupré (PDF, 2C, 16 S., 2,4 MB)
Types & Characters, Martin Majoor (PDF, 2C, 20 S., 3,8 MB)

In dem Zusammenhang erin­nern wir daran, dass es zu zwei Schriften der beiden FontFont-Schriftentwerfer ausführ­liche Focus-Broschüren gibt, nämlich zu Absara und zu Nexus:

FontFontFocus FF Absara (PDF, 2C, 24 S., 4,7 MB)
FontFontFocus FF Nexus (PDF, 2C, 28 S., 5 MB)


Typografen feiern das Versal-Eszett

Am Rande der 14. Typotage wurde am Wochenende im Leipziger Ratskeller die Aufnahme des Versal-Exzett in den Unicode-Zeichenvorrat gefeiert (Fotos von Ralf Herrmann). Die Fachzeitschrift Signa hat zu diesem Thema aktu­elle Texte und Dokumente in einer Sonderausgabe veröf­fent­licht. Die German Type Foundry legt zur Erinnerung an den großen Tag eine Pin-Edition auf, geprägt, mit Emaillefarben ausge­legt und mit Schutzlack über­zogen: Sie zeigen das versale Eszett der Toshna von Andreas Seidel, darunter der offi­zi­elle Unicode 1E9E.


Girocard ersetzt EC-Karte; neues Logo

Seit Mitte April heißen neu ausge­ge­bene EC-Karten »Girocard«. Sie ersetzen bald die in Deutschland beliebte, im Ausland jedoch nutz­lose EC-Karte. Das Kürzel »EC« hatte in den letzten Jahren bereits einen Bedeutungswandel erfahren: Es steht für »elec­tronic cash«, bedeu­tete ursprüng­lich jedoch »Eurocheque«; den gibt es schon länger nicht mehr. Bis zum Jahresende sollen knapp 600.000 elek­tro­ni­schen Kassen sowie 53.000 Geldautomaten in Deutschland mit dem neuen Logo ausge­stattet sein.

Ein Ziel des refor­mierten Kartensystems ist es, mit neuem Namen und Logo eine euro­päi­sche Alternative zum welt­weiten Akzeptanzzeichen Maestro aufzu­bauen, das zum US-Kreditkartenkonzern Mastercard gehört. Mit der Girocard sollen deut­sche Karteninhaber bald schon in Österreich, Italien, Spanien, Portugal und Großbritannien bargeldlos bezahlen können.

Mehr Informationen beim Zentralen Kreditausschuss ZKA …


Peter Saville: »Entschuldigung, ich kann so nicht arbeiten.«

Vor 30 Jahren gestal­tete Peter Saville sein erstes Plakat für einen Clubabend. Heute gehört der briti­sche Grafikdesigner zu den Leitfiguren der Branche. Als Mitbegründer von Factory-Records verlieh Saville der Post-Punk-Szene einen kühle Identity. Das Kunstmagazin art traf Saville in Berlin und sprach mit ihm über Freiheit im Design und die Ästhetik des Zufalls. Die art-Redaktion lädt die Fontblog-Leser im Rahmen der neuen Serie Designdiskurs exklusiv dazu ein, Savilles Thesen hier zu disku­tieren. Danke an Alain Bieber, art, Hamburg.

Peter Saville in seinem Büro (Abb. aus Peter Saville: Estate, jrp|ringier, Zürich, 2008)

Über den Beginn seiner Karriere beim Musik-Label Factory erin­nert sich Peter Saville:
»Ich machte das, was mir gefiel.« worauf art provo­kativ nach­fragt, ob ihn diese Freiheit für den Rest seiner Karriere verdorben habe. »Ja, in der Tat. Ich war genug Grafikdesigner, um zu wissen, dass all dies nichts mit herkömm­li­chem Kommunikationsdesign zu tun hatte. Kommunikationsdesign richtet sich an andere und ist für andere gemacht. Das Wort exis­tiert über­haupt nicht, bis jemand ein Problem hat, und mögli­cher­weise ein Publikum. Aber zunächst muss man ein Problem haben. Wenn man Grafikdesignern sagt: ›Mach was Du willst‹, tendieren sie dazu, Kalender oder Alphabete zu produ­zieren. Die wissen einfach nicht, was Sie tun sollen, wenn man ihnen keine Botschaft gibt.«

Demnach sei, so art, das Ende von Factory Anfang der 90er auch das Ende von Savilles selbst­be­stimmten Arbeitsweise. »Im Prinzip ja …«, doch der Stardesigner schränkt ein: »Die Möglichkeit des freien Ausdrucks im Kommunikationsdesign ist möglich, wenn der Auftraggeber und man selbst auf derselben Wellenlänge sind. … Ein Projekt, dass ich mit dem Modemacher Yohji Yamamoto 1991 verwirk­lichte, fühlte sich sehr viel ange­mes­sener an als das meiste, was ich zu dieser Zeit noch machte. Da ging es um Konsum und Kommodifizierung – der Titel war ›Game over‹. …

Anfang der Neunziger hatte Yamamoto einen nicht­ma­te­ria­lis­ti­schen Ansatz. Er stellte ganz demons­trativ klar: Ich habe genug, ich glaube nicht mehr an diesen Warenkult. Er entwarf eine ganze Kollektion aus Holz! Man konnte das nicht tragen. Das war ein bewusstes Statement: Du kannst es nicht tragen, also kauf es nicht. Wir rauschten direkt in eine Rezession, genau so wie heute wieder. Dieser ganze Achtziger-Design-Exzess war vorbei und sah einfach nur noch lächer­lich aus. Lustigerweise waren diese Holz-Kleider sehr beliebt bei Architekten. Die kauften diese Sachen und hängten sie in ihre Studios.«

Letzte Frage: Wie wichtig sind Ihnen Zufälle in ihrer Praxis? »Die Möglichkeit, zu spielen und zu expe­ri­men­tieren, auch, dass Sachen schief­gehen, ist wirk­lich wichtig. Aber im profes­sio­nellen Bereich passiert das nicht sehr oft. Die absolut scho­ckie­rendste Einsicht, die ich im Bereich der kommer­zi­ellen Werbefotografie machte, war folgende: Die Agentur präsen­tiert dem Kunden eine Lösung als Visual, und das ist exakt das, was dann foto­gra­fiert werden muss.

Während des Shootings passieren oft groß­ar­tige Dinge, Zufälle, manches funk­tio­niert nicht, anderes wiederum ganz gut – die Sache verän­dert sich also. Aber das kann die Agentur dem Kunden nicht zeigen. Wenn man fragt, warum es nicht geht, lautet die Antwort: Letzte Woche haben wir dem Kunden dieses Bild als Lösung zum Problem präsen­tiert. Wenn wir nun etwas Neues präsen­tieren, verwirren wir nur den Kunden. Wir müssen bei der ersten Lösung bleiben.

Entschuldigung, aber ich kann so nicht arbeiten. Ich dachte immer, Professionalismus bedeutet, dass man die Sachen beson­ders gut macht. Doch das stimmt über­haupt nicht. Professionalismus bedeutet, eine Aufgabe kommer­ziell und effektiv zu erle­digen. Aber inter­es­sant ist das nicht.«


Stiftung Warentest mit neuem Corporate Design

Links alt, rechts neu: Die Markenstruktur der Stiftung Warentest

Angeschnittene t, frische Farben … das ist die Zauberformel, mit der sich die Stiftung Warentest in Berlin unver­wech­selbar machen möchte. Seit gestern hat das Institut das Erscheinungsbild aller Produkte deut­lich verein­heit­licht. Auf der Zeitschrift »test« erscheint das neue Logo in bewährtem Rot, auf dem Schwesterblatt »Finanztest« demnächst in Blau. Auch die Ratgeber und Bücher wird das Logo künftig zieren. Entwickelt wurde der Auftritt mit der Münchener Markenagentur KMS Team.

Damit sind erst­mals alle Angebote der Stiftung Warentest auf glei­cher visu­eller Linie. Das gilt auch für die komplett über­ar­bei­tete Webseite. Als neues Tool steht dort ein Produktfinder im Mittelpunkt, über den man für seine Bedürfnisse passende Produkte finden kann. Auch die Werbung mit den Testergebnissen der Stiftung, die Millionen Verbraucher von den Packungen vieler Waren des tägli­chen Lebens kennen, soll möglichst schnell die neue Gestaltung über­nehmen. Hierfür stellen die Berliner Vorlagen im neuen Design zur Verfügung.

Hauptgrund für das Redesign war ein hoher Bekanntheitsgrad der Stiftung, die aber von vielen Menschen nicht mit den Zeitschriften in Verbindung gebracht wurde. Im Laufe seiner 44-jährigen Geschichte hat das Unternehmen immer wieder neue Produkte auf den Markt gebracht, die unter­schied­lich aussahen. 94 Prozent der Bundesbürger kennen daher zwar die Stiftung Warentest, doch nur jeder Dritte ordne ihr zum Beispiel die Zeitschrift »Finanztest« zu.


Designdiskurs … in letzter Minute

Ihr Lieben. Das war knapp. Bis eben saß ich noch ohne Streitstoff vor meinem Bildschirm. Nun habe ich zwei Beiträge für zwei Freitäge. Morgen wird an dieser Stelle Peter Saville zu Wort kommen und seine aktu­elle Sicht der Designwelt präsen­tieren. Für kommenden Freitag hat Markus Goldammer schon eine typo­gra­fi­sche Lunte bei der welt­weit größten Fleischklopsbräterei gezündet. So kann es weiter gehen: Ein bis zwei Essays auf Vorrat … schonen meine Nerven. Freitag bleibt Streittag.


Medien-Design an der FH Braunschweig/Wolfenbüttel

Die Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel bietet mit dem 6-semes­trigen Bachelor-Studiengang Medien-Design einen hoch­wer­tigen, inno­va­tiven und betreuten Studiengang an, der sich an alle richtet, die Interesse haben, Medien verstehen, gestalten und produ­zieren zu lernen. Leitidee ist dabei, eine wissen­schaft­liche Hochschulausbildung mit Praxiswissen zu vereinen. Den Studierenden werden umfas­sende Grund- und Fachkenntnisse über die Neuen Medien sowie bran­chen­spe­zi­fi­sche Anwendungen vermit­telt. Einsatzbereiche sind in Medien-, Werbe- und Kreativagenturen möglich sowie in Verlagen oder im PR-Bereich. Kontakt:  0531 2852-1320, studienberatung@fh-wolfenbuettel.de