Hessenwahl: Die neuen Plakate hängen
Nach den missverständlichen Feiertagsgrüßen hängen seit gestern Köpfe und Botschaften in Hessens Straßen. Gewohnt austauschbar und flach bei den traditionellen Parteien. Allein die Grünen beziehen nachvollziehbar Stellung und gehen auf das Geschehene ein. In meinen Augen ist Tarek Al-Wazir der glaubhafteste der vier Spitzenkandidaten. Mit seinen Kommentaren während des wochenlangen Ypsilati-Schlingerkurses sprach er vielen Bürgern aus der Seele.
Nur heute: kostenloses Stromberg-Special
Langjährige Fontblog-Leser ahnen es: Als Stromberg-Fan kann ich dieses kleine Geheimnis nicht für mich behalten. Der Apple-Händler Gravis feiert irgend etwas … jeden Tag kommt eine Mail mit einem kostenlos-Download-Link zum iTunes-Store. »Nur heute gibt eine exklusive, bislang unveröffentlichte Folge der Serie bei iTunes gratis. Szenen aus allen drei bei iTunes erhältlichen Staffeln wurden zu einer neuen Geschichte verstrickt – um eine weitere Facette dieses etwas anderen TV-Helden aufzuzeigen.« Dies sollte der richtige Link zum Stromberg-Themen-Special sein … Wenn’s nicht klappt, hier noch mal probieren …
Die (Ver-)Fangfrage der Hessen-SPD
Roland Koch ist der unverfrorenste Taktiker unter den deutschen Spitzenpolitikern. Nur er schafft es im Wahlkampf binnen weniger Monate eine 180°-Wende hinzulegen. In dieser Saison war das der Schwenk vom Agitator zum Schmusekätzchen. Wenigstens hat er die Fehler des letzten Wahlkampfs öffentlich einzugestehen und bedauert.
Dies ist der hessischen SPD nicht gelungen, ganz im Gegenteil: Sie verbiss sich in ihre Fehler. Nun ist die Partei derart gelähmt, dass ihr nichts anderes einfällt, als die doofe Frage: »Wirklich wieder Koch?«. Misslungene Politplakatkommunikation wie aus dem Bilderbuch: Erst eine Fangfrage stellen und dann noch Platz lassen für die nahe liegende Antwort.
Die FDP scheint in Urlaub. Sie schickt eine winterlichte Ansichtskarte. »Alles Gute« liest sich wie »Alles wird gut«. Ist der Fatalismus der SPD etwa ansteckend?
Weihnachtsmann vs. Nikolaus
Ich habe den Nikolaus gesehen. Gestern, im KaDeWe (Foto). Es war eine beeindruckende Begegnung, denn seit meiner Kindheit ist mir kein Niklaus mehr über den Weg gelaufen. Er trug ein festliches Gewand, wallende Haare, einen echten Bart, siberfarbene Lederstiefel und eine Zaubereule auf seiner Pelzmütze.
Der Nikolaus stirbt aus, gerade in den Einkaufswelt. An seiner Stelle ist eine Witzfigur getreten, mit langem Wattebart, roter Kutte, Geschenkesack und Rute: der Weihnachtsmann. Er ist eine Entwicklung von Coca Cola und wahrscheinlich der erfolgreichste Marketing-Coup des letzten Jahrhunderts, »eine Symbolfigur des weihnachtlichen Schenkens« schreibt Wikipedia ganz richtig. Mit dem Nikolaus hat er nichts zu tun.
Der echte Nikolaus von Myra war ein Bischof im 4. Jahrhundert. Unter anderem wird er als Schutzpatron der Kinder verehrt. Ihm zu Ehren wurden schon im Mittelalter Kinder an seinem Namenstag beschenkt, dem 6. Dezember. Dieses Datum war früher auch der eigentliche Bescherungstag, der erst im Laufe der Reformation und deren Ablehnung der Heiligenverehrung in vielen Ländern auf den 24. bzw. 25. Dezember rückte. Martin Luther ersetzte den Nikolaus durch den »Heiligen Christ«, aus dem über die Jahre das engelartige Christkind wurde. Vor allem in Süddeutschland schreiben Kinder vor Weihnachten dem Christkind einen Brief mit ihren Wünschen.
Fontblog zwitschert jetzt regelmäßig
Seit fast 2 Jahren »twittert« Fontblog in großen Abständen, nicht der Rede wert. Das ändert sich mit dem heutigen Tage. Warum? Ein Frage- und Antwortspiel:
Was ist Twitter?
Twitter ist ein soziales Netzwerk und ein Mikro-Blogging-Dienst. Angemeldete Benutzer können Nachrichten (»Updates« oder »Tweets« ) mit maximal 140 Zeichen senden und die Nachrichten anderer Benutzer empfangen.
Was ist daran sozial?
Das soziale Netzwerk basiert darauf, dass man »Freunden« folgt, also ihre Updates abonniert. Benutzer, die den eigenen Updates folgen, nennt man »Follower«. Auf der Twitter-Startseite kann man die Updates seiner Freunde chronologisch sortiert sehen und eigene Updates eingeben.
Was unterscheidet twittern vom bloggen?
Die Beschränkung der Nachrichten auf einen kurzen Text (mit maximal einem Link), ohne Bild. Der Dialog im Netz ist schneller und mobiler als Bloggen (Handy, iPhone, …). Das Twittern geschieht auf Augenhöhe, es gibt kein oben und kein unten, keine Trennung zwischen veröffentlichen und kommentieren. Jeder Twitterer bloggt auch.
Warum twittern und bloggen gleichzeitig?
Während das Bloggen ein Veröffentlichen ausführlicher Meinung und Kommentare ist, spiegelt der Twitter-Dialog das Verfassen von Gedanken wider. Fontblog wird über Twitter Beiträge ankündigen, singuläre Gedanken veröffentlichen und Momentanzustände schildern. Im Gegenzug greift Fontblog über Twitter die Ideen Gleichgesinnter auf, um sie für das Schreiben im Fontblog zu nutzen.
Wie soll ich die ganzen Informationen verarbeiten?
Das verfolgen von Fontblog und Twitter kann mit denselben Tools geschehen. Wer einen RSS-Reader benutzt, kann die Fontblog-Twitter-Updates mit diesem abonnieren (http://twitter.com/statuses/user_timeline/665503.rss). Twitter macht aber mehr Spaß, wenn man selbst unter twitter.com mitmacht.
Was soll ich jetzt tun?
Auf twitter.com gehen, einen kostenlosen Account anlegen und Fontblog »verfolgen«. Parallel dazu erfährst Du, wem Fontblog selbst folgt … das kann eine Anregung für Dich sein, auch diese Nachrichten zu empfangen. Über die Twitter-Suche und die Freunde anderer lädt man sich so nach einem ganz legalen Schneeballprinzip die Gäste seiner eigene Party ein.
Warum (erst) jetzt?
Weil die Zeit zwischen den Jahren die beste ist für neue Ideen und Vorsätze.
Ist Mister K die neue Zapfino?
Diese Frage ist mindestens so sinnvoll (oder dämlich) wie: Ist Duffy die neue Amy Winehouse? Jeder sieht den Unterschied, jeder hört ihn … warum also diese Vergleiche? Ganz einfach: Weil man nichts dagegen tun kann. Unser Gedächtnis, unsere Wahrnehmung ticken so. Die Experten nennen das »Lernen am Modell« oder »Beobachtungslernen«. Alles Neue, was der Mensch erkennt, versucht er in die vorhandenen Regale des Gelernten abzulegen. Und so erging es mir, als ich die Weihnachtskarten von FSI und FontShop sah.
Jeder sieht, dass FF Mister K eine ungekünstelte Schreibschrift ist, während Zapfino als kunstvolle Federschrift angelegt ist. Zu Recht enthält ihr Name das italienische Wort für »fein«, die feine Federschrift von Hermann Zapf. Formal gibt es kaum Gemeinsamkeiten zwischen beiden, außer dass es verbundene Schreibschriften sind, die ein handgefertigtes Vorbild in guter Qualität digital simulieren.
Warum gibt es überhaupt digitalisierte Schreibschriften? Zwei Gründe: Erstens hat nicht jeder eine schöne Handschrift und zweitens fehlt vielen die Gerätschaft bzw. das Know-how (ganz sicher auch die Zeit), um die eigene Schrift zu scannen und so digital aufzubereiten, dass sie mit der gleichen Flexibilität in Photoshop weiter verarbeitet bzw. korrigiert werden kann wie andere grafische Elemente. Stichwörter: verlustfrei skalierbar, positiv, negativ, farbig u. ä.
Zapfino feiert in diesen Tagen ihren 10. Geburtstag. Ihrem Durchbruch verhalf die Tatsache, dass sie 2000 von Apple in die Grundausstattung des neuen Mac OS X aufgenommen wurde. Aufgrund ihrer Ausschmückung mit bis zu 8 Varianten pro Buchstaben und einer Ligaturautomatik konnten Apple-Vorführer auf Betriebssystemebene demonstrieren, wohin die Zukunft des digitalen Schriftsatzes gehen wird – lange bevor OpenType auf den Computern der Designern lief: automatische Buchstabenverbindungen, ja das Wort »Zapfino« verwandelte sich sogar in einen geschlossenen Schriftzug, sobald man das letzte o getippt hatte.
Trotz der neuen technischen Möglichkeiten sehen in den darauf folgenden Jahren aus Zapfino gesetzte Grußkarten, Weinetikette oder Logos seltsam einfallslos und mechanisch aus. Der Grund liegt in der etwas aufwändigeren Bedienung der Schrift (man könnte auch sagen an der Faulheit der Benutzer). Ihre wahre Größe entfaltet Zapfino erst, wenn man sich manuell aus den Glyphenvarianten bedient, 8 unter OS X und 10 bei der Zapfino OpenType. Tatsächlich stecken im Zapfinozeichensatz mehrere tausend Glyphen, die entdeckt und kombiniert werden wollen. Wer seinen Gruß einfach so in den Computer tippt, nutzt weniger als 5 % der Schrift. Und genau das ist der Grund dafür, warum sich inzwischen viele Typografinnen und Typografen an der Schrift satt gesehen haben.
FF Mister K arbeitet mit der gleichen Technik wie Zapfino, die sie aber auf andere Art nutzt. Ihre Stärke sind Hunderte bedingter Ligaturen. Dir Schrift ist vollgepackt mit fest verknüpften 2er-, 3er- und 4er-Buchstabenverbindungen. Dazu gibt es nur 1 (!) Set mit Glyphenvarianten, die man konsultiert, falls die Automatik hier und da mal ein unbefriedigendes Ergebnis liefert. Für Schwungbuchstaben steht ein zweiter Zeichensatz zur Verfügunge, der On-stage heißt. Ergebnis: FF Mister K liefert ganz automatisch ein abwechslungsreichen Schriftbild, das nur an wenigen Stellen korrigiert werden muss.
Julia Sysmäläinen, die Designerin von Mister K, war es, die auf diese Organisation ihrer Schrift bestand. Und die FontFont-Techniker bei FSI haben ihre Wünsche vorbildlich umgesetzt. Julia ist keine hauptberufliche Schriftentwerferin, sondern arbeitet als Kommunikationsdesignerin bei EdenSpiekermann. Daher kennt sie das Verhalten von Schriften und was sie dabei stört aus alltäglicher Erfahrung.
Wenn es also zwischen Mister K und Zapfino formal kaum Ähnlichkeiten gibt, wenn sie sich zudem – bei gleicher Technik (OpenType-Programmierung) – unterschiedlich benehmen … warum soll dann Mister K die neue Zapfino sein. Ich glaube, wir werden ihr bald in vielen Anwendungen begegnen, wo Zapfino bisher die falsche Wahl war. Oder wo Zapfino einfach nur lieblos angewendet wurde. Der Hauptgrund für die Benutzung beider Schriften ist nazu identisch: Designer wünschen sich eine persönlich anmutende, verbundene Schreibschrift, die nicht nach Computer aussieht. Aus technischen Gründen könnte FF Mister K hier zu schnelleren Erfolgserlebnissen führen.
Unsere Weihnachtskarten
Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussehen mag: Die Weihnachtskarten von FSI FontShop International und der FontShop AG entstanden unabhängig voneinander. Verantwortlich für die Produktion waren bei FSI Ivo Gabrowitsch und bei FontShop Claudia Guminski.
Die FSI-Karte ist eine In-House-Produktion. Ivo startete eine firmeninterne Umfrage und stellte die einfache Frage »Was verbindest Du mit Weihnachten«. Zu den Antworten ließ er den aktuellen Praktikanten Frank Grießhammer Illustrationen anfertigen, scannen und bearbeiten. Daraus baute Frank dann die Innenseite der Faltkarte. Als Schriften wählten beide FF Mister K (Design: Julia Sysmäläinen) und FF Chambers Sans (Design: Verena Gerlach).
Außenseite vorne der FSI-Weihnachtskarte (klicken um die Innendoppelseite zu sehen)
Die FontShop-Deutschland-Karte entstand extern, mit Hilfe des Designbüros Stereobloc. Sie wurde von Nicole Liekenbröcker entworfen. Für die Vorderseite verwendete sie digitalisierten Weihnachtszierrat aus antiken Büchern. Die Rückseite enthält den Gruß und Platz für persönliche Zusätze der FontShop-Mitarbeiter. Als Schrift wählten Claudia und Nicole FF Mister K und FF Netto (Logo).
Vorderseite der FontShop-Weihnachtskarte (klicken um die Rückseite zu sehen)
Als ich dann letzte Woche beide Karten auf meinen Schreibtisch legte, musste ich nicht nur zugeben, dass beide Karten die Spielregeln vom letzten Jahr perfekt einhielten (Die 10 peinlichsten Weihnachtsgrußfehler – man beachte Fehler 08) … sie boten auch ausreichend ästhetischen Mehrwert. Dabei punktet die FSI-Karte mit einem Schuß mehr Individualität und 100 % mehr Fläche.
Warum ich das schreibe? Es ist meine Vorbereitung für einen Beitrag über FF Mister K und Zapfino.
Zwei freche Weihnachtssongs
Jedes Jahr vor Weihnachten erweitere ich mein Christmas-Pop-Archiv, das zur Zeit 644 Titel enthält. In diesem Jahr kamen 46 neue hinzu, die meisten davon werden nie den Radioäther erreichen. Zwei Songs verdienen eine besondere Erwähnung.
Da wäre zum einen Another Christmas Song, von Stephen Colbert aus seinem Mix-Album »A Colbert Christmas – The Greatest Gift of All!«. Stephen Colbert ist ein US-Komödiant, bekannt für seine Auftritte in der »Daily Show« sowie seit 2005 als Moderator der Sendung »The Colbert Report«. In der ersten Sendung prägte er das Wort »Truthiness« für eine Wahrheit, die nicht mit dem Kopf, sondern mit Herz oder Bauch empfunden wird. Truthiness wurde 2006 von der American Dialect Society zum Wort des Jahres gewählt. Ein weiteres beliebtes Colbert-Zitat lautet: »Ich glaube nicht an die Realität. Sie ist ja bekannt für ihre …