Fontblog Artikel im September 2006

Grüße von der ATypI, Lissabon

Obdachloser in Lissabon

Am Rande der ATypI in Lissabon fiel mir auf, dass zwei Obdachlose in der Stadt nicht mit hand­ge­schrie­benen Pappen um eine Spende bitten, sondern mit Neon-Schriftzügen auf Pappen.

Mehr Fotos von Teilnehmern der ATypI in der Flickr-Gruppe AtypI Lisbon 2006.


Wird Kyrillisch eine aussterbende Schrift?

Wenn Bulgarien in drei Monaten Mitglied der Europäischen Union wird, was die Europäische Kommission kommende Woche empfiehlt, gehört erst­mals eine kyril­lisch geschrie­bene Sprache zu den offi­zi­elle EU-Sprachen. Bulgarien feiert sogar einen Tag der kyril­li­schen Schrift (24. Mai) als offi­zi­ellen Feiertag, an dem am Denkmal für Kyrill und Method vor der Bulgarischen Nationalbibliothek Blumen nieder­ge­legt werden (Abbildung).

Ein Artikel im aktu­ellen Economist-Magazin vertritt die Ansicht, dass die kyril­li­sche Schrift in den kommenden Jahren stark an Bedeutung verlieren wird. Auch in Bulgarien ist die kyril­li­sche Schrift eigent­lich auf dem Rückzug (daher der Feiertag?), seitdem sie einst von den Sowiets verordnet wurde: man bedient sich längst einer Transliteration, alo einer latei­ni­schen Umschreibung. Als erstes schaffte Moldawien die Schrift ab, danach Aserbaidschan.

In Zentralasien wird Kyrillisch wohl über­leben, obwohl Usbekistan eigent­lich wech­seln möchte. In Montenegro, Europas jüngster Zuwachs seit der Trennung von Serbien diesen Sommer, gewinnt das latei­ni­sche Alphabet an Popularität, obwohl beide Staaten den glei­chen Status behalten sollen.

Schriften funk­tio­nieren am besten mit den Sprachen, für die sie entwi­ckelt wurden. In »fremden Territorien« verur­sa­chen sie eine Bündelung von Konsonanten, Vokalen oder Akzentbuchstaben. Slawische Sprachen, die latei­ni­sche Buchstaben verwenden, reiben sich an den sch- oder ch-Lauten, die im Kyrillischen mit einem Zeichen geschrieben werden, mit latei­ni­schen Zeichen aber je nach Laune sz, cz, ci, si, š, ś oder ć geschrieben werden, wie in dem polni­schen Wort szczęś­liwy, das »glück­lich« bedeutet (wenn Ihr jetzt ?s und Äs seht, so liegt das nicht an einer billigen Schrift, die ihr oder ich einsetze, sondern daran, dass die per CSS empfoh­lene Schriftart Georgia die von mir verwen­deten osteu­ro­päi­schen Akzentbuchstaben nicht enthält).

Burgarische Transliterationen sind teils chao­tisch. Nikolay Vassilev, der das als Minister Minister für Wirtschaft und Energie regeln soll, führt als Beispiel die Stadt Панагюрище an, die auf nicht weniger als 7 Arten trans­li­te­riert werden kann. Das aktu­ellste System schlägt Panagyurishte vor. Es bleibt span­nend für Sprachforscher und Schriftentwerfer.


Es geht nicht um teuer oder billig

Diese Diskussion führe ich gerne. Die Kommentare zu meinem Beitrag »PAGE-Leser aufge­passt: billige Schriften« konzen­trierten sich bald um das Thema: Wieviel dürfen Schriften kosten. Das ist in meinen Augen die unwich­ti­gere Baustelle. Niemand geht in ein Autohaus und beschwert sich über die Preise von Automobile. Da gibt es auch nicht viel zu disku­tieren. Verkaufspreise ergeben sich in der Wirtschaft aus 

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Die neue Hausschrift von BBC One


Am Samstag, dem 7. Oktober, feiert beim briti­schen TV-Sender BBC One eine neue Exklusivschrift Premiere, die Bestandteil eines umfas­senden Redesigns sein wird. Sie wurde von Jason Smith (Fontsmith) entworfen. Ein enges Briefing bot ihm nur wenig Freiheitsgrade: »BBC One ist ur-britisch und die TV-Heimat vieler Engländer, vom Vorschulkind bis zu den Senioren und allen Generationen dazwi­schen. … Die neue Schrift sollte einzig­artig sein, und dabei sowohl beim breit­ge­fä­cherten Publikum ankommen als auch das tradi­tio­nelle Image von BBC One berücksichtigen.«

Jason Smith arbei­tete sehr eng mit der Design-Agentur Red Bee Media und deren Art-Director Grant Gilbert zusammen, mit dem er schon Channel 4/More4 visuell neu aufstellte.

Ausgangspunkt für die neue Schrift war das Wörtchen »one« in Kleinbuchstaben. Danach spielte man mit Strichstärken und Stilen, um die Submarken zu entwi­ckeln: BBC One Northern Ireland, BBC One North West und BBC One Scotland. Am Ende entstand ein komplettes Alphabet, eine frische, klas­sisch propor­tio­nierte Sans-Serif mit einem kleinen Schuss Geometrie.


L’art pour l’art oder: unsinnige Werbe-Awards

Das ist doch frus­trie­rend: 150 Arbeiten wurden zum München Airport Award 2006 einge­reicht, 22 davon schafften es in die Shortlist, wovon nur 8 geschal­tetet wurden, das heißt 14 entstanden fürs Poesie-Album.

Noch frus­trie­render: die besten Ideen findet man in der Kategorie »Selbstbeschäftigung«, wie zum Beispiel meinen Favoriten oben im Bild, die BMW-Anzeige »Richtig viel Platz« von 141 world­wide. Auch in diesem Fall gilt wahr­schein­lich: BMW braucht gar keine Werbung für große Kofferräume, und schon gar nicht von 141 world­wide. Warum also der ganze Zauber? Um zu zeigen, was man kann? Um die offi­zi­elle Werbung als einfallslos zu entlarven? Versteckte Bewerbung?

Weitere Motive des Flufhafen-Werbe-Festivals gibt es auf dieser Internet-Seite von W&V, auf der ich auch gerne abge­stimmt hätte, wenn sich keine unak­zep­ta­blen AGBs dahinter verbergen würden … noch so eine Unart … selber schuld.


Neue Plattform für Sign-Maker

Über dieses Forum muss ich schon alleine deshalb berichten, weil das Logo von unserem Freund Robert M. Schöne gestaltet wurde. SignForm24 wendet sich an profes­sio­nelle Anwender aus der Werbeszene, die praxis­ori­en­tierte News, Anregungen und Hilfestellung suchen. Die Plattform bietet ein Forum, Newsseite, Weblog, Chat und eine Galerie mit Abbildungen von vorbild­li­chen bis miss­ra­tenen Werbemaßnahmen im öffent­li­chen Raum.

Der Betreiber Jens Fassmann lädt alle Lieferanten und Dienstleister ein, ihn ab sofort mit Pressemitteilungen und Informationen zu versorgen, die er umge­hend an seine Lesergemeinde weiter leiten wird. Jens … auch FontShop wird Dich in seinen Werbeverteiler aufnehmen.


Friedensansichten … ein Wettbewerb

Ausschreibung vergrößern

Wie sehen Vorstellungen, Darstellungen, Bilder und Zeichen aus, die Friedensansichten Kraft geben? Wie können Bildproduzenten verschie­dener Disziplinen – Design, Medien, Kunst, Wissenschaft … – ihre Ausdrucks- und Wirkungskraft aufwenden, um die poli­ti­sche und gesell­schaft­liche Sprengkraft von Friedensansichten zu entfalten?

Solche Fragen möchte das Institut für Designforschung der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich mit dem Wettbewerb »Macht Bilder!« beant­worten. Die Initiatoren Ruedi Baur, Clemens Bellut, Vera Kockot, Karin Prätorius und Chris Steurer rufen dazu auf, bis 15. November 2006 die persön­li­chen Friedensansichten bild­ne­risch umzu­setzen und einzureichen.


PAGE-Leser aufgepasst (2): Klasse-Fonts

Unsere Freunde von OurType lassen es in der aktu­ellen PAGE 11/2006 richtig krachen: 8 Seiten Werbung für eine der besten Schriftbibliotheken am Markt (auch Erik Spiekermann ist Fan und Benutzer von Arnhem). Im Rausch der Buchstaben ist fast in Vergessenheit geraten, dass FontShop in Deutschland exklu­siver Partner vou OurType ist. Hier die Übersicht der zur Zeit über FontShop down­load­baren OurType-Einzelschnitte und -Pakete (natür­lich zu glei­chen Preisen wie bei OurType direkt). Also: hier verzau­bern lassen (Flash total) … hier zu Fuß shoppen. … und hier sich bedienen lassen.