Warum soll ;-) keine Marke sein dürfen?
Spiegel Online regt sich darüber auf, dass sich ein Russe das Emoticon ;-) als Marke hat schützen lassen. Ja warum denn nicht? Man kann sich doch auch ein VW, ein AEG und ein O₂ als Marke schützen lassen. Eine Buchstabenkombination als Marke zu registrieren ist weltweit Usus. Niemand beansprucht damit ein Zeichen für sich alleine, niemand kann ein Zeichen aus dem Alphabet wegkaufen. Auch kein Emoticon.
25 Kommentare
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<em>kursiv</em> <strong>fett</strong> <blockquote>Zitat</blockquote>
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Jan M.
Manche machen Ähnliches auch mit Farben
T…
Christian Büning
;-)
stefano picco
:-) ist sowieso viel freundlicher und nicht so zwielichtig ;D
Claudio
Weiter unten im SPON-Artikel liest man:
»Erfunden wurde der Seitwärts-Smiley vor mehr als 30 Jahren (…) 1982«
Der gewohnte Qualitätsjournalismus bei Netzwelt …
Jürgen Huber
Das hast Du natürlich wieder schön polarisierend formuliert, Jürgen, aber ich nehme die Provokation gerne an und sage: das sehe ich nicht so! Betrachtet man das rücksichtslose Vorgehen der Telekom gegen Firmen mit T-Logo (z. B. http://www.rbb-online.de/_/kontraste/beitrag_jsp/key=rbb_beitrag_1173412.html) oder teilt man die Verwunderung einer Grafik-Designerin, die sich kürzlich mit der Tatsache konfrontiert sah, dass Labyrinthe offensichtlich von einem zeitgenössischen Designer gebunkert sind, dann darf man sich schon fragen, wem nun all die hübschen Dinge im Universum des Grafik-Designs eigentlich gehören?
Und der Fall Telekom hat leider gezeigt, wie weit die (visuell überforderten) Gerichte einem mächtigen Unternehmen folgen, wenn es um Inanspruchnahme visueller Elemente geht, die jeder Normalbürger für Allgemeingut halten würde.
J :-(
Oliver Adam
… weil – jedenfalls in Deutschland – ein sog. Freihaltebedürfnis besteht. Das deutsche Markenamt lehnt den Eintrag von Marken ab, wenn sie nur aus Begriffen bestehen, die entweder allgemeingebräuchlich sind, also ein »Freihaltebedürfnis« für die anderen Marktteilnehmer besteht, oder wenn sie innerhalb der jeweiligen Branche üblich sind. Hier spricht man dann von »fehlender Unterscheidungskraft«. Beides dürfte hier vorliegen. Das Argument »Eine Buchstabenkombination als Marke zu registrieren ist weltweit Usus« trifft hier nicht den Kern: Richtig ist, dass Buchstabenkombinationen eben dann nicht zugelassen werden, wenn ihnen sog. Schutzhindernisse entgegenstehen, nämlich Freihaltebedürfnis und fehlende Unterscheidungskraft. Der Buchstabenkombination O₂ stehen im Bereich Telekommunikation keine Schutzhindernisse entgegen. Hätte jemand versucht, dies im Bereich Chemie schützen zu lassen, wäre der Schutz sehr wahrscheinlich verwehrt worden, weil dort das Sauerstoff-Symbol eine freizuhaltender Buchstabenkombination wäre. Also: Ein und derselbe Begriff können geschützt werden oder nicht.
Tom
wo genau regt sich spon denn darüber auf..? im übrigens hätte das hierzulande aufgrund der geringen schöpfungshöhe sicher kaum längeren bestand.
Thomas
„Schöpfungshöhe“ bei Markensachen? Dir ist heute einfach nicht gut und das war ein Ausrutscher, oder?
Oliver Adam
Ofenbar folgt nun das russische Markenamt meiner Argumentation ;-):
SPON: Russisches Patentamt kassiert Markenschutz für ;-)
x vor einem u
Jürgen Huber, »[…] die Verwunderung einer Grafik-Designerin […]« — der Typoblog-Leserin und die Fontblog-Leser reibt sich vor Verwunderung die Augen, die Grafik-Designerin Alexander Sandy Kaltenborn dagegen denkt vielleicht an seine/ihre eigenen Worte zum Thema beim entsprechenden Typo-Vortrag und ich empfehle in dem Zusammenhang HDs Zusammenfassung von Double-Standards’-Chris-Rehbergers Erörterung ›wie unsicher Kommunikation, die wir Designer doch eigentlich maßgeschneidert kontrollieren sollen, in Wirklichkeit ist‹.
Jan Middendorp
Wörter und Buchstabenkombinationen, die wir in den Alltag gebrauchen und brauchen, sollten nicht als Marke geschützt werden dürfen. Weil das heissen würde, dass (nur) Firmen mit unbeschränkten finanziellen Ressourcen, so wie z. B. T-Com, sich Elemente der Sprache zueignen können, von den sie nicht die Urheber sind, und die allen und deshalb niemandem gehören. Namen: OK, braucht man, außerdem ist es praktisch, wenn andere nicht den gleichen verwenden. Einzelne Buchstaben, Lesezeichen, Farben aber kann man nicht besitzen, oder sollte man nicht besitzen können.
Ich würde noch weiter gehen, und auch Sätze aus dem Alltag von der Zueignung mittels Geld freihalten. Mich interessiert die Frage, ob man Sprache überhaupt besitzen kann. Microsoft hat 1995 die Frage »Where do you want to go today?« weltweit schützen lassen. Beim einem Besuch an Berlin in dem Jahr (FUSE-Konferenz) entdeckte ich, dass die BVG Werbung machte mit dem Satz »Wo wollen Sie heute hinfahren?«, also genau dasselbe. Hätte Microsoft vor Gericht gehen können? Und was bedeutet es genau, wenn so eine alltägliche Redewendung (oder auch „I’m loving it“, „Just do it“) Marke wird? Sollten Taxifahrer ein auditives ™ einfügen, wenn sie den Satz aussprechen? Ich erinnere mich eine Diskussion zwischen Jürgen und dem Autor von »Simplify You Life« ™, dessen Anwalte sofort ihre juristische Artillerie auffuhren als der Satz in einer FontShop-Werbung benutzt wurde. Klar, es war Werbung, und keine Alltagssituation. Aber die Grenze ist nicht eindeutig. Ein Corporate Blog ist Werbung *und* Alltag; eine Zeitschrift ist Kultur, Opinion *und* Kommerzielles Produkt; ich möchte nicht erleben, dass man jede Kopfzeile die man irgendwo veröffentlichen möchte, auf möglichen Urheberrechtlichen Konsequenzen durchrecherchieren muß.
Übrigens bin ich nicht der »Jan M.« des ersten Beitrages dieser Diskussion. Die Abkürzung »Jan M.«™ wird schon seit 30 Jahren von mir gebraucht und kann deshalb als eine durch Gewohnheitsrecht erworbene Marke betrachtet werden. »Jan M.«, dein Nachname bitte!
Oliver Adam
@ Jan:
Hier geht viel munter durcheinander, vielleicht kann ich aufklären:
Zuerst muss man unterscheiden zwischen Privat und Kommerz. Was das Private angeht, kann sich niemand etwas aneignen und verbieten, auch nicht Buchstabenkombinationen des Alltags. Niemand würde Dir jemals verbieten können, den Satz »Wo wollen Sie heute hinfahren?« in der privaten Korrespondenz zu verwenden. Insofern ist der gerne verwendete Vorwurf, Firma X reiße sich Farbe, Buchstaben etc. ein für alle Mal unter den Nagel, schlicht falsch.
Im kommerziellen Bereich muss man widerum zwischen den Markenklassen unterscheiden. Angenommen, Microsoft hat ihren Claim »Where do you want to go today?« für die Klasse der Software schützen lassen, heißt das nichts weiter, als dass alle Firmen, die ebenfalls im Bereich Software arbeiten, diesen Claim nicht verwenden dürften. Jedoch könnte eine andere Firma, die im Bereich Lebensmittel operiert, diesen Claim sehr wohl verwenden. Also ist der pauschale Vorwurf, Firma X reiße sich Farbe, Buchstaben etc. im kommerziellen Bereich komplett unter den Nagel, ebenfalls falsch. Der Markenschutz gilt nur für die Klassen, in denen der Markeninhaber arbeitet und in denen er die Marke angemeldet hat.
Die gerne ins Visier genommene T-Com sitzt manchmal zu Unrecht auf der Anklagebank, was zum Beispiel die Farbe Magenta angeht. Richtig ist, dass jedermann die Farbe Magenta verwenden kann, auch kommerziell. Richtig ist, dass dies nicht gilt für Firmen, die in den gleichen Bereichen arbeiten wie die T-Com.
Gedankenexperiment und Umkehrschluss: Natürlich könnte die T-Com die Farbe Magenta auch für den Lebensmittelbereich markentechnisch schützen lassen – oder für alle Klassen. Sie müsste aber nachweisen, dass sie in diesen Klassen arbeiten würde bzw. die Farbmarke nutzt. Das kann sie aber nicht. Daher kann sie auch in den anderen Klassen keinen Markenschutz erwerben.
CHR15
Herzlichen Dank an Oliver Adam und Jan Middendorp aka Jan M. für die einzig sinnreichen Kommentare bislang zu einem wirklich relevanten Thema.
Fakten sind einfach unschlagbar.
HD Schellnack
Was an hier aber schön sieht ist, dass einer der Kernbereiche unserer Tätigkeit – geistiges Urheberrecht – in einer von einer Flut von Marken und Möchtegern-marken geprägten hyperkommerziellen Welt an seine Grenzen kommt. Absurder als die Registrierung einer Zeichenkette erscheint da die Aneldung von Patenten auf DNS-Stränge, ebenso wie die oft abstrus wirkenden Versuche der kreativen Output verwaltenden und vermarktenden Industrien, ihre «Rechte» zu schützen. Die Demarkationslinie von Eigentum (und Eigentum schlechthin) und sozialer Verantwortung verschiebt sich von der tatsächlichen, greifbaren Produktion in den viel schwierigeren Bereich von Wissen und Semiotik, in die Welt von Bits und Bytes, von Tonfolgen, Rhythmen, Bildersequenzen, Farbkombinationen, Zeichenfolgen und und und.
Einerseits leben wir als Designer, wie Musiker und Filmemacher, wie Autoren und Forscher, von der Lizensierung und Nutzung unserer Ideen, andererseits sind wir auch privat Opfer einer Maschine von Rechteverwertern und Rechte-Claim-Marodeuren, die bestenfalls lästig sind, schlimmstenfalls eine massive Einschränkung des globalen Austausch von Ideen bewirken und somit effektive Fortschrittsbremser sind.
Zwischen Torrent und Kopierschutz, zwischen OpenSource und Innovationsschutz als finanziellem Entwicklungsanreiz ist ein wahres Minenfeld von völlig widersprüchlichen, wiewohl absolut gleichwertig richtigen Postionen auszumachen – und hier gilt es einen Common Sense zu entwickeln, der national funktioniert, der aber vor allem auch im Auge hat, dass es längst kein International mehr gibt und bestenfalls noch die Zollbeamten etwas auf Landesgrenzen geben. Neben vielen anderen grundlegenden Veränderungen, die das Internet – die faszinierendste und schrecklichste Erfindung der Menschheit noch vor der Atombombe – uns bringen wird, ist die komplette Veränderung des Denkens über die Funktion und Rolle geistigen Eigentums sicher eine der grundlegendsten. Denn im westlichen Glaspalast leben wir inzwischen von diesem geistigen Eigentum – man produziert ja nicht mehr wirklich Greifbares -, andererseits wird sich langfristig wohl kaum eine virtuelle Firewall zum Rest der Welt bauen lassen, die sich – legal oder durch Diebstahl – Teilhabe an diesem Informationsschatz erkämpfen wird.
thomas | BFA
HD: dna-sequenzen zu schützen kann durchaus sinn machen. du hast vergessen das lebewesen zu erwähnen, dessen dna dann betrachtet wird. ich rede jetzt mal nicht von humaner dna.
wird ein medikament beispielsweise mit hilfe von gentechnisch verändert organismen hergestellt, oder eine wichtige vorstufe, so ist es nicht ganz unerheblich sich genau die schritte, die gemacht werden müssen, bis das bakterium/pilz/zelle xyz, genau das macht, schützen zu lassen oder die sequenz des enzyms welches verändert wird.
denn genau wie beim designer liegen hier die fähigkeiten und wissensgebiete der foscher und mikrobiologen. und hier liegt der vorteil, den eine firma haben kann.
mitunter vergehen bis zu 10 jahre, bis ein medikament die freigabe erhält. bis dahin ist jede menge geld und zeit reingeflossen. und da medizin in der freien wirtschaft stattfindet ist das durchaus legitim sich die arbeit schützen zu lassen. forschung ist eine verflucht teure angelegenheit und sie nutzt im medizinischen bereich doch mehr menschen, als das sie schadet. da sollte das geld um forschen zu können auch reingeholt werden können, bzw. die arbeit einfach geschützt werden dürfen
also so einfach ist das nicht ;-) auch wenn das manche buchautoren gerne so hätten. ;-)
vieles von dem, was foscher an guten tun, wird durch vermarktungsprozesse wieder zunichte gemacht, das ist richtig.
was weniger schön ist, ist die tatsache, dass firmen sich sequenzen pro forma schützen lassen damit kein anderer damit geld verdient. dann wirds ein wenig ärgerlich.
so genug des exkurses ;-)
HD Schellnack
Ich sage ja auch gar noicht, ob irgendetwas gut oder schlecht ist – immer schwierige Kategorien – sondern eher genau, dass diese Unterscheidung an ihre Grenzen kommt. ;-D
Bert Vanderveen
If the combination of the characters ; – and ) is protected by tradmark law, one CAN use the characters
. , – and )
With some subtle baselineshifting and kerning the same effect can be obtained and no laws will be broken!
Raketentim
Der Playboy hat ja schon in den Sechzigern Emoticons versteckt. Gewissermaßen.
johannes
http://ahoipolloi.blogger.de/stories/1289568/
Tobi
@Oliver Adam
Zu berücksichtigen ist auch der „überragende Bekanntheitsgrad“, der die Warengruppen sprengen kann: ob z. B. „Where do you want to go today?“ außerhalb der angemeldeten Warengruppe tatsächlich frei verwendbar ist, wäre also im Zweifelsfall vor Gericht zu klären. Bei besonders bekannten Marken und Claims ist die Lage daher nicht so eindeutig wie dargestellt.
„T-Com“ ist nur eine Marke unter vielen, die die Deutsche Telekom angemeldet hat. Die Markeninhaberin ist also nicht nicht „T-Com“, sondern die „Deutsche Telekom“.
hering
Die anfänglich gemachten Beispiele hinken. Ob „O2“ „AEG“ oder whatever, allesamt Firmennamen und keine „stehenden“ Begriffe in der angewandten Kommunikation.
Natürlich kann ich mir meinen Firmennamen sichern lassen; natürlich muss ich das für den relevanten Bereich tun; natürlich kann jemand seine Agentur/Firma/Konzern „;-)“ nennen und das schützen lassen…
Oliver Adam
@ Tobi
Völlig korrekt. Natürlich könnte man die Überlegungen noch ausdehnen, zum Beispiel auf das Feld der Ähnlichkeiten: Wie wäre es, wenn ein Softwareunternehmen den Claim wählen würde: »Where do you want to klick today?«? (Höchstwahrscheinlich unzulässig.) Oder darauf, dass Marken auch ohne Eintragung ins Markenregister Markenschutz erlangen etc. Ich denke aber, die Richtung ist klar.
Oliver Adam
natürlich kann jemand seine Agentur/Firma/Konzern “;-)�? nennen und das schützen lassen…
Das bezweifle ich sehr. Natürlich kann jeder seine Agentur so nennen. Die Wortmarke wird es sich nicht schützen lassen können, wenn überhaupt, dann die Wort-Bild-Marke – also die Optik der Buchstaben Semikolon, Bindestrich und runde Klammer rechts, gestaltet etwa in einem eigens erstellen Schriftschnitt. Das hieße aber, jeder könnte diese Zeichenkombination kommerziell verwenden. Er müsste nur einen anderen Schriftschnitt wählen …
Daphnia pulex
Warum wird hier immer als Beispiel genannt, O2 sei ein chemisches Symbol und somit für die gleichnamige Telekomunikationsfirma lediglich in diesem Bereich relevant? Immerhin hat sie auch schon ein Medizintechnikunternehmen juristisch belangt, weil dieses das chemische Symbol für ein Beatmungsgerät (also völlig außerhalb des Telefonbereichs und mit passendem Bezug zu ihrem Produkt) verwenden wollte. ( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19698/1.html )
Daß die Firmen ihre geschützten Zeichen über Gebühr strapazieren und gerne ‚mal über die Stränge schlagen, ist doch wohl nichts neues; nur hier wird so getan, als sei es ganz normal und harmlos.
Oliver Adam
Liebe Daphnia, auch Du wirfst zwei Dinge in einen Topf: nämlich das, was erlaubt ist, und das, was die Firmen versuchen herauszuschinden. Nur weil O2 »über die Stränge schlägt«, heißt dies nicht, dass dies auch in der Realität möglich und erfolgreich ist.
So ging die Geschichte zwischen O2 und dem Medizinunternehmen aus:
Die Weinmann GmbH+Co.KG und die O2 (Germany) GmbH & Co. OHG einigten sich über die Verwendung des chemischen Zeichens „O2“ für Sauerstoff. Demzufolge setzt der Münchener Mobilfunkanbieter das Markenzeichen ausschließlich in der Telekommunikation ein und der Hamburger Medizinhersteller wie bisher üblich im Gebiet der Medizin/Gesundheit. Beide Unternehmen begrüßen diese Abgrenzung und unterstreichen damit, dass Markenschutz in angemessenen Schutzbereichen ein notwendiges Instrument zur Verhinderung von Nachahmern darstellt und zur verbraucherfreundlichen Markttransparenz beiträgt.
Abegsehen von dem Verbraucher-Bla-Bla ist und bleibt klar, was ich unter Punkt 12, 22 und 23 erläutert habe, und was hering unter Punkt 21 ergänzt hat.