»Vor Gott sind eigentlich alle Menschen Berliner.«

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, hielt heute zum Start der Markenkampagne »be Berlin« im Roten Rathaus die folgende Rede (laut Redemanuskript auf www​.berlin​.de):

Liebe Berlinerinnen und Berliner,

den ersten Beitrag zur neuen Markenkampagne haben Sie alle geleistet, indem Sie gekommen sind.
Die Gewerkschaften versu­chen, das öffent­liche Leben lahm­zu­legen. Aber die Berlinerinnen und Berliner sind krisen­er­probt – und sie sind soli­da­risch: Sie bleiben gelassen, tun sich zusammen und sind fürein­ander da. Ihnen ist es zu verdanken, dass das große Chaos ausge­blieben ist. Auch das ist Berlin: Das Leben nehmen wie es ist und das Beste daraus machen.

In diesem Sinne freue ich mich beson­ders, dass Sie gekommen sind, und begrüße Sie sehr herz­lich zum Start unserer Markenkampagne!

Viele Städte und Länder machen Imagekampagnen. Die meisten sind Erfindungen von Werbefachleuten und Marketingagenturen.
Wir machen das anders. Wir bauen auf Sie – auf die Berlinerinnen und Berliner. Sie machen diese Stadt so unver­wech­selbar, und sie machen auch diese Kampagne. Deshalb heißt unser Slogan „Sei Berlin!“ – „Be Berlin!“

Berlin inspi­riert und wird getrieben von ganz vielen Menschen mit Lebensfreude, ganz vielen Ideen und ebenso vielen Möglichkeiten, sie umzu­setzen, etwas zu verän­dern und zu bewegen. Die austra­li­sche Musikerin Kat Frankie hat es auf den Punkt gebracht: „Berlin macht mich zu einer besseren Musikerin, gerade wegen all dieser Gegensätze und der Erfahrungen, die ich hier mache.“

Die Menschen sind Berlins größte Stärke, egal woher sie kommen.

Berlin ist faszi­nie­rend, anzie­hend, bewe­gend. In der ganzen Welt, in Europa, in Deutschland und für die Berlinerinnen und Berliner selbst. Neulich sagte jemand, der viel in der Welt unter­wegs ist: „Das Herz schlägt in Berlin doppelt so schnell wie anderswo.“

Aber so sehr uns alle der Rhythmus der Stadt faszi­niert: Wir können noch mehr daraus machen. Wir müssen noch mehr daraus machen, damit alle etwas davon haben und um Berlin an die Spitze zu bringen.

Denn die Stadt und unser Land stehen vor großen Herausforderungen. Auch in Berlin spüren wir die Folgen der Globalisierung. Es gibt Tendenzen des Auseinanderdriftens von Stadtteilen und von sozialer Spaltung.

Mehr als eine viertel Million Berliner sind arbeitslos. Manche Familien leben in der dritten Generation von Stütze. Zu viele Kinder kommen noch ohne ausrei­chende deut­sche Sprachkenntnisse in die Schule und zu viele Jugendliche verlassen die Schule ohne Abschluss.

Auch in Berlin schlägt Perspektivlosigkeit zuweilen in rohe Gewalt um. Und natür­lich spüren wir alle den Wettbewerbsdruck, der durch die Öffnung der Grenzen seit dem Fall der Mauer entstanden ist und der es vielen Menschen mit geringer Qualifikation erschwert, einen Job zu finden.

Das sind gewal­tige Herausforderungen. Aber gerade unsere eigene Berliner Geschichte lehrt uns: sich abzu­schotten und Mauern zu bauen, ist die falsche Antwort. Es kann nicht darum gehen, sich dem Wettbewerb zu verwei­gern und sich ins Schneckenhaus zurückzuziehen.

Berlin kann zum Modell für einen anderen Entwicklungspfad werden:
Zu einer Stadt, die niemanden aufgibt und von allen die Bereitschaft verlangt, Bildungsangebote wahrzunehmen.

Zu einer Stadt, die sich mit sozialer Ausgrenzung nicht abfindet, sondern in der Tradition der „Europäischen Stadt“ all ihren Bürgerinnen und Bürgern Teilhabe ermöglicht.

Zu einer Stadt, die wirt­schaft­liche Leistungskraft und soli­da­ri­schen Zusammenhalt fördert.

Zu einer Stadt, in der die Menschen gerne arbeiten, weil ihr Arbeitsplatz Sicherheit bietet, und kein unwür­diger Lohn bezahlt wird. – Berlin steht für ein solches Modell.

Globalisierung ist ein mäch­tiger Prozess, aber er ist gestaltbar. Man sieht die Gestaltungsmöglichkeiten nicht immer auf den ersten Blick. Häufig braucht man Mut und Weitblick, um etwas zu bewegen.

Die Kampagne zeigt Beispiele von Menschen, die Mut und Weitblick bewiesen haben. Es kommt auf jede und jeden Einzelnen an. Für den Erfolg werden alle gebraucht. Und jeder kann sich einbringen und zum Erfolg der Stadt beitragen.

„Sei Berlin“ – Das ist der Slogan unserer Markenkampagne. Seid mit ganzem Herzen Berliner. Macht mit! Ihr alle seid wichtig. Auf Euch kommt es an.

Warum eine Markenkampagne? Man könnte doch sagen, der Tourismus boomt und Berlin ist hip. Was will man mehr?

Am Anfang unserer Überlegungen stand eine wider­sprüch­liche Wahrnehmung.

Die eine Seite: Wo immer man im Ausland hinkommt und sagt, ich komme aus Berlin, wird man beneidet. Man trifft auf Menschen, die Berlin cool finden und wieder kommen wollen. Berlin gilt welt­weit als ange­sagt. Von den Stones bis Madonna haben wir das gerade wieder bei der Berlinale erlebt.

Andererseits ist der Funke noch nicht auf die ganze Stadt über­ge­sprungen. Wir sind noch nicht die besten Botschafter unserer eigenen Stadt.

Klar, für uns Berliner ist das höchste Lob: „Da kann man nicht meckern.“ Aber, dass wir trotz unserer Mentalität noch mehr aus uns heraus­gehen könnten und bisher damit zögern, das liegt an einem gespal­tenen Bild, das Berlin abgibt. Nach innen und nach außen. Und daran, dass noch immer viel Vergangenes nachwirkt.

Wir haben Menschen welt­weit und in Deutschland nach dem Image unserer Stadt befragt und sind zu erstaun­li­chen Ergebnissen gekommen. Von der Berliner und der deut­schen Bevölkerung wird Berlin über­wie­gend als lebens­lustig und trendy gesehen. Auch Berliner und deut­sche Unternehmer verbinden mit der deut­schen Hauptstadt eine lockere, entspannte und dem Leben zuge­wandte, dyna­mi­sche Stadt.

Wenn wir welt­weit Privatpersonen nach ihrer Sicht auf Berlin fragen, verbinden sie mit der deut­schen Hauptstadt etwas ganz anderes: nämlich vor allem die kompe­tente Stadt, mit guten Hochschulen, führend in der Wissenschaft und am Puls der poli­ti­schen Macht. Mit diesem Profil belegt Berlin sogar welt­weit einen Spitzenplatz vor London, Paris und New York.

Und auch Unternehmer aus aller Welt sehen in Berlin in erster Linie die kompe­tente, orga­ni­sierte, ernst­hafte und vernünf­tige Metropole.

Wir sehen also: Berlin hat im In- und Ausland ein völlig unter­schied­li­ches Image. Hinzu kommt, dass die letzten zwei Jahrzehnte höchst wider­sprüch­lich verliefen. Denn nach dem Rausch der Wiedervereinigung kam die Ernüchterung. Und manche Utopie der frühen 90er Jahre erlebte einen harten Aufprall in der Realität.

Viele Unternehmen in Ost und West mussten dicht­ma­chen. Hunderttausende Industriearbeitsplätze gingen verloren. Berlin war auf vielen Feldern Schlusslicht. Und immer wieder gab es Hiobsbotschaften: vom Zusammenbruch einzelner Branchen über den Bankenskandal bis zur Haushaltsnotlage.

Nicht unter­schätzen sollten wir auch das mangelnde Selbstwertgefühl, das viel mit dem Verlust eines großen Teils des Bürgertums zu tun hat – durch Vertreibung und Ermordung in der NS-Zeit, durch die Kollektivierung in der DDR-Zeit und durch den Verlust der indus­tri­ellen Firmenzentralen im „alten“ West-Berlin.

Die Nachwirkungen sind immer noch deut­lich spürbar. Und doch haben wir eine Menge Neues geschaffen, das bereits an vielen Stellen aufleuchtet und immer mehr auch über die Stadt hinaus sichtbar wird. Es gibt viele Beispiele für Eigeninitiative, für Modellhaftes und Vorbildliches, für Innovationen „Made in Berlin“.

Und wenn ich sage, „wir haben eine Menge Neues geschaffen“, dann meine ich mit „wir“:

• Einfache Berliner Menschen, die plötz­lich keinen Job mehr hatten und einen neuen Weg einschlagen mussten, sich neu erfinden mussten. Davon gibt es unend­lich viele Beispiele in Berlin.
• „Wir“ heißt aber auch Unternehmer mit Weitblick und Mut.
• Exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Berliner Forschungsinstituten und Hochschulen.
• Hoch enga­gierte Lehrerinnen und Lehrer und Kitaerzieherinnen.
• Kreative Stadtplaner und Architekten.
• Menschen, die in natio­nalen und inter­na­tio­nalen Institutionen und Medien arbeiten und seit dem Umzug von Parlament und Regierung Berlin als Hauptstadt mit gestalten und prägen, und
• „wir“ heißt natür­lich auch die Berliner Politik.

Wir alle haben in den letzten Jahren viele kleine und große Leuchtfeuer entzündet, die das Bild Berlins aufge­hellt haben und Mut machen für die Zukunft.

Gut 18 Jahre nach dem Fall der Mauer hat die Stadt eine große Wegstrecke geschafft. Die Berliner Wirtschaft wächst wieder und schafft neue Arbeitsplätze. Sie hat sich von Grund auf moder­ni­siert und ist in weiten Teilen inno­vativ und wettbewerbsfähig.

Berliner Industrieunternehmen sind erfolg­reich auf den Märkten der Welt. Wir haben ein hervor­ra­gendes Wissenschafts- und Forschungsangebot, einen aktu­ellen Nobelpreisträger und Universitäten, die im bundes­weiten Exzellenzwettbewerb Erfolg hatten. Die Kreativwirtschaft blüht. Unsere Kultur strahlt weit über die Stadt hinaus. Wir haben die städ­ti­schen Finanzen saniert und einen Mentalitätswechsel auf vielen Gebieten geschafft.

Als Gastgeber der Fußball-WM 2006 haben wir Deutschland als lebens­frohes und gast­freund­li­ches Land reprä­sen­tiert. Berlin ist als Hauptstadt akzep­tiert und steht im welt­weiten medialen Fokus.

Die Stadt ist zum Inbegriff einer krea­tiven und span­nenden Metropole in der Mitte Europas geworden. Die Angelsachsen nennen das einen „Place to be“.

„Place to be“ heißt nicht Stadt ohne Probleme. Ich sagte es schon: Auch wir sehen die Spaltungstendenzen, wie sie fast alle großen Städte kennen. Aber wir schauen nicht tatenlos zu, sondern halten daran fest, dass unsere Stadt für alle da ist. Und tun alles, um neben der wirt­schaft­li­chen Kraft auch die Solidarität zu stärken.

Berlin hat seit der Wiedervereinigung Großes erreicht. Mit der Markenkampagne wollen wir als erstes bewirken, dass wir selbst – die Berlinerinnen und Berliner – uns dieser immensen Leistungen noch mehr als bisher bewusst werden.

Wir haben – jeder auf seinem Feld – Grund zum Stolz. Und wer Stolz auf das Geleistete empfindet, ist der beste Botschafter in eigener Sache. Berlin braucht viele gute Botschafter, um sich im Wettbewerb mit den anderen Metropolen der Welt zu behaupten.

Die Markenkampagne ist ein erster Schritt, um entschlos­sener, klarer und sicht­barer aufzu­treten. „Sei Berlin“ heißt: Wir wollen Berlin als lockere und entspannte, als inter­na­tio­nale und welt­of­fene Metropole zeigen, die Lebensfreude und Kreativität ausstrahlt und in der es Freude macht zu leben.

Und: Wir wollen Berlin als eine der Top-Städte im Bereich der Innovation und der Wissenschaft präsen­tieren, kompe­tent und wirt­schaft­lich attraktiv.

„Sei Berlin“ ist ein Appell: Erzählt, welche Ideen Ihr hattet und was Ihr geschafft habt! Erzählt Eure persön­liche Geschichte!

Es sind die Menschen die Berlin ausma­chen, die Berlinerinnen und Berliner. Sie sind Berlin. Sie sind die Botschafter unserer Stadt.

Die Kampagne startet mit vier Erfolgsgeschichten von Berlinerinnen und Berlinern, von promi­nenten und weniger promi­nenten. Wir werden sie gleich in einem Film sehen.

Berlin hat 3,4 Millionen Facetten, so viele wie unsere Stadt Einwohner hat. Berlin hat daher noch sehr viel mehr Geschichten zu erzählen, Geschichten vom gemeis­terten Wandel und – trotz all der Schwierigkeiten, die Berlin auch prägen – Geschichten von der Veränderung zum Besseren. Seit es diese Stadt gibt, hat Berlin geblüht, gelebt und über­lebt, weil Menschen hier­her­kamen, um hier ihre Träume zu leben, ihre Pläne zu verwirklichen.

Ich werde in den nächsten Tagen alle Berlinerinnen und Berliner anschreiben und sie bitten, uns ihre persön­liche Erfolgsgeschichte zu schi­cken: per Post, tele­fo­nisch oder auf der Homepage www​.sei​.berlin​.de. Wir stellen die Geschichten mit Fotos und Videos ins Internet, drucken sie auf Plakate und in Zeitungen, bringen sie ins Radio und ins Fernsehen. Andere Internetnutzer können sie lesen, bewerten, weiter­emp­fehlen und kommen­tieren. Daraus werden neue Plakate, Anzeigen und Filmspots.

Wer uns seine Geschichte erzählt, wird so zu einem Teil der Kampagne, zu einem Botschafter Berlins.

Was macht eine Geschichte zur Erfolgsgeschichte?

• Sie sollte authen­tisch, origi­nell und mutig sein. Was unter­scheidet sie von anderen Ereignissen aus anderen Städten? Warum ist sie nur hier möglich?

• Sie sollte inno­vativ sein. Haben Sie etwas erfunden? Ist Ihre Story neu und in dieser Form noch nie dagewesen?

• Sie sollte enga­giert sein. Unterstützen Sie Ihre Mitmenschen oder Nachbarn? Möchten Sie über beson­ders enga­gierte Menschen in Ihrem Umfeld berichten?

• Und: Sie sollte Spaß machen. Ihre Story sollte gefallen, erstaunen, zum Nachdenken anregen, stolz machen und impo­nieren. Vorbild sein und Mut machen.

Also: Schicken Sie uns Ihre Geschichte! Zeigen Sie, was Sie aus sich und aus Berlin gemacht haben!

Wir sind im Jahr 2008: Warum gerade jetzt eine Markenkampagne für Berlin?

Wir stehen kurz vor einem bedeu­tenden Jahrestag: Im nächsten Jahr, am 9. November 2009, wird sich die ganze Welt an die Ereignisse vor 20 Jahren erin­nern, an den Tag, an dem sich die Mauer in Berlin öffnete und wir Deutschen das glück­lichste Volk der Welt waren.

Dieser Tag hat die Welt verän­dert und Berlin ist das Symbol dieser Veränderung.

Was hat diese Stadt aus ihrer Freiheit gemacht? Wo ist Beispielhaftes entstanden? Wie sehen die Berlinerinnen und Berliner die Zukunft ihrer Stadt? Das werden sich viele im nächsten Jahr fragen, in Europa und rund um den Globus. Was hat Berlin getan,

• um den Wandel hin zu einer inno­va­tiven und wett­be­werbs­fä­higen Industrie zu schaffen,
• um die Kreativen und die Talente aus aller Welt anzuziehen,
• um den sozialen Zusammenhalt in der Stadt zu sichern,
• um das Leben und die Wirtschaft umwelt­ver­träg­lich und klima­scho­nend zu gestalten,
• um allen Kindern eine Chance zu geben, unab­hängig von ihrer Herkunftssprache?

Die Welt wird auf Berlin schauen. Wir sollten diese Chance nutzen und über unseren Weg reden. In diesem Jahr wird sich unsere Kampagne nach innen richten. Unter dem Motto „Be Berlin“ werden wir im nächsten Jahr in der ganzen Welt den Namen Berlin präsentieren.

2009, also 20 Jahre nach dem Fall der Mauer, ist der rich­tige Zeitpunkt, um über unsere Erfolge zu reden, mit ihnen für Berlin zu werben und Perspektiven für die Zukunft zu zeigen.

Herzlichen Dank an dieser Stelle an die Deutsche Post AG. Sie ist der erste große Sponsor der Kampagne und sorgt dafür – wie könnte es anders sein –, dass die Einladung zum Mitmachen direkt in jeden Berliner Haushalt gelangt. Auch andere haben ihre Unterstützung in Aussicht gestellt. Das ist groß­artig, aber es müssen noch mehr werden.

Sie alle sind herz­lich einge­laden mitzu­ma­chen. Berlin ist eine so wunder­bare Stadt, da sollte es jedem Unternehmen leicht fallen zu sagen: Ich bin dabei und unter­stütze die Kampagne. Also: Machen Sie die Kampagne zu Ihrer Sache! Werden Sie Teil von „Be Berlin“! Seien Sie Berlin!

Mit der Markenkampagne wollen wir nicht nur Berlin „verkaufen“, so wie es ist. Wir wollen auch einen neuen Schub für Veränderungen, für Reformen in Berlin auslösen.

„Sei Berlin“ ist ein Appell zum Handeln, eine Ermutigung, neue Wege zu gehen. Und nach meinem Verständnis soll Politik den Rahmen schaffen, damit Initiative gelingt und damit es sich lohnt zu investieren.

In welche Richtung muss dieses Handeln gehen?

Berlin ist schon heute eine inter­na­tio­nale Stadt. Aber wir können uns noch sehr viel mehr zur Welt hin öffnen und noch sehr viel mehr aus der kultu­rellen Vielfalt unserer Stadt machen. Von der früh­kind­li­chen Sprachbildung über die ethni­schen Ökonomien bis zur inter­na­tio­nalen Vermarktung der Stadt.

Berlin ist schon heute eine lebens­werte Metropole, die sich in punkto Lebensqualität abhebt von vielen anderen Städten in der Welt. Aber: Vor uns liegen große Herausforderungen. Wir können mitten in Berlin zeigen, was es heißt, eine Stadt zu planen, in der alle ihren Platz haben.

Berlin ist schon heute ein „place to be“ für alle Kreativen. „In New York ist Berlin eine Legende“, sagt Wolfgang Joop zu Recht. Doch wir müssen das krea­tive Potenzial noch mehr mit den stra­te­gi­schen Handlungsfeldern der Region verkoppeln.

Berlins Wirtschaft ist schon heute in weiten Teilen inno­vativ und wett­be­werbs­fähig. Was jetzt ansteht, ist eine klare Orientierung auf die Märkte der Zukunft.

Berlin ist die Hauptstadt Deutschlands. Die Akzeptanz bei den Menschen steigt merk­lich. Wir spüren ihre Neugierde, ihre Faszination. Aber ist Berlin schon die Stadt, mit der die Menschen eine moderne Metropole des 21. Jahrhunderts verbinden?

Wir starten diese Markenkampagne im Roten Rathaus. Rund um uns herum findet ein rasanter Wandel statt. Ziehen wir mal in Gedanken einen Kreis mit einem Radius von fünf Kilometern um das Rathaus und schauen wir uns an, was sich hier in den nächsten Jahren verän­dern wird:

• Der triste Osthafen wird zum blühenden Zentrum für Medien und Entertainment.
• Am Alex, jahre­lang das Aschenputtel unter den vielen Zentren der Stadt, entstehen neue, attrak­tive Shoppingangebote. Zwischen Rathaus und Klosterviertel, dieser städ­te­bau­li­chen Wüste, wächst demnächst ein neues, urbanes Stadtquartier.
• Auf dem Schlossplatz wird noch in diesem Herbst mit dem „White Cube“ ein Schaufenster der zeit­ge­nös­si­schen Bildenden Kunst geschaffen. Und mit dem Humboldt-Forum schließt sich die schmerz­haf­teste Lücke im Herzens Berlins.
• Rund um den Hauptbahnhof sitzen die Investoren in den Startlöchern und werden auf den alten Bahnflächen viel Neues schaffen.
• Und am Zoo leuchtet mit dem Aussichtsrad nicht nur ein neues Wahrzeichen der Stadt auf, sondern die gesamte City West erhält durch viele Investitionen ein frisches und modernes Gesicht.

Gigantische bauliche Veränderungen also – mitten in der Stadt.

Stellen wir uns jetzt einen Moment Berlin in zehn oder 20 Jahren vor und denken wir dabei nicht an die vielen neuen Gebäude, sondern an die Menschen. Welches sind die Geschichten, die erfolg­reiche Berlinerinnen und Berliner dann erzählen werden? Und die wir gemeinsam durch voraus­schau­endes Handeln möglich machen können?

• Ich stelle mir einen chine­si­schen Studenten aus Shanghai vor, der sich entschließt, für ein Promotionsprojekt in das welt­weit an die Spitze der Wissenschaft gerückte Berlin zu gehen, um die Basis für seine Existenzgründung zu legen. Im Jahr 2008 musste er einen büro­kra­ti­schen Hindernislauf absol­vieren, um Einreiseerlaubnis, Immatrikulation, Wohnung, Arbeitserlaubnis und vieles andere mehr zu bekommen.

Ich stelle mir eine Willkommenskultur vor, mit der er in kürzester Zeit alle Formalitäten aus einer Hand erle­digt bekommt. So macht man es den besten Talenten aus aller Welt leicht, nach Berlin zu kommen und sich für unsere Stadt zu begeistern.

• Ich stelle mir eine Ingenieurin vor, spezia­li­siert auf Solartechnik und Absolventin des inter­na­tional führenden Berliner Studiengangs „Moderne Energietechnik“.
Sie ist eine gefragte Frau und kann sich unter zahl­rei­chen Angeboten in Berlin einen Job mit Perspektive aussu­chen, weil durch eine stra­te­gi­sche Profilierung des Standortes alle wich­tigen Player in Berlin vertreten sind, der Weltmetropole der erneu­er­baren Energiewirtschaft: von der Forschung über die Entwicklung bis hin zu Produktion und Vertrieb. Eine Erfolgsgeschichte.

• Ich stelle mir ein zwei­jäh­riges Kita-Kind aus der vierten Generation türki­scher Einwanderer im Wedding vor. Selbstverständlich versteht sich die Kita, wie alle in Berlin im Jahr 2020, als Bildungseinrichtung. Ihr Ziel ist, die doppelte Halbsprachigkeit vieler Kinder zu über­winden und eine zwei­spra­chige Kompetenz zu entwi­ckeln. Mehrsprachigkeit und die Kenntnis zweier Kulturen sind im 21. Jahrhundert von großem Vorteil. Und so vermit­telt die Weddinger Kita Deutsch und Türkisch so, dass das Kind zum Schulbeginn beide Sprachen flie­ßend beherrscht und dass es wie alle Kinder zu Beginn der Schulpflicht gleiche Startchancen hat. Auch durch die Schulen Berlins geht ein Ruck. Es wird zum Standard, dass alle an einem Strang ziehen:

• enga­gierte Lehrerkollegien,
• inter­kul­tu­relle Moderatoren und Migrantenverbände,
• zustän­dige Verwaltungen und Quartiersmanagements,
• Kinder- und Jugendeinrichtungen in der Nachbarschaft,
• Unternehmen und Stiftungen sowie
• ehren­amt­liche Helferinnen und Helfer.

Gemeinsam gelingt es ihnen, ehemals benach­tei­ligten Kiezen und Schulen eine neue Perspektive zu geben.

Und ich stelle mir vor, dass erfolg­reiche Modelle Schule machen, also schnell und unkom­pli­ziert auf die vielen anderen Brennpunktschulen über­tragen werden. Ich stelle mir vor, dass wir es in Berlin schaffen, dass kein Kind mehr ohne Abschluss die Schule verlässt. Das ist die zentrale Herausforderung im Bildungsbereich.

• Ich stelle mir einen Architekten und Stadtplaner in zehn oder 20 Jahren vor: Mit der Realisierung seines städ­te­bau­li­chen Konzepts auf einem der früheren Flughäfen Tempelhof oder Tegel schafft er ein Modell – ein Modell, das avant­gar­dis­ti­sche Architektur, gene­ra­tio­nen­über­grei­fendes Wohnen und neueste ökolo­gi­sche Standards mitein­ander verbindet. Dafür gewinnt er einen renom­mierten inter­na­tio­nalen Preis, der ihm Weltruhm verleiht.

• Ich stelle mir 1.000 Frauen und Männer aller Altersgruppen vor, die an einem Weltkongress der Kreativen in Berlin teil­nehmen, der im Jahr 2019 seinen 10. Jahrestag feiert. Berlin ist das Eldorado für all jene, die ein inspi­rie­rendes Umfeld suchen, um auf die rich­tigen Ideen für ein erfolg­rei­ches Projekt zu kommen. Die Designer der Stadt belie­fern die welt­weit größten Unternehmen mit ihren Ideen. Und in Berlin gelingt es in vorbild­li­cher Weise, die Kreativwirtschaft mit allen Branchen zu verknüpfen. So wird Berlin nicht nur zum Mekka der „Kreativen Klasse“, sondern schafft mit der Kreativwirtschaft auch Perspektiven für alle.

Berlin hat in den letzten 20 Jahren eine große Wegstrecke geschafft. Viele Einzelschritte standen im Zeichen der Wiedervereinigung und der Inneren Einheit. Jetzt geht es darum, sich auf die nächsten 20 Jahre zu orientieren.

Es geht darum, dass Berlin seine wirt­schaft­liche Leistungskraft voll entfaltet und gleich­zeitig soli­da­ri­schen Zusammenhalt in einer lebens­werten Metropole schafft. Es geht um kultu­relle Ausstrahlung, um Attraktivität für Kreative aus aller Welt, um ein span­nendes Stadtleben als geis­tiges Zentrum und als Hauptstadt unseres Landes. Gleichzeitig geht es darum, dass Berlin Heimat und Lebensort ist für drei­ein­halb Millionen Menschen. Beides müssen wir im Auge behalten. Und beides macht auch den Kern der Marke Berlin aus: Berlin ist welt­offen und erdver­bunden zugleich.

Ich habe eben gesagt: Wir brau­chen eine neue Willkommenskultur. Nach meinem Verständnis ist dies von zentraler Bedeutung für eine Strategie, mit der wir Berlin als eine durch und durch inter­na­tio­nale Stadt profilieren.

„Sei Berlin“ heißt, die Vielfalt zu leben und die Potenziale der Vielfalt zu nutzen. Das beginnt mit der unkom­pli­zierten Anerkennung von Berufsabschlüssen, die im Ausland erworben wurden. Und das geht bis zur demons­tra­tiven Mehrsprachigkeit im öffent­li­chen Raum.

Eine inter­na­tio­nale Stadt ist eine Metropole, die mit der Welt verbunden ist und in der die Welt zu Hause ist. Die Diskriminierungen abbaut und ein Miteinander auf glei­cher Augenhöhe ermög­licht. Die gleiche Chancen für alle bietet, egal welcher Herkunft, Religion oder Lebensweise. Und die Chancen dadurch gewinnt, dass Menschen mit unter­schied­lichstem Hintergrund Aufgaben über­nehmen, bei denen sie ihre kultu­relle Prägung und ihre vielen unter­schied­li­chen Sichtweisen einbringen können.

Zum Beispiel als Repräsentanten Berlins in ihren Herkunftsländern. Ein solcher Ansatz hat nichts mit Sozialromantik zu tun, aber sehr viel mit opti­maler Chancenverwertung.

Eine große Herausforderung ist die Gestaltung unserer Stadt als urbane und lebens­werte Metropole. Wer in der Welt herum­ge­kommen ist, schätzt die soziale Mischung Berlins, das hervor­ra­gende Angebot des öffent­li­chen Nahverkehrs, die flächen­de­ckende Gesundheitsversorgung, die saubere Luft. Die hohe Lebensqualität ist ein riesiger Pluspunkt, ein „asset“. Dass dies auch in 20 Jahren noch so ist, dafür müssen wir alle gemeinsam sorgen:

• als aufmerk­same Bürgerinnen und Bürger, die hinsehen, wenn Unrecht geschieht,
• als gesell­schaft­lich verant­wort­liche Unternehmer, die sich für ihr Gemeinwesen enga­gieren, zum Beispiel als Stifter und Mäzene oder als ehren­amt­lich Aktive in allen Bereichen unserer Stadt,
• als Stadtplaner und Architekten, wenn es darum geht, die zahl­losen freien Räume zu gestalten,
• und als Politiker, die mit Programmen wie „Soziale Stadt“ Rahmenbedingungen für ein soli­da­ri­sches Miteinander in der Stadt schaffen.

Berlin kann Modell für eine neue Balance zwischen bürger­schaft­li­chem Engagement und staat­li­cher Daseinsvorsorge werden. Und in der Tradition der „Europäischen Stadt“ zu einem Vorreiter für ein Stadtmodell, das Menschen aller Schichten und Altersklassen Platz bietet, und zwar nicht nur an der Peripherie, sondern auch in der Innenstadt.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, die besten Architekten und Stadtplaner der Welt zu einer Internationalen Bauausstellung einzu­laden, um hier beispiel­haft zu zeigen, wie man erfolg­reich dem Auseinanderdriften von Teilen der Stadt entge­gen­wirken kann. Das ist eine der größten Herausforderungen für die Metropolen der Welt. Warum sollte Berlin sich nicht vornehmen, Referenzstadt für ein Stadtmodell der Zukunft zu werden, das die soli­da­ri­schen Kräfte stärkt und soziale Spaltung vermeidet.

Zusammenhalt erfor­dert Bürgersinn und wir können in Berlin auf eine große Tradition eines gelebten Bürgersinns zurück­bli­cken. Denken wir nur an die Schätze der Museumsinsel, die wir groß­zü­gigen Mäzenen wie James Simon zu verdanken haben. Die Nazis haben mit dem Völkermord an den euro­päi­schen Juden diese große Tradition jüdi­schen Mäzenatentums zerstört.

Heute knüpfen viele Berlinerinnen und Berliner an diese Tradition an. Und jede einzelne Geschichte ist es wert, erzählt zu werden.

Denn Berlin braucht Persönlichkeiten, die nicht nur an sich, sondern an das Wohl der Stadt denken. Frauen und Männer, die Mut zu neuen Wegen haben. Die Brücken bauen zwischen den Generationen. Die notwen­dige Reformen anstoßen. Menschen, die Gesicht zeigen, wenn es darum geht, Toleranz und Respekt vor Unterschieden gegen die Feinde der offenen Gesellschaft zu verteidigen.

Das ist es, was eine moderne Stadtgesellschaft ausmacht. Und ich freue mich sehr, dass sich einige hervor­ra­gende Persönlichkeiten aus Berlin und darüber hinaus bereit erklärt haben, im BerlinBoard mitzu­wirken und gemeinsam mit uns wegwei­sende Projekte für die Zukunft Berlins zu erarbeiten.

„Sei Berlin“ ist daher auch ein Leitbild für die Entwicklung Berlins, einer Stadt, die von einer leben­digen und soli­da­ri­schen Bürgergesellschaft getragen wird, die offene Räume zum krea­tiven Experimentieren bietet und in die jede und jeder etwas einbringen kann.

Entscheidend für die Zukunft ist, dass wir Berlin als eine Stadt der Chancen für möglichst viele Berliner und Besucher erlebbar machen.

Berlin gilt als eine der inno­va­tivsten Metropolen Europas. Wenn wir aber an Berlin in zehn oder 20 Jahren denken, dann stehen wir mit Vielem noch am Anfang.

Wenn wir die Talente aus aller Welt gewinnen wollen, dann müssen wir ihnen Bedingungen bieten, die besser sind als anderswo, Bedingungen, unter denen sie Nobelpreise gewinnen oder sich an Forschung, Entwicklung und Produktion von Weltmarktführern betei­ligen können. Erst dann wird es uns gelingen, Topleute zu halten.
Berlin wird nicht mit geringen Lohnstückkosten Erfolg haben, sondern mit neuen Ideen und einem frucht­baren Humus, auf dem Kreativität und Innovationen gedeihen. Darauf müssen wir unser Handeln abstellen.

Für das Kompetenzfeld Umwelt und Energie und die erneu­er­baren Energien beispiels­weise heißt das konkret: Wir brau­chen eine umfas­sende Strategie, um Berlin als Stadt der erneu­er­baren Energien zu profi­lieren und um sie mit dieser Branche an die Weltspitze zu bringen.

Und für die inter­na­tio­nale Positionierung heißt dies, dass wir Berlin als Referenzstadt für einen entschlos­senen Klimaschutz verstehen, als Ort der Produktion und der Anwendung moderner Technologien, und dass wir uns konse­quent auf die Wachstumsmärkte, beispiels­weise im Golfraum und in Asien, ausrichten und unsere Leistungen und Produkte „Made in Berlin“ anpreisen.

„Sei Berlin“: Das ist nicht nur ein Lebensgefühl. Es ist auch eine Aufgabe für uns alle. Edzard Reuter hat einmal gesagt: „Eine wahre Hauptstadt (…) muss an der Spitze stehen, wenn es um Mut geht und um Experimente.“

„Sei Berlin“ ist eine Einladung, sich mit der eigenen Hauptstadt und ihrer natio­nalen wie inter­na­tio­nalen Rolle ausein­an­der­zu­setzen. Eine Einladung an die Berlinerinnen und Berliner, die manchmal noch zu wenig die bundes­po­li­ti­sche und inter­na­tio­nale Rolle ihrer eigenen Stadt wahrnehmen.
Und „Sei Berlin“ ist auch eine Einladung an die Vielen, die in den letzten Jahren nach Berlin gekommen sind und hier natio­nale und inter­na­tio­nale Aufgaben wahr­nehmen, sich und ihre Erfahrungen in die Stadt einzu­bringen und sich als Botschafter Berlins zu verstehen.

Diese beson­dere Stadt Berlin wird welt­weit auch als eine beson­dere Hauptstadt wahr­ge­nommen. Sie ist Metropole geworden, wie es andere schon lange sind, aber in dieser „unfer­tigen“ Stadt bewegt sich viel mehr als in den vielen „fertigen“ Metropolen.

Wir haben allen Grund zur Zuversicht. Und die Kampagne wird zeigen: Wenn wir uns von den vielen kleinen und großen Geschichten anste­cken lassen, wenn der Funke auf die ganze Stadt über­springt und wenn wir selbst­be­wusst unsere Geschichten der Welt erzählen, wird Berlin nicht nur Ansehen gewinnen; es werden sich auch die Maßstäbe für unser Handeln verän­dern. Mit dieser Kampagne setzen wir einen neuen Maßstab. Wir wollen „an der Spitze stehen, wenn es um Mut geht und um Experimente.“

Die Stimmungswende in der Stadt nach den Jahren des Aufräumens ist ja deut­lich spürbar. Die Stadt blickt wieder opti­mis­tisch nach vorn und gewinnt an Selbstbewusstsein. Die Stadt erkennt ihre Möglichkeiten und der anhal­tende Tourismus-Boom bestä­tigt die enorme inter­na­tio­nale Ausstrahlung Berlins, gerade für junge Menschen.

Aber Berlin ist weit mehr als die ange­sagte Stadt voller Lebensfreude. Mit der Kampagne wollen wir auch zeigen: Berlin ist ein attrak­tiver Wirtschaftsstandort in der Mitte Europas.

Wir laden Neugierige aus aller Welt ein, sich Berlin anzu­sehen. Wir laden Unternehmen aus Deutschland, Europa und der ganzen Welt ein, nach Berlin zu kommen. Hier erleben sie eine Aufbruchstimmung, die neue Möglichkeiten schafft. Wir sind eine Super-Stadt, die Kraft und Power gibt. Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem sich auch Investieren in Berlin lohnt.

Viele in der Welt schauen schon auf Berlin. Sorgen wir dafür, dass es noch mehr werden, indem wir unsere Geschichten erzählen und zeigen, was alles geht in Berlin. So werden wir alle zu Botschaftern unserer Stadt.

Nutzen wir gemeinsam den Rückenwind, den uns die vielen Sympathien in der Welt bringen.

Wie sagte einst Theodor Fontane, lange vor John-F. Kennedy?

»Vor Gott sind eigent­lich alle Menschen Berliner.«